Ordnungswidrigkeit
1 Allgemein
Ordnungswidrigkeiten sind gemäß § 1 OWiG rechtswidrige und vorwerfbare Handlungen, die den Tatbestand einer Norm verwirklichen und grundsätzlich mit einer Geldbuße geahndet werden. Daneben bestehen folgende Ahndungen:
Bei Ordnungswidrigkeiten nach § 24 des StVG, bei denen im Bußgeldkatalog ein Regelsatz bis zu 35,00 EUR bestimmt ist, ist gemäß § 1 BKatV ein entsprechendes Verwarnungsgeld zu erheben.
Bei unbedeutenden Ordnungswidrigkeiten nach § 24 des StVG kommt gemäß § 2 Abs. 2 BKatV eine Verwarnung ohne Verwarnungsgeld in Betracht.
Ca. 95 % aller Ordnungswidrigkeiten werden im Bereich des Verkehrsrechts begangen.
Die Ordnungswidrigkeiten sind in den einzelnen Gesetzen bestimmt. Für alle Ordnungswidrigkeiten gilt das Gesetz über Ordnungswidrigkeiten, das aus drei Teilen besteht:
1. Teil: Allgemeine Vorschriften
2. Teil: Bußgeldverfahren
3. Teil: Einzelne Bußgeldtatbestände
2 Rechtswidrigkeit
Die Rechtswidrigkeit einer Ordnungswidrigkeit kann bei Vorliegen eines der folgenden Rechtfertigungsgründe entfallen:
im Ordnungswidrigkeitengesetz geregelte Rechtfertigungsgründe:
die in dem gesonderten Gesetz, dessen Rechtsnorm verletzt ist, geregelten Rechtfertigungsgründe:
Beispiel:
Die Befreiung der Fahrzeuge des Rettungsdienstes im Falle der Rettung eines Menschenlebens von den Vorschriften der StVO gemäß § 35 Abs. 5a StVO.
3 Verantwortlichkeit
Das Pendant zum Erfordernis der Schuld im Strafrecht ist im Ordnungswidrigkeitenrecht die Verantwortlichkeit.
Die Verantwortlichkeit für die Begehung einer Ordnungswidrigkeit kann aus folgenden Gründen ausgeschlossen sein:
aus den in § 12 OWiG genannten Gründen:
Der Handelnde ist noch nicht 14 Jahre alt (die Verantwortlichkeit von Jugendlichen bestimmt sich nach § 3 JGG).
Vorliegen einer seelischen Störung.
Diese erfasst auch die den Ausschluss der Verantwortlichkeit wegen einer Alkoholisierung.
Vorliegen eines entschuldigenden Notstandes
Vorliegen eines Notwehrexzesses (§ 15 Abs. 3 OWiG)
Im Falle des Ausschlusses der Verantwortlichkeit wegen einer Alkoholisierung kann die Tat bei Vorliegen der Voraussetzungen nach § 122 OWiG (Vollrausch) oder als actio libera in causa geahndet werden.
4 Rechtsfolgen
Die Begehung einer Ordnungswidrigkeit kann wie folgt geahndet werden:
mit einer Geldbuße
mit einer Verwarnung gemäß § 56 OWiG
mit der Einziehung gemäß §§ 22 ff.OWiG
mit dem Verfall gemäß § 29a OWiG
Die Einziehung von Taterträgen werden als Nebenfolgen bezeichnet.
Mit dem Verfall werden die durch die Ordnungswidrigkeit erworbenen finanziellen Vorteile abgeschöpft. Die Anordnung des Verfalls ist subsidiär zur Anordnung einer Geldbuße, mit der gemäß § 17 Abs. 4 OWiG die wirtschaftlichen Vorteile der Ordnungswidrigkeit abgeschöpft werden. Die Höhe des einzufordernden Geldbetrages ist auf das Erlangte begrenzt, d.h. nicht nur auf den Gewinn.
Mit der Einziehung werden grundsätzlich Sachen und Rechte abgeschöpft. Voraussetzung der Einziehung von Gegenständen ist, dass diese im Zeitpunkt der Entscheidung
dem Täter gehören oder zustehen
und
nach ihrer Art oder den Umständen die Allgemeinheit gefährden oder zur Begehung einer Straftat oder Ordnungswidrigkeit verwendet werden.
Die Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten unterliegt dem Opportunitätsgrundsatz. Danach unterliegt sowohl die Einleitung als auch die Beendigung eines Verfahrens dem Ermessen der Verwaltungsbehörde.
Beispiel:
Gemäß Abschnitt 3 des Runderlasses des Innenministeriums NRW über Verwarnungen durch die Polizei bei Ordnungswidrigkeiten im Bereich des Umweltschutzes soll insbesondere wenn die Umweltverschmutzung auf einer Gedankenlosigkeit beruht, eine freundliche Belehrung anstatt der Einleitung eines Bußgeldverfahrens erfolgen.
Die Ahndung der fahrlässigen Begehung einer Ordnungswidrigkeit erfordert wie im Strafrecht, dass die entsprechende Norm auch die fahrlässige Begehung der Ordnungswidrigkeit vorsieht.
5 Verjährung
Die Vorschriften über die Verjährungsfristen von Ordnungswidrigkeiten sind in den §§ 31 - 34 OWiG geregelt. Es wird zwischen der Verfolgungsverjährung und der Vollstreckungsverjährung unterschieden. Bei dem Vorliegen einer Verfolgungsverjährung ist die Durchführung eines Bußgeldverfahrens sowie die Festsetzung einer Geldbuße unzulässig. Die verschiedenen Zeiträume der in § 31 OWiG geregelten Verfolgungsverjährung bestimmen sich nach der Höhe der jeweils in der Norm festgesetzten Geldbuße.
Mit dem Eintritt einer Vollstreckungsverjährung wird gemäß § 34 OWiG die Vollstreckung einer festgesetzten Geldbuße bzw. einer sonstigen auf Geldzahlung gerichteten Nebenfolge unzulässig.
6 Rechtsschutzversicherung
Im Bereich des Leistungsumfangs im Rahmen einer Rechtsschutzversicherung wird danach unterschieden, welche Allgemeinen Rechtschutzbedingungen dem Vertrag zugrunde liegen:
Nach Abschnitt 2 ARB 2012/2008/2000 sowie den ARB 75 umfasst der Rechtsschutz die Verteidigung wegen sämtlicher Ordnungswidrigkeiten.
Nach den ARB 94 ist wie folgt zu unterscheiden:
Im Bereich der Verkehrs-Ordnungswidrigkeiten besteht grundsätzlich immer Anspruch auf die Leistungen. Erst wenn dem Versicherungsnehmer mit dem Abschluss des Verfahrens eine vorsätzliche Begehung zur Last gelegt wird, hat er dem Rechtsschutzversicherer rückwirkend die Kosten zu erstatten.
Umgekehrt verhält es sich im Bereich der sonstigen Ordnungswidrigkeiten, die sowohl vorsätzlich als auch fährlässig begangen werden können: Wird dem Versicherungsnehmer die fahrlässige Begehung vorgeworfen, so hat er von Anfang an Versicherungsschutz. Wird ihm hingegen die vorsätzliche Begehung vorgeworfen, so wird der Rechtsschutz (rückwirkend) nur dann gewährt, wenn der Vorwurf der vorsätzlichen Begehung entfallen ist.