Regeln der Technik
1 Begriffsbestimmung
Als anerkannte Regeln der Technik werden Regeln bezeichnet, die in der praktischen Anwendung ausgereift sind und anerkanntes Gedankengut der auf dem betreffenden Fachgebiet tätigen Personen geworden sind.
2 Abgrenzung zum Stand der Technik
Die Regeln der Technik sind von dem Stand der Technik zu unterscheiden. Dieser kennzeichnet den Entwicklungsstand von fortschrittlichen Verfahren oder Betriebsweisen, deren Eignung für die Praxis als gesichert erscheint. Der Stand der Technik spielt insbesondere im Umweltrecht als rechtlicher Maßstab für die Bewertung von Immissionen eine Rolle. Der Stand der Technik gibt daher die Möglichkeiten vor, die den derzeit besten Schutz vor Umweltverschmutzungen gewährleisten.
3 Mangelfreiheit des Werkes
Voraussetzungen der Mangelfreiheit einer erbrachten Bauleistung sind, dass
das Werk die vereinbarte Beschaffenheit hat
und
im Zeitpunkt der Abnahme den anerkannten Regeln der Technik entspricht.
Üblicherweise verspricht der Unternehmer stillschweigend bei Vertragsschluss die Einhaltung der allgemein anerkannten Regeln der Technik. Entspricht die Werkleistung diesen nicht, liegt regelmäßig ein Werkmangel vor (BGH 10.07.2014 - VII ZR 55/13, BGH 07.03.2013 - VII ZR 134/12).
4 DIN-Normen
Nach einer Entscheidung des BGH vom 14.05.1998 - VII ZR 184/97 sind DIN-Normen private technische Regelungen mit Empfehlungscharakter. Sie können die anerkannten Regeln der Technik wiedergeben, aber auch hinter diesen zurückbleiben. Hintergrund ist, dass z.B. technische Neuerungen schnell als anerkannte Regeln der Technik gelten, sie aber noch nicht in die entsprechende DIN-Norm eingefügt wurden.
Beruft sich der Werkunternehmer daher auf die Erstellung des Werkes gemäß der einschlägigen DIN-Normen, so muss der Auftraggeber nachweisen, dass die entsprechenden DIN-Normen nicht mehr dem anerkannten Stand der Technik entsprechen. Dazu ist ein Sachverständiger zu hören.
5 Maßgeblicher Zeitpunkt
Entscheidungserheblicher Zeitpunkt für die Erstellung des Werkes nach den Regeln der Technik ist die Abnahme oder - wenn diese fehlt - der Schluss der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz. Sofern keine anderweitige Beschaffenheitsvereinbarung vorliegt, gelten die Regeln der Technik als vertraglicher Mindeststandard (OLG Nürnberg 23.09.2010 - 13 U 194/08).
"Dies gilt auch bei einer Änderung der allgemein anerkannten Regeln der Technik zwischen Vertragsschluss und Abnahme" (BGH 14.11.2017 - VII ZR 65/14). Zu den Möglichkeiten des Auftragnehmers bei der Änderung während der Bausausführung siehe die Ausführungen in diesem Urteil.
6 Beweislast
Die Beweislast für das Vorliegen eines Verstoßes gegen die anerkannten Regeln der Technik obliegt dem Auftraggeber.