Rechtswörterbuch

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Teilzeitarbeit - Erhöhung der Arbeitszeit

 Normen 

§ 9 TzBfG

§ 9a TzBfG

BR-Drs. 281/18

 Information 

1. Einführung

Hinweis:

Das TzBfG verwendet den Ausdruck "Verlängerung der Arbeitszeit".

Bezüglich des Anspruchs des in Teilzeit arbeitenden Arbeitnehmers auf Erhöhung seiner Arbeitszeit ist seit dem 01.01.2019 wie folgt zu unterscheiden:

  • Der in § 9 TzBfG geregelte allgemeine Anspruch wird im Folgenden dargestellt.

  • Zu den Voraussetzungen der seit dem 01.01.2019 gesetzlich geregelten Möglichkeit zur Erhöhung der Arbeitszeit siehe den Beitrag "Brückenteilzeit".

2. Anspruch auf Arbeitszeiterhöhung

Ein direkter Anspruch des Teilzeitbeschäftigten (Teilzeitarbeit) auf eine Erhöhung der Arbeitszeit bzw. Rückkehr zu einer Vollzeitstelle besteht nicht.

Aber der Arbeitgeber muss Teilzeitbeschäftigte bei Vorliegen der folgenden, in § 9 TzBfG geregelten Voraussetzungen bei der Besetzung eines Arbeitsplatzes bevorzugt berücksichtigen:

  1. a)

    Entsprechender Arbeitsplatz:

    Ein "entsprechender" Arbeitsplatz ist nach den Entscheidungen BAG 16.09.2008 - 9 AZR 781/07 und BAG 08.05.2007 - 874/06 gegeben, wenn auf dem zu besetzenden freien Arbeitsplatz die inhaltlich gleiche oder eine zumindest vergleichbare Tätigkeit auszuüben ist, wie sie der teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmer schuldet. Hinsichtlich Eignung und Qualifikation muss der Teilzeitbeschäftigte den objektiven Anforderungen dieses Arbeitsplatzes genügen.

    Für die Vergleichbarkeit der beiden Arbeitsplätze besteht ein hinreichender Anhaltspunkt, wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die angestrebte Tätigkeit mit Ausnahme des veränderten Arbeitszeitumfangs durch Ausübung seines Direktionsrechts zuweisen könnte.

  2. b)

    Freier Arbeitsplatz:

    Der Arbeitgeber kann die bevorzugte Berücksichtigung ablehnen, wenn der Arbeitsplatz dem bisherigen Arbeitsplatz der Arbeitnehmerin oder des Arbeitnehmers nicht entspricht oder nicht frei ist. Ein freier zu besetzender Arbeitsplatz liegt vor, wenn der Arbeitgeber die Organisationsentscheidung getroffen hat, diesen zu schaffen oder einen unbesetzten Arbeitsplatz neu zu besetzen (Begriffsbestimmung neu in § 9 S. 2 TzBfG!). Dabei unterliegt auch der Stellenzuschnitt der Organisationsentscheidung des Arbeitgebers. Hierzu gehört auch die Festlegung der Lage für die Erbringung der Arbeitsleistung. So kann etwa in einem Filialbetrieb mit starkem Arbeitsanfall lediglich am Vormittag ein Arbeitnehmer, der am Vormittag arbeitet und seine Arbeitszeit verlängern möchte, nicht verlangen, dass der Arbeitgeber eine für den Vormittag ausgeschriebene Stelle so ändert, dass der Arbeitnehmer zusätzlich auch am Nachmittag arbeiten kann.

    Der Arbeitgeber darf aber seine Organisationsfreiheit nicht dazu nutzen, die Regelung des § 9 TzBfG zu umgehen. Von einer Umgehung kann aber nicht gesprochen werden, wenn für die Organisationsentscheidung arbeitsplatzbezogene Sachgründe bestehen (LAG Baden-Württemberg 17.06.2013 - 1 Sa 2/13). So z.B. wenn der Arbeitgeber, anstatt die Arbeitszeiten der aufstockungswilligen Teilzeitbeschäftigten zu verlängern, weitere Teilzeitarbeitsplätze ohne höhere Arbeitszeit einrichtet (BAG 23.03.2016 - 7 AZR 828/13).

    Die Frage, ob die Voraussetzung eines freien Arbeitsplatzes noch vorliegt, wenn der Arbeitgeber die Stelle endgültig mit einem anderen Arbeitnehmer besetzt hat, hat die höchstrichterliche Rechtsprechung verneint:

    Die anderslautende Rechtsprechung (LAG Hamm 25.02.2014 - 14 Sa 1174/13) ist somit überholt.

  3. c)

    Gleiche Eignung:

    Eine gleiche Eignung liegt vor, wenn der Teilzeitbeschäftigte im Vergleich zum Mitbewerber über insgesamt dieselben persönlichen und fachlichen Fähigkeiten, theoretischen und praktischen Kenntnisse, Erfahrungen und Fertigkeiten verfügt und im bisherigen Berufsleben dieselben Leistungen erbracht hat (LAG Hamm 10.12.2015 - 18 Sa 1307/15).

    Bei mehreren gleich geeigneten Teilzeitbeschäftigten kann der Arbeitgeber unter diesen grundsätzlich frei auswählen. Er hat seine Entscheidung nach billigem Ermessen zu treffen.

  4. d)

    Entgegenstehende Arbeitszeitwünsche anderer teilzeitbeschäftigter Arbeitnehmer:

    Dies ist nach der Gesetzesbegründung (BR-Drs. 281/18) zum Beispiel auch der Fall, wenn der Arbeitgeber den Arbeitsplatz aus rechtlichen Gründen an eine andere Arbeitnehmerin oder einen anderen Arbeitnehmer vergeben muss, zum Beispiel nach Rückkehr aus der Elternzeit.

  5. e)

    Entgegenstehende betriebliche Gründe:

    Entgegenstehende dringende betriebliche Gründe sind nur anzunehmen, wenn sie gleichsam zwingend sind. Die negative Anspruchsvoraussetzung der nicht entgegenstehenden dringenden betrieblichen Gründe bezieht sich auf die personelle Auswahl für die Besetzung des freien Arbeitsplatzes. Erforderlich ist ein betrieblicher Grund von ganz besonderem Gewicht. Insoweit unterscheidet sich das Tatbestandsmerkmal vom Adressaten des Verlängerungsanspruchs, dem Arbeitgeber. Während sich der Verlängerungsanspruch auf das gesamte Unternehmen erstreckt, ist der entgegenstehende dringende Grund auf den Betrieb beschränkt (BAG 16.09.2008 - 9 AZR 781/07).

3. Beweislast und Form

Zum 01.01.2019 wurde die Darlegungs- und Beweislast auch in zwei weiteren Punkten (kein entsprechender freier Arbeitsplatz sowie nicht mindestens gleiche Eignung der teilzeitbeschäftigen Arbeitnehmerin beziehungsweise des teilzeitbeschäftigen Arbeitnehmers wie eine andere vom Arbeitgeber bevorzugte Bewerberin oder ein anderer bevorzugter Bewerber) auf den Arbeitgeber übertragen.

Den Teilzeitbeschäftigten obliegen die Darlegung der Teilzeitbeschäftigung und der Nachweis für die Anzeige des Verlängerungswunsches. Um den Nachweis zu erleichtern, wurde auch für die Anzeige des Verlängerungswunsches die Textform eingeführt.

4. Höherwertige Tätigkeit

Der Arbeitnehmer hat nach der Rechtsprechung dann einen Anspruch auf Übertragung einer höherwertigen Tätigkeit, wenn das Anforderungsprofil der neuen Tätigkeit der früheren, d.h. vor Aufnahme der Teilzeitarbeit ausgeübten Tätigkeit entspricht (BAG 16.9.2008 - 9 AZR 781/07).

5. Schadensersatzanspruch

Sofern der Arbeitgeber den Arbeitsplatz entgegen der Vorgabe des § 9 TzBfG mit einem anderen Arbeitnehmer besetzt, ist nach der obigen Rechtsprechung der Arbeitsplatz nicht mehr frei. Jedoch besteht dann ein Schadensersatzanspruch in Höhe der entgangene Vergütung, der zeitlich nicht begrenzt ist (BAG 18.07.2017 - 9 AZR 259/16, BAG 16.09.2008 - 9 AZR 781/07).

Voraussetzung des Schadensersatzangebots ist dabei jedoch, dass der Arbeitnehmer an den Arbeitgeber ein auf die Erhöhung der Arbeitszeit durch Besetzung der Stelle mit ihm bezogenes Vertragsangebot richtet: "Das Vertragsangebot hat hierbei den Anforderungen des § 145 BGB zu genügen, muss deshalb so formuliert sein, dass der vom Arbeitnehmer gewünschte Änderungsvertrag durch die bloße Zustimmung des Arbeitgebers zustande kommt" (BAG 27.02.2018 - 9 AZR 167/17 - Rdnr. 25 ff.).

 Siehe auch 

Arbeit auf Abruf

Arbeitsplatzteilung

Brückenteilzeit

Geringfügige Beschäftigungsverhältnisse

Gleichbehandlungsgrundsatz

Teilzeitarbeit

Teilzeitarbeit - Diskriminierungsverbot

Teilzeitarbeit - Öffentlicher Dienst

Teilzeitarbeit - Verteilung der Arbeitszeit

Überstunden

Sievers: TzBfG. Kommentar; 6. Auflage 2018