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Betriebsrat - Kündigung

 Normen 

§ 15 KSchG

§ 626 BGB

BT-Drs. 19/28899 (zu den Änderungen des Betriebsrätemodernisierungsgesetzes 2021)

 Information 

1. Ordentliche Kündigung

Betriebsratsmitglieder unterliegen einem Sonderkündigungsschutz: Gemäß § 15 KSchG ist die ordentliche Kündigung ausgeschlossen. Dies gilt auch für Änderungskündigungen. Ausnahmen sind in § 15 Abs. 4 und 5 KSchG vorgesehen.

Schutz von die Betriebsratswahl vorbereitenden Arbeitnehmern:

Grundsätzlich beginnt der Kündigungsschutz für Initiatoren einer erstmaligen Betriebsratswahl mit der ersten förmlichen "betriebsöffentlichen" Handlung, der Einladung zur Betriebs- oder Wahlversammlung. Das Gesetz schützt ab diesem Zeitpunkt die ersten drei (und fortan die ersten sechs) im Einladungsschreiben genannten Arbeitnehmer (§ 15 Abs. 3a KSchG).

Der zum 18.06.2021 neu eingefügte Absatz 3b bezweckt den Schutz der "Vorfeld-Initiatoren", das heißt derjenigen Arbeitnehmer, die sich vor der Veröffentlichung des Einladungsschreibens zu einer Wahlversammlung für die Gründung eines Betriebsrats einsetzen. Der Kündigungsschutz hat zwei Voraussetzungen, die kumulativ vorliegen müssen:

  • Zum einen muss der Arbeitnehmer eine Vorbereitungshandlung für die Errichtung eines Betriebsrats oder einer Bordvertretung unternommen haben. Unter Vorbereitungshandlungen ist jedes für Dritte erkennbare Verhalten zu verstehen, das zur Vorbereitung einer Betriebsratswahl geeignet ist. Darunter fallen zum Beispiel: Gespräche mit anderen Arbeitnehmern, um die Unterstützung für eine Betriebsratsgründung zu ermitteln, das Für und Wider einer Betriebsratsgründung zu besprechen oder um Schritte zu planen, die für die Planung und Durchführung der Betriebsratswahl relevant sein können. Darunter fällt auch die Kontaktaufnahme zu einer Gewerkschaft, um Informationen zur Betriebsratswahl zu erhalten.

  • Zum anderen muss der Arbeitnehmer eine öffentlich beglaubigte Erklärung nach § 129 BGB mit dem Inhalt abgegeben haben, dass er die Absicht hat, einen Betriebsrat oder eine Bordvertretung zu errichten. Diese Absichtserklärung kann von dem Arbeitnehmer selbst verfasst werden und soll folgende Angaben enthalten: Name, Geburtsdatum und Adresse des Arbeitnehmers, die möglichst konkrete Bezeichnung des Unternehmens und dessen Betrieb, in dem der Arbeitnehmer die Betriebsratsgründung beziehungsweise Gründung einer Bordvertretung anstrebt sowie die Erklärung der Absicht hierzu.

2. Außerordentliche Kündigung

Die außerordentliche Kündigung eines Betriebsratsmitglieds gemäß § 626 BGB ist bei Vorliegen der folgenden Voraussetzungen möglich:

  1. a)

    Es müssen die allgemeinen Voraussetzungen der außerordentlichen Kündigung erfüllt sein, d.h. es muss ein wichtiger Grund vorliegen. Zu der Einhaltung der Zwei-Wochen-Frist siehe unten Punkt c) "Zustimmung des Betriebsrats".

    Es kommt zudem darauf an, ob dem Kündigenden angesichts der Vertragsverstöße die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses bis zur vereinbarten Beendigung oder bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist zugemutet werden kann. Bei der außerordentlichen fristlosen Kündigung eines ordentlich unkündbaren Arbeitnehmers ist entscheidend, ob dem Arbeitgeber die Weiterbeschäftigung bis zum Ablauf der fiktiven Kündigungsfrist unzumutbar wäre (BAG 17.01.2008 - 2 AZR 821/06).

  2. b)

    Kündigungsgrund kann jedoch nur eine Verletzung der arbeitsvertraglichen Pflichten sein, wie z.B. eine sexuelle Belästigung oder die Weitergabe von Geschäftsgeheimnissen. Verletzungen der Amtspflicht können nur mit dem Ausschlussverfahren geahndet werden.

    Bei Mischtatbeständen gilt Folgendes: Sofern eine Handlung sowohl eine Amtspflichtverletzung als auch einen Verstoß gegen die Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis darstellt oder die Vertragsverletzung nur deshalb eingetreten ist, weil der Arbeitnehmer als Betriebsratsmitglied tätig geworden ist, kann ein wichtiger Kündigungsgrund vorliegen. In einem solchen Fall ist die außerordentliche Kündigung gerechtfertigt, wenn unter Anlegung eines besonders strengen Maßstabs das pflichtwidrige Verhalten als ein schwerer Verstoß gegen die Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis zu werten ist (LAG Baden-Württemberg 21.07.2000 - 20 TaBV 4/99).

    Nach der Entscheidung LAG Niedersachsen, 25.10.2004, 5 TaBV 96/03 ist bei beleidigenden Äußerungen des Betriebsrats über den Arbeitgeber sowohl eine Verletzung der Amtspflicht wie auch der arbeitsvertraglichen Nebenpflicht zu Zurückhaltung und Mäßigung gegeben.

  3. c)

    Die außerordentliche Kündigung erfordert gemäß § 103 BetrVG formell die vorherige Zustimmung des Betriebsrats.

    Die Zustimmung muss innerhalb der Zwei-Wochen-Frist des § 626 BGB eingeholt werden bzw. bei dem Arbeitsgericht beantragt werden.

    Die Kündigung selbst muss dann nach der Einholung der Zustimmung des Betriebsrats innerhalb der Zwei-Wochen-Frist ausgesprochen werden oder unverzüglich nach der Zustimmung durch das Arbeitsgericht.

    Nach einem Urteil des BAG (04.03.2004 - 2 AZR 147/03) handelt es sich bei der Zustimmung nicht um eine Zustimmung im Sinne des § 182 BGB mit der Folge, dass sie nicht in schriftlicher Form vorliegen muss.

    Verweigert dieser die Zustimmung, so kann die Zustimmung durch das Arbeitsgericht ersetzt werden:

    "Die gerichtliche Entscheidung ersetzt (...) - unabhängig von dem im Kündigungszeitpunkt ausgeübten betriebsverfassungsrechtlichen Amt - die Zustimmung des Betriebsrats im Hinblick auf die vom Arbeitgeber geltend gemachten Kündigungsgründe" (BAG 16.11.2017 - 2 AZR 14/17).

    Mit dem zum 18.06.2021 neu eingefügten Absatz 2a wird klargestellt, dass in betriebsratslosen Betrieben Absatz 2 des § 103 BetrVG entsprechend Anwendung findet. Der Arbeitgeber hat daher auch in einem betriebsratslosen Betrieb vor einer außerordentlichen Kündigung der in § 103 Abs. 1 BetrVG genannten Personen, die Zustimmung des Arbeitsgerichts einzuholen. Das Arbeitsgericht hat in dem Verfahren zu prüfen, ob die Kündigung unter Berücksichtigung aller Umstände gerechtfertigt ist. Dies entspricht der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, wonach in einem betriebsratslosen Betrieb § 103 Abs. 2 BetrVG analog Anwendung findet (BAG 16.12.1982 - 2 AZR 76/81; BAG 30.05.1978 - 2 AZR 637/76).

Eine beabsichtigte außerordentliche Kündigung des Betriebsratsmitglieds erweist sich bei einem seit 15 Jahren beschäftigten Arbeitnehmer ohne vorherige Abmahnung jedoch als unverhältnismäßig, wenn der Arbeitgeber bei einem vergleichbaren Verstoß desselben Betriebsratsmitglieds in der Vergangenheit noch nicht einmal eine Abmahnung ausgesprochen hat (ArbG Düsseldorf 10.03.2016 - 10 BV 253/15).

3. Freistellung

Ein freigestelltes Betriebsratsmitglied kann sich seine Arbeitszeit nicht frei einteilen, sondern ist an die im Betrieb üblichen Arbeitszeiten gebunden. Besucht er trotz fehlender Genehmigung seines Vorgesetzten eine zweitägige, gewerkschaftliche Schulungsveranstaltung, verletzt es damit seine arbeitsvertraglichen Pflichten.

4. Höhe der Abfindung

Siehe insofern den Beitrag "Betriebsrat - Verbot der Benachteiligung oder Begünstigung".

 Siehe auch 

Betriebsrat - Dienstwagen

Betriebsratsarbeit - Kosten

Betriebsrat - Rechte und Aufgaben

Hess/Worzalla/Glock/Nicolai/Rose/Huke: Kommentar zum Betriebsverfassungsgesetz; 10. Auflage 2018