Vertragsstrafe
1 Begriff
Vertragsklausel zur Sicherung der vertraglichen Leistung zu einem bestimmten Termin.
Durch die Vereinbarung einer Vertragsstrafe wird der Schuldner verpflichtet, im Falle der Nichterfüllung oder nicht vertragsgemäßen Erfüllung seiner Leistungspflicht einen bestimmten Geldbetrag zu zahlen.
Die Vertragsstrafe selbst, die auch Konventionalstrafe oder Strafversprechen genannt wird, ist unselbstständig und vom Bestehen der Hauptpflicht abhängig. Sie muss in dem jeweiligen Vertrag vereinbart werden. Es reicht aber aus, wenn die Vereinbarung in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen enthalten ist.
Mit der Vereinbarung einer Vertragsstrafe sollen zwei Funktionen erfüllt werden: Es soll auf den Schuldner ein zusätzlicher Druck zur vertragsgemäßen Erfüllung seiner Leistungspflicht ausgeübt werden, und im Falle der Leistungsstörung soll der sonst vom Gläubiger zu führende Schadensbeweis entfallen.
Auch mit einem Arbeitnehmer kann in dem Arbeitsvertrag eine Vertragsstrafe vereinbart werden. Zumeist handelt es sich dabei um die Vereinbarung eines arbeitsrechtlichen Wettbewerbsverbots. Zu den von der Rechtsprechung hierzu aufgestellten Vorgaben siehe unten.
2 Formen
Das BGB unterscheidet zwei Formen der Vertragsstrafe:
- a)
Die Vertragsstrafe für die Nichterfüllung einer Verbindlichkeit (§§ 339, 340 BGB).
Haben die Parteien eine Vertragsstrafe wegen Nichterfüllung vereinbart stehen dem Gläubiger folgende Ansprüche zu:
Er kann bei Vorliegen der Voraussetzungen die Vertragsstrafe verlangen.
Er kann bei Vorliegen der Voraussetzungen weiteren Schadensersatz statt der Leistung verlangen.
Ausgeschlossen ist der Anspruch auf Vertragserfüllung!
- b)
3 Voraussetzungen
Voraussetzung beider Arten einer Vertragsstrafe ist, dass der Schuldner in Verzug gesetzt wird bzw. sich im Verzug befindet und er die Verzögerung zu vertreten hat (Verschulden). Dabei hat er für das Verschulden seiner Erfüllungsgehilfen gemäß § 278 BGB einzustehen. Streitpunkt in der Praxis ist daher vielfach das Vertretenmüssen des Schuldners.
Diese Regelungen können durch eine individuelle Vereinbarung der Parteien abgeändert werden.
Beruht die Verzögerung dagegen auf dem Verschulden des Gläubigers kann auch dieser schadensersatzpflichtig werden.
Des Weiteren ist die bestimmte oder bestimmbare Bezeichnung sowohl der die Vertragsstrafe auslösenden Pflichtverletzung als auch der Vertragsstrafe selbst erforderlich.
4 Unwirksamkeit
Die Vertragsstrafe ist u.a. unwirksam, wenn die zu zahlende Geldsumme nicht mehr in einem angemessenen Verhältnis zu dem Vertragsverstoß steht. Im Falle einer unangemessenen Höhe kann sie gemäß § 343 BGB auf Antrag des Schuldners durch ein gerichtliches Urteil auf eine angemessene Höhe herabgesetzt werden.
Dies gilt nicht, wenn es sich bei der Vertragsstrafenregelung um eine Allgemeine Geschäftsbedingung handelt, die aufgrund eines Verstoßes gegen das Transparenzgebot unwirksam ist. In diesen Fällen entfällt die Vertragsstrafe gänzlich (BAG 24.08.2017 – 8 AZR 378/16).
5 Abgrenzung
Abzugrenzen ist die Vertragsstrafe u.a. vom pauschalierten Schadensersatz, durch den nur der Schadensbeweis erleichtert werden soll und nicht auch ein zusätzlicher Druck auf den Schuldner ausgeübt werden soll.
6 Zulässigkeit in Formular-Verträgen
6.1 Allgemein
Die Vereinbarung von Vertragsstrafen in Formular-Verträgen mit einem Verbraucher unterliegt dem Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen.
Dabei kann es u.a. zu einem Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot des § 307 Abs. 1 S. 2 BGB i.V.m. § 307 Abs. 1 S. 1 BGB kommen. Eine unangemessene Benachteiligung ergibt sich daraus, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist., d.h. ein Verstoß gegen das Transparenzgebot vorliegt. Danach müssen die tatbestandlichen Voraussetzungen und Rechtsfolgen so genau beschrieben werden, dass für den Verwender keine ungerechtfertigten Beurteilungsspielräume entstehen. Eine Klausel genügt dem Transparenzgebot, wenn sie im Rahmen des rechtlich und tatsächlich Zumutbaren die Rechte und Pflichten des Vertragspartners des Klauselverwenders so klar und präzise wie möglich beschreibt. Sie verletzt das Transparenzgebot, wenn sie vermeidbare Unklarheiten und Spielräume enthält (BAG 14.08.2007 – 8 AZR 973/06).
6.2 Verbraucherverträge
Gemäß § 309 Nr. 6 BGB sind in Verbraucherverträgen folgende Vertragsstrafen unwirksam:
Vertragsstrafen für den Fall der Nichtabnahme oder verspäteten Abnahme der Leistung
Vertragsstrafen für einen Zahlungsverzug
Vertragsstrafen für die Lösung von dem Vertrag
Diese Vorgaben sind nicht anwendbar auf Formularverträge zwischen Unternehmern.
6.3 Arbeitsvertrag
In formularmäßigen Arbeitsverträgen sind Vertragsstrafenabreden grundsätzlich zulässig (18.12.2008 – 8 AZR 81/08):
»Die Vereinbarung von Vertragsstrafen ist im Arbeitsleben als Gestaltungsinstrument so verbreitet, dass ihre Aufnahme in Formularverträge regelmäßig nicht überraschend ist« (BAG 20.10.2022 – 8 AZR 332/21).
Das BAG hat eine Vertragsstrafe von einem Bruttomonatslohn für den Fall des Nichtantritts des Dienstverhältnisses für wirksam erachtet. Dabei war das Arbeitsverhältnis zur Probe auf sechs Monate befristet und konnte während dieser Probezeit mit einer Frist von einem Monat gekündigt werden. Damit entsprach nach der Ansicht der Richter das in der Vertragsstrafenbestimmung zum Ausdruck kommende wirtschaftliche Interesse des Arbeitgebers der durch die Kündigungsfrist konkretisierten Bindung der Parteien aneinander (BAG 19.08.2010 – 8 AZR 645/09).
Das BAG hat sich aber dahingehend geäußert, dass es keinen Rechtssatz gibt, nach dem eine Vertragsstrafe, die einen Bruttomonatsverdienst übersteigt, den Arbeitnehmer stets unangemessen benachteiligen würde (BAG 20.10.2022 – 8 AZR 332/21).
In der obigen Entscheidung des BAG hat das BAG die vereinbarte Vertragsstrafe i.H.v. drei Bruttomonatsverdiensten für unwirksam erklärt. Die Bestimmung führe zu einer Übersicherung der Beklagten, da sie diese berechtigen würde, von der Klägerin auch dann eine Vertragsstrafe i.H.v. drei Bruttomonatsverdiensten zu fordern, wenn diese das Arbeitsverhältnis bereits unmittelbar nach Ablauf der in § 11 Buchst. a des Arbeitsvertrags bestimmten Probezeit von fünf Monaten ordentlich gekündigt hätte.