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Allgemeine Geschäftsbedingungen

Normen

§§ 305 - 310 BGB

§§ 1 ff. UKlaG

Information

1 Begriffsbestimmung / Anwendungsbereich

1.1 Einführung

Im geschäftlichen Verkehr ist es üblich, dass nicht bei jedem Geschäft sämtliche Vertragsklauseln neu entworfen werden, sondern dass die eine Vertragspartei der anderen bei Vertragsabschluss ihre allgemeinen Geschäftsbedingungen als Vertragsbedingungen anbietet. Dabei können die allgemeinen Geschäftsbedingungen sowohl in einem gesonderten Vertragsteil enthalten sein oder bei dem ganzen Vertrag handelt es sich um einen vorgefertigten Formularvertrag.

1.2 Begriffsbestimmung

Allgemeine Geschäftsbedingungen sind abzugrenzen von einem Individualvertrag:

Allgemeine Geschäftsbedingungen sind nach § 305 Absatz 1 BGB alle für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierten Vertragsbedingungen, die eine Vertragspartei (Verwender) der anderen Vertragspartei bei Abschluss eines Vertrags stellt:

  • Das Merkmal der "Vielzahl von Verträgen" ist dabei bereits erfüllt, wenn der Vertrag mindestens dreimal verwendet werden soll, unerheblich ist, ob die Vertragspartner bereits feststehen oder die weitere Verwendung nur beabsichtigt ist (BGH 27.09.2001 - VII ZR 388/00).

  • Ein "Stellen von Vertragsbedingungen" liegt nicht vor, wenn die Einbeziehung vorformulierter Vertragsbedingungen in einen Vertrag auf einer freien Entscheidung desjenigen beruht, der vom anderen Vertragsteil mit dem Verwendungsvorschlag konfrontiert wird. Dazu ist es erforderlich, dass er in der Auswahl der in Betracht kommenden Vertragstexte frei ist und insbesondere Gelegenheit erhält, alternativ eigene Textvorschläge mit der effektiven Möglichkeit ihrer Durchsetzung in die Verhandlungen einzubringen. Danach entfällt ein Stellen von Vertragsbedingungen nicht bereits dann, wenn die vorformulierten Vertragsbedingungen dem anderen Vertragsteil mit der Bitte übersandt werden, Anmerkungen oder Änderungswünsche mitzuteilen (BGH 20.01.2016 - VIII ZR 26/15).

  • Bei einem Vertrag zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher gelten die Allgemeine Geschäftsbedingungen nach § 310 Absatz 3 Nummer 1 BGB als vom Unternehmer gestellt, es sei denn, dass sie durch den Verbraucher in den Vertrag eingeführt wurden, weil er selbst auf der Verwendung eines bestimmten Vertragsformulars bestanden hat.

    Bei einem Vertrag zwischen Verbrauchern gibt es keine gesetzliche Vermutung dafür, dass die Geschäftsbedingungen von einer der Parteien gestellt worden sind und welche der Parteien sie gestellt hat. Dies beurteilt sich vielmehr nach den jeweiligen Umständen des Einzelfalls, wobei die Verwendereigenschaft grundsätzlich von demjenigen darzulegen und zu beweisen ist, der sich im Prozess auf den Schutz beruft. Sind die Bedingungen von einem Dritten formuliert (z.B. in der Form eines vorgefertigten Formulars), ist für die Anwendbarkeit des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen maßgebend, ob eine der Vertragsparteien sich die Bedingungen als von ihr gestellt zurechnen lassen muss (BGH 17.02.2010 - VIII ZR 67/09).

    Das Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen unterliegt auch im unternehmerischen Rechtsverkehr nicht der Disposition der Vertragsparteien, sondern ist zwingendes Recht (BGH 20.03.2014 - VII ZR 248/13).

    Ein übereinstimmender Wille der Parteien geht selbst einem eindeutigen Wortlaut der Vereinbarung vor. Dies gilt auch dann, wenn der übereinstimmende Wille erst durch Auslegung ermittelt werden muss (BAG 15.09.2009 - 3 AZR 173/08).

1.3 Nachträgliches Ändern einer Klausel

Eine Allgemeine Geschäftsbedingung verliert ihren Charakter als der Inhaltskontrolle unterliegender Klausel nicht allein dadurch, dass sie von den Parteien nachträglich geändert wird. Zur Begründung einer Individualvereinbarung muss die nachträgliche Änderung in einer Weise erfolgen, die es rechtfertigt, sie wie eine von vornherein getroffene Individualvereinbarung zu behandeln. Das ist nicht der Fall, wenn der Verwender auch nach Vertragsschluss dem Vertragspartner keine Gestaltungsfreiheit eingeräumt und den gesetzesfremden Kerngehalt der Klausel nicht zur Disposition gestellt hat und die Parteien auf dieser Grundlage eine Einigung finden, mit der die nachteilige Wirkung der Klausel lediglich abgeschwächt wird (BGH 07.03.2013 VII ZR 162/12).

2 Rechtsgrundlagen

Der Inhalt vorformulierter Vertragsklauseln unterliegt der Überprüfung durch die das Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen regelnden Rechtsnormen. Dabei ist wie folgt zu unterscheiden:

3 Form der AGB

Gestaltungsformen sind für die Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwichtig, d.h. der Umfang der Allgemeinen Geschäftsbedingungen und die Form bzw. die äußere Gestaltung des Vertrages sind unerheblich. Es ist z.B. gleichgültig, ob die Bestimmungen einen äußerlich gesonderten Bestandteil des Vertrages bilden oder in die Vertragsurkunde selbst aufgenommen werden oder es sich insgesamt um einen Formularvertrag handelt.

Die Allgemeinen Geschäftsbedingungen müssen jedoch Vertragsbestandteil geworden sein.

4 Voraussetzungen der Gesetzeskontrolle

Die Geschäftsbedingungen unterliegen der Gesetzeskontrolle, wenn folgende Voraussetzungen erfüllt sind:

  1. a)

    Die Anwendung des Gesetzes ist nicht durch Gesetz ausgeschlossen: Gemäß § 310 Abs. 4 BGB ist sie ausgeschlossen, wenn es sich um Verträge auf dem Gebiet des Familien-, Erb- und Gesellschaftsrechts handelt.

  2. b)

    Personen, die bei Abschluss des Vertrages in Ausübung ihrer gewerblichen oder selbstständigen beruflichen Tätigkeit handeln sowie juristische Personen des öffentlichen Rechts oder öffentlich-rechtliche Sondervermögen fallen nicht in den Schutzbereich der §§ 305 Abs. 2, 308, 309 BGB.

    Gegenüber diesen Personengruppen benutzte vorformulierte Vertragsbedingungen können aber durch die Generalklausel des § 307 Abs. 1 und 2 BGB überprüft werden.

  3. c)

    Die AGB müssen gemäß § 305 Abs. 2 BGBVertragsbestandteil geworden sein.

  4. d)

    Auch wenn die AGB Vertragsbestandteil geworden sind, können gemäß § 305c Abs. 1 BGB einzelne Klauseln ausgeschlossen sein, weil sie überraschend sind, d.h. von dem abweichen, was der Vertragspartner bei Verträgen dieser Art erwarten kann.

  5. e)

    Unklarheitenregelung: Ist eine Klausel nicht eindeutig formuliert und bleibt auch nach Ausschöpfung der Auslegungsmethoden ein nicht behebbarer Zweifel, geht dies nach § 305c Abs. 2 BGB zulasten des Verwenders (Transparenzgebot).

    Die Norm kommt dann zur Anwendung, wenn die Auslegung einer einzelnen Klausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen mindestens zwei Ergebnisse als vertretbar erscheinen lässt und keines den klaren Vorzug verdient. Widersprechen sich hingegen mehrere Klauseln inhaltlich, ist § 305c Abs. 2 BGB unanwendbar und das Transparenzgebot greift (BAG 20.01.2010 - 10 AZR 914/08).

  6. f)

    Wenn eine Klausel nicht teilbar ist, ist sie einer einheitlichen Kontrolle zu unterziehen (BAG 01.03.2022 - 9 AZR 260/21).

Bei Vorliegen der Voraussetzungen unterliegen die Allgemeinen Geschäftsbedingungen einer Inhaltskontrolle.

5 Rechtsfolgen unwirksamer AGB

Keine geltungserhaltende Reduktion:

Eine geltungserhaltende Reduktion, nach der einzelne unwirksame Klauseln auf ihren gerade noch zulässigen Inhalt zurückgeführt werden, ist nach der Rechtsprechung sowohl des BGH als auch des BAG unzulässig (BAG 11.02.2009 - 10 AZR 222/08, BAG 04.03.2004 - 8 AZR 196/03):

Beispiel für eine geltungserhaltende Reduktion:

Eine Vertragsstrafe sieht die Zahlung einer überhöhten Schadenspauschale vor. Bei Anwendung einer geltungserhaltenden Reduktion würde die Schadenspauschale auf das zulässige Maß reduziert werden, die Klausel an sich hätte weiterhin Gültigkeit.

Eintritt der gesetzlichen Regelung:

Die unwirksame Vertragsklausel wird vielmehr durch die gesetzlich vorgesehene Regelung ersetzt.

Fehlen einer gesetzlichen Regelung:

Fehlt eine gesetzliche Regelung "... und führte die ersatzlose Streichung der Klausel zu einem Ergebnis, das den beiderseitigen Interessen nicht mehr in vertretbarer Weise Rechnung tragen, sondern das Vertragsgefüge völlig einseitig zugunsten des Vertragspartners des Verwenders verschieben würde, so dass diesem ein Festhalten an dem lückenhaften Vertrag nicht zuzumuten wäre, kommt auch bei unwirksamen Allgemeinen Geschäftsbedingungen eine ergänzende Vertragsauslegung in Betracht" (BGH 15.02.2019 - V ZR 77/18).

Auswirkungen auf die Wirksamkeit der gesamten Vereinbarung:

Unwirksame Bestandteile von Verträgen führen gemäß § 139 BGB ohne eine anderslautende Vereinbarung grundsätzlich zur Unwirksamkeit des ganzen Vertrages. Aber abweichend davon bleibt der Vertrag nach § 306 BGB im Übrigen grundsätzlich wirksam, wenn es sich bei den unwirksamen Teilen des Rechtsgeschäfts um AGB-Klauseln handelt. Nach der Rechtsprechung des BGH können inhaltlich voneinander trennbare, einzeln aus sich heraus verständliche Regelungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen auch dann Gegenstand einer gesonderten Wirksamkeitsprüfung sein, wenn sie in einem äußeren sprachlichen Zusammenhang mit anderen - unwirksamen - Regelungen stehen (BGH 10.10.2013 - III ZR 325/12).

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