Betriebsrat
BT-Drs. 19/28899 (zu den Änderungen des Betriebsrätemodernisierungsgesetzes 2021)
1 Allgemein
Der Betriebsrat ist ein gewähltes Organ der Arbeitnehmerschaft eines Betriebes, der die Interessen der Arbeitnehmer vertritt.
Die Einrichtung eines Betriebsrates ist für die Arbeitnehmer nicht verpflichtend; es steht den Arbeitnehmern frei, einen Betriebsrat zu wählen. Die rechtlichen Grundlagen sind in den Vorschriften des Betriebsverfassungsgesetzes geregelt.
2 Voraussetzungen
Ein Betriebsrat kann eingerichtet werden in Betrieben mit mehr als fünf wahlberechtigten Arbeitnehmern, von denen mindestens drei wählbar sind.
Wer als Arbeitnehmer im Sinne des BetrVG anzusehen ist, bestimmt sich nach § 5 BetrVG: Arbeitnehmer im Sinne des BetrVG sind Arbeiter und Angestellte einschließlich der zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigten, unabhängig davon, ob sie im Betrieb, im Außendienst oder mit Telearbeit beschäftigt werden.
Dabei setzt die Arbeitnehmereigenschaft eines zu seiner Berufsausbildung Beschäftigten neben dem Abschluss eines auf die Ausbildung gerichteten privatrechtlichen Vertrages voraus, dass der Auszubildende in einen Betrieb des Ausbildenden eingegliedert ist. Es kommt nicht darauf an, ob der "zu seiner Berufsausbildung Beschäftigte" eine Geldleistung erhält. Der Auszubildende ist in vergleichbarer Weise wie Angestellter in den Betrieb eingegliedert, wenn sich seine berufspraktische Ausbildung im Rahmen des arbeitstechnischen Betriebszwecks vollzieht. Weitere Voraussetzung ist, dass die betrieblich-praktische Ausbildung überwiegt oder der schulischen Ausbildung zumindest gleichwertig ist. Soweit die Ausbildung in rein schulischer Unterrichtung stattfindet, kann von einer betrieblichen Beschäftigung zum Zwecke der Berufsausbildung nicht gesprochen werden (BAG 06.11.2013 - 7 ABR 76/11).
Gemäß § 5 Abs. 1 S. 3 BetrVG gelten auch Beamte, Soldaten sowie Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes als Arbeitnehmer im Sinne des Betriebsverfassungsgesetzes.
Wahlberechtigt sind gemäß § 7 BetrVG alle Arbeitnehmer, die das 16. Lebensjahr (Herabsetzung der Altersgrenze seit dem 18.06.2021) vollendet haben. Bei Vorliegen einer Arbeitnehmerüberlassung muss der Arbeitnehmer zudem seit mindestens drei Monaten im Unternehmen eingesetzt sein.
Wählbar sind gemäß § 8 BetrVG alle Wahlberechtigten, die das 18. Lebensjahr vollendet haben und sechs Monate dem Betrieb angehören oder als in Heimarbeit Beschäftigte in der Hauptsache für den Betrieb gearbeitet haben.
3 Rechte und Aufgaben
Siehe den Beitrag "Betriebsrat - Rechte und Aufgaben".
4 Arbeitsentgelt
Gemäß § 37 Abs. 4 BetrVG darf das Arbeitsentgelt von Mitgliedern des Betriebsrats einschließlich eines Zeitraums von einem Jahr nach Beendigung der Amtszeit nicht geringer bemessen werden als das Arbeitsentgelt vergleichbarer Arbeitnehmer mit betriebsüblicher beruflicher Entwicklung. Dies gilt auch für allgemeine Zuwendungen des Arbeitgebers.
Dabei ist nicht auf die hypothetische Gehaltsentwicklung des Betriebsratsmitglieds abzustellen, sondern auf die Gehaltsentwicklung vergleichbarer Arbeitnehmer. Die Vorschrift erfasst nur das vom Arbeitgeber aufgrund des Arbeitsvertrags erbrachte Arbeitsentgelt. Die von einem Dritten in Hinblick auf das Arbeitsverhältnis erbrachten Leistungen (z.B. Stock Options des Konzerns) können aber Arbeitsentgelt darstellen, wenn der Dritte sie nach der Abrede der Arbeitsvertragsparteien anstelle oder neben dem zwischen ihnen vereinbarten Arbeitsentgelt erbringen soll (BAG 16.01.2008 - 7 AZR 887/06).
5 Freistellung
In § 38 BetrVG ist die Anzahl der freizustellen Betriebsratsmitglieder geregelt.
Ein von seiner beruflichen Tätigkeit freigestelltes Betriebsratsmitglied ist verpflichtet, während seiner vertraglichen Arbeitszeit im Betrieb anwesend zu sein und sich dort für anfallende Betriebsratsarbeit bereitzuhalten.
Verlässt das freigestellte Betriebsratsmitglied zur Wahrnehmung erforderlicher Betriebsratsaufgaben den Betrieb, ist es verpflichtet, sich beim Arbeitgeber unter Angabe der voraussichtlichen Dauer der Abwesenheit abzumelden und bei der Rückkehr in den Betrieb wieder zurückzumelden. Das Betriebsratsmitglied ist jedoch nicht verpflichtet, den Arbeitgeber beim Verlassen des Betriebes über den Ort der beabsichtigten Betriebsratstätigkeit zu informieren (BAG 24.02.2016 - 7 ABR 20/14).
6 Nicht freigestellte Betriebsratsmitglieder
Nach § 37 Abs. 3 Satz 1 BetrVG hat ein Betriebsratsmitglied zum Ausgleich für Betriebsratstätigkeit, die aus betriebsbedingten Gründen außerhalb der Arbeitszeit durchzuführen ist, Anspruch auf entsprechende Arbeitsbefreiung unter Fortzahlung des Arbeitsentgelts.
Dabei ist die Arbeitsbefreiung grundsätzlich vor Ablauf eines Monats zu gewähren. Ist dies aus betriebsbedingten Gründen nicht möglich, so ist die aufgewendete Zeit wie Mehrarbeit zu vergüten:
"Es besteht weder ein Anspruch auf eine Amtsvergütung noch ist die Betriebsratstätigkeit eine zu vergütende Arbeitsleistung. Vielmehr gilt das Lohnausfallprinzip. (...) Der Anspruch besteht nur in dem zeitlichen Umfang, in dem das Betriebsratsmitglied außerhalb der Arbeitszeit Betriebsratstätigkeiten wahrgenommen hat" (BAG 26.09.2018 - 7 AZR 829/16).
7 Sonderformen
Neben dem (allgemeinen) Betriebsrat gibt es
den Gesamtbetriebsrat:
Dieser wird gemäß § 47 BetrVG gebildet, wenn in einem Unternehmen mehrere Betriebsräte bestehen, und besteht aus den Vertretern der jeweiligen Betriebsräte.
den Konzernbetriebsrat:
Dieser kann in Konzernen gemäß § 18 AktG gebildet werden, wenn die Gesamtbetriebsräte der Konzernunternehmen, in denen wenigstens 75 % der Arbeitnehmer der Konzernunternehmen beschäftigt sind, zustimmen.
Dieser ist in bestimmten gemeinschaftsweit tätigen Unternehmen mit Sitz in Deutschland zu errichten.
die Schwerbehindertenvertretung gemäß § 177 SGB IX
8 Betriebsratsarbeit
Der Betriebsrat kann keine Vereinbarung treffen, nach der der Arbeitgeber im Falle der Verletzung eines Mitbestimmungsrechtes eine Vertragsstrafe zu zahlen hat. Nach dem Urteil BAG 29.09.2004 - 1 ABR 30/03 fehlt ihm hierzu die erforderliche Vermögens- und Rechtsfähigkeit.
9 Ausschluss
Ein Betriebsratsmitglied kann bei der groben Verletzung seiner gesetzlichen Pflichten als Betriebsrat gemäß § 23 BetrVG aus dem Betriebsrat ausgeschlossen werden. Der Antrag ist bei dem Arbeitsgericht zu stellen. Antragsberechtigt sind:
ein Viertel der wahlberechtigten Arbeitnehmer
der Betriebsrat
der Arbeitgeber
eine im Betrieb vertretene Gewerkschaft
Eine grobe Pflichtverletzung liegt vor, wenn sie objektiv erheblich, also besonders schwerwiegend gegen den Zweck des jeweiligen Gesetzes verstößt. Entscheidend ist, dass die konkrete Pflichtverletzung unter Berücksichtigung aller Umstände, insbesondere der betrieblichen Gegebenheiten, des Anlasses und der Persönlichkeit des Betriebsratsmitglieds, so erheblich ist, dass es für die weitere Amtsausübung untragbar erscheint (BAG 22.06.1993 - 1 ABR 62/92). Denkbar ist, dass der Betriebsfrieden ohne Amtsenthebung nachhaltig gestört oder auch nur ernstlich gefährdet bliebe oder dass das Vertrauensverhältnis zum Betriebsrat, der Belegschaft oder dem Arbeitgeber zerstört oder aus anderen Gründen eine gesetzmäßige Arbeit des Betriebsratsmitglieds nicht mehr zu erwarten ist. Es kommt folglich auf eine Zukunftsprognose an (LAG Niedersachsen 25.10.2004 - 5 TaBV 96/03).
10 Kündigung
Siehe den Beitrag "Betriebsrat - Kündigung".
11 Benachteiligungsverbot
Siehe den Beitrag "Betriebsrat - Verbot der Benachteiligung oder Begünstigung".