Rechtswörterbuch

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Praktikant

 Normen 

§ 26 BBiG

§ 2a Abs. 1a NachwG

§ 22 MiLoG

 Information 

1. Allgemein

Praktikanten sind keine Arbeitnehmer:

Gemäß § 26 BBiG gelten für Personen, die eingestellt werden, um berufliche Fertigkeiten, Kenntnisse, Fähigkeiten oder berufliche Erfahrungen zu erwerben, ohne dass es sich um eine Berufsausbildung im Sinne dieses Gesetzes handelt, die §§ 10 - 23 sowie 25 BBiG mit der Maßgabe, dass die gesetzliche Probezeit abgekürzt, auf die Vertragsniederschrift verzichtet und bei vorzeitiger Lösung des Vertragsverhältnisses nach Ablauf der Probezeit Schadensersatz nicht verlangt werden kann.

Auch das BAG hat eine Begriffsbestimmung erlassen (BAG 19.01.2022 - 5 AZR 217/21):

"Gemäß § 22 Abs. 1 Satz 3 MiLoG ist unabhängig von der Bezeichnung des Rechtsverhältnisses Praktikant, wer sich nach der tatsächlichen Ausgestaltung und Durchführung des Vertragsverhältnisses für eine begrenzte Dauer zum Erwerb praktischer Kenntnisse und Erfahrungen einer bestimmten betrieblichen Tätigkeit zur Vorbereitung auf eine berufliche Tätigkeit unterzieht, ohne dass es sich dabei um eine Berufsausbildung iSd. Berufsbildungsgesetzes oder um eine damit vergleichbare praktische Ausbildung handelt. Für die rechtliche Bewertung eines Sachverhalts als Praktikum ist dabei die Gesamtwürdigung aller maßgebenden Umstände des Einzelfalls, nicht die formelle Bezeichnung entscheidend (vgl. BAG 29.04.2015 - 9 AZR 78/14 - Rn. 18).

2. Nachweis der Praktikumsbedingungen

Gemäß § 2a Abs. 1a NachwG müssen auch die Praktikumsbedingungen spätestens vor der Aufnahme des Praktikums dokumentiert werden und dem Praktikanten ausgehändigt werden:

Danach muss, wer einen Praktikanten einstellt, unverzüglich nach Abschluss des Praktikumsvertrages die wesentlichen Vertragsbedingungen schriftlich niederlegen. Dabei müssen mindestens die in § 2a Abs. 1a NachwG aufgeführten Vertragsinhalte nachgewiesen werden.

Dazu gehören insbesondere Angaben über die mit einem Praktikum verfolgten Lern- und Ausbildungsziele sowie zur Dauer des Praktikums und zur Zahlung der Vergütung. Die Vorschrift orientiert sich an den Empfehlungen des Rates der Europäischen Union vom 10. März 2014 zu einem Qualitätsrahmen für Praktika.

3. Recht des Praktikantenverhältnisses

3.1 Pflichtpraktika nach einer Ausbildungs- oder Studienordnung

Ein Praktikum unterliegt nicht dem Berufungsbildungsgesetz, wenn es im Rahmen einer Ausbildung oder eines Studiums erbracht wird. Das gilt auch für ein Hochschulstudium an einer staatlich anerkannten privaten Hochschule. Voraussetzung ist, dass der Ausbildungsabschnitt durch staatliche Entscheidung anerkannt ist. Unerheblich ist, ob das Praktikum vor, während oder nach der Ausbildung / dem Studium erbracht wird. Entscheidend ist die vorgeschriebene Durchführung (BAG 18.11.2008 - 3 AZR 192/07).

3.2 Freiwillige Praktika

Auf das sonstige Praktikantenverhältnis finden gemäß § 26 BBiG die §§ 10 bis 16 und 17 Absatz 1, 6 und 7 sowie die §§ 18 bis 23 und 25 BBiG Anwendung mit der Maßgabe, dass die gesetzliche Probezeit abgekürzt und bei vorzeitiger Lösung des Vertragsverhältnisses nach Ablauf der ProbezeitSchadensersatz nicht verlangt werden kann.

3.3 Scheinpraktika

Praktikanten, die aufgrund der Erfolglosigkeit von Bewerbungen sich auf ein Praktikantenverhältnis einlassen, das jedoch tatsächlich ein Arbeitsverhältnis ist, unterliegen nicht dem Berufungsbildungsgesetz. Bei Vorliegen der Arbeitnehmereigenschaft handelt es sich um ein Arbeitsverhältnis.

4. Vergütung

Praktikanten haben gemäß § 17 BBiG i.V.m. § 26 BBiG Anspruch auf eine angemessene Vergütung.

Hinweis:

§ 17 BBiG wurde zum 01.01.2020 neu gefasst. Seine vormaligen Bestimmungen wurden in § 17 Absatz 1, 6 und 7 integriert. Da das gemäß § 26 BBiG die Absätze sind, die für das Praktikantenverhältnis gelten, hat sich die Rechtslage zum 01.01.2020 nicht geändert.

Gemäß § 22 MiLoG gelten auch Praktikanten im Sinne des § 26 BBiG als Arbeitnehmer im Sinne des Mindestlohngesetzes. Sie haben grundsätzlich einen Anspruch auf Zahlung des Mindestlohns. Für sonstige von § 26 BBiG erfasste Vertragsverhältnisse, die keine Arbeitsverhältnisse oder Praktikantenverhältnisse sind, findet dieses Gesetz keine Anwendung.

Aus Gründen der Rechtsklarheit wird in § 22 MiLoG das Praktikumsverhältnis definiert. Für das Vorliegen eines Praktikumsverhältnisses kommt es nicht auf die von den Vertragspartnern gewählte Bezeichnung des Rechtsverhältnisses an, sondern entscheidend ist die tatsächliche Ausgestaltung und Durchführung des Vertragsverhältnisses (BAG 18.03.2014 - 9 AZR 694/12). Rechtsverhältnisse, die auf eine praktische Ausbildung abzielen, welche mit der Berufsausbildung im Sinne des BBiG vergleichbar ist, sind weder Arbeitsverhältnisse noch Praktikumsverhältnisse. Damit fallen nach der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 18/1558) etwa Volontariate nicht unter den Anwendungsbereich des Gesetzes.

Der Praktikant muss also eingestellt worden sein, um berufliche Fertigkeiten, Kenntnisse, Fähigkeiten oder berufliche Erfahrungen zu erwerben, ohne dass es sich um eine systematische Berufsausbildung handelt.

Ausgenommen sind jedoch folgende Formen von Praktikumsverhältnissen:

  • Nach Nummer 1 wird durch das Mindestlohngesetzes nicht die Vergütung von Praktikanten vorgegeben, die ein Praktikum verpflichtend im Rahmen einer Schul-, Ausbildungs- oder Prüfungsordnung leisten. Kein Anspruch auf ein Arbeitsentgelt in Höhe des Mindestlohns besteht damit auch für Personen, die verpflichtend ein sogenanntes Berufspraktikum leisten.

  • Nicht unter den Mindestlohn fallen zudem nach Nummer 2 Praktika von bis zu drei Monaten Dauer zur Orientierung für die Wahl einer Ausbildung oder eines Studiums.

    "Das Praktikum kann jedenfalls aus Gründen in der Person des Praktikanten/der Praktikantin rechtlich oder tatsächlich unterbrochen und um die Dauer der Unterbrechungszeit verlängert werden, wenn zwischen den einzelnen Abschnitten ein sachlicher und zeitlicher Zusammenhang besteht und die Höchstdauer von drei Monaten insgesamt nicht überschritten wird" (BAG 30.01.2019 - 5 AZR 556/17). In dem Urteil wurde ein Anspruch des Praktikanten auf den Mindestlohn abgelehnt. Der Praktikant hatte argumentiert, dadurch dass das Praktikum durch die Anrechnung von Zeiten der Arbeitsunfähigkeit faktisch länger als drei Monate gedauert habe, sei ein Anspruch auf Mindestlohn entstanden.

  • Gleiches gilt für ein Praktikum von bis zu drei Monaten, welches während der Berufs- oder Hochschulausbildung geleistet wird und inhaltlichen Bezug zur Ausbildung aufweist, wenn nicht bereits zuvor ein solches Praktikum bei demselben Ausbildenden geleistet wurde. Der Begriff Berufs- und Hochschulausbildung ist weit zu verstehen.

    Diese freiwilligen Praktikanten haben einen Anspruch auf angemessene Vergütung nach den §§ 17, 26 BBiG.

  • Nicht unter den Anwendungsbereich des Gesetzes fallen zudem nach Nummer 4 Praktikanten, die an einer Einstiegsqualifizierung nach § 54a SGB III oder einer Berufsausbildungsvorbereitung nach den §§ 68 -70 BBIG teilnehmen.

 Siehe auch 

Arbeitsvertrag

Befristetes Arbeitsverhältnis

Faktisches Arbeitsverhältnis