Rechtswörterbuch

Nutzen Sie die Schnellsuche, um nach Themen im Rechtswörtebuch zu suchen!

Werkvertrag - Allgemein

 Normen 

§§ 631 - 649 BGB

Gesetzesbegründung BT-Drs. 18/8486

 Information 

1. Allgemein

Der Werkvertrag ist ein Vertrag über die Herstellung eines bestimmten Werkes, das in der Form eines Sachwerkes, einer Geistestätigkeit oder als bestimmter Arbeitserfolg erbracht werden kann.

Hinweis:

Der Bauvertrag BGB und der Bauvertrag VOB/B sind Unterformen des Werkvertrags.

Hauptleistungspflichten des Bestellers sind die Zahlung der Vergütung und die Abnahme des fertigen Werkes.

Der Werkvertrag ist abzugrenzen von den folgenden Vertragsformen:

  • Dienstvertrag, bei dem der Dienstleistende nur das Bemühen um den Erfolg schuldet (der Werkunternehmer hat das Werk zu vollenden und zum vereinbarten Zeitpunkt mangelfrei zu übergeben).

  • Werklieferungsvertrag: Ein Vertrag, der die Lieferung herzustellender oder zu erzeugender beweglicher Sachen zum Gegenstand hat.

Von dem Anwendungsbereich des Werkvertragsrechts erfasst bleiben damit im Wesentlichen die Herstellung von Bauwerken (Bauvertrag), reine Reparaturarbeiten und die Herstellung nichtkörperlicher Werke, wie zum Beispiel die Planung von Architekten oder die Erstellung von Gutachten (BGH 23.07.2009 - VII ZR 151/08).

Rechtsanwaltsleistung als Werkvertrag:

"Allerdings kann die anwaltliche Leistung einem Werkvertrag zugeordnet werden, wenn ein durch die anwaltliche Arbeit herbeizuführender Erfolg den Gegenstand der Verpflichtung des Rechtsanwalts bildet. Dies ist gewöhnlich dann der Fall, wenn der Anwalt es übernimmt, Rechtsauskunft über eine konkrete Frage zu erteilen oder ein schriftliches Rechtsgutachten zu erstellen" (OLG Düsseldorf 12.10.2021 - 24 U 265/20; BGH 07.03.2019 - IX ZR 221/18).

Abschlagszahlungen:

Gemäß § 632a BGB hat der Unternehmer bei Vorliegen der Voraussetzungen die Möglichkeit für bereits erbrachte Leistungen Abschlagszahlungen zu verlangen (Forderungssicherung des Werkvertragsrechts).

Abnahme:

Mit der Abnahme billigt der Besteller das hergestellte Werk als vertragsgemäß hergestellt. Die Abnahme kann gemäß § 640 BGB nicht wegen unwesentlicher Mängel verweigert werden.

Leistungsbeschreibungen:

Dem Vertragsschluss sollte eine auch vom Kunden unterzeichnete detaillierte Leistungsbeschreibung zugrunde liegen.

Vertragsstörungen:

Die Rechtsfolgen eines Verzuges oder einer Unmöglichkeit beurteilen sich nach dem allgemeinen Schuldrecht.

2. Abrechnung nach Stundenlohn

Haben die Werkvertragsparteien die Vergütung der Arbeit zu einem bestimmten Stundenlohn vereinbart, muss der Unternehmer zur schlüssigen Begründung seines Vergütungsanspruchs grundsätzlich nur darlegen, wie viele Stunden für die Erbringung der Vertragsleistungen angefallen sind (BGH 17.04.2009 - VII ZR 164/07).

Grundsätzlich nicht erforderlich ist eine Differenzierung in der Art, dass die abgerechneten Arbeitsstunden einzelnen Tätigkeiten zugeordnet werden. Es ist Sache des Bestellers, eine Begrenzung der Stundenlohnvergütung dadurch zu bewirken, dass er Tatsachen vorträgt, aus denen sich die Unwirtschaftlichkeit der Betriebsführung des Unternehmers ergibt. Dabei ist es ihm nach allgemein für eine geordnete Prozessführung geltenden Grundsätzen nicht gestattet, die Erforderlichkeit des vom Unternehmer abgerechneten Zeitaufwands ohne jeden tatsächlichen Anhaltspunkt "ins Blaue hinein" zu bestreiten. Vielmehr muss er die ihm bekannten oder ohne Weiteres ermittelbaren Umstände vortragen, aus denen sich die Unwirtschaftlichkeit der Betriebsführung ergibt (BGH 28.05.2009 - VII ZR 74/06).

Wird der Stundenlohnzettel nicht vorgelegt, kann der Auftragnehmer seine werkvertragliche Verpflichtung zur Vorlage der Stundenlohnzettel auch noch mit der Erteilung der Schlussrechnung Genüge tun, soweit darin die erforderlichen Angaben enthalten sind bzw. nachgeholt werden. Jedoch muss der Auftragnehmer dann nachträglich alle notwendigen Angaben machen, die in den Rapporten bzw. Stundenzetteln hätten enthalten sein müssen, um den Vergütungsanspruch zu rechtfertigen (OLG Düsseldorf 09.08.2013 - 22 U 161/12).

3. Skontovereinbarung

Bei einer Skontovereinbarung handelt es sich um einen durch die fristgemäße Zahlung aufschiebend bedingten Teilerlass der Werklohnforderung nach den §§ 397 Abs. 1, 158 BGB.

Der Auftraggeber ist nur dann zum Skontoabzug befugt, wenn er innerhalb der Skontofrist die berechtigte Forderung des Auftragnehmers in vollem Umfang befriedigt. Eine andere Zahlungsmodalität muss sich aus der Skontovereinbarung ergeben (OLG Stuttgart 06.03.2012 - 10 U 102/11).

Eine Skontoregelung, die wesentlicher Bestandteil der Vertragsverhandlungen ist, muss im Lichte der gesamten Vertragsverhandlungen ausgelegt werden. Dies ist der Fall, wenn sie kein reines Entgegenkommen des Gläubigers ist, sondern ein Preisnachlass, den der Gläubiger einräumt, um überhaupt den Auftrag zu erhalten, verbunden mit der bloßen Bedingung, dass eine kurzfristige Zahlung erfolgen sollte. Während den Verhandlungen getätigte mündliche Erläuterungen zum Sinn und Zweck der Regelung müssen dann bei der Auslegung der Skontoklausel berücksichtigt werden (OLG Frankfurt am Main 18.08.2015 - 22 U 147/13).

4. Kündigung

4.1 Ordentliche Kündigung

Es bestehen folgende ordentliche Kündigungsrechte:

  • § 643 BGB: Kündigung bei unterlassener Mitwirkung: Der Unternehmer ist im Falle des § 642 BGB berechtigt, dem Besteller zur Nachholung der Handlung eine angemessene Frist mit der Erklärung zu bestimmen, dass er den Vertrag kündige, wenn die Handlung nicht bis zum Ablauf der Frist vorgenommen werde. Der Vertrag gilt als aufgehoben, wenn nicht die Nachholung bis zum Ablauf der Frist erfolgt.

  • § 648 BGB: Kündigungsrecht des Bestellers: Der Besteller kann bis zur Vollendung des Werkes jederzeit den Vertrag kündigen. Kündigt der Besteller, so ist der Unternehmer berechtigt, die vereinbarte Vergütung zu verlangen; er muss sich jedoch dasjenige anrechnen lassen, was er infolge der Aufhebung des Vertrags an Aufwendungen erspart oder durch anderweitige Verwendung seiner Arbeitskraft erwirbt oder zu erwerben böswillig unterlässt. Es wird vermutet, dass danach dem Unternehmer 5 % der auf den noch nicht erbrachten Teil der Werkleistung entfallenden vereinbarten Vergütung zustehen.

4.2 Außerordentliche Kündigung

Das Recht zur außerordentlichen Kündigung eines Werkvertrages wurde zum 01.01.2018 erstmals in § 648a BGB gesetzlich geregelt:

Absatz 1 legt fest, dass beide Vertragsparteien das Recht haben, einen Werkvertrag aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Frist zu kündigen. Ein wichtiger Grund liegt nach Satz 2 vor, wenn dem kündigenden Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Vertrags bis zur Fertigstellung des Werks nicht zugemutet werden kann. Der Gesetzgeber hat darauf verzichtet, einzelne Beispielstatbestände zu regeln.

Im Rahmen der Prüfung, ob die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses für den Besteller zumutbar ist, wird bei einer Insolvenz nach der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 18/8486, S. 50) daher insbesondere zu berücksichtigen sein, ob der Verwalter zeitnah erklärt, die Bauleistungen ohne wesentliche Unterbrechungen fortzuführen und durch geeignete Unterlagen, etwa ein Sanierungsgutachten, dokumentiert wird, dass er hierzu auch in der Lage ist. Will der Unternehmer eine Sanierung in einem sogenannten "Schutzschirmverfahren" nach § 270b der Insolvenzordnung erreichen, so kann als erste Orientierung bereits die dort geforderte Bescheinigung dienen, aus der sich ergeben muss, dass die angestrebte Sanierung nicht offensichtlich aussichtslos ist. Unzumutbar ist die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses für den Besteller dagegen, wenn der Unternehmer seinen Geschäftsbetrieb bereits eingestellt hat und seine Arbeiter nicht mehr auf der Baustelle erscheinen.

Absatz 2 ermöglicht eine Teilkündigung des Werkvertrags. Die Teilkündigung muss sich dabei auf einen "abgrenzbaren Teil des geschuldeten Werks" beziehen. Entscheidend ist, dass die Vertragspartner eine klare Abgrenzung der von der Teilkündigung erfassten und der danach noch von einem anderen Werkunternehmer zu erbringenden Leistungen vornehmen können und der von der Kündigung betroffene Unternehmer in der Lage ist, die von ihm noch geschuldeten Leistungen ohne Beeinträchtigung zu erbringen.

Absatz 4 Satz 1 sieht vor, dass beide Vertragsparteien nach der Kündigung eines Werkvertrags zu einer gemeinsamen Feststellung des Leistungsstandes verpflichtet sind, wenn eine Vertragspartei dies verlangt. Die Feststellung des Leistungsstandes dient - allein - der quantitativen Bewertung der bis zur Kündigung erbrachten Leistung und soll späterem Streit über den Umfang der erbrachten Leistungen vorbeugen. Sie hat keine der Abnahme vergleichbaren Rechtsfolgen. Lehnt eine der Vertragsparteien die Mitwirkung an der Feststellung des Leistungsstandes ab oder bleibt sie einem vereinbarten oder innerhalb angemessener Frist bestimmten Termin zur Feststellung des Leistungsstandes fern, trifft sie nach Satz 2 die Beweislast hinsichtlich des Leistungsstandes zum Zeitpunkt der Kündigung. Dies gilt nicht, wenn die betreffende Vertragspartei aufgrund eines Umstandes fernbleibt, den sie nicht zu vertreten und der anderen Vertragspartei unverzüglich mitzuteilen hat.

Absatz 5 regelt die Folgen einer Kündigung für die vereinbarte Vergütung. Danach hat der Unternehmer nur Anspruch auf die Vergütung, die auf das bis zur Kündigung erbrachte Teilwerk entfällt.

Hinweis:

Für den Bauvertrag VOB/B eröffnen die §§ 8 und 9 VOB/B den Vertragspartnern ebenfalls die Möglichkeit, das Vertragsverhältnis aus wichtigem Grund zu beenden und hat hierzu eine Reihe von Kündigungstatbeständen normiert, die den Vertragspartnern bei ihrer Entscheidung, ob sie von dieser Möglichkeit Gebrauch machen können, Orientierung geben.

4.3 Pflichten im Rahmen der Kündigung

Der gekündigte Vorunternehmer muss seine Leistung grundsätzlich so beenden, dass sie eine geeignete Grundlage für eine darauf aufbauende Leistung des folgenden Werkunternehmers ist. Bei entsprechenden Anhaltspunkten hat er den Nachunternehmer darauf hinzuweisen, wie bei den nachfolgenden Verfahren zu verfahren ist. Dem Nachunternehmer obliegen indes bei einem gekündigten Werkvertrag besondere Prüfpflichten bezüglich der fertiggestellten Vorleistungen (OLG Düsseldorf 17.04.2015 - I-22 U 157/14).

5. Rückzahlungsanspruch bei einem Überschuss nach Voraus- oder Abschlagszahlungen

Haben die Parteien eines BGB-Werkvertrages Voraus- oder Abschlagszahlungen vereinbart, folgt ein etwaiger Rückzahlungsanspruch aufgrund eines sich nach einer Abrechnung ergebenden Überschusses aus dem Vertrag selbst und nicht nach Bereicherungsrecht (BGH 08.01.2015 - VII ZR 6/14).

 Siehe auch 

Abnahme

Bauvertrag BGB

Bauvertrag VOB/B

Bauvertrag - Einheitspreis

Bauvertrag - Pauschalvergütung

Kostenvoranschlag

Schwarzarbeit

Sicherheitsleistung - Baurecht

Werklieferungsvertrag

Werkvertrag - Gefahrtragung

Werkvertrag - Gewährleistung und Schadensersatz

Birkemeyer: Stundenlohnzettel als Abrechnungsgrundlage im Werklohnprozess; Neue Juristische Wochenschrift - NJW 2014, 839

Duve: Ansprüche aus Bauzeitänderungen - ewiger Stolperstein?; Neue Juristische Wochenschrift - NJW 2014, 2992

Hedermann: § 640 BGB - Eine Norm mit (un-)wesentlichen Mängeln?; Neue Juristische Wochenschrift - NJW 2015, 2381

Kesselring/Hennig: Die Entwicklung des Architekten- und Ingenieurrechts der Jahre 2014 und 2015; Neue Juristische Wochenschrift - NJW 2015, 2165

Popescu: Mehrvergütungsansprüche beim BGB-Werkvertrag trotz geschuldetem Werkerfolg?; Baurecht - BauR 2013, 838

Prütting/Wegen/Weinreich: BGB Kommentar; 17. Auflage 2022

Roquette/Viering/Leupertz: Handbuch Bauzeit; 4. Auflage 2020

Vygen/Joussen: Bauvertragsrecht nach VOB und BGB; 6. Auflage 2023

Werner/Pastor: Der Bauprozess; 17. Auflage 2020

Wietfeld: Die Rolle von Verkehrssicherungspflichten bei der Abgrenzung von Dienst- und Werkverträgen; Neue Juristische Wochenschrift 2014, 1206