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Bauvertrag - Einheitspreis

Normen

§ 2 Abs. 2 VOB/B

Information

1 Einführung

Die Vereinbarung der Vergütung eines Bauvertrages kann sowohl nach dem Werkvertragsrecht des BGB als auch unter Zugrundelegung der VOB/B vereinbart werden.

Bei der Vereinbarung eines Bauvertrags unter Zugrundelegung der VOB/B wird die Vergütung gemäß § 2 Abs. 2 VOB/B grundsätzlich nach dem Einheitspreis berechnet, sofern keine andere Vergütung vereinbart ist. Andere Vergütungsarten sind:

2 Vereinbarung eines Einheitspreises

Charakteristika eines Einheitspreises:

Bei der Vereinbarung eines Einheitspreises wird die Ausführung einer bestimmten Leistung vereinbart. Die Vergütung wird bei Vertragsschluss je Einheit festgelegt. Die endgültige Vergütungshöhe bestimmt sich daher nach der tatsächlich ausgeführten Leistungsmenge.

Grundlage der endgültigen Vergütungshöhe ist das Aufmaß, d.h. die Berechnung der tatsächlich erbrachten Leistungen nach der vereinbarten Abrechnungseinheit.

Bei der Vereinbarung eines Einheitspreises enthält der Bauvertrag eine Leistungsbeschreibung (auch Leistungsverzeichnis genannt), in der die einzelnen Leistungspositionen mit einer vorläufigen Leistungsmenge angesetzt werden.

Die Abgrenzung, welche Leistungen von der vereinbarten Vergütung erfasst sind und welche zusätzlich zu vergüten sind, bestimmt sich nach dem Inhalt der Leistungsbeschreibung (BGH 27.07.2006 - VII ZR 202/04). Der Auftragnehmer hat dabei u.a. die Vorschriften der Allgemeinen Technischen Vertragsbedingungen für Bauleistungen, der DIN-Abrechnungsvorschriften und der zusätzlichen Vertragsbedingungen zu beachten.

Führt der Bauunternehmer die Leistung in einer vom Bauvertrag abweichenden Ausführungsart durch und ist diese Ausführungsart kostenintensiver, so hat er keinen Anspruch auf diese zusätzliche Vergütung. Beim VOB-Vertrag werden Leistungen, die der Unternehmer ohne Auftrag oder unter eigenmächtiger Abweichung vom Vertrag ausführt, gemäß § 2 Abs. 8 Nr. 1 VOB/B grundsätzlich nicht vergütet. Etwas anderes gilt, wenn der Bauunternehmer beweisen kann, dass die Art der Ausführung aufgrund eines Vorschlags des Bauleiters bzw. Kunden geändert wurde und er deshalb nicht eigenmächtig von der vertraglich vereinbarten Ausführungsart abgewichen ist (OLG Düsseldorf 22.03.2013 - 22 U 94/11).

3 Anpassung des Einheitspreises bei Abweichungen

Welche Ansprüche bestehen, wenn die tatsächlich ausgeführte Menge von der vertraglich vereinbarten Menge abweicht, ist in § 2 Abs. 3 VOB/B

geregelt. Dabei besteht folgende Rechtslage:

  • Sofern die Abweichung nicht mehr als 10 % von dem im Vertrag vorgesehenen Umfang beträgt, bleibt es bei dem vertraglichen Einheitspreis.

  • Für die über 10 % hinausgehende Überschreitung des Mengenansatzes ist auf Verlangen ein neuer Preis unter Berücksichtigung der Mehr- oder Minderkosten zu vereinbaren.

    Der BGH hat dabei aktuell eine Klarstellung der Voraussetzungen vorgenommen:

    "Der Anspruch auf Vereinbarung eines neuen Preises nach § 2 Abs. 3 Nr. 2 VOB/B setzt nach dem Wortlaut der Klausel nur voraus, dass die ausgeführte Menge den im Vertrag angegebenen Mengenansatz um mehr als 10 % überschreitet und eine Partei die Vereinbarung eines neuen Preises verlangt. Dagegen ergibt sich aus § 2 Abs. 3 Nr. 2 VOB/B nicht, dass eine auf die Mengenmehrung kausal zurückzuführende Veränderung der im ursprünglichen Einheitspreis veranschlagten Kosten Voraussetzung für den Anspruch auf Vereinbarung eines neuen Preises ist" (BGH 21.11.2019 - VII ZR 10/19).

    Inhalt der Vergütungsanpassung:

    Wie die Vergütungsanpassung bei Mengenmehrungen vorzunehmen ist, wenn eine Einigung über den neuen Einheitspreis nicht zustande kommt, ist in § 2 Abs. 3 Nr. 2 VOB/B nicht geregelt. Der BGH bestimmt dazu:

    "Haben sich die Parteien nicht insgesamt oder im Hinblick auf einzelne Elemente der Preisbildung geeinigt, enthält der Vertrag eine Lücke, die im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung gemäß §§ 133, 157 BGB zu schließen ist. Dabei entspricht es der Redlichkeit und dem bestmöglichen Ausgleich der wechselseitigen Interessen, dass durch die unvorhergesehene Veränderung der auszuführenden Leistungen im von § 2 Abs. 3 Nr. 2 VOB/B bestimmten Umfang keine der Vertragsparteien eine Besser- oder Schlechterstellung erfahren soll. (...)

    Die im Rahmen der ergänzenden Vertragsauslegung vorzunehmende Abwägung der beiderseitigen Interessen der Parteien nach Treu und Glauben ergibt, dass - wenn nichts anderes vereinbart ist - für die Bemessung des neuen Einheitspreises bei Mehrmengen im Sinne von § 2 Abs. 3 Nr. 2 VOB/B die tatsächlich erforderlichen Kosten zuzüglich angemessener Zuschläge maßgeblich sind" (BGH 08.08.2019 - VII ZR 34/18).

    Das OLG Celle gibt eine detailliertere Handlungsanweisung:

    "Maßstab ist dabei nicht der übliche Preis, sondern der ursprüngliche Angebotspreis. Die Berechnung des neuen Preises für die über 10 % hinausgehende Überschreitung des Mengenansatzes richtet sich gem. § 2 Abs. 3 Nr. 2 VOB/B nach den Preisermittlungsgrundlagen des bisherigen Einheitspreises. Verlangt der Auftraggeber eine Herabsetzung des Einheitspreises, so hat der Auftragnehmer ihm die dem vereinbarten Einheitspreis zugrundeliegende Kalkulation offenzulegen. Bei einer Herabsetzung des Einheitspreises hat eine Anpassung des Angebotspreises nur insoweit zu erfolgen, als sich durch die Mengenmehrung Kostenersparnisse ergeben haben. Stellt sich der kalkulierte Preis als unrealistisch dar, ist auf der Grundlage einer nach Treu und Glauben auszurichtenden Vertragsauslegung ein fairer neuer Preis zu bilden; dabei ist zu fragen, was die Parteien redlicherweise vereinbart hätten, wenn sie die veränderten Umstände (hier die Mengenerhöhung) bei Vertragsabschluss gekannt hätten (OLG Celle 21.12.2017 - 7 U 105/17).

  • Bei einer über 10 % hinausgehenden Unterschreitung des Mengenansatzes ist auf Verlangen der Einheitspreis für die tatsächlich ausgeführte Menge der Leistung oder Teilleistung zu erhöhen, soweit der Auftragnehmer nicht durch Erhöhung der Mengen bei anderen Ordnungszahlen (Positionen) oder in anderer Weise einen Ausgleich erhält.

    Die Erhöhung des Einheitspreises soll im Wesentlichen dem Mehrbetrag entsprechen, der sich durch Verteilung der Baustelleneinrichtungs- und Baustellengemeinkosten und der Allgemeinen Geschäftskosten auf die verringerte Menge ergibt. Die Umsatzsteuer wird entsprechend dem neuen Preis vergütet.

  • Sind von der unter einem Einheitspreis erfassten Leistung oder Teilleistung andere Leistungen abhängig, für die eine Pauschalsumme vereinbart ist, so kann mit der Änderung des Einheitspreises auch eine angemessene Änderung der Pauschalsumme gefordert werden.

4 Abrechnung bei Kündigung des Auftraggebers

Der Auftragnehmer ist im Falle der Kündigung des Auftraggebers berechtigt, die vereinbarte Vergütung zu verlangen; er muss sich jedoch dasjenige anrechnen lassen, was er infolge der Aufhebung des Vertrags an Aufwendungen erspart oder durch anderweitige Verwendung seiner Arbeitskraft erwirbt oder zu erwerben böswillig unterlässt. Erspart sind nach der Rechtsprechung des BGH diejenigen Aufwendungen, die der Unternehmer ohne die Kündigung gehabt hätte und die infolge der Kündigung entfallen sind. Eine Ersparnis kommt vor allem bei den projektbezogenen Herstellungskosten und den variablen, projektbezogenen Gemeinkosten in Betracht. Gewinn und Allgemeine Geschäftskosten, die nicht projektbezogen anfallen, sind nicht erspart.

Nach diesen Grundsätzen ist der vom Auftragnehmer neben dem Gewinn kalkulierte Zuschlag für Wagnis im Falle der Kündigung des Werkvertrags durch den Auftraggeber nicht als ersparte Aufwendung von der vereinbarten Vergütung nach § 648 Satz 2 BGB, § 8 Nr. 1 Abs. 2 VOB/B in Abzug zu bringen, wenn mit diesem Zuschlag das allgemeine unternehmerische Risiko für die durch die wirtschaftliche Tätigkeit des Unternehmers allgemein begründete Verlustgefahr abgesichert werden soll. Dieser vom Auftragnehmer kalkulierte Zuschlag ist wie der von ihm kalkulierte Gewinn im Falle einer Kündigung des Werkvertrags durch den Auftraggeber nicht erspart (BGH 24.03.2016 - VII ZR 201/15).

5 Beweisführung

Der BGH hat folgende Grundsätze zur Beweisführung bei der Abrechnung von Einheitspreisen aufgestellt:

"Bei der Abrechnung von Einheitspreisen habe der Unternehmer substantiiert vorzutragen, welche Bauleistung von ihm tatsächlich erbracht worden sei. Soweit danach das Aufmaß maßgeblich sei, könne ein von einer Partei vorgelegtes Aufmaß grundsätzlich zwar nur durch ein eigenes Aufmaß der gegnerischen Partei substantiiert bestritten werden. Dies entbinde die Klägerin aber nicht davon, für den Fall einer durch Prüfung beanstandeten Schlussrechnung konkret zu den beanstandeten Positionen vorzutragen. Der pauschale Vortrag, die - zudem sehr umfangreichen - Leistungen seien allesamt erbracht worden, genüge mit dem ebenso pauschalen Verweis auf mehrere Aktenbände mit Anlagen den Anforderungen an substantiierten Vortrag nicht. Hierbei sei zu berücksichtigen, dass die Klägerin Leistungen im Wert von 542.270,99 € erbracht haben wolle, von denen die Beklagte immerhin 384.802,24 € nach Prüfung bestätigt habe. In einem solchen Fall gehöre zur Darlegung der Klageforderung, welche Positionen noch geltend gemacht würden, sowie welche Aufmaße diesen Positionen zuzuordnen seien. Dabei sei zu berücksichtigen, dass es für die schlüssige Darlegung der Klage nicht genüge, das Ergebnis des Aufmaßes vorzutragen, ohne den für das Ergebnis maßgeblichen Rechenweg darzulegen. Nur dann könne durch das Gericht geprüft werden, ob dem Aufmaß einer Partei ein schlichter Rechenfehler zugrunde liege oder ein Sachverständiger sich mit dem streitigen Zahlenwerk befassen müsse" (BGH 20.11.2019 - VII ZR 213/18).

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