Rechtswörterbuch

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Bereitschaftsdienst

 Normen 

§ 7 Abs. 2a ArbZG

§ 13 AZV

§ 7 Abs. 3 TVöD

§ 7 Abs. 3 TV-L

 Information 

1. Allgemein

Bereitschaftsdienst ist eine Sonderform der Arbeitszeit: Bereitschaftsdienst ist das Verfügbarhalten des Arbeitnehmers außerhalb der regelmäßigen Arbeitszeit an einem vom Arbeitgeber bestimmten Ort mit der Pflicht zur unverzüglichen Aufnahme der Arbeit im Bedarfsfall. In Tarifverträgen / kirchlichen Kollektivvereinbarungen werden teilweise andere Begriffe verwendet.

Grundsätzlich unterscheiden sich Rufbereitschaft und Bereitschaftsdienst / Arbeitsbereitschaft durch die unterschiedliche Bestimmung des Aufenthaltsortes. Bei der Rufbereitschaft bestimmt der Arbeitnehmer, bei der Arbeitsbereitschaft und dem Bereitschaftsdienst der Arbeitgeber den Aufenthaltsort.

Aufgrund der teilweise unterschiedlichen Bezeichnungen der verschiedenen Sonderformen der Arbeitszeit hat die Rechtsprechung folgendes Abgrenzungskriterium festgelegt:

Unterliegt die Wahl des Aufenthaltsortes der Vorgabe des Arbeitgebers, dass der Arbeitnehmer nach der Information über den Einsatz innerhalb von 15 bis 20 Minuten seinen Dienst aufnehmen muss, wird durch den Faktor Zeit die Bestimmung des Aufenthaltsortes letztlich durch den Arbeitgeber streng reglementiert. In diesem Fall liegt trotz ggf. gegenteiliger Bezeichnung als Rufbereitschaft ein (höher zu vergütender) Bereitschaftsdienst / eine Arbeitsbereitschaft vor (LAG Rheinland-Pfalz 20.09.2012 - 11 Sa 81/12).

Eine Pflicht zur Ableistung des Bereitschaftsdienstes besteht nur, wenn dies in einer vertraglichen / tariflichen Grundlage o.Ä. vereinbart wurde.

2. Bereitschaftsdienst als Arbeitszeit

2.1 Allgemein

Gemäß § 2 ArbZG ist Arbeitszeit die Zeit vom Beginn bis zum Ende der Arbeit ohne Pausen. Das Arbeitszeitgesetz beruht auf der Europäischen ArbeitszeitrichtlinieRL 93/104. Nach Art. 2 RL 93/104 ist Arbeitszeit die Zeitspanne, während der der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber zur Verfügung steht.

Nach einer Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs ist Bereitschaftsdienst von Ärzten, den diese in persönlicher Anwesenheit in der Gesundheitseinrichtung zu leisten haben, als Arbeitszeit anzusehen (EuGH 03.10.2000 - C 303/98). Der deutsche Gesetzgeber hat das Arbeitszeitgesetz insofern durch die Schaffung einer Gesetzeswindung angepasst:

Gemäß § 7 Abs. 1 Nr. 1a ArbZG gibt es folgende Ausnahme: Die durch das Arbeitszeitgesetz vorgegebenen Grenzen der täglichen Arbeitszeit eines Arbeitnehmers können überschritten werden, wenn in einem Tarifvertrag oder einer Betriebsvereinbarung die Arbeitszeit regelmäßig und in erheblichen Umfang aus Bereitschaftsdienst besteht.

Das heißt übersetzt, dass die Zeiten des Bereitschaftsdienstes anderes bewertet werden:

(Nur) In einem Tarifvertrag oder einer Betriebsvereinbarung kann geregelt werden, dass nur ein bestimmter Zeitanteil der als Bereitschaftsdienst geleisteten Zeit auch als Arbeitszeit angerechnet wird.

2.2 Im TVöD/TV-L und anderen Tarifverträgen des öffentllichen und kirchlichen Dienstes

Das BAG hat die Frage entschieden, wie das das in § 7 Abs. 3 TVöD (wortgleich auch in den anderen Tarifverträgen des öffentlichen Dienstes) enthaltene Tatbestandsmerkmal "außerhalb der regelmäßigen Arbeitszeit" zu verstehen ist:

§ 7 Abs. 3 TVöD: Bereitschaftsdienst leisten Beschäftigte, die sich auf Anordnung des Arbeitgebers außerhalb der regelmäßigen Arbeitszeit an einer vom Arbeitgeber bestimmten Stelle aufhalten, um im Bedarfsfall die Arbeit aufzunehmen.

Das BAG hat dazu ausgeführt (BAG 17.01.2019 - 6 AZR 17/18):

"Das in § 7 Abs. 3 TVöD vorgesehene Tatbestandsmerkmal "außerhalb der regelmäßigen Arbeitszeit" steht einer Anordnung von Bereitschaftsdienst in der fraglichen Nachtzeit nicht immer entgegen. Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend erkannt, dass der TVöD keine Vorgaben zur Lage des Bereitschaftsdienstes macht und dieser daher entgegen der Annahme des Klägers vor, zwischen oder nach der "Vollarbeitszeit" liegen kann (...). Sieht ein Schichtplan neben einer regelmäßigen täglichen Arbeitszeit an bestimmten Tagen Bereitschaftsdienst vor, legt er die regelmäßige Arbeitszeit des Beschäftigten mit einem im Voraus feststehenden Unterbrechungszeitraum fest, der außerhalb der regelmäßigen Arbeitszeit liegt".

2.3 Überschreitung der gesetzlich zulässigen Arbeitszeit

Gemäß § 7 Abs. 1 Nr. 4a und Abs. 2a ArbZG können in einem Tarifvertrag oder aufgrund eines Tarifvertrags in einer Betriebs- oder Dienstvereinbarung Überschreitungen der zulässigen Arbeitszeit zugelassen werden, wenn die Arbeitszeit in erheblichem Umfang aus Bereitschaftsdienst besteht.

Arbeitszeit besteht zu einem erheblichen Umfang aus Bereitschaftsdienst, wenn dieser ca. 25-30 % der Gesamtarbeitszeit ausmacht.

Aber die Bestimmung als Arbeitszeit gilt nur für den Bereich des Arbeitsschutzes nach dem Arbeitszeitgesetz. Der Bereich der Vergütung ist hiervon nicht erfasst!

3. Abgrenzung zu Überstunden

Ist für einen Angestellten rechtswirksam Bereitschaftsdienst im Anschluss an die Regelarbeitszeit angeordnet, kann der Arbeitgeber, wenn über den Ablauf der Regelarbeitszeit hinausgehend noch Arbeit anfällt, den bereits festgelegten Bereitschaftsdienst in Anspruch nehmen. Er ist nicht darauf angewiesen, insoweit Überstunden anzuordnen (BAG 25.04.2007 - 6 AZR 799/06).

Überstunden können also nur dann entstehen, wenn Arbeitsleistungen angeordnet werden, die außerhalb der dienstplanmäßigen oder betriebsüblichen Arbeitszeit des Angestellten liegen.

4. Vergütung

4.1 Allgemein

Bereitschaftsdienst ist grundsätzlich zu vergüten, als wenn der Arbeitnehmer während der gesamten Zeit gearbeitet hätte.

In einem Tarifvertrag oder einer Betriebsvereinbarung kann geregelt werden, dass nur ein bestimmter Zeitanteil der als Bereitschaftsdienst geleisteten Zeit auch als Arbeitszeit angerechnet wird. Danach kann die Bereitschaftszeit anders bewertet werden und damit geringer vergütet.

Die Höhe der Vergütung selbst richtet sich nach der entsprechenden tarifvertraglichen oder arbeitsvertraglichen Regelung. Besteht keine gesonderte tarifliche Regelung, so sind Zeiten der Bereitschaftsdienst als normale Arbeitszeit zu vergüten.

Ausländische Pflegekräfte in einem Privathaushalt:

Das Bundesarbeitsgericht hat ein Grundsatzurteil zur Vergütung von ausländischen Pflegekräfte in Privathaushalten erlassen (BAG 24.06.2021 - 5 AZR 505/20):

"Nach Deutschland in einen Privathaushalt entsandte ausländische Betreuungskräfte haben Anspruch auf den gesetzlichen Mindestlohn für geleistete Arbeitsstunden. Dazu gehört auch Bereitschaftsdienst. Ein solcher kann darin bestehen, dass die Betreuungskraft im Haushalt der zu betreuenden Person wohnen muss und grundsätzlich verpflichtet ist, zu allen Tag- und Nachtstunden bei Bedarf Arbeit zu leisten" (Pressemitteilung des BAG).

Nächtlicher Bereitschaftsdienst:

Nächtlicher Bereitschaftsdienst ist nach § 6 Abs. 5 ArbZG auszugleichen:

Soweit keine tarifvertraglichen Ausgleichsregelungen bestehen, hat der Arbeitgeber dem Nachtarbeitnehmer für die während der Nachtzeit geleisteten Arbeitsstunden eine angemessene Zahl bezahlter freier Tage oder einen angemessenen Zuschlag auf das ihm hierfür zustehende Bruttoarbeitsentgelt zu gewähren.

Der in § 6 Abs. 5 ArbZG nur allgemein geregelte Anspruch auf angemessenen Ausgleich kann durch einzelvertragliche Regelung der Arbeitsvertragsparteien näher ausgestaltet werden.

4.2 TVöD / TV-L / kirchliche Arbeitsvertragsrichtlinien

Im Geltungsbereich der Arbeitgeber des öffentlichen, kirchlichen und sozialen Dienstes gibt es für verschiedene Branchen, in denen branchenbedingt Bereitschaftsdienst dauerhaft zu leisten ist, auf die Anforderungen dieser Branchen bezogene Sonderformen des TVöD, so insbesondere der TVöD-B (Dienstleistungsbereich Pflege-und Betreuungseinrichtungen) oder der TVÖD-K (Krankenhäuser).

In diesen Tarifverträgen ist dann gesondert geregelt,

  • wie Bereitschaftsdienst definiert wird (§ 9 TVöD-B),

  • wie die als Bereitschaftsdienst geleistete Zeit als Arbeitszeit bewertet wird (§ 8.1 TVöD-B),

  • welche Höchstzeiten für die Anordnung von Bereitschaftsdienst bestehen (§ 9 TVöD-B).

Rechtsprechung:

"Der TVöD lässt nicht zu, dass der Arbeitgeber einseitig die regelmäßige Arbeitszeit durch faktorisierte Zeiten des Bereitschaftsdienstes auffüllt. Ihm kommt auch kein Wahlrecht zu, ob er Bereitschaftsdienst durch Freizeit ausgleichen will. Dafür ist gemäß § 8.1 Abs. 6 i.V.m. § 10 Abs. 3 TVöD eine Betriebs- bzw. Dienstvereinbarung erforderlich" (BAG 17.01.2019 - 6 AZR 17/18).

Die Regelung in § 8.1 Abs. 7 Satz 1 TVöD-K, wonach anstelle der Auszahlung des Bereitschaftsdienstentgelts Freizeitausgleich u.a. dann zulässig ist, wenn der Beschäftigte dem Freizeitausgleich zustimmt, knüpft an die Zustimmung an keine Form. Der Beschäftigte kann seine Zustimmung zum Freizeitausgleich deshalb auch durch widerspruchs- und vorbehaltlose Inanspruchnahme des ihm vom Arbeitgeber gewährten Freizeitausgleichs zum Ausdruck bringen (BAG 19.11.2009 - 6 AZR 624/08).

Nächtliche Bereitschaftsdienststunden sind nach dem BAT-KF mittels einer angemessenen Zahl bezahlter freier Tage auszugleichen. Die Regelung über Zusatzurlaub für Wechselschicht-, Schicht- und Nachtarbeit gilt entgegen dem Wortlaut der einschränkenden Regelung des § 48a Abs. 6 BAT-KF nicht nur für die im Rahmen der regelmäßigen Arbeitszeit (§ 15 Abs. 1 bis 4 und die entsprechenden Sonderregelungen hierzu) geleisteten Nachtarbeitsstunden, sondern auch für außerhalb der regelmäßigen Arbeitszeit geleistete Bereitschaftsdienste (BAG 15.07.2009 - 5 AZR 867/08).

4.3 Anwendungsvorrang

"Ab dem 01.01.2017 gehen die Regelungen einer Rechtsverordnung, die auf der Grundlage von § 11 des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes erlassen wurde, nur dann den Bestimmungen des MiLoG vor, wenn die Regelungen der Rechtsverordnung ein Entgelt in Höhe von mindestens 8,50 Euro brutto je Zeitstunde vorsehen (§ 24 Abs. 1 S.1, 2. Halbs. MiLoG in der bis zum 31.12.2017 geltenden Fassung). Diese Voraussetzung erfüllt die 2. PflegeArbbV nicht, soweit die nur eingeschränkte Berücksichtigung von Bereitschaftsdienstzeiten dazu führt, dass der Mindestlohn von 8,50 Euro brutto unterschritten wird." "Soweit der Mindestlohn von 8,50 Euro brutto je Zeitstunde durch die Anwendung des § 2 Abs. 3 S. 4 der 2. PflegeArbbV im Zeitraum ab dem 01.01.2017 unterschritten wird, ist ein Mindestlohn in Höhe von 8,84 Euro brutto zu zahlen" (LAG Hamm 22.11.2018 - 18 Sa 995/18).

4.4 Bereitschaftsdienst in der Pflege

Bestimmte Arbeitsbedingungen sind jedoch für Pflegebetriebe in einer bundesweit geltenden Rechtsverordnung geregelt. Dies ist derzeit in der vierten Fassung erlassen: "Vierte Verordnung über zwingende Arbeitsbedingungen für die Pflegebranche (Vierte Pflegearbeitsbedingungenverordnung - 4. PflegeArbbV)".

Geltungsbereich:

Pflegebetriebe im Sinne der Pflegearbeitsbedingungenverordnung sind gemäß § 1 der 4. PflegeArbbV Betriebe und selbstständige Betriebsabteilungen, die überwiegend ambulante, teilstationäre oder stationäre Pflegeleistungen oder ambulante Krankenpflegeleistungen für Pflegebedürftige im Sinne des § 10 Satz 3 des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes erbringen.

Die Ausnahmen vom Geltungsbereich sind wie folgt geregelt:

  • Die Vorschriften der Pflegearbeitsbedingungenverordnung gelten für alle Mitarbeiter der Pflegebetriebe, mit Ausnahme der in § 1 Abs. 3 der 4. PflegeArbbV genannten Bereiche, z.B. in der hauswirtschaftlichen Versorgung.

  • Dies gilt jedoch dann nicht, wenn diese Mitarbeiter zu mindestens 25 % ihrer Arbeitszeit neben der hauswirtschaftlichen Versorgung tagesstrukturierend, aktivierend, betreuend oder pflegend tätig werden.

  • In diesen Fällen sind die Vorschriften der Pflegearbeitsbedingungenverordnung auf die Arbeitsverhältnisse anwendbar.

Mindestlohn:

Für die vom Anwendungsbereich der Pflegearbeitsbedingungenverordnung erfassten Arbeitnehmer sind in § 2 der 4. PflegeArbbV - je nach Ausbildungsstand und Ort der Tätigkeit verschiedene Mindestlöhne festgelegt, die über dem gesetzlichen Mindestlohn liegen.

Bereitschaftsdienst:

  • Grundsatz: Das Mindestentgelt nach der PflegeArbbV ist für Zeiten des Bereitschaftsdienstes gemäß nachstehender Grundsätze zu zahlen:

  • Begriffsbestimmung Bereitschaftsdienst:

    Bereitschaftsdienste im Sinne dieser Verordnung leisten Arbeitnehmer, die sich auf Anordnung des Arbeitgebers außerhalb der regelmäßigen Arbeitszeit an einer vom Arbeitgeber bestimmten Stelle aufhalten, um im Bedarfsfall die Arbeit aufzunehmen, wenn zu erwarten ist, dass zwar Arbeit anfällt, erfahrungsgemäß aber die Zeit ohne Arbeitsleistung mindestens 75 % beträgt.

    Hinweis:

    Die Formulierung "außerhalb der regelmäßigen Arbeitszeit" bedeutet, dass ein Bereitschaftsdienst zusätzlich zur regelmäßigen Arbeitszeit zu leisten ist. Eine ausschließlich als Bereitschaftsdienst zu leistende Arbeitsleistung ist nicht vereinbar (BAG 17.01.2019 - 6 AZR 17/18).

  • Vergütung für den Bereitschaftsdienst (§ 2 Abs. 6 der 4. PflegeArbbV):

    • Zum Zweck der Entgeltberechnung kann die Zeit des Bereitschaftsdienstes einschließlich der geleisteten Arbeit auf der Grundlage einer kollektivrechtlichen oder einer schriftlichen einzelvertraglichen Regelung mit mindestens 40 % als Arbeitszeit bewertet werden.

      Vereinfacht ausgedrückt:

      In dem Arbeitsvertrag, einem Tarifvertrag oder einer Betriebsvereinbarung kann geregelt werden, dass die tatsächlich von dem Arbeitnehmer als Bereitschaftsdienst geleistete Arbeitszeit nur zu 25 % als zu vergütende Arbeitszeit zu bewerten

    • Aber: Die monatlich ausgezahlte Bruttovergütung geteilt durch die geleisteten Arbeitsstunden einschließlich der Bereitschaftsstunden muss stets mindestens die jeweilige Höhe des gesetzlichen Mindestlohns nach dem Mindestlohngesetz erreichen.

    • Zeiten des Bereitschaftsdienstes, die über 64 Stunden im Kalendermonat hinausgehen, werden mit dem Mindestentgelt nach den Absätzen 1 und 2 des § 2 der 4. PflegeArbbV vergütet.

    • Das Gleiche gilt, wenn die Arbeitsleistung innerhalb eines Bereitschaftsdienstes mehr als 25 % umfasst.

  • Bereitschaftsdienste sind im Dienstplan zu hinterlegen.

4.5 Ausschlussfrist

Zu beachten ist die in § 5 der 4. PflegeArbbV geregelte Ausschlussfrist: Die Ansprüche auf das Mindestentgelt verfallen, wenn sie nicht innerhalb von zwölf Monaten nach ihrer Fälligkeit schriftlich geltend gemacht werden.

5. Mitbestimmung

Die Einführung, die Lage und die Ausgestaltung des Bereitschaftsdienstes sind mitbestimmungspflichtig.

6. Beamtenrecht

Rechtsgrundlage der Arbeitszeit von (Bundes-)Beamten ist die Verordnung über die Arbeitszeit der Beamtinnen und Beamten des Bundes (AZV). Die Vorgaben für den Bereitschaftsdienst sind in § 13 AZV geregelt.

Gemäß § 13 Abs. 1 AZV kann die regelmäßige tägliche Arbeitszeit und die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit entsprechend den dienstlichen Bedürfnissen angemessen verlängert werden. Hierbei darf in einem Bezugszeitraum von zwölf Monaten die durchschnittliche Arbeitszeit 48 Stunden im Siebentageszeitraum nicht überschreiten.

Gemäß § 13 Abs. 2 und 3 AZV kann die Arbeitszeit des Beamten auf bis zu 54 Stunden im Siebentageszeitraum verlängert werden, wenn ein dienstliches Bedürfnis besteht und sich der Beamte hierzu schriftlich bereit erklärt. Die Erklärung kann mit einer Frist von sechs Monaten widerrufen werden.

Diese Vorschrift gründet sich auf Art. 22 der Richtlinie 2003/88 über bestimmte Aspekte der Arbeitsgestaltung (AZRL). Diese gilt für alle privaten oder öffentlichen Tätigkeitsbereiche und somit auch für Beamte im Bund, in den Ländern und Kommunen. Nach Art. 22 AZRL sind Abweichungen von der in Art. 6 AZRL festgelegten wöchentlichen Höchstgrenze der Arbeitszeit von 48 Stunden im Siebentageszeitraum erlaubt, wenn der Arbeitnehmer sich dazu bereit erklärt.

7. Bereitschaftszeit

Von dem Bereitschaftsdienst abzugrenzen ist die Bereitschaftszeit gemäß § 9 TVöD / TV-L:

"Bereitschaftszeiten sind die Zeiten, in denen sich die/der Beschäftigte am Arbeitsplatz oder einer anderen vom Arbeitgeber bestimmten Stelle zur Verfügung halten muss, um im Bedarfsfall die Arbeit selbständig, ggf. auch auf Anordnung, aufzunehmen und in denen die Zeiten ohne Arbeitsleistung überwiegen."

Im allgemeinen Arbeitsrecht wird die Bereitschaftszeit als "Arbeitsbereitschaft" bezeicnet.

 Siehe auch 

Arbeitsbereitschaft

Arbeitszeit

Nachtarbeit

Rufbereitschaft

EuGH 09.09.2003 - C 151/02 (von deutschen Ärzten geleisteter Bereitschaftsdienst Arbeitszeit im Sinne des Gemeinschaftsrechts)

EuGH 03.10.2000 C 303/98 (von spanischen Ärzten geleisteter Bereitschaftsdienst Arbeitszeit im Sinne des Gemeinschaftsrechts)

BAG 18.02.2003 - 1 ABR 2/02 (deutsches Arbeitszeitgesetz in der vormaligen Fassung europarechtswidrig)

Bergwitz: Zusatzurlaub für Bereitschaftsdienst während der Nachtzeit; Medizinrecht - MedR 2011, 88

Hock: Bereitschaftsdienst und Arbeitsbereitschaft ab 01.01.2004; Zeitschrift für das Tarif-, Arbeits- und Sozialrecht des öffentlichen Dienstes; ZTR 2004, 114

Hofer: Folgen von krankheitsbedingtem Ausfall des Arbeitnehmers bei Bereitschaftsdienst und dessen Freizeitausgleich; Zeitschrift für das Tarif-, Arbeits- und Sozialrecht des öffentlichen Dienstes; ZTR 2017, 705

Karlsfeld: Arbeitsbereitschaft, Bereitschaftsdienst, Rufbereitschaft. Wann liegt Arbeitszeit vor und wann ist diese vergütungspflichtig? Arbeits-Rechts-Berater ArbRB 2019, 57

Schliemann: Arbeitszeitgesetz mit Nebengesetzen, Kommentar; 4. Auflage 2019

Schlottfeldt/Kutscher: Freizeitausgleich für Bereitschaftsdienst: Arbeitszeitrechtliche Aspekte der Anrechnung von Bereitschaftsdienst auf die Regelarbeitszeit; Neue Zeitschrift für Arbeitsrecht - NZA 2009, 697

Wußler: Unbeliebt, unbezahlt, unberechenbar? Der Bereitschaftsdienst der Richter und Staatsanwälte wird von Behörde zu Behörde höchst unterschiedlich gestaltet und ausgeglichen DRiZ 7&8/2016, 257