Verkehrsunfall - Kfz-Schaden
1 Schadenspositionen
Bei der Beschädigung eines Fahrzeugs sind grundsätzlich von dem Schädiger die folgenden Schadenspositionen zu ersetzen:
Merkantiler Minderwert
Kostenpauschale
Die Kosten für die Begutachtung des bei einem Verkehrsunfall beschädigten Fahrzeugs gehören zu den mit dem Schaden unmittelbar verbundenen und auszugleichenden Vermögensnachteilen, soweit die Begutachtung zur Geltendmachung des Schadensersatzanspruchs erforderlich und zweckmäßig ist. Der Geschädigte genügt seiner Darlegungslast zur Höhe der Sachverständigenkosten regelmäßig durch Vorlage einer von ihm beglichenen Rechnung des von ihm zur Schadensbegutachtung in Anspruch genommenen Sachverständigen (BGH 19.07.2016 – VI ZR 491/15).
Abschleppkosten
Rechtsanwaltsvergütung (Verkehrsunfall – Rechtsanwaltsgebühren)
Standgeld
2 Reparaturbestätigung
Repariert der Geschädigte ein verunfalltes Fahrzeug in Eigenregie, kann er die ihm entstehenden Kosten für eine Bestätigung durch einen Sachverständigen, dass die Reparatur sach- und fachgerecht erfolgt ist (Reparaturbestätigung) vom Schädiger ersetzt verlangen. Nur durch Einholung einer entsprechenden Bestätigung kann der Geschädigte einen Eintrag in der HIS-Datei widerlegen und somit einen Zustand herbeiführen, der jenem vor dem Unfall entspricht (AG Fulda 05.05.2015 – 33 C 3/15).
3 Schadensminderungspflicht
Der Geschädigte ist gemäß § 249 Abs. 2 BGB verpflichtet, bei der Schadensbehebung im Rahmen des ihm Zumutbaren und unter Berücksichtigung seiner individuellen Lage den wirtschaftlichsten Weg zu wählen (Schadensminderungspflicht/Gebot der Wirtschaftlichkeit):
Beispiel 1: Verwertung des beschädigten Fahrzeugs
Beim Verkauf des Unfallfahrzeugs genügt der Geschädigte grundsätzlich seiner Schadensminderungspflicht, wenn er die Veräußerung seines beschädigten Kraftfahrzeuges zu demjenigen Preis vornimmt, der von dem Gutachter als Restwert ermittelt wurde. Aber bei Vorliegen besonderer Umstände kann es geboten sein, günstigere Verwertungsmöglichkeiten wahrzunehmen. Derartige Ausnahmen stehen nach allgemeinen Grundsätzen zur Beweislast des Schädigers. Auch müssen sie in engen Grenzen gehalten werden und dürfen insbesondere nicht dazu führen, dass dem Geschädigten bei der Schadensbehebung die von dem Schädiger bzw. dessen Versicherer gewünschten Verwertungsmodalitäten aufgezwungen werden (BGH 15.06.2010 – VI ZR 232/09, BGH 01.06.2010 – VI ZR 316/09).
Beispiel 2: Freie Fachwerkstatt
Der Geschädigte genügt dem Gebot der Wirtschaftlichkeit, wenn er der Schadensabrechnung die üblichen Stundenverrechnungssätze einer markengebundenen Fachwerkstatt zugrunde legt, die ein von ihm eingeschalteter Sachverständiger auf dem allgemeinen regionalen Markt ermittelt hat.
Der Schädiger kann den Geschädigten aber unter dem Gesichtspunkt der Schadensminderungspflicht auf eine günstigere Reparaturmöglichkeit in einer mühelos und ohne Weiteres zugänglichen »freien Fachwerkstatt« verweisen, wenn er darlegt und gegebenenfalls beweist, dass eine Reparatur in dieser Werkstatt vom Qualitätsstandard her der Reparatur in einer markengebundenen Fachwerkstatt entspricht, und wenn er gegebenenfalls vom Geschädigten aufgezeigte Umstände widerlegt, die diesem eine Reparatur außerhalb der markengebundenen Fachwerkstatt unzumutbar machen würden. Dies gilt aber nicht, wenn die freie Werkstatt nur deshalb kostengünstiger ist, weil ihr nicht die (markt-)üblichen Preise dieser Werkstatt, sondern auf vertraglichen Vereinbarungen mit dem Haftpflichtversicherer des Schädigers beruhende Sonderkonditionen zugrunde liegen (BGH 27.09.2016 VI ZR 673/15, BGH 22.06.2010 – VI ZR 337/09, BGH 22.06.2010 – VI ZR 302/08).
Sofern sich die freie Fachwerkstatt jedoch fast 38 km vom Wohnort des Geschädigten befindet und keinen Bring-/Abholservice anbietet, ist der Verweis auf diese Fachwerkstatt unzulässig (OLG Düsseldorf 17.12.2019 – I-1 U 84/19).
Bei Fahrzeugen, die älter sind als drei Jahre, kann der Verweis auf eine technisch gleichwertige Reparaturmöglichkeit in einer »freien« Fachwerkstatt insbesondere dann unzumutbar sein, wenn der Geschädigte konkret darlegt, dass er sein Fahrzeug bisher stets in einer markengebundenen Fachwerkstatt hat warten und reparieren lassen und dies vom Schädiger nicht widerlegt wird (…). Ist ein über neun Jahre altes und bei dem Unfall verhältnismäßig leicht beschädigtes Fahrzeug zwar stets in einer markengebundenen Fachwerkstatt repariert, dort aber in den letzten Jahren vor dem Unfall nicht mehr gewartet worden, ist der Verweis auf eine »freie« Fachwerkstatt nicht unzumutbar (BGH 07.02.2017 – VI ZR 182/16).
Aber allein der Umstand, dass die fragliche »freie Fachwerkstatt« mit dem Haftpflichtversicherer in Bezug auf Reparaturen von Kaskoschäden seiner Versicherungsnehmer vertraglich verbunden ist, lässt eine Verweisung auf sie nicht unzumutbar erscheinen (BGH 28.04.2015 – VI ZR 267/14).
Zur Schadensminderungspflicht durch Anwendung einer Smart-Repair-Methode siehe den Fachbeitrag »Reparaturkosten«.
4 Vorschaden
Das OLG Hamm hat folgende Rechtsprechung zu dem Vorliegen eines Vorschadens in der Sachschadensversicherung erlassen:
»Die Annahme eines deckungsgleichen und infolgedessen eine Ersatzfähigkeit ausschließenden Vorschadens scheidet aus, wenn es sich bei dem Vorschaden um eine normale und im Übrigen bloße optische Gebrauchsspur ohne jede Auswirkung auf die Funktionalität handelt. (…)
Insoweit ist allenfalls ein Abzug »neu für alt« vorzunehmen, der jedoch – hier verneint – voraussetzt, dass bei dem Geschädigten eine messbare Vermögensvermehrung eintritt, die sich für ihn wirtschaftlich günstig auswirkt, wobei die Darlegungs- und Beweislast den Schädiger trifft« (OLG Hamm 28.06.2022 – 7 U 45/21).