Verbraucher
1 Begriffsbestimmung
Die Verbraucher-Eigenschaft ist Voraussetzung des Eingreifens der Verbraucherschutzgesetze.
Verbraucher ist gemäß § 13 BGB jede natürliche Person, die ein Rechtsgeschäft zu Zwecken abschließt, die überwiegend weder ihrer gewerblichen noch ihrer selbstständigen beruflichen Tätigkeit zugerechnet werden können.
Hinweis:
Der Verbraucherbegriff wurde im Zuge der Reform erweitert. Geregelt ist nunmehr auch die Verbrauchereigenschaft bei sogenannten Dual-Use-Gütern, d.h. bei einem Kauf, der sowohl dem privaten als auch dem selbstständigen Zweck des Käufers zugerechnet werden kann. In diesen Fällen erfolgt die Zuordnung nach dem überwiegenden Zweck.
Nach dem Urteil BGH 24.02.2011 - 5 StR 514/09 "ist für die Abgrenzung nicht der innere Wille des Handelnden entscheidend, sondern es gilt ein objektivierter Maßstab. Ob eine Tätigkeit als selbstständige zu qualifizieren ist, bestimmt sich nach dem durch Auslegung zu ermittelnden Inhalt des Rechtsgeschäfts, in die erforderlichenfalls die Begleitumstände einzubeziehen sind."
Eine Zurechnung entgegen dem mit dem rechtsgeschäftlichen Handeln objektiv verfolgten Zweck kommt daher nur dann in Betracht, wenn die dem Vertragspartner erkennbaren Umstände eindeutig und zweifelsfrei darauf hinweisen, dass die natürliche Person in Verfolgung ihrer gewerblichen oder selbstständigen beruflichen Tätigkeit handelt.
Es kommt nicht darauf an, ob der Erklärende sich dem anderen Teil eindeutig als Verbraucher zu erkennen gibt. Vielmehr ist bei einem Vertragsschluss mit einer natürlichen Person grundsätzlich von Verbraucherhandeln auszugehen. Anders ist dies nur dann, wenn Umstände vorliegen, nach denen das Handeln aus der Sicht des anderen Teils eindeutig und zweifelsfrei einer gewerblichen oder selbstständigen beruflichen Tätigkeit zuzurechnen ist. Die Bestellung einer Ware an die Kanzleianschrift durch eine selbstständige Rechtsanwältin begründet noch keinen derartigen Umstand (BGH 30.09.2009 - VIII ZR 7/09).
2 Berufliche Tätigkeit
2.1 Arbeitnehmer
Der Käufer bleibt ein Verbraucher, wenn er den Kaufgegenstand für seine Tätigkeit als Arbeitnehmer erwirbt.
2.2 Selbstständige
Soll der Kaufgegenstand sowohl der selbstständigen als auch der privaten Nutzung des Käufers dienen, so entscheidet die überwiegende Nutzung über die Verbrauchereigenschaft des Käufers. Dabei ist von der im Zeitpunkt des Kaufvertrages bestehenden Tatsachenlage auszugehen.
"Schließt eine natürliche Person ein Rechtsgeschäft objektiv zu einem Zweck ab, der weder ihrer gewerblichen noch ihrer selbständigen beruflichen Tätigkeit zugerechnet werden kann, so kommt eine Zurechnung entgegen dem mit dem rechtsgeschäftlichen Handeln objektiv verfolgten privaten Zweck nur dann in Betracht, wenn die dem Vertragspartner erkennbaren Umstände eindeutig und zweifelsfrei darauf hinweisen, dass die natürliche Person in Verfolgung ihrer gewerblichen oder selbständigen beruflichen Tätigkeit handelt (BGH 07.04.2021 - VIII ZR 191/19).
Objektive Zweckbestimmung entscheidend (BGH 10.11.2021 - VIII ZR 187/20):
"Für die Abgrenzung zwischen Verbraucher- und Unternehmerhandeln ist grundsätzlich die objektiv zu bestimmende Zweckrichtung des Rechtsgeschäfts entscheidend. Dabei kommt es maßgeblich auf die jeweiligen Umstände des Einzelfalls, insbesondere auf das Verhalten der Parteien bei Vertragsschluss an (...). Eine Zurechnung entgegen dem mit dem rechtsgeschäftlichen Handeln objektiv verfolgten Zweck kommt nur in Betracht, wenn die dem Vertragspartner erkennbaren Umstände eindeutig und zweifelsfrei darauf hinweisen, dass die natürliche Person in Verfolgung ihrer gewerblichen oder selbständigen beruflichen Tätigkeit handelt. (...)
Diese Grundsätze finden (...) uneingeschränkt auch dann Anwendung, wenn die rechtsgeschäftlich handelnde natürliche Person ein Einzelkaufmann im Sinne des Handelsgesetzbuchs ist. Die Vermutung des § 344 Abs. 1 HGB, wonach die von einem Kaufmann vorgenommenen Rechtsgeschäfte im Zweifel als zum Betrieb seines Handelsgewerbes gehörig gelten, findet in diesem Zusammenhang keine Anwendung."
2.3 Existenzgründer
Die Einstufung des Vertragsschließenden als Verbraucher und das daraus folgende Eingreifen des Verbrauchervertragsrechts beinhaltet für den Verbraucher viele Vorteile. Die Frage, ob auch der Existenzgründer in der Vorbereitungsphase seiner Existenzgründung als Verbraucher einzustufen ist, ist wie folgt zu beantworten:
Wird ein Vertrag im Zuge der Aufnahme einer gewerblichen oder selbstständigen beruflichen Tätigkeit geschlossen, so handelt es sich bei dem Vertragsschließenden grundsätzlich nicht um einen Verbraucher (BGH 24.02.2005 - III ZB 36/04).
Maßgeblich für die Entscheidung, ob der Vertrag im Zuge der Aufnahme einer gewerblichen oder selbstständigen beruflichen Tätigkeit geschlossen wurde, ist die - objektiv zu bestimmende - Zweckrichtung des Verhaltens. Das Gesetz stellt nicht auf das Vorhandensein oder Nichtvorhandensein geschäftlicher Erfahrung ab, etwa aufgrund einer bereits zuvor ausgeübten gewerblichen oder selbstständigen beruflichen Tätigkeit. (...) Rechtsgeschäfte im Zuge einer Existenzgründung, z.B. die Miete von Geschäftsräumen, der Abschluss eines Franchisevertrags oder der Kauf eines Anteils an einer freiberuflichen Gemeinschaftspraxis, sind nach den objektiven Umständen klar auf unternehmerisches Handeln ausgerichtet (BGH 15.11.2007 - III ZR 295/06).
Davon abzugrenzen sind Rechtsgeschäfte, die die Entscheidung, ob es überhaupt zu einer Existenzgründung kommen sollte, erst vorbereiten sollen, indem z.B. die betriebswirtschaftlichen Grundlagen dafür ermittelt werden: Da es auf den objektiven Zweck des Rechtsgeschäfts ankommt, ist es unerheblich, ob der Vertragsschließende subjektiv bereits fest zu einer Existenzgründung entschlossen war. Entscheidend ist vielmehr, dass die getroffene Maßnahme noch nicht Bestandteil der Existenzgründung selbst gewesen war, sondern sich im Vorfeld einer solchen bewegte. Dementsprechend ist der Vertrag (noch) nicht dem unternehmerischen, sondern dem privaten Bereich zuzuordnen (BGH 15.11.2007 - III ZR 295/06).
Für Existenzgründer gilt gemäß § 512 BGB bei Darlehen bis zu einem Nettobetrag von 75.000,00 EUR das Recht der Verbraucherdarlehensverträge.
3 Verbrauchereigenschaft einer Wohnungseigentümergemeinschaft
Die Wohnungseigentümergemeinschaft ist im Interesse des Verbraucherschutzes der in ihr zusammengeschlossenen, nicht gewerblich handelnden natürlichen Personen dann einem Verbraucher gleichzustellen, wenn ihr wenigstens ein Verbraucher angehört und sie ein Rechtsgeschäft zu einem Zweck abschließt, der weder einer gewerblichen noch einer selbstständigen beruflichen Tätigkeit dient (BGH 25.03.2015 - VIII ZR 243/13).
4 Beweislast
Die Beweislast für die Verbrauchereigenschaft obliegt dem Verbraucher.
5 Streitigkeiten aus dem Verbrauchervertrag
Bei Streitigkeiten aus einem Verbrauchervertrag kann der Verbraucher eine anerkannte Verbraucherschlichtungsstelle anrufen.