Arbeitszeit
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See-ArbZNV
SeeArbÜV
OffShore-ArbZV
SeeArbG
1 Allgemein
Arbeitszeit ist die Zeit vom Beginn bis zum Ende der Arbeit ohne die Ruhepausen.
Der Beginn und das Ende der Arbeit richten sich nach der jeweiligen Vereinbarung im Arbeitsvertrag, einem Tarifvertrag o.Ä.
Nicht zur Arbeitszeit zählen die Ruhepausen, die von den durch das Arbeitszeitgesetz vorgegebenen Ruhezeiten zu unterscheiden sind.
2 Anwendungsbereich des Arbeitszeitgesetzes
Die Grenzen der Arbeitszeit ergeben sich aus dem Arbeitszeitgesetz. Der Anwendungsbereich erstreckt sich auf Arbeitnehmer, es sei denn es handelt sich um folgende Personengruppen:
Chefärzte
Besatzungsmitglieder von Luftfahrzeugen
Arbeitnehmer in häuslicher Gemeinschaft
Fahrpersonal auf Kraftfahrzeugen und in der Binnenschifffahrt
Arbeitnehmer in Verkaufsstellen
Arbeitnehmer in der Eisen- und Stahlindustrie
Arbeitnehmer in der Papierindustrie
Arbeitnehmer bei bestimmten gefährlichen Arbeiten
Besatzungsmitglieder in der Seefahrt (siehe obige Normen)
Auch Praktikanten – sofern es sich tatsächlich um solche handelt – sind von dem Anwendungsbereich des Arbeitszeitgesetzes ausgeschlossen.
3 Normal-Arbeitszeit
Rechtsgrundlage der Normal-Arbeitszeit der Arbeitnehmer ist § 3 ArbZG:
Danach darf die werktägliche Arbeitszeit der Arbeitnehmer acht Stunden nicht überschreiten. Sie kann auf bis zu zehn Stunden nur verlängert werden, wenn innerhalb von sechs Kalendermonaten oder innerhalb von 24 Wochen im Durchschnitt acht Stunden werktäglich nicht überschritten werden.
Eine Arbeitszeit von mehr als 10 h ist grundsätzlich unzulässig.
Dabei ist zu beachten, dass Grundlage der Regelungen des Arbeitszeitgesetzes noch die Sechs-Tage-Woche ist: Die wöchentlich zulässige Höchstarbeitszeit beträgt demnach 48 Stunden bzw. 60 Stunden, wenn innerhalb der obigen Grenzen 48 h nicht überschritten werden.
Vier-Tage-Woche:
Bei der im Rahmen des sogenannten New Work geleisteten Vier-Tage-Woche wird derzeit oftmals die Vier-Tage-Woche gefordert. Dabei wird die gesamte Arbeitszeit nicht reduziert, aber auf nur vier Arbeitstage verteilt. Bei einer 40-Stunden-Woche wäre somit die tägliche Arbeitszeit 10 h. Dies ist möglich, da ja das Arbeitszeitgesetz von der Sechs-Tage-Woche ausgeht.
Nachteil der Vier-Tage-Woche ist, dass die mittlerweile übliche Flexibilisierung der Arbeitszeit nicht mehr möglich ist. Da die Höchstarbeitszeit von 10 h nicht überschritten werden darf, kann an einem Tag nicht weniger gearbeitet werden und diese Arbeitszeit am nächsten Tag nachgeholt werden.
Zusätzlich ist zu beachten, dass gemäß § 4 ArbZG ab einer Arbeitszeit von mehr als neun Stunden sich die Ruhepause auf 45 Minuten erhöht.
4 Verteilung/Lage der Arbeitszeit
Die Verteilung bzw. Lage der Arbeitszeit (Beginn, Ende, Pausenzeiten, Schichtarbeit) kann grundsätzlich durch den Arbeitgeber aufgrund seines Direktionsrechts einseitig bestimmt bzw. geändert werden.
Bei der Bestimmung hat der Arbeitgeber die Grundsätze des billigen Ermessens gemäß § 315 BGB zu beachten.
Der Arbeitnehmer hat jedoch in den folgenden Fällen einen Anspruch auf eine bestimmte Lage der Arbeitszeit:
- a)
Die Lage der Arbeitszeit ist gesetzlich oder in einer Kollektivvereinbarung festgelegt.
- b)
Die Lage der Arbeitszeit ist in dem Arbeitsvertrag bzw. einer anderen schriftlichen Vereinbarung (BAG 17.07.2007 – 9 AZR 819/06) schriftlich festgelegt.
- c)
Der Arbeitgeber hat mündlich eine Zusage für eine dauerhafte Lage der Arbeitszeit erteilt. Voraussetzung ist jedoch, dass nach dem Arbeitsvertrag abweichende mündliche Vereinbarungen nicht ausgeschlossen sind (Schriftformklausel – Arbeitsvertrag).
- d)
Es ist eine Konkretisierung der Arbeitszeit auf eine bestimmte Lage eingetreten. Voraussetzung ist die Ausübung der Arbeit nur zu einer bestimmten Lage für einen nicht unerheblichen Zeitraum sowie das Hinzutreten von bestimmten Umständen, nach denen der Arbeitnehmer davon ausgehen darf, dass die bisherige Lage der Arbeitszeit auch künftig verbindlich sein soll (BAG 10.07.2003 – 6 AZR 372/02).
Treffen die Vertragsparteien keine ausdrückliche Regelung über die Verteilung der Arbeitszeit oder erwähnen sie die Arbeitszeitverteilung nur in Teilen, gilt zunächst die bei Vertragsschluss betriebsübliche Arbeitszeit, die sich jedoch im Laufe des Arbeitsverhältnisses ändern kann. Ein Arbeitnehmer, der aus persönlichen Gründen an einer bestimmten Verteilung der Arbeitszeit interessiert ist, muss daher mit dem Arbeitgeber vereinbaren, dass seine Arbeitszeit nicht von der betriebsüblichen Arbeitszeit abhängen soll und nur einvernehmlich geändert werden kann. Das gilt auch dann, wenn die bei Vertragsschluss geltende betriebsübliche Arbeitszeit den Wünschen des Arbeitnehmers entspricht (BAG 15.09.2009 – 9 AZR 757/08).
Besondere Vorgaben zur Verteilung der Arbeitszeit bestehen bei der Teilzeitarbeit.
Daneben kann die Verteilung bzw. die Lage der Arbeitszeit in einem Arbeitszeitkonto geregelt werden.
5 Überschreitung der Arbeitszeit
Zu der Frage, ob die für einen längeren Zeitraum andauernde Überschreitung der Arbeitszeit eines teilzeitbeschäftigten Arbeitnehmers zu einem Anspruch des Arbeitnehmers auf eine erhöhte Arbeitszeit führt, hat das Bundesarbeitsgericht in der Entscheidung BAG 25.04.2007 – 5 AZR 504/06 folgende Grundsätze aufgestellt:
»Die Tatsache, dass ein Arbeitnehmer vom Arbeitgeber - auch längere Zeit - unter deutlicher Überschreitung der vertraglich vorgesehenen Arbeitszeit eingesetzt wird, ergibt für sich genommen noch keine Vertragsänderung. Bei dem Arbeitseinsatz handelt es sich um ein tatsächliches Verhalten, dem nicht notwendig ein bestimmter rechtsgeschäftlicher Erklärungswert in Bezug auf den Inhalt des Arbeitsverhältnisses zukommt. Vielmehr ist auf die Absprachen abzustellen, die dem erhöhten Arbeitseinsatz zugrunde liegen. Dazu zählen auch die betrieblichen Anforderungen, die vom Arbeitgeber gestellt und vom Arbeitnehmer akzeptiert werden.«
Die Annahme einer dauerhaften Vertragsänderung mit einer erhöhten regelmäßigen Arbeitszeit setzt die Feststellung entsprechender Erklärungen der Parteien (auch konkludent) voraus. Dafür kann neben anderen Umständen von Bedeutung sein, um welche Art von Arbeit es sich handelt, wie sie in die betrieblichen Abläufe integriert ist und in welcher Weise die Arbeitszeit hinsichtlich Dauer und Lage geregelt bzw. ausgedehnt wird.
6 Arbeitszeiterfassung
Der EuGH hatte entschieden, dass alle Arbeitgeber in der EU verpflichtet sind, ein verlässliches System einzurichten, um die tägliche Arbeitszeit ihrer Mitarbeiter zu messen (EuGH 14.05.2019 – C 55/18). Der deutsche Gesetzgeber und die arbeitsrechtliche Praxis sahen diesbezüglich zwar Handlungsbedarf, aber es sei keine Eile geboten.
Man war der Meinung, die Pflicht zur Arbeitszeiterfassung habe nur in § 16 Abs. 2 ArbZG (Verpflichtung, die über die werktägliche Arbeitszeit des § 3 S. 1 ArbZG hinausgehende Arbeitszeit der Arbeitnehmer aufzuzeichnen und ein Verzeichnis der Arbeitnehmer zu führen, die in eine Verlängerung der Arbeitszeit gemäß § 7 Abs. 7 ArbZG eingewilligt haben) und dem Recht des Mindestlohns eine Grundlage.
Aber dann kam das BAG:
Mit der Entscheidung BAG 13.09.2022 – 1 ABR 22/21 hat das Bundesarbeitsgericht die Welt der Arbeitsjuristen und Arbeitgeber erschüttert:
»Der Arbeitgeber ist nach § 3 Abs. 2 Nr. 1 ArbSchG verpflichtet, ein System einzuführen, mit dem die von den Arbeitnehmern geleistete Arbeitszeit erfasst werden kann« (Pressemitteilung des BAG).
Das BAG begründete seine Rechtsprechung mit einer unionsrechtskonformen Auslegung von § 3 Abs. 2 Nr. 1 ArbSchG.
Grundlage der Entscheidung war die Frage, ob einem Betriebsrat ein Initiativrecht zur Einführung eines elektronischen Zeiterfassungssystems zusteht. Das BAG lehnt dies ab, da die Pflicht zur Arbeitszeiterfassung mit § 3 ArbSchG ja schon gesetzlich geregelt sei und ein entsprechendes Mitbestimmungsrecht nach § 87 BetrVG nur besteht, wenn und soweit die betriebliche Angelegenheit nicht schon gesetzlich geregelt ist.
7 Erhöhung/Reduzierung der Arbeitszeit
Die von dem Arbeitnehmer nicht gewünschte oder akzeptierte Erhöhung/Reduzierung der vereinbarten Arbeitszeit kann nur im Rahmen einer Änderungskündigung durchgesetzt werden.
Die Zulässigkeit einer (einvernehmlich) befristeten Erhöhung/Reduzierung der Arbeitszeit als einzelne Arbeitsbedingung bestimmt sich nach § 307 BGB und nicht nach den §§ 14 ff. TzBfG, siehe insofern den Beitrag »Befristung einzelner Arbeitsbedingungen«.
Bezüglich der Anspruchsgrundlagen des Arbeitnehmers gilt:
Der Arbeitnehmer kann eine Reduzierung seiner Arbeitszeit bei Vorliegen der Voraussetzungen der Teilzeitarbeit erreichen.
Zu dem Anspruch des Teilzeitarbeitnehmers auf Erhöhung seiner Arbeitszeit siehe den Beitrag »Teilzeitarbeit - Erhöhung der Arbeitszeit«.
8 Einzelfälle
8.1 Fahrtzeiten
Siehe den Beitrag »Arbeitszeit - Fahrtzeit«.
8.2 Dienstreisen
Siehe den Beitrag »Arbeitszeit - Fahrtzeit«.
8.3 Umkleidezeit/Wegezeit
Siehe den Beitrag »Umkleidezeit«.
8.4 Körperreinigungszeit
Siehe den Beitrag »Umkleidezeit«.
9 Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats
Der Betriebsrat hat im Bereich der Arbeitszeit folgende Mitbestimmungsrechte:
§ 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG: Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit, der Ruhepausen und der Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage.
Die betriebliche Arbeitszeit kann die Zeiten für das An- und Ablegen einer besonders auffälligen Dienstkleidung umfassen. Um eine solche handelt es sich, wenn die Arbeitnehmer im öffentlichen Raum aufgrund der Ausgestaltung ihrer Kleidungsstücke ohne Weiteres als Angehörige ihres Arbeitgebers erkannt werden können (BAG 17.11.2015 – 1 ABR 76/13).
§ 87 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG: Vorübergehende Verkürzung oder Verlängerung der betriebsüblichen Arbeitszeit.