Unmöglichkeit der Leistung
1 Einführung
Anspruch des Leistungsschuldners zur Verweigerung der Leistung aus tatsächlichen oder rechtlichen Möglichkeiten.
Die Vorschrift des § 275 BGB findet auf alle Leistungspflichten Anwendungen, gleichgültig ob diese auf einem Vertrag, auf einem gesetzlichen Schuldverhältnis oder allgemein auf einer gesetzlichen Verpflichtung beruhen.
Hinweis:
Seit dem Inkrafttreten der Schuldrechtsreform wird im Rahmen der Pflichten des Schuldners nicht mehr zwischen anfänglicher, nachträglicher, objektiver oder subjektiver Unmöglichkeit unterschieden. Insofern wird die Regelung des § 275 BGB nicht mehr mit der Überschrift "Unmöglichkeit" sondern mit "Ausschluss der Leistungspflicht" bezeichnet.
2 Der Ausschluss der Leistungspflicht des Schuldners
§ 275 BGB beinhaltet folgende Tatbestände:
Die Vertragserfüllung ist tatsächlich unmöglich, § 275 Abs. 1 BGB:
Der Schuldner wird bei Vorliegen der Voraussetzungen automatisch von seiner Verpflichtung zur Vertragserfüllung befreit.
Unerheblich ist, ob der Schuldner die Unmöglichkeit zu vertreten hat, d.h. die Unmöglichkeit in seinen Schuldbereich fällt.
Die Vertragserfüllung ist zwar theoretisch noch möglich, aber mit unverhältnismäßigen Kosten verbunden, § 275 Abs. 2 S. 1 BGB.
Beispiel:
Die Lieferung eines Rings, der auf den Seegrund gefallen ist.
Der Aufwand zur Vertragserfüllung steht in einem groben Missverhältnis zu den Interessen des Gläubigers an der Leistung.
Der Schuldner wird nur dann von seiner Leistungspflicht befreit, wenn er sich auf die Unmöglichkeit beruft.
§ 275 Abs. 2 BGB ist dabei auch auf Leistungsansprüche aus dem Sachenrecht anwendbar (z.B. bei einem Überbau, BGH 30.05.2008 - V ZR 184/07).
Der Schuldner hat die Leistung in Person zu erbringen und die Vertragserfüllung ist ihm aufgrund eines Leistungshindernisses nicht zuzumuten, § 275 Abs. 2 S. 2 BGB.
Beispiel:
Der Sänger erfährt kurz vor dem Konzert von einem schweren Unfall seiner Ehefrau.
Auch hier wird der Schuldner nur dann von seiner Leistungspflicht befreit, wenn er sich auf die Unmöglichkeit beruft.
3 Die Ansprüche des Gläubigers
Der von den Unmöglichkeit der Vertragserfüllung betroffene Gläubiger kann folgende Ansprüche geltend machen, wobei wieder zwischen verschiedenen Formen der Unmöglichkeit zu unterscheiden ist:
Die Unmöglichkeit war bereits bei Vertragsschluss gegeben (anfängliche Unmöglichkeit):
Der Gläubiger kann Schadensersatz statt der Leistung oder Aufwendungsersatz gemäß § 311a Abs. 2 BGB verlangen. Voraussetzung ist, dass der Schuldner das zur Unmöglichkeit führende Leistungshindernis kannte bzw. ihm vorgeworfen werden kann, dass er es hätte kennen müssen.
Die Unmöglichkeit trat erst nach Vertragsschluss ein (nachträgliche Unmöglichkeit):
Der Gläubiger hat gemäß §§ 280, 283 BGB einen Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung oder auf Ersatz seiner Aufwendungsersatz. Voraussetzung ist auch hier, dass der Schuldner die Unmöglichkeit der Vertragserfüllung zu vertreten hat. Die Durchsetzung der Ansprüche wird dadurch erleichtert, dass das Verschulden des Schuldners vermutet wird.
Lieferung einer Teilleistung:
Daneben eröffnet § 281 Abs. 1 S. 2 BGB dem Gläubiger, der eine Teilleistung erhalten hat, die Möglichkeit, einen weiter gehenden Schadensersatzanspruch zu erhalten:
Der Gläubiger kann Schadensersatz statt der Leistung (großer Schadensersatzanspruch) nur geltend machen, wenn zusätzlich die Voraussetzungen des § 281 Abs. 1 S. 2 BGB vorliegen: Das Interesse des Gläubigers an der geschuldeten Leistung muss dies erfordern. Der Schuldner ist dann seinerseits berechtigt, die Teilleistung gemäß § 281 Abs. 5 BGB zurückzufordern.
Beispiel:
Der Gläubiger hat für eine Feier 200 Flaschen Wein bestellt, die sonst nicht erhältlich sind. Der Schuldner liefert 100 Flaschen, die Lieferung der restlichen Flaschen wird unmöglich. Die gelieferten 100 Flaschen reichen zur Bewirtung der Gäste nicht aus.
In diesem Fall kann der Gläubiger unter Rückgabe der 100 gelieferten Flaschen Schadensersatz statt der ganzen Leistung verlangen.