Reparaturkosten
1 Allgemein
Reparaturkosten sind die Kosten der Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes einer beschädigten Sache (Schadensersatz).
Sie können fiktiv oder konkret abgerechnet werden (BGH 12.10.2021 - VI ZR 513/19):
Grundlage der konkreten Abrechnung ist die Rechnung des die Reparatur ausführenden Dienstleisters. Grundsätzlich sind dabei zuvor die Kosten durch einen Gutachter bzw. den Dienstleister selbst zu schätzen und von einer ggf. eintrittspflichtigen Versicherung zu schätzen.
Die fiktive Abrechnung erfolgt auf der Grundlage eines Schadensgutachtens.
Dabei besteht grundsätzlich ein freies Wahlrecht: Der Geschädigte kann auch dann die fiktive Abrechnung wählen, wenn er die Sache reparieren lässt. Es sind aber von der Rechtsprechung Grenzen gesetzt, siehe insofern die Ausführungen unten. Eine Kombination fiktiver und konkreter Schadensberechnung ist aber nicht zulässig (BGH 05.04.2022 - VI ZR 7/21).
Im Einzelnen:
Ein Geschädigter hat Anspruch auf die vollständige Wiederherstellung seiner beschädigten Sache (Naturalrestitution). Der Anspruch ist wie folgt aufgebaut:
- a)
Grundsätzlich ist der Schädiger gemäß § 249 Abs. 1 BGB verpflichtet, (selbst) den Zustand wiederherzustellen, der ohne das schädigende Ereignis bestehen würde.
Lässt der Geschädigte die Sache reparieren und stellt sich während der Reparatur heraus, dass die Kosten den im Gutachten genannten Betrag übersteigen werden, sind auch die zusätzlichen Kosten vom Schädiger bzw. dessen Versicherung zu tragen (Prognoserisiko des Schädigers).
Die Schadensvorschriften des BGB schützen das Integritätsinteresse des Geschädigten.
Dieser ist nach der Rechtsprechung daher auch zur Reparatur berechtigt, wenn die Reparaturkosten den Wiederbeschaffungswert übersteigen. Voraussetzung ist, dass die Reparatur tatsächlich und fachgerecht durchgeführt wird.
Bei einem Kfz-Schaden wurde die Grenze der zulässigerweise noch geforderten Reparaturkosten mit 130 % des Wiederbeschaffungswertes festgelegt, wobei der Restwert unberücksichtigt bleibt. Dies gilt auch für die Reparatur eines Sattelaufliegers (OLG Celle 02.12.2009 - 14 U 123/09). Bei anderen Sachen ist die Grenze im Einzelfall zu bestimmen.
Im umgekehrten Fall, d.h. wenn die Reparaturkosten unter dem vom Sachverständigen angesetzten Wert liegen, hat der Geschädigte keinen Anspruch auf Zahlung des Differenzbetrages (BGH 03.12.2013 VI ZR 24/13).
Bei Tieren sind immer auch die den Wert des Tieres übersteigenden Behandlungskosten zu ersetzen.
- b)
Die Zulässigkeit der fiktiven Abrechnung ist unbestritten, wenn die Reparaturkosten unter dem Wiederbeschaffungswert liegen. Daneben bestehen viele einzelne gesonderte Konstellationen.
Der VII. Senat des BGH hat bezüglich der fiktiven Mängelbeseitigungskosten folgende Grundsätze erlassen (BGH 22.02.2018 - VII ZR 46/17):
"Der Besteller, der das Werk behält und den Mangel nicht beseitigen lässt, kann im Rahmen eines Schadensersatzanspruchs statt der Leistung (kleiner Schadensersatz) gegen den Unternehmer gemäß § 634 Nr. 4, §§ 280, 281 BGB seinen Schaden nicht nach den fiktiven Mängelbeseitigungskosten bemessen (Aufgabe der bisherigen Rechtsprechung)."
"Der Besteller (..) kann den Schaden (vielmehr) in der Weise bemessen, dass er im Wege einer Vermögensbilanz die Differenz zwischen dem hypothetischen Wert der durch das Werk geschaffenen oder bearbeiteten, im Eigentum des Bestellers stehenden Sache ohne Mangel und dem tatsächlichen Wert der Sache mit Mangel ermittelt."
"Hat der Besteller die durch das Werk geschaffene oder bearbeitete Sache veräußert, ohne dass eine Mängelbeseitigung vorgenommen wurde, kann er den Schaden nach dem konkreten Mindererlös wegen des Mangels der Sache bemessen. (...) Der Schaden kann in Anlehnung an § 634 Nr. 3, § 638 BGB auch in der Weise bemessen werden, dass ausgehend von der für das Werk vereinbarten Vergütung der Minderwert des Werks wegen des (nicht beseitigten) Mangels geschätzt wird. Maßstab ist danach die durch den Mangel des Werks erfolgte Störung des Äquivalenzverhältnisse."
Aber:
Der V. Senat hält an seiner abweichenden Meinung fest:
"Der kaufvertragliche Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung (kleiner Schadensersatz) gemäß § 437 Nr. 3, §§ 280, 281 BGB kann anhand der voraussichtlich erforderlichen, aber (noch) nicht aufgewendeten ("fiktiven") Mängelbeseitigungskosten bemessen werden (...). Allerdings muss die Umsatzsteuer nur ersetzt werden, wenn und soweit sie tatsächlich angefallen ist (BGH 12.03.2021 - V ZR 33/19).
- c)
Ist die Wiederherstellung nicht möglich oder zum Schadensersatz nicht ausreichend (technischer Totalschaden), so kann der Geschädigte gemäß § 251 Abs. 1 BGB eine Geldentschädigung in Höhe des Verkehrswertes der Sache verlangen.
- d)
Der Schädiger ist gemäß § 251 Abs. 2 BGB zur Geldentschädigung in Höhe des Verkehrswertes der Sache berechtigt, wenn die Wiederherstellung mit unverhältnismäßigen Kosten verbunden ist (wirtschaftlicher Totalschaden).
2 Smart-Repair-Methode
Bei der Smart-Repair-Methode (auch Drückermethode genannt) handelt es sich um eine kostengünstige Reparaturmethode, mit der insbesondere Kleinstschäden ausgeglichen werden können.
Die Methode wird in Spezialbetrieben, nicht aber in Fachwerkstätten angeboten.
Der Geschädigte muss sich bei einem Kleinstschaden zumindest dann auf die Smart-Repair-Methode verweisen lassen, wenn der Schädiger eine Spezialwerkstatt nennt, die diese Methode fachgerecht anwendet, und die Werkstatt für den Geschädigten mühelos und ohne Weiteres zugänglich ist (LG Saarbrücken 24.09.2010 - 13 S 216/09).
3 Ersatz der Umsatzsteuer
Der Ersatz der Umsatzsteuer ist gemäß § 249 Abs. 2 S. 2 BGB davon abhängig, ob die Umsatzsteuer tatsächlich angefallen ist.
Hintergrund ist, dass eine Überkompensation des Geschädigten in den Fällen, in denen er die Reparatur z.B. nicht von einer Fremdfirma durchführen lässt, vermieden werden soll.
Die Klausel A.2.9 AKB 2010 in den Allgemeinen Versicherungsbedingungen, wonach der Versicherer Umsatzsteuer nur dann erstattet, wenn sie bei der vom Versicherungsnehmer gewählten Schadenbeseitigung tatsächlich angefallen ist, bezieht sich schon deshalb nicht auf die Veräußerung des beschädigten oder zerstörten Fahrzeugs, weil der Versicherungsnehmer dabei Geld vereinnahmt und mithin keine Umsatzsteuer entrichten muss (BGH 10.09.2014 - IV ZR 379/13).
Teilreparatur bei fiktiver Abrechnung:
Sofern der Geschädigte die fiktive Reparatur wählt, ist der Ersatz der Umsatzsteuer auch dann ausgeschlossen, wenn er eine Teilreparatur durchführen lässt (BGH 05.04.2022 - VI ZR 7/21):
"Da die Klägerin den Weg der fiktiven Schadensabrechnung gewählt hat und nicht zu einer konkreten Berechnung ihres Schadens auf der Grundlage der durchgeführten Reparatur übergegangen ist, kann sie nicht den Ersatz der im Rahmen der Teilreparatur angefallenen Umsatzsteuer verlangen. Eine Kombination fiktiver und konkreter Schadensberechnung ist insoweit nicht zulässig."