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Werkvertrag - Gewährleistung und Schadensersatz

Normen

§§ 631 - 649 BGB

Information

1 Mangelhaftigkeit des Werks

1.1 Sachmangel

Der Unternehmer hat das Werk frei von Sach- und Rechtsmängeln herzustellen. Ein Werk ist gemäß § 633 Abs. 2 BGB mit einem Sachmangel behaftet, wenn

  • das Werk nicht die vereinbarte Beschaffenheit hat:

    Welche Beschaffenheit eines Werks die Parteien vereinbart haben, ergibt sich aus der Auslegung des Werkvertrags. Zur vereinbarten Beschaffenheit gehören alle Eigenschaften des Werkes, die nach der Vereinbarung der Parteien den vertraglich geschuldeten Erfolg herbeiführen sollen. Der vertraglich geschuldete Erfolg bestimmt sich nicht allein nach der zu seiner Erreichung vereinbarten Leistungs- oder Ausführungsart, sondern auch danach, welche Funktion das Werk nach dem Willen der Parteien erfüllen soll. Der Bundesgerichtshof hat deshalb eine Abweichung von der vereinbarten Beschaffenheit und damit einen Sachmangel angenommen, wenn der mit dem Vertrag verfolgte Zweck der Herstellung eines Werkes nicht erreicht wird und das Werk seine vereinbarte oder nach dem Vertrag vorausgesetzte Funktion nicht erfüllt (BGH 29.09.2011 - VII ZR 87/11, BGH 08.11.2007 - VII ZR 183/05).

    Mit der Entscheidung BGH 31.08.2017 - VII ZR 5/17 hat der BGH diese Rechtsprechung weiterentwickelt, als dass "bei der Auslegung im Hinblick auf eine etwaige Beschaffenheitsvereinbarung die berechtigte Erwartung des Bestellers an die Werkleistung von Bedeutung ist".

    Dabei ist die Beachtung der allgemein anerkannten Regeln der Technik, sofern nicht ein anderer Standard vereinbart worden ist, als Mindeststandard geschuldet (BGH 10.07.2014 - VII ZR 55/13).

    oder

  • es sich nicht für die nach dem Vertrag vorausgesetzte, oder falls diese fehlt, die gewöhnliche Verwendung eignet:

    Das gilt unabhängig davon, ob die Parteien eine bestimmte Ausführungsart vereinbart haben. Ist die Funktionstauglichkeit für den vertraglich vorausgesetzten oder gewöhnlichen Gebrauch vereinbart und ist dieser Erfolg mit der vertraglich vereinbarten Leistung oder Ausführungsart oder den anerkannten Regeln der Technik nicht zu erreichen, schuldet der Unternehmer die vereinbarte Funktionstauglichkeit.

Wie im Kaufvertragsrecht wird nach der gesetzlichen Regelung des § 633 Abs. 2 S. 2 BGB auch die Herstellung eines anderen als des bestellten Werkes (Aliud) oder die Herstellung des Werkes in zu geringer Menge als Sachmangel angesehen.

1.2 Rechtsmangel

Ebenfalls wie im Kaufvertragsrecht enthält das Werkvertragsrecht eine Definition des Rechtsmangels. Gemäß § 633 Abs. 3 BGB ist das Werk mit einem Rechtsmangel behaftet, wenn

  • Dritte in Bezug auf das Werk Rechte geltend machen können

    oder

  • Dritte mehr als die im Vertrag übernommenen Rechte gegen den Besteller geltend machen können.

1.3 Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung

Für die Beurteilung, ob ein Werk mangelhaft ist, kommt es nach einer durchgeführten Abnahme auf den Zustand des Werks zum Zeitpunkt der Abnahme an (BGH 25.02.2016 - VII ZR 210/13).

2 Gewährleistung

2.1 Die Gewährleistungsrechte

Die dem Besteller bei der Mangelhaftigkeit des Werkes zustehenden grundsätzlichen Gewährleistungsansprüche sind in § 634 BGB aufgezählt. Zu beachten ist, dass nicht alle Ansprüche gleichzeitig geltend gemacht werden können:

Zunächst hat der Besteller seinen Anspruch auf Nacherfüllung geltend zu machen, erst wenn dieser Anspruch nicht erfüllt wird, kann der Besteller die anderen Gewährleistungsrechte gleichzeitig bzw. einzeln geltend machen.

2.2 Selbstvornahme

Der Besteller ist gemäß § 637 BGB berechtigt, die Mängelbeseitigung selbst vorzunehmen.

Voraussetzung ist, dass die vom Besteller gesetzte Frist zur Nacherfüllung erfolglos abgelaufen ist und der Unternehmer nicht die Nacherfüllung wegen der unverhältnismäßigen Kosten berechtigterweise verweigern kann. Ein Verzug des Unternehmers ist nicht erforderlich.

Der Besteller hat zudem einen gesetzlich festgelegten Anspruch auf Vorschuss für die zur Mangelbeseitigung erforderlichen Kosten.

In Ausnahmefällen kann der Besteller dann auch schon vor der Abnahme der Werkleistung auf die Mängelrechte zurückgreifen. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn der Unternehmer sein Werk als fertiggestellt angesehen sowie abgeliefert hat, der Besteller im Gegenzug jedoch die Abnahme wegen Mängeln verweigert und der Unternehmer wiederum eine (weitere) Mängelbeseitigung endgültig abgelehnt hat. Wollte man dies anders sehen, wäre der Auftraggeber in einer derartigen Situation ansonsten sinnwidrig zur Abnahme einer von ihm für mangelhaft gehaltenen Leistung gezwungen, um vom nachbesserungsunwilligen Auftragnehmer die Mittel für eine Selbstvornahme der Mangelbeseitigung fordern zu können (OLG Hamm 19.08.2014 - 24 U 41/14).

2.3 Minderung

Voraussetzungen der Minderung sind gemäß § 638 BGB:

  • Der Besteller hat dem Unternehmer eine Frist zur ordnungsgemäßen Leistung gesetzt.

  • Diese Frist ist abgelaufen.

Wurde der Vertrag aufseiten des Bestellers oder des Unternehmers von mehr als einer Person abgeschlossen, kann die Minderung gemäß § 638 Abs. 2 BGB nur von allen gemeinsam erklärt werden.

2.4 Rücktritt

Voraussetzungen des Rücktritts vom Werkvertrag bestimmen sich nach §§ 323,  636 BGB:

  • Der Besteller hat dem Unternehmer eine Frist zur ordnungsgemäßen Leistung gesetzt.

  • Diese Frist ist abgelaufen.

Ein Verschulden des Unternehmers ist nicht erforderlich. Die Fristsetzung ist entbehrlich, wenn

  • der Unternehmer die Nacherfüllung wegen unverhältnismäßiger Kosten oder aus anderen Gründen (auch unberechtigt) verweigert,

  • die Nacherfüllung fehlgeschlagen ist,

  • die Nacherfüllung dem Besteller unzumutbar ist,

  • der Unternehmer nicht fristgerecht geleistet hat und der Besteller den Fortbestand des Vertrages von der Rechtzeitigkeit der Leistung abhängig gemacht hat oder

  • besondere Umstände vorliegen, die einen sofortigen Rücktritt rechtfertigen.

2.5 Schadensersatz

Der Besteller kann gemäß § 634 BGB Schadensersatz statt der Leistung neben dem Rücktritt oder der Minderung geltend machen.

Jedoch wird nach einer Entscheidung des BGH (BGH 10.10.2002 - VII ZR 315/01) der Werklohn trotz berechtigter Abnahmeverweigerung fällig, wenn der Auftraggeber nicht mehr Erfüllung, sondern wegen der mangelhaften Leistung nur noch Schadensersatz oder Minderung verlangt.

Der BGH hat seine Rechtsprechung aufgegeben, nach der der Besteller, der das Werk behält und den Mangel nicht beseitigen lässt, im Rahmen eines Schadensersatzanspruchs statt der Leistung seinen Schaden nach den fiktiven Mängelbeseitigungskosten bemessen kann (BGH 22.02.2018 - VII ZR 46/17). Zu den einzelnen nunmehr vom BGH anerkannten Ansprüchen siehe die Leitsätze des obigen Urteils.

2.6 Arglistiges Verschweigen des Mangels

Verschweigt der Unternehmer den Mangel arglistig, so hat dies Auswirkungen auf die Verjährung des Werkvertrags.

Nach dem Urteil BGH 08.03.2012 - VII ZR 116/10 "verschweigt ein Unternehmer einen offenbarungspflichtigen Mangel arglistig, wenn ihm dieser bei der Abnahme bekannt ist und er ihn dennoch nicht offenbart (...). Dabei reicht es für die Kenntnis des Mangels aus, dass der Unternehmer die für den Mangel ursächliche, vertragswidrige Ausführung der Werkleistung erkannt hat." In dem der Entscheidung zugrunde liegenden Fall hatte der Unternehmer eine Baugrunduntersuchung unterlassen.

3 Merkantiler Minderwert

Ein merkantiler Minderwert liegt vor, wenn nach erfolgter Mängelbeseitigung eine verringerte Verwertbarkeit gegeben ist, weil die maßgeblichen Verkehrskreise ein im Vergleich zur vertragsgemäßen Ausführung geringeres Vertrauen in die Qualität des Gebäudes haben.

Zur Beurteilung der Höhe des merkantilen Minderwerts bei einem Gebäude kann der Sachverständige Fachleute befragen, in welcher Höhe bei einem Verkauf mindestens eine Einbuße beim Erlös eintreten würde (BGH 06.12.2012 - VII ZR 84/10).

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