Sachverständige
1 Begriff
Sachverständige sind Personen, die auf einem Gebiet besondere Fachkenntnisse vorweisen können. Die Aufgabe eines Sachverständigen ist es, aufgrund seiner Fachkenntnisse die anderen Personen zur Beurteilung eines Sachverhalts fehlende Sachkunde zu ersetzen und ihnen dadurch eine Entscheidungsbildung zu ermöglichen.
Zwischen den Bezeichnungen "Sachverständiger" und "Gutachter" besteht grundsätzlich kein Unterschied. Im Rahmen der gerichtlichen Beweiserhebung wird jedoch nur der Ausdruck "Sachverständiger" gebraucht. Hintergrund ist, dass die Gesetzestexte nur diese Bezeichnung verwenden.
Die Bezeichnung als Sachverständiger, Gutachter o.Ä. ist gesetzlich nicht geschützt, d.h. jeder kann sich selbst für ein Fachgebiet als Sachverständiger bezeichnen, sogenannte selbst ernannte Sachverständige.
2 Rechtsgrundlagen der Tätigkeit
Die Tätigkeit als Sachverständiger unterliegt keinen gesetzlichen Vorgaben. Auch bestehen keine Vorschriften über die Erlangung oder den Nachweis des Sachverstandes.
Der Gutachter muss als Spezialist in dem von ihm benannten Fachgebiet sachverständig sein. In den meisten Fällen sind die Kenntnisse in einem Studium oder durch eine Meisterprüfung erworben.
Lediglich die öffentliche Bestellung eines Sachverständigen ist in § 36 GewO geregelt. Bei der öffentlichen Bestellung muss der Sachverständige ggf. je nach Landesrecht ein Mindestalter vorweisen.
In den §§ 402 - 424 ZPO sind die prozessrechtlichen Vorgaben für den Sachverständigenbeweis geregelt.
3 Arten von Sachverständigen
Es bestehen verschiedene Formen von Sachverständigen, siehe insofern den Beitrag "Arten von Sachverständigen".
Die den gerichtlichen Sachverständigen betreffenden Ausführungen sind in dem Beitrag "Sachverständigenbeweis" dargestellt.
4 Tätigkeitsformen
Die Tätigkeit kann vom Umfang her hauptberuflich oder nebenberuflich ausgeübt werden. Sie kann freiberuflich oder im Angestelltenverhältnis ausgeübt werden.
5 Vergütung
Allgemein:
Die Vergütung der gerichtlich bestellten Sachverständigen richtet sich nach § 9 JVEG. i.V.m. der Anlage 1 JVEG.
Hinweis:
Seit dem 01.01.2021 ergeben sich die Stundensätze der Sachverständigenhonorare unmittelbar aus der Anlage 1 JVEG; die zusätzliche Zuordnung zu Honorargruppen ist grundsätzlich entfallen. Es bleibt dabei, dass sich die Zuordnung zu einem Sachgebiet und damit zu einem Stundensatz nach der Entscheidung über die Heranziehung richtet.
In den Fällen, in denen die Sachverständigenleistung auf einem Sachgebiet zu erbringen ist, das nicht in der Anlage 1 genannt ist, ist der Stundensatz weiterhin nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung der allgemein für Leistungen dieser Art außergerichtlich oder außerbehördlich vereinbarten Stundensätze zu bestimmen. Der Stundensatz soll jedoch maximal so hoch sein können, wie der höchste der in Anlage 1 genannten Stundensätze.
Fehlt es an einer ausdrücklichen Vereinbarung, so ist die Vergütung nach einer eventuell vorliegenden Taxe, der üblichen Vergütung gemäß § 315 BGB oder der ergänzenden Vertragsauslegung zu bestimmen (BGH 04.04.2006 - X ZR 122/05).
Mangelhafte Arbeit:
Durch eine Ergänzung in § 8a JVEG wurde die bisherige Rechtsprechung verankert (s.u.): Durch die Änderung soll klargestellt werden, dass der berechtigten Person im Falle einer mangelhaften Leistung vor einer Beschränkung des Vergütungsanspruches grundsätzlich Gelegenheit zur Nachbesserung zu geben ist. Dabei soll die heranziehende Stelle die objektiv feststellbaren Mängel benennen und dem Berechtigten unter Fristsetzung ermöglichen, diese Mängel zu beheben. Die Mängelbeseitigung wird nicht vergütet.
Die zu wählende Frist wird jeweils von den Umständen des Einzelfalls abhängen. Behebt der Berechtigte binnen der gesetzten Frist die Mängel nicht, erhält er seine Vergütung nur insoweit, als seine Leistung bestimmungsgemäß verwertet werden kann. Behebt er hingegen die Mängel, soll eine Reduzierung des Vergütungsanspruches aus diesem Grund nicht mehr in Betracht kommen.
Von einer Fristsetzung zur Mängelbeseitigung kann abgesehen werden, wenn die Leistung grundlegende Mängel aufweist, sie zum Beispiel nicht dem Auftrag der heranziehenden Stelle entspricht oder sie dieser nicht ermöglicht, die Gedankengänge des Sachverständigen nachzuvollziehen, weil nur das Ergebnis mitgeteilt wird, oder wenn offensichtlich ist, dass eine Mängelbeseitigung nicht möglich ist.
Ein Vergütungsanspruch des gerichtlich bestellten Sachverständigen ist ausnahmsweise nur dann zu verneinen, wenn das Gutachten wegen objektiv feststellbarer Mängel unverwertbar ist und der Sachverständige darüber hinaus die Unverwertbarkeit grob fahrlässig verschuldet hat. Zudem setzt die Annahme einer Unverwertbarkeit voraus, dass auch Nachbesserungen und Ergänzungen des Gutachtens den Mangel der Verwertbarkeit nicht beheben können (VGH Baden-Württemberg 27.08.2012 - 2 S 1538/12).
Schätzung der Sachverständigenkosten:
Der BGH hat für die Schätzung der Sachverständigenkosten im Rahmen der Abwicklung der Schäden nach einem Verkehrsunfall folgende Vorgaben aufgestellt:
"Für die Schätzung der für die Begutachtung des bei einem Verkehrsunfall beschädigten Fahrzeugs erforderlichen Sachverständigenkosten können geeignete Listen oder Tabellen Verwendung finden. Wenn das Gericht berechtigte Zweifel an der Eignung einer Liste hat, kann sein Ermessen hinsichtlich deren Verwendung beschränkt sein und es muss gegebenenfalls die Heranziehung einer Liste ablehnen. Der Tatrichter ist gehalten, solche Listen oder Schätzgrundlagen einer Plausibilitätskontrolle zu unterziehen" (BGH 24.10.2017 - VI ZR 61/17).
Zur Erforderlichkeit der Sachverständigenkosten:
Der Geschädigte genügt seiner Darlegungslast zur Schadenshöhe regelmäßig durch Vorlage einer Rechnung des von ihm zur Schadensbeseitigung in Anspruch genommenen Sachverständigen. Die tatsächliche Rechnungshöhe bildet bei der Schadensschätzung ein wesentliches Indiz für die Bestimmung des zur Herstellung "erforderlichen" Betrags, schlagen sich in ihr doch die besonderen Umstände des jeweiligen Einzelfalles einschließlich der - vor dem Hintergrund der subjektbezogenen Schadensbetrachtung relevanten - beschränkten Erkenntnismöglichkeiten des Geschädigten regelmäßig nieder. Bei der Beurteilung der Erforderlichkeit kommt dem Wissensstand und der Erkenntnismöglichkeiten des Geschädigten eine maßgebende Rolle zu. Ein einfaches Bestreiten der Erforderlichkeit des ausgewiesenen Rechnungsbetrages zur Schadensbehebung reicht allerdings grundsätzlich nicht aus, um die geltend gemachte Schadenshöhe infrage zu stellen (BGH 11.02.2014 - VI ZR 225/13).