Schadensersatz
1 Allgemein
Kompensation des einer (natürlichen oder juristischen) Person entstandenen Schadens durch den Schädiger oder den zum Ausgleich Verpflichteten.
Zu unterscheiden sind der primäre Schadensersatz und der sekundäre Schadensersatz:
Primäre Schadensersatzansprüche entstehen unmittelbar und benötigen keine Sonderverbindung zwischen den Beteiligten.
Beispiel:
Deliktische Schadensersatzansprüche
Sekundäre Schadensersatzansprüche entstehen, wenn eine vertragliche oder vertragsähnliche Pflicht verletzt wurde.
Beispiel:
Grundsätzlich hat der Geschädigte Anspruch auf eine Naturalrestitution.
2 Vorzeitige Beendigung eines Dienstvertrages
Siehe insofern den Beitrag "Dienstvertrag - Schadensersatzpflicht".
3 Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb
Siehe den Beitrag "Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbetrieb".
4 Höhe des Schadensersatzes
4.1 Abstrakte Schadensberechnung im Geschäftsverkehr
Der BGH hat in dem Urteil BGH 19.10.2005 - VIII ZR 392/03 die abstrakte Schadensberechnung eines Kaufmanns gemäß § 252 S. 2 BGB erleichtert: Danach wird vermutet, dass der Kaufmann marktgängige Ware zum Marktpreis hätte absetzen können. Durch diese Vermutung ist nachgewiesen, dass der in dem Marktpreis enthaltene Gewinn nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge hätte erzielt werden können.
4.2 Verkehrsunfallbedingter Verdienstausfall
Rechtsgrundlage ist § 844 Abs. 2 BGB:
Berechnung des verkehrsunfallbedingten Verdienstausfalls:
Bei der Berechnung verkehrsunfallbedingten Verdienstausfalls ist die Bruttolohnmethode zugrunde zu legen. Von dem angenommenen Bruttoeinkommen sind zunächst einmal Leistungen Dritter abzuziehen (hier: einer Rente der gesetzlichen Unfallversicherung). Da der Geschädigte durch den Schadensausgleich einkommensmäßig weder besser noch schlechter gestellt werden soll als ohne das Schadensereignis, ist weiter zu berücksichtigen, dass sich durch Zahlungen von Krankengeld, Arbeitslosengeld oder einer Erwerbsunfähigkeitsrente die Steuerlast des Geschädigten verringert und er Sozialversicherungsbeiträge erspart. Steht dem Geschädigten nur ein quotaler Schadensersatzanspruch wegen eigener Mithaftung (hier: in Höhe von 30 %) zu, so ist wegen der Steuerprogression die tatsächliche Belastung durch die Einkommensteuer auf den quotierten Schadensersatz niedriger als die Haftungsquote aus der fiktiven Steuer, die der Geschädigte ohne seine Mithaftung hätte zahlen müssen. Dieser Steuervorteil kommt dem Schädiger zugute (OLG Celle 01.06.2016 - 14 U 74/15).
Ersatz des Nebenverdienstes eines Rentners:
Bei der Ermittlung des Unterhaltsschadens für die Hinterbliebenen eines Rentners sind auch die während des Rentenbezugs erzielten weiter erwirtschafteten Einkommen zu berücksichtigen (OLG Koblenz 08.04.2019 - 12 U 565/18).
4.3 Erwerbsausfall / Verdienstausfallschaden
Siehe den Beitrag "Verdienstausfallschaden".
4.4 Heilbehandlungskosten
Der Schädiger ist gemäß § 249 Abs. 2 S. 1 BGB verpflichtet, alle unfallbedingten Aufwendungen zur Wiederherstellung der Gesundheit des Geschädigten zu ersetzen.
Der Schadensersatzanspruch erstreckt sich auf die erforderlichen Kosten.
Nach einem allgemeinen Grundsatz des Schadensrechts hat der Schädiger den Verletzten in den Verhältnissen zu entschädigen, in denen er ihn betroffen hat. Nach diesen Grundsätzen kann nicht unberücksichtigt bleiben, ob der Geschädigte Mitglied der gesetzlichen Krankenversicherung ist.
Bietet jedoch das Leistungssystem der gesetzlichen Krankenversicherung dem Geschädigten nur unzureichende Möglichkeiten zur Schadensbeseitigung oder ist die Inanspruchnahme dem Geschädigten aufgrund besonderer Umstände ausnahmsweise nicht zuzumuten, kann die Haftpflicht des Schädigers auch die Übernahme der Kosten einer privatärztlichen Behandlung umfassen (BGH 06.07.2004 - VI ZR 266/03).
Zu den Kosten der Heilbehandlung gehören auch die Besuchskosten durch die nahen Angehörigen, soweit diese für die medizinische Gesundung notwendig sind.
4.5 Vermehrte Bedürfnisse
Als vermehrte Bedürfnisse werden bei Dauerschäden die unfallbedingten Mehraufwendungen des Geschädigten zur Kompensation der Beeinträchtigung seiner persönlichen Lebensführung bezeichnet. Die vermehrten Bedürfnisse können dabei sowohl in der Form einer Geldrente als auch als einmalige Zahlung ausgeglichen werden.
Beispiel:
Medizinische Behandlungen jenseits der Heilbehandlung (Krankengymnastik, besondere Nahrungsmittel), orthopädische Hilfsmittel, Haushaltshilfe, Kosten eines Pflegeheims, behinderungsgerechter Umbau des Hauses, Erwerb eines behinderungsgerechten Kfz).
Die vermehrten Bedürfnisse sind abzugrenzen von den Heilbehandlungskosten, dem Erwerbsschaden sowie dem immateriellen Schaden.
Dabei hat der BGH zur Höhe der Pflegeaufwendungen folgende Grundsätze getroffen (BGH 28.08.2018 - VI ZR 518/16):
"Zutreffend ist allerdings der Ausgangspunkt des Berufungsgerichts, dass sich der ersatzfähige Aufwand zur Befriedigung vermehrter Bedürfnisse, insbesondere des Pflegebedarfs, nach den Dispositionen bestimmt, die ein verständiger Geschädigter in seiner besonderen Lage treffen würde (...). Maßgebend ist grundsätzlich, was ein verständiger Geschädigter an Mitteln aufwenden würde, wenn er diese selbst zu tragen hätte und tragen könnte (...). Kommen zum Ausgleich der Pflegebedürftigkeit verschiedene Möglichkeiten mit unterschiedlichem Kostenaufwand in Betracht (z.B. Einstellung einer Pflegekraft, Unterbringung in einem Pflegeheim oder Versorgung durch einen Familienangehörigen), so bestimmt sich die Höhe des Anspruchs danach, welcher Bedarf in der vom Geschädigten in zumutbarer Weise gewählten Lebensgestaltung tatsächlich anfällt (...). Die Frage, ob der Geschädigte seine Lebensgestaltung in zumutbarer Weise gewählt hat, bestimmt sich nach den konkreten Umständen des Einzelfalles."
Vergütung der Pflegeleistung durch Angehörige:
"Zu den vermehrten Bedürfnissen im Sinne des § 843 Abs. 1 Alt. 2 BGB gehören sowohl die Kosten für die Beschäftigung einer Pflegeperson als auch der Betreuungsaufwand naher Angehöriger, der über die üblicherweise im Krankheitsfall zu erwartende persönliche Zuwendung innerhalb der Familie hinausgeht. Die dem Geschädigten gegenüber unentgeltlich erbrachte Pflegetätigkeit durch nahe Angehörige ist im Rahmen des Erforderlichen gemäß § 843 Abs. 1 Alt. 2 BGB unabhängig davon angemessen abzugelten, ob diese einen Verdienstausfall erlitten haben. Die Höhe des zu ersetzenden Schadens richtet sich dabei grundsätzlich nach dem Nettolohn einer vergleichbaren entgeltlich eingesetzten Pflegekraft und regelmäßig nicht nach dem entgangenen Verdienst des Angehörigen" (BGH 09.04.2019 - VI ZR 377/17).
Verjährungsfrist zur Geltendmachung des Pflegemehraufwands:
Beim Pflegemehraufwand handelt es sich um wiederkehrende Leistungen, die gemäß §§ 197 Abs. i.V.m. 195 BGB nach der regelmäßigen Verjährungsfrist verjähren (BGH 18.10.2005 - VI ZR 312/04).
5 Schadensersatz neben der Leistung
Bei dem "Schadensersatz neben der Leistung" handelt es sich um Schadensersatzanspruch, der neben den Primäranspruch tritt. Der Anspruch auf Erfüllung bleibt bestehen.
Rechtsgrundlage sind die §§ 280 Abs. 1 und 2, 286 BGB.
Mit der Entscheidung BGH 15.05.2012 - VI ZR 117/11 hat der BGH eine Abgrenzung zum Schadensersatzanspruch statt der Leistung im Werkvertragsrecht vorgenommen:
"Mit dem Schadensersatzanspruch neben der Leistung gemäß § 634 Nr. 4, § 280 Abs. 1 BGB kann Ersatz für Schäden verlangt werden, die aufgrund eines Werkmangels entstanden sind und durch eine Nacherfüllung der geschuldeten Werkleistung nicht beseitigt werden können. Hiervon erfasst sind mangelbedingte Folgeschäden, die an anderen Rechtsgütern des Bestellers oder an dessen Vermögen eintreten (Fortführung von BGH, Urteile vom 22. Februar 2018 - VII ZR 46/17 Rn. 58, BauR 2018, 815 = NZBau 2018, 201 und vom 16. Februar 2017 - VII ZR 242/13 Rn. 23, BauR 2017, 1061 = NZBau 2017, 555)."
"Der Schadensersatzanspruch statt der Leistung gemäß § 634 Nr. 4, §§ 280, 281 BGB tritt an die Stelle der geschuldeten Werkleistung. Sein Anwendungsbereich bestimmt sich nach der Reichweite der Nacherfüllung. Da die Nacherfüllung gemäß § 634 Nr. 1, § 635 BGB auf Herstellung des geschuldeten Werks gerichtet ist, bestimmt dieses die Reichweite der Nacherfüllung. Die geschuldete Werkleistung ist dabei im Wege der Vertragsauslegung gemäß §§ 133, 157 BGB zu ermitteln. Die Nacherfüllung erfasst danach die Beseitigung der Mängel des geschuldeten Werks, die auf einer im Zeitpunkt der Abnahme vorhandenen vertragswidrigen Beschaffenheit des Werks beruhen."
6 Einzelfälle
Zum Anspruch des Geschädigten wegen der Beschädigung seines Eigentums / Besitzes siehe den Beitrag "Reparaturkosten".
Zu den Grundsätzen der Berechnung des Schadensersatzes bei der Beschädigung von Bäumen siehe den Beitrag "Bäume".