Trunkenheit im Verkehr
1 Allgemein
Das Führen eines (Kraft-)Fahrzeuges unter Alkoholeinfluss kann je nach der Blutalkoholkonzentration des Fahrers bzw. dem Vorliegen weiterer Voraussetzungen wie folgt geahndet werden:
als Straftat:
Trunkenheit im Verkehr gemäß § 316 StGB
alkoholbedingte Straßenverkehrsgefährdung gemäß § 315c StGB
als Ordnungswidrigkeit gemäß § 24a StVG
Auch eine Trunkenheitsfahrt im Ausland kann die Entziehung der Fahrerlaubnis rechtfertigen (OVG Nordrhein-Westfalen 03.11.2014 - 16 B 694/14).
2 Der Straftatbestand der Trunkenheit im Verkehr
Wegen Trunkenheit im Verkehr wird nach § 316 StGB bestraft, wer ein Fahrzeug führt, obwohl er infolge des Genusses berauschender Mittel wie Alkohol nicht in der Lage ist, das Fahrzeug sicher zu führen.
Der Tatbestand hat folgenden Anwendungsbereich bzw. es bestehen folgende Voraussetzungen:
Neben dem Straßenverkehr erstreckt sich die Vorschrift auf andere Verkehrsräume wie den Bahn-, Schiffs- oder Luftverkehr.
Es ist die Trunkenheit beim Führen eines jeden Fahrzeugs strafbar (nicht nur Kraftfahrzeuge), erfasst wird daher auch das bestimmte Werte (1,6 Promille) übersteigende alkoholisierte Radfahren (BVerwG 21.05.2008 - 3 C 32/07).
Auch der Führer einer Pferdekutsche ist ab einem Blutalkoholgehalt von 1,1 Promille absolut fahruntüchtig (OLG Oldenburg 24.02.2014 - 1 Ss 204/13).
Strafbar ist nur die Trunkenheit im öffentlichen Verkehrsraum.
Das Fahrzeug muss geführt worden sein, d.h. es muss eine Standortveränderung eingetreten sein.
Der Täter muss zumindest mit bedingten Vorsatz das Fahrzeug geführt haben. Zu den Anforderungen an die Beweiswürdigung bei Prüfung des bedingten Vorsatzes bei einer Trunkenheitsfahrt hat der BGH Folgendes ausgeführt (BGH 09.04.2015 - 4 StR 401/14):
Bei der Prüfung der Frage, ob ein Fahrzeugführer den Tatbestand bedingt vorsätzlich verwirklicht hat, ist eine Blutalkoholkonzentration ein gewichtiges Beweisanzeichen für das Vorliegen vorsätzlichen Handelns. Diese in Rechtsprechung und Schrifttum nahezu einhellig vertretene Auffassung ändert aber nichts an der Geltung des Grundsatzes der freien richterlichen Beweiswürdigung, wonach der Tatrichter den Grad der Alkoholisierung mit dem ihm zukommenden Gewicht in seine Überzeugungsbildung vom Vorliegen bedingt vorsätzlichen oder fahrlässigen Handelns einzubeziehen hat.
Der Tatrichter ist deshalb nicht gehindert anzunehmen, dass eine Blutalkoholkonzentration umso eher für eine vorsätzliche Tat spricht, je höher sie ist. Er muss sich jedoch bewusst sein, dass er sich lediglich auf ein (widerlegbares) Indiz stützt, das zwar gewichtig ist, aber im Einzelfall der ergänzenden Berücksichtigung anderer Beweisumstände bedürfen kann. Will er die Annahme bedingten Vorsatzes damit begründen, dass ein Täter mit einer hohen Blutalkoholkonzentration im Allgemeinen weiß, dass er große Mengen Alkohol getrunken hat, sodass sich ihm die Möglichkeit einer Fahruntüchtigkeit aufdrängt, muss er erkennen lassen, dass er lediglich einen Erfahrungssatz mit einer im konkreten Fall widerlegbaren Wahrscheinlichkeitsaussage zur Anwendung bringt, nicht aber einen wissenschaftlichen Erfahrungssatz.
Eine Strafbarkeit nach § 316 StGB setzt darüber hinaus voraus, dass die Tat nicht nach § 315a StGB oder § 315c StGB mit Strafe bedroht ist. § 316 StGB hat somit einen Auffangcharakter.
Es handelt sich um ein abstraktes Gefährdungsdelikt, d.h. eine konkrete Gefährdung von Personen oder Sachen muss nicht eingetreten sein.
Anders als im Bereich der alkoholbedingten Ordnungswidrigkeiten nennt das Gesetz in § 316 StGB keine festen Alkoholgrenzwerte. Die Grenzwerte wurden von der Rechtsprechung festgelegt (Fahruntüchtigkeit).
3 Der Straftatbestand der alkoholbedingten Straßenverkehrsgefährdung
Die Tatbestandsvoraussetzungen der alkoholbedingten Straßengefährdung nach § 315c Abs. 1 Nr. 1a StGB sind:
Führen eines Fahrzeugs im Straßenverkehr trotz alkoholbedingter Fahrunfähigkeit.
Gefährdung des Leibs oder des Lebens eines anderen Menschen oder fremder Sachen von bedeutendem Wert:
Die Gefährdung von Leib oder Leben erfordert eine konkrete Gefährdungssituation, durch die beinahe ein Unfall eingetreten wäre. Erhebliche Sachwerte sind nach der Rechtsprechung bei Werten ca. ab 1.000,00 EUR anzunehmen.
Es muss eine doppelte Kausalität vorliegen: Der Alkoholkonsum muss zu einer Fahruntüchtigkeit geführt haben, durch die eine konkrete Gefährdungssituation eingetreten ist.
Auch hier nennt das Gesetz keine festen Alkoholgrenzwerte. Die Grenzwerte der relativen und absoluten Fahruntüchtigkeit wurden von der Rechtsprechung festgelegt.
Hinweis:
Die in der Zwischenzeit von dem BGH vertretene Ansicht, dass der Insasse eines von einem Fahruntüchtigen geführten Fahrzeuges bereits allein durch seine Anwesenheit in dem Fahrzeug ohne Hinzutreten einer kritischen Verkehrssituation gefährdet sei, wurde wieder aufgegeben.
4 Alkoholbedingte Ordnungswidrigkeiten
Gemäß § 24a StVG handelt ordnungswidrig, wer im Straßenverkehr ein Kraftfahrzeug führt, obwohl er 0,25 mg/l oder mehr Alkohol in der Atemluft oder 0,5 Promille oder mehr Alkohol im Blut oder eine Alkoholmenge im Körper hat, die zu einer solchen Atem- oder Blutalkoholkonzentration führt. Die Tat wird von der Verwaltungsbehörde in aller Regel mit einer Geldbuße von bis zu 1.500,00 EUR belegt. Ferner droht ein Fahrverbot von einem bis zu drei Monate.
Zuständig zur Verfolgung der Ordnungswidrigkeit ist gemäß § 26 StVG die Verwaltungsbehörde.
5 Kürzung der Versicherungsleistung
Bei Vorliegen einer Fahruntüchtigkeit kann der Versicherer die Versicherungsleistung kürzen. Zu den Einzelheiten siehe den Beitrag "Versicherungsvertrag - Grobe Fahrlässigkeit".