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Abmahnung

Normen

§ 314 Abs. 2 BGB

Information

1 Allgemein

Eine Abmahnung ist ein verhaltensbedingter Verweis des Arbeitgebers an den Arbeitnehmer (Rügefunktion), verbunden mit dem Hinweis, dass im Wiederholungsfall der Bestand des Arbeitsverhältnisses gefährdet ist (Warnfunktion).

Rechtsgrundlage ist § 314 Abs. 2 BGB.

Zu unterscheiden ist die Abmahnung von einer Ermahnung, d.h. einem Verweis, dem der Hinweis auf eine später mögliche Kündigung fehlt.

Eine Abmahnung kann von jeder dem Arbeitnehmer gegenüber weisungsberechtigten Person ausgesprochen werden.

2 Form und Inhalt der Abmahnung

Die Abmahnung kann grundsätzlich formlos erteilt werden. Da eine Abmahnung in einem späteren Kündigungsprozess von dem Arbeitgeber als Kündigungsvoraussetzung zu beweisen ist, sollte sie immer (auch) schriftlich erteilt werden und dem Arbeitnehmer sicher zugehen.

Eine wirksame Abmahnung muss die beiden folgenden Bestandteile aufweisen:

  • Rügefunktion: Der abgemahnte Lebenssachverhalt ist stets detailliert wiederzugeben, verbunden mit dem Hinweis, dass zukünftig ein vertragsgetreues Verhalten erwartet wird. Auch muss für den Arbeitnehmer erkennbar sein, welches Verhalten der Arbeitgeber von ihm in der Zukunft erwartet (BAG 23.6.2009 - 2 AZR 283/08).

  • Warnfunktion: Dem Arbeitnehmer muss mitgeteilt werden, dass im Wiederholungsfall der Bestand des Arbeitsverhältnisses gefährdet ist. Dabei ist es ausreichend, wenn "arbeitsrechtliche Konsequenzen" angedroht werden. Es muss nicht konkret der Ausspruch einer Kündigung angedroht werden (BAG 19.04.2012 - 2 AZR 258/11).

3 Verhältnismäßigkeit

Auch bei dem Ausspruch einer Abmahnung ist der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu beachten (so u.a. BAG 31.08.1994 - 7 AZR 893/93, BAG 13.11.1991 - 5 AZR 74/91).

4 Aufbewahrungsort und Wirkungsdauer der Abmahnung

Die Abmahnung ist in die Personalakte des Arbeitnehmers aufzunehmen.

Bezüglich ihrer Wirkungsdauer hat die höchstrichterliche Rechtsprechung ausdrücklich keine feste Zeitgrenze festgelegt, die Umstände des Einzelfalls sind entscheidend. Dazu zählen neben der Schwere des Verstoßes die Beweggründe des Arbeitnehmers sowie seine weitere Arbeitsleistung.

5 Entfernung aus der Personalakte

Siehe insofern den Beitrag "Abmahnung - Entfernung aus der Personalakte".

6 Abmahnung als Voraussetzung für eine wirksame Kündigung

6.1 Kündigungsart

Die Abmahnung ist nur Voraussetzung einer verhaltensbedingten Kündigung, eine personenbedingte oder betriebsbedingte Kündigung kann auch ohne eine vorherige Abmahnung erteilt werden. Hintergrund ist, dass das Verhalten eines Mitarbeiters von diesem steuerbar ist und ihm durch eine Abmahnung die Gelegenheit gegeben werden soll, die Arbeitsleistung bzw. sein Verhalten zu ändern.

Beachte:

Betriebe, die nicht unter das Kündigungsschutzgesetz fallen, können sich grundsätzlich zudem ohne weitere rechtliche Bindungen unter Beachtung der Kündigungsfristen von ihren Mitarbeitern lösen (BAG 21.02.2001 - 2 AZR 579/99), aus Gründen des gegenseitigen fairen Verhaltens ist es aber auch hier sinnvoll, den Arbeitnehmer durch eine Abmahnung vorzuwarnen.

Auch eine formell unwirksame, aber sachlich berechtigte Abmahnung kann als Voraussetzung für eine spätere verhaltensbedingte Kündigung ausreichen (BAG 19.02.2009 - 2 AZR 603/07).

6.2 Gleichgelagerter Verstoß

Voraussetzung für eine auf die Abmahnung folgende Kündigung ist, dass ein erneuter Verstoß gegen einen gleichgelagerten (d.h. vergleichbaren), auf dem Verhalten des Mitarbeiters beruhenden Sachverhalt vorliegt. Gleich gelagert sind nicht nur identische Verhaltensweisen, sondern auch sich ähnelnde Arbeitsvertragsverletzungen. Es reicht aus, dass die jeweiligen Pflichtwidrigkeiten aus demselben Bereich stammen und somit Abmahnungs- und Kündigungsgründe in einem inneren Zusammenhang stehen (LAG Hessen 19.10.2015 - 16 Sa 721/15, BAG 16.09.2004 - 2 AZR 406/03).

Beispiel:

Gleich gelagert wären ein häufiges Zuspätkommen und eine unentschuldigte Abwesenheit vom Arbeitsplatz.

Nicht gleich gelagert wären ein häufiges Zuspätkommen und eine Störung des Betriebsfriedens durch Mobbing.

Handelt es sich nicht um einen gleich gelagerten Verstoß, so ist, wenn ein steuerbares Verhalten vorliegt, vor dem Ausspruch einer Kündigung erneut erst wieder eine Abmahnung auszusprechen!

7 Folgen einer Abmahnung

Mit dem Ausspruch der Abmahnung verzichtet der Arbeitgeber konkludent auf eine Kündigung des Arbeitnehmers, auch eine spätere Kündigung kann nicht mehr auf den abgemahnten Sachverhalt gestützt werden.

8 Entbehrlichkeit der Abmahnung

Die Kündigung kann dann ohne eine vorherige Abmahnung ausgesprochen werden, wenn der Vertrauensbereich erheblich gestört ist oder auch in der Zukunft nicht mit einer Verhaltensänderung zu rechnen ist (BAG 06.10.2005 - 2 AZR 280/04). In Betracht kommen z.B. Tätlichkeiten oder eine schwere sexuelle Belästigung.

9 Zeitliche Grenze

Nach dem abmahnungswürdigen Vorfall gibt es keine feste zeitliche Grenze, innerhalb derer die Abmahnung auszusprechen ist. Andererseits führt eine längere Zeitspanne (einige Monate), in der der Arbeitgeber das Verhalten hingenommen zu haben scheint, zu einer Verwirkung dieses Rechts (ArbG Paderborn 09.06.2016 - 2 Ca 457/15). Sie ist daher zeitnah auszusprechen.

10 Mehrere Abmahnungen

Eine Abmahnung kann ihre Warnfunktion verlieren (und damit kein Mittel mehr zum Ausspruch einer späteren Kündigung sein), wenn der Arbeitgeber weitere, gleich gelagerte Verstöße des Arbeitnehmers nicht mit einer Kündigung ahndet, sondern nur eine weitere Abmahnung ausspricht. Für die Frage, ob die Warnfunktion aufgehoben wurde, ist die Anzahl der ausgesprochenen Abmahnungen entscheidend. Nach dem Urteil BAG 16.09.2004 - 2 AZR 406/03 kann jedoch nicht bereits bei der dritten Abmahnung von der Aufhebung der Warnfunktion und dem Verlust der Kündigungsmöglichkeit gesprochen werden.

11 Im Ausbildungsverhältnis

Nach der Probezeit ist in dem Berufsausbildungsverhältnis für den Arbeitgeber die ordentliche Kündigung ausgeschlossen. Möglich ist bei Vorliegen der Voraussetzungen nur noch der Ausspruch einer außerordentlichen Kündigung.

Vor dem Ausspruch einer auf dem Verhalten des Auszubildenden beruhenden außerordentlichen Kündigung ist dieser grundsätzlich abzumahnen (LAG Hessen 03.11.1997 - 16 Sa 657/97). Eine Ausnahme besteht auch hier bei besonders schwerwiegenden Pflichtverletzungen, die eine außerordentliche Kündigung ohne Abmahnung rechtfertigen (BAG 01.07.1999 - 2 AZR 676/98).

12 Abmahnung während des besonderen Kündigungsschutzes

Eine Abmahnung kann auch gegenüber Arbeitnehmern ausgesprochen werden, die einem besonderen Kündigungsschutz unterliegen.

13 Einzelfälle

Zu den Einzelfällen siehe den Beitrag "Abmahnung - Beispiele".

14 Beteiligung des Betriebsrats / Personalrats

Der Betriebsrat ist bei dem Ausspruch einer Abmahnung nicht zu beteiligen. Gleiches gilt für den Personalrat im Anwendungsbereich des Bundespersonalvertretungsgesetzes. Eine Beteiligung ist jedoch nach den folgenden Landespersonalvertretungsgesetzen vorgesehen, wobei die Art der Beteiligung in den einzelnen Ländern unterschiedlich ausgestaltet ist:

Sofern in den Landespersonalvertretungsgesetzen der anderen Bundesländer zur Bestimmung des Anwendungsbereichs der Mitbestimmungsrechte unbestimmte Rechtsbegriffe verwendet werden, die auf eine Einbeziehung der Abmahnung schließen lassen könnten (z.B. Hamburg: "Ausspruch einer schriftlichen Missbilligung"), so hat die Rechtsprechung die Einbeziehung der Abmahnung abgelehnt.

15 Im Falle eines Kündigungsrechtsstreits

Die Beweislast für die der Abmahnung zugrunde liegenden Tatsachen hat der Arbeitgeber, die Beweislast, dass die Abmahnung nicht sachlich gerechtfertigt war, hat der Arbeitnehmer.

16 Streitwert

Siehe insofern die Ausführungen in dem Beitrag "Gebührenstreitwert".

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