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Arbeitnehmer

Normen

§ 5 ArbGG

§ 611a BGB

Information

1 Begriffsbestimmung

1.1 Begriffsbestimmung

Erstmals ist mit dem zum 01.04.2017 neu eingefügten § 611a BGB unter wörtlicher Wiedergabe der Leitsätze der höchstrichterlichen Rechtsprechung eine Definition eines Arbeitnehmers gesetzlich geregelt. Soweit andere Rechtsvorschriften eine abweichende Definition des Arbeitnehmers, des Arbeitsvertrages oder des Arbeitsverhältnisses vorsehen, um einen engeren oder weiteren Geltungsbereich dieser Rechtsvorschriften festzulegen, bleiben diese unberührt. Satz 1 legt fest, dass Arbeitnehmer ist, wer aufgrund eines privatrechtlichen Vertrages im Dienste eines anderen zur Leistung weisungsgebundener, fremdbestimmter Arbeit in persönlicher Abhängigkeit verpflichtet ist.

Satz 2 umschreibt, dass sich Weisungen des Arbeitgebers auf Inhalt, Durchführung, Zeit, Dauer und Ort der Tätigkeit beziehen können, soweit sich aus dem Arbeitsvertrag, den Bestimmungen einer Betriebs- oder Dienstvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrages oder einer anderen gesetzlichen Vorschrift nichts anderes ergibt; § 106 GewO bleibt unberührt.

In Satz 4 wird ebenfalls die ständige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts aufgegriffen, wonach die Abgrenzung des Arbeitsverhältnisses von anderen Vertragsverhältnissen im Wege einer Gesamtbetrachtung vorzunehmen ist. Durch eine solche wertende Gesamtbetrachtung kann den Besonderheiten des Einzelfalls Rechnung getragen werden. Hierbei sind auch solche Besonderheiten oder Eigenarten einer Tätigkeit zu berücksichtigen, die sich etwa in Branchen und Bereichen ergeben, die Spezifika aufgrund grundrechtlich geschützter Werte aufweisen (wie zum Beispiel aufgrund der Rundfunk-, Presse- oder Kunstfreiheit - siehe den Beitrag "Feste freie Mitarbeit").

Das Vorliegen eines Arbeitsverhältnisses begründet sowohl für den Arbeitgeber als auch für den Arbeitnehmer weitgehende Rechte und Pflichten, so die Begründung der Sozialversicherungspflicht als auch die Eröffnung des Rechtsweges zu den Arbeitsgerichten.

1.2 Abgrenzungskriterien

Die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts hat für Arbeitnehmer folgende Mindestkriterien herausgearbeitet:

  1. a)

    Persönliche Abhängigkeit vom Arbeitgeber.

  2. b)

    Weisungsgebundenheit (Direktionsrecht) / keine freie Einteilung der Arbeitszeit.

  3. c)

    Fremdbestimmte Arbeit.

Hinweis:

Das Kriterium der Einbindung in eine betriebliche Organisation ist seit der Entscheidung des BAG 29.05.2002 - 5 AZR 161/01 nicht mehr aufrechterhalten worden.

Die in einigen Betrieben mögliche Verlagerung der Arbeitstätigkeit in ein Homeoffice (Telearbeit) bzw. die freie Einteilung der Arbeitszeit erfordert zusätzliche Abgrenzungskriterien: Danach ist bei Vorliegen der weiteren Kriterien auch Arbeitnehmer, wer die Arbeit in eigener Person ohne eigene unternehmerische Risikobeteiligung verrichtet.

Auch Chefärzte erfüllen den Arbeitnehmer-Status.

1.3 Abgrenzung zu anderen Formen der Arbeitsausübung

Die Arbeitnehmereigenschaft ist abzugrenzen von den folgenden Formen der Arbeitsausführung:

Hinweis:

Das Bundessozialgericht hat für einen dauerhaft eingesetzten freien Mitarbeiter eines Medienunternehmens das Vorliegen eines Beschäftigungsverhältnisses angenommen. Siehe insofern den Beitrag "Feste freie Mitarbeit".

  • Mit § 421a SGB III wird klargestellt, dass Arbeiten in Maßnahmen, die durch das Arbeitsmarktprogramm Flüchtlingsintegrationsmaßnahmen bereitgestellt werden, kein Arbeitsverhältnis im Sinne des Arbeitsrechts und kein Beschäftigungsverhältnis im Sinne des SGB IV begründen. Die Vorschriften über den Arbeitsschutz und das Bundesurlaubsgesetz mit Ausnahme der Regelungen über das Urlaubsentgelt sind jedoch entsprechend anzuwenden. Für Schäden bei der Ausübung ihrer Tätigkeit haften die Teilnehmer an den Maßnahmen wie Arbeitnehmer (Haftung des Arbeitnehmers).

  • Crowdworking:

    Das LAG München hatte entschieden, dass Crowdworker keine Arbeitnehmer sind (LAG München 04.12.2019 - 8 Sa 146/19).

    Diese Entscheidung wurde von dem BAG eingeschränkt (BAG 01.12.2020 - 9 AZR 102/20):

    "Die dazu vom Gesetz verlangte Gesamtwürdigung aller Umstände kann ergeben, dass Crowdworker als Arbeitnehmer anzusehen sind. Für ein Arbeitsverhältnis spricht es, wenn der Auftraggeber die Zusammenarbeit über die von ihm betriebene Online-Plattform so steuert, dass der Auftragnehmer infolge dessen seine Tätigkeit nach Ort, Zeit und Inhalt nicht frei gestalten kann" (Pressemitteilung zum Urteil).

2 Arbeitsvertrag

Der zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer geschlossene Arbeitsvertrag begründet das Arbeitsverhältnis. Der Arbeitsvertrag kann mündlich oder schriftlich abgeschlossen werden. Die Schriftform ist in manchen Fällen durch Tarifvertrag u.Ä. vorgeschrieben. Wird der Arbeitsvertrag nur mündlich abgeschlossen, sind jedoch die Vorgaben des Nachweisgesetzes zu beachten.

In der Gestaltung des Arbeitsvertrages sind die Parteien grundsätzlich frei. Eingeschränkt wird dies allerdings durch gesetzliche Regelungen, das Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen sowie durch kollektive Vereinbarungen (Tarifverträge, Betriebsvereinbarungen), die Inhalte des Arbeitsvertrags normieren, z.B. hinsichtlich der Arbeitszeit, des Urlaubsanspruchs usw. Widersprechen einzelne Vereinbarungen im Arbeitsvertrag gesetzlichen oder tariflichen Normen, so ist im Regelfall nicht der Arbeitsvertrag nichtig, sondern es gilt statt der arbeitsvertraglichen Abrede die entsprechende gesetzliche oder tarifliche Regelung.

Hinweis:

Zu der Pflicht des Arbeitgebers die vereinbarten Arbeitsbedingungen schriftlich niederzulegen siehe den Beitrag "Informationspflichten des Arbeitgebers über Arbeitsbedingungen".

3 Sozialversicherungspflicht

Im Sozialversicherungsrecht wird der Begriff des "Beschäftigten" verwendet:

Arbeitnehmer sind als gegen Entgelt Beschäftigte grundsätzlich versicherungspflichtig in der Krankenversicherung, Pflegeversicherung, Rentenversicherung, Arbeitslosenversicherung sowie in der Unfallversicherung. Nur in wenigen Ausnahmefällen besteht Versicherungsfreiheit. Versicherungspflichtige Arbeitnehmer haben in der Regel die Hälfte des Beitrags zur Sozialversicherung zu zahlen.

Zu den Fragen der Vorenthaltung der Sozialversicherungsentgelte siehe die folgenden Beiträge:

4 Der Arbeitnehmer als Verbraucher

Das Bundesarbeitsgericht hat auch Arbeitnehmer als Verbraucher anerkannt. Gleichzeitig hat das Gericht jedoch geurteilt, dass ein geschlossener Aufhebungsvertrag nicht widerrufen werden kann, da im Gesetzgebungsverfahren der Wille des Gesetzgebers deutlich geworden ist, arbeitsrechtliche Aufhebungsverträge nicht in den Anwendungsbereich der §§ 312 ff. BGB einzubeziehen (BAG 07.02.2019 - 6 AZR 75/18).

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