Suche

Nutzen Sie die Schnellsuche, um nach Themen im Rechtswörtebuch zu suchen!

Abnahme

Normen

§§ 640 ff. BGB

§ 12 VOB/B

Information

1 Allgemein

Die Abnahme ist eine Phase des Werkvertragsrechts:

Mit der Durchführung der Abnahme tritt der Werkvertrag in ein anderes Verfahrensstadium ein. Die Erfüllung ist damit offiziell beendet (auch wenn das Werk tatsächlich noch mängelbehaftet ist).

Juristisch ist die Abnahme die Entgegennahme des Werkes, verbunden mit der Anerkennung der Leistung des Werkunternehmers als die vertraglich geschuldete durch den Besteller. Als technische Abnahme wird die Prüfung der Werkvertragsleistung auf ihre Vertragsgemäßheit hin bezeichnet.

Die Abnahme ist für den Gläubiger der Leistung neben der Zahlungspflicht Hauptleistungspflicht. Als Willenserklärung kann sie ausdrücklich oder konkludent zum Ausdruck gebracht werden. Es werden folgende Formen der Abnahme unterschieden:

  • Formlose Abnahme:

    Bei der formlosen Abnahme ist die Erstellung eines Abnahmeprotokolls (siehe unten) nicht zwingend.

  • Förmliche Abnahme:

    Die förmliche Abnahme zeichnet sich dadurch aus, dass beide Parteien das Werk gemeinsam auf Mängel untersuchen und das Ergebnis der Abnahme in einem Abnahmeprotokoll (siehe unten) festgehalten wird. Weitere Voraussetzung ist die rechtzeitige Terminsbestimmung durch eine Partei. Die Begleitung einer Partei durch einen Sachverständigen ist zulässig.

  • Konkludente Abnahme:

    Sie erfordert einen Abnahmewillen des Auftraggebers und liegt vor, wenn aufgrund seines schlüssigen Verhaltens davon ausgegangen werden kann, dass er die Bauleistung als vertragsgemäß billigt. In der Praxis geschieht das am häufigsten durch die Inbetriebnahme bzw. Benutzung des Werkes, den Einzug, das Verlangen von Minderung und Schadensersatz, die Vergütungszahlung oder eine Veräußerung.

    Beispiel:

    In der Ingebrauchnahme und anschließenden Nutzung eines Bauwerks durch den Besteller kann eine konkludente Abnahme liegen (BGH 12.05.2016 - VII ZR 171/15).

  • Fiktive Abnahme

Rechtsgrundlagen:

Es ist zwischen der Abnahme nach dem BGB und den VOB/B zu unterscheiden.

Im Bereich der formlosen und der konkludenten Abnahme bestehen keine Unterschiede bei Bauverträgen nach dem Werkvertragsrecht oder der VOB/B.

2 Abnahme nach dem Werkvertragsrecht

Die förmliche Abnahme kann von einer Bauvertragspartei verlangt werden, wenn das Recht hierzu vertraglich vereinbart wurde.

Gemäß § 640 BGB kann die Abnahme nicht wegen unwesentlicher Mängel verweigert werden.

Eine gesetzlich geregelte Form der fiktiven Abnahme ist § 640 Abs. 1 S. 3 BGB. Danach gilt das Werk als abgenommen, wenn der Auftraggeber die Werkleistung nicht innerhalb einer vom Auftraggeber angemessen gesetzten Frist abnimmt, obwohl das Werk abnahmereif ist.

Hinweis:

Verweigert der Besteller nach Fristsetzung durch den Unternehmer die Abnahme, ohne die von ihm beanstandeten Mängel zu benennen, greift die Fiktion des Absatzes 1 Satz 3 zunächst nicht, wodurch die Fälligkeit der Werklohnforderung des Unternehmers hinausgeschoben wird. Häufig kann erst nach Ablauf einer längeren Zeit im Rahmen eines Gerichtsverfahrens geklärt werden, ob im Zeitpunkt des Abnahmeverlangens tatsächlich wesentliche Mängel vorlagen, die den Besteller zur Abnahmeverweigerung berechtigt hätten oder ob dies nicht der Fall war und er zur Abnahme verpflichtet gewesen wäre.

Absatz 2 Satz 1 sieht vor, dass die Abnahmefiktion immer dann greift, wenn der Unternehmer dem Besteller nach Fertigstellung des Werks eine angemessene Frist zur Abnahme gesetzt hat und der Besteller die Abnahme nicht innerhalb dieser Frist unter Angabe von Mängeln verweigert hat. Die Fiktion tritt also ein, wenn der Besteller sich entweder überhaupt nicht zu dem Abnahmeverlangen äußert oder wenn er die Abnahme ohne Benennung von Mängeln verweigert. Dem Besteller obliegt es bei der Abnahmeverweigerung allerdings nicht, alle Mängel anzugeben oder die Mängel im Detail darzulegen. Es genügt, wenn er beispielsweise dem Unternehmer mitteilt, wo das Werk aus seiner Sicht nicht die vereinbarte Beschaffenheit hat. Weitere Mängel, die der Besteller zunächst nicht angegeben hat, können gleichwohl bei der anschließenden Bewertung der Abnahmereife berücksichtigt werden.

Kann der Besteller die Beseitigung eines Mangels verlangen, so kann er gemäß § 641 Abs. 3 BGB nach der Abnahme die Zahlung eines angemessenen Teils der Vergütung verweigern. Die Angemessenheit ist dabei auf das Doppelte der für die Beseitigung des Mangels erforderlichen Kosten begrenzt.

Wird das Werk abgenommen, obwohl der Auftraggeber Kenntnis von einem Mangel hat, so verliert er gemäß § 640 Abs. 3 BGB seine Rechte. Dies gilt auch für die fiktive Abnahme.

Nimmt der Besteller ein mangelhaftes Werk trotz Kenntnis des Mangels ab, ohne sich die Mangelgewährleistungsrechte vorzubehalten, steht ihm nur noch der Anspruch auf Ersatz des Mangelfolgeschadens zu. Der Anspruch auf Schadensersatz wegen der Mangelbeseitigungskosten ist ausgeschlossen (OLG Schleswig 18.12.2015 - 1 U 125/14).

3 Abnahme nach der VOB/B

Die Abnahme ist in § 12 VOB/B geregelt:

  • Die förmliche Abnahme (§ 12 Abs. 4 VOB/B):

    Eine förmliche Abnahme hat stattzufinden, wenn eine Vertragspartei es verlangt. Der Befund ist in gemeinsamer Verhandlung schriftlich niederzulegen. In die Niederschrift sind etwaige Vorbehalte wegen bekannter Mängel und wegen Vertragsstrafen aufzunehmen, ebenso etwaige Einwendungen des Auftragnehmers.

    Die förmliche Abnahme kann in Abwesenheit des Auftragnehmers stattfinden, wenn der Termin vereinbart war oder der Auftraggeber mit genügender Frist dazu eingeladen hatte. Das Ergebnis der Abnahme ist dem Auftragnehmer alsbald mitzuteilen.

    Jede Partei kann auf ihre Kosten einen Sachverständigen zuziehen.

    Hinweis:

    Die vertragliche Vereinbarung einer förmlichen Abnahme schließt sowohl eine Abnahmefiktion als auch eine konkludente Abnahme aus (OLG Hamm 30.04.2019 - 24 U 14/18).

  • Die nichtförmliche Abnahme / fiktive Abnahme (§ 12 Abs. 5 VOB/B):

    Es wird wie folgt unterschieden:

    • Wird keine Abnahme verlangt, so gilt die Leistung als abgenommen mit dem Ablauf von 12 Werktagen nach schriftlicher Mitteilung über die Fertigstellung der Leistung.

    • Wird keine Abnahme verlangt und hat der Auftraggeber die Leistung oder einen Teil der Leistung in Benutzung genommen, so gilt die Abnahme nach Ablauf von 6 Werktagen nach Beginn der Benutzung als erfolgt, wenn nichts anderes vereinbart ist. Die Benutzung von Teilen einer baulichen Anlage zur Weiterführung der Arbeiten gilt nicht als Abnahme.

In dem Bauvertrag kann geregelt werden, dass nur eine förmliche Abnahme Gültigkeit hat bzw. eine fiktive/konkludente Abnahme ausgeschlossen sein soll.

Haben die Parteien vereinbart, dass nur eine förmliche Abnahme wirksam ist, kann eine Fertigstellungsanzeige keine Abnahmewirkung entfalten (BGH 18.09.2019 - VII ZR 248/17).

Der BGH hat mit dem Urteil BGH 12.01.2012 - VII ZR 76/11 die Frage entschieden, ob der dem Auftraggeber wegen Mängeln der Bauleistung vor der Abnahme zustehende Anspruch auf Ersatz der Mängelbeseitigungskosten vor der Abnahme verjähren kann. Nach der Ansicht der Richter beginnt die Verjährung grundsätzlich nicht vor der Abnahme.

4 Abnahmeprotokoll

Bei einem Abnahmeprotokoll handelt es sich um die Dokumentation der Abnahme, die von allen Vertragsparteien unterzeichnet wird. Dabei wird üblicherweise auch die Gewährleistungsfrist festgehalten. Sofern diese von der gesetzlichen oder ursprünglich im Bauvertrag vereinbarten vertraglich vereinbarten Frist abweicht, handelt es sich nach der Rechtsprechung des BGH (entgegen der teilweise anderslautenden Rechtsprechung der OLGs) nicht um eine vertraglich vereinbarte Verkürzung der Verjährungsfrist, sondern um ein redaktionelles Versehen (BGH 27.09.2018 - VII ZR 45/17).

5 Folgen der Abnahme

Mit der Abnahme treten folgende Rechtsfolgen ein:

  • Die Vergütungs- und Leistungsgefahr geht auf den Besteller über.

  • Bei einem Bauvertrag nach dem BGB-Recht wird die Vergütung fällig, bei einem Bauvertrag nach der VOB/B ist die Abnahme eine der Voraussetzungen für die später eintretende Fälligkeit der Vergütung.

    Auch nach Kündigung eines Bauvertrages wird die Werklohnforderung grundsätzlich erst mit der Abnahme der bis dahin erbrachten Werkleistungen fällig (BGH 11.05.2006 - VII ZR 146/04).

  • Die Verzinsungspflicht beginnt.

  • Die Verjährung beginnt (§ 634a BGB, § 13 Nr. 4 VOB/B).

  • Die Beweislast für Mängel geht vom Auftragnehmer auf den Auftraggeber über.

  • Der Bauvertrag tritt von dem Erfüllungsstadium in das Gewährleistungsstadium über.

    Hinweis:

    In Ausnahmefällen kann der Besteller dann auch schon vor der Abnahme der Werkleistung auf die Mängelrechte (Werkvertrag - Gewährleistung und Schadensersatz) zurückgreifen. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn der Unternehmer sein Werk als fertiggestellt angesehen sowie abgeliefert hat, der Besteller im Gegenzug jedoch die Abnahme wegen Mängeln verweigert und der Unternehmer wiederum eine (weitere) Mängelbeseitigung endgültig abgelehnt hat. Wollte man dies anders sehen, wäre der Auftraggeber in einer derartigen Situation ansonsten sinnwidrig zur Abnahme einer von ihm für mangelhaft gehaltenen Leistung gezwungen, um vom nachbesserungsunwilligen Auftragnehmer die Mittel für eine Selbstvornahme der Mangelbeseitigung fordern zu können (OLG Hamm 19.08.2014 - 24 U 41/14).

  • Nach § 341 Abs. 3 BGB kann der Gläubiger, der die Erfüllung annimmt, die Vertragsstrafen grundsätzlich nur verlangen, wenn er sich das Recht dazu bei Annahme vorbehält. Im Werkvertragsrecht stellt die Abnahme des Bestellers die Annahme als Erfüllung dar.

    Aber: Ein Vorbehalt der Vertragsstrafe bei Abnahme ist jedenfalls dann nicht erforderlich, wenn der Besteller bereits vor Abnahme die Aufrechnung mit der Vertragsstrafe erklärt hat und der Anspruch auf Vertragsstrafe infolgedessen bereits vollständig erloschen ist. Soweit das Urteil vom 4. November 1982 (VII ZR 11/82 dem entgegensteht, hält der BGH aus den nachfolgenden Gründen hieran nicht fest (BGH 05.11.2015 - VII ZR 43/15).

Sowohl nach dem VOB/B-Bauvertrag als auch nach dem BGB-Bauvertrag ist der Besteller nur berechtigt, die Abnahme zu verweigern, wenn das Werk mit wesentlichen Mängeln behaftet ist. Unwesentliche Mängel hingegen berechtigen nicht zur Abnahmeverweigerung und führen zum Annahmeverzug des Bestellers. Die Abgrenzung richtet sich nach dem verbleibenden Nutzungsmöglichkeiten, den Kosten der Beseitigung etc.

Jedoch wird nach einer Entscheidung des BGH (BGH 10.10.2002 - VII ZR 315/01) der Werklohn trotz berechtigter Abnahmeverweigerung fällig, wenn der Auftraggeber nicht mehr Erfüllung, sondern wegen der mangelhaften Leistung nur noch Schadensersatz oder Minderung verlangt.

metis