Totalschaden
1 Wirtschaftlicher Totalschaden
1.1 Allgemein
Bei einem wirtschaftlichen Totalschaden liegen die Reparaturkosten des Fahrzeugs unverhältnismäßig höher (Rechtsprechung: 30 %) als der Wiederbeschaffungswert abzüglich des Restwerts.
Folge eines wirtschaftlichen Totalschadens ist, dass die Gesamtkosten einer Reparatur nicht mehr von der den Schaden zahlenden Versicherung übernommen werden. Nach der BGH-Rechtsprechung sind dem Geschädigten aber tatsächlich entstandene Reparaturkosten zu ersetzen, wenn diese den Wiederbeschaffungswert um nicht mehr als 30 % übersteigen. Der Restwert bleibt hier außer Betracht. Dabei ist auf die Bruttoreparaturkosten abzustellen (BGH 03.03.2009 - VI ZR 100/08).
Ist der Geschädigte mit dem vom Sachverständigen festgesetzten Restwert nicht einverstanden, so kann er einen eigenen Sachverständigen beauftragen. Der BGH hat entschieden, dass sich der Geschädigte nicht auf durch besondere Bemühungen zu erreichende Restwerte verweisen lassen muss.
Nach dem Urteil BGH 12.07.2005 - VI ZR 132/04 kann der Geschädigte bei der Berechnung der einzelnen Schadenspositionen den von ihm durch den Verkauf erzielten tatsächlichen Restwert einbeziehen. Trägt der Versicherer vor, dass ein höherer Restwert zu erzielen gewesen wäre, so hat er diesbezüglich die Darlegungs- und Beweislast.
Die Höhe des Restwerts, d.h. des vom Versicherungsnehmer erzielbaren Erlöses beim Verkauf des beschädigten oder zerstörten Fahrzeugs, hat der Versicherer als eine ihm günstige Tatsache darzulegen und zu beweisen. Unterliegt der Versicherungsnehmer beim Fahrzeugverkauf der Umsatzsteuerpflicht, ist er mithin verpflichtet, im Kaufpreis Umsatzsteuer auszuweisen und diese später an das Finanzamt abzuführen, stellt lediglich der ihm danach verbleibende Nettokaufpreis den anzurechnenden Restwert dar. Ist ein Versicherungsnehmer im Falle eines Verkaufs nicht umsatzsteuerpflichtig, erübrigt sich eine Unterscheidung zwischen Brutto- und Nettoerlös. Der anzurechnende Restwert ist dann allein der Betrag, den der Versicherungsnehmer als Kaufpreis tatsächlich erlösen kann (BGH 10.09.2014 - IV ZR 379/13).
Bei einem wirtschaftlichen Totalschaden ist dem Geschädigten nach dem Erhalt des Gutachtens eine Überlegungszeit von ca. 3-7 Tagen einzuräumen, in der er einen Anspruch auf die Mietwagennutzung hat.
1.2 Tatsächliche Reparatur trotz wirtschaftlichen Totalschadens
Nach dem BGH hat der Schädiger dem Geschädigten (tatsächlich entstandene) Reparaturkosten bis zur Höhe von 130 % des Wiederbeschaffungswertes zu ersetzen. Der Restwert bleibt hierbei außer Betracht.
Die Umsatzsteuer ist in Höhe der angefallenen Reparaturkosten bis zur 130 %-Grenze zu zahlen.
Beauftragt der Geschädigte einen Gutachter mit der Schadensschätzung zum Zwecke der Schadensregulierung, hat der Sachverständige das Gutachten unter Berücksichtigung der geltenden Rechtsprechung zum Schadensersatz bei Kfz-Unfällen zu erstellen. Dabei hat der Sachverständige als ausreichende Schätzgrundlage entsprechend der Empfehlung des 40. Deutschen Verkehrsgerichtstags im Regelfall drei Angebote einzuholen (BGH 13.10.2009 - VI ZR 318/08).
1.3 Fiktive Abrechnung
Soll fiktiv anhand der Ergebnisse des Gutachtens abgerechnet werden und das Fahrzeug durch eine Eigenreparatur wiederhergestellt werden, können die (fiktiven) Reparaturkosten bis zur Höhe von 130 % des Wiederbeschaffungswertes geltend gemacht werden.
Es muss aber der Nachweis einer fachgerechten Reparatur erbracht werden, eine Billigreparatur muss ausgeschlossen sein. Diese Rechtsprechung wurde zuletzt durch das Urteil BGH 15.02.2005 - VI ZR 70/04 bestätigt.
Soll das Fahrzeug nicht repariert werden und im beschädigten Zustand verkauft werden oder im beschädigten Zustand weiter genutzt werden, kann der Geschädigte die Wiederbeschaffungskosten abzüglich des Restwertes verlangen (BGH 06.03.2007 - VI ZR 120/06).
2 Technischer Totalschaden
Ein technischer Totalschaden liegt vor, wenn eine Reparatur nicht mehr möglich ist. Der vom Sachverständigen festgesetzte Restwert beträgt Null EUR.
Mietwagenkosten sind zu ersetzen, bis der Geschädigte ein vergleichbares Fahrzeug erhalten hat, maximal aber nur drei Wochen.
Zu ersetzen sind auch die durch die An- und Abmeldung entstandenen Kosten sowie die Kosten der Entsorgung des Fahrzeugs.
3 Umsatzsteuer bei Ersatzbeschaffung
Erwirbt der Geschädigte ein Ersatzfahrzeug, so hat er Anspruch auf den im Sachverständigengutachten ausgewiesenen Brutto-Wiederbeschaffungswertes des unfallbeschädigten Kraftfahrzeuges abzüglich des festgestellten Restwerts. Dabei ist es nach dem Urteil BGH 01.03.2005 - VI ZR 91/04 unerheblich, ob bzw. in welcher Höhe in dem Brutto-Wiederbeschaffungswert eine Umsatzsteuer enthalten ist. Diese Rechtsprechung wurde durch das Urteil BGH 15.11.2005 - VI ZR 26/05 fortgeführt.
Unzulässig ist es, dem Geschädigten den Netto-Wiederbeschaffungswert zuzüglich des für das Ersatzfahrzeug angefallenen Umsatzsteueranteils zuzuerkennen. Dies wäre eine fiktive Umsatzsteuerberechnung, die mit den Grundsätzen der konkreten Schadensberechnung nicht vereinbar wäre und im Widerspruch zu § 249 Abs. 2 S. 2 BGB steht, nach dem die Umsatzsteuer nur so weit zu ersetzen ist, wie sie tatsächlich angefallen ist.