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Informationspflichten des Arbeitgebers über Arbeitsbedingungen

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 Normen 

§ 2 NachwG

BT-Drs. 20/1636

§ 611a BGB

RL 2019/1152

 Information 

1. Allgemein

Die EU hat die Richtlinie 2019/1152 über transparente und vorhersehbare Arbeitsbedingungen in der Europäischen Union über transparente und vorhersehbare Arbeitsbedingungen in der Europäischen Union erlassen. Die Inhalte sind zum 01.08.2022 u.a. in das Nachweisgesetz eingearbeitet.

Demnach hat der Arbeitgeber den Arbeitnehmer über die wesentlichen Vertragsbedingungen des Arbeitsverhältnisses gemäß § 2 NachwG innerhalb der vorgeschriebenen Frist und Form zu informieren.

2. Aufnahme der Informationspflichten in den Arbeitsvertrag?

Weiterhin hat der Nachweis nur eine deklaratorische Bedeutung, d.h. es kommt zu keinen Auswirkungen auf die Wirksamkeit der Vereinbarung.

Grundsätzlich kann der Arbeitgeber seiner Informationspflicht auch durch Aufnahme der Inhalte in den jeweiligem Arbeitsvertrag nachkommen. Jedoch sollte dies aus den folgenden Gründen nicht getan werden:

Der Nachweis nach dem Nachweisgesetz ist eine reine Wissenserklärung, der Inhalt wird nicht Bestandteil des Arbeitsvertrags und ist keine Allgemeine Geschäftsbedingung.

3. Inhalt der Nachweispflichten

Im Einzelnen muss nun insbesondere über folgende Bereiche des Arbeitsverhältnisses informiert werden:

  • Tätigkeitsbeschreibung:

    Der Verweis auf Stellenbeschreibung reicht nicht aus, diese sollte in den Nachweis mitaufgenommen werden.

  • Arbeitsort:

    Dieser ist zu nennen, bei freier Wahl, z.B. Homeoffice, dürfte dies genügen. Der Nachweis weist nur das nach, was zunächst vereinbart wurde.

  • Probezeit:

    Nur die Dauer, nicht das genaue Enddatum.

  • Arbeitsentgelt/Überstunden:

    Die nachweispflichtigen Bestandteile des Arbeitsentgelts (Zusammensetzung und Höhe einschließlich Zuschläge, Zulagen, Prämien, Sonderzahlungen etc.) einschließlich der gegebenenfalls anzugebenden Vergütung von Überstunden – sind getrennt auszuweisen und die Art der Auszahlung (beispielsweise Barauszahlung/Überweisung) ist anzugeben. Bei dem Grundgehalt reicht die Bezugnahme auf die Entgeltgruppe und die Stufe, ansonsten: Einzelnachweis nötig! Z.B. bei Jahressonderzahlung: gemäß § xy TVöD in Höhe von _ Euro.

  • Überstunden:

    Die Vergütung muss detailliert erläutert werden.

  • Arbeitszeit:

    Im Rahmen der Unterrichtung über die vereinbarte Arbeitszeit muss auch über vereinbarte Ruhepausen, vereinbarte tägliche und wöchentliche Ruhezeiten sowie bei vereinbarter Schichtarbeit zudem über das Schichtsystem (zum Beispiel Drei-Schicht-System), den Schichtrhythmus (zum Beispiel wöchentlicher Wechsel von Früh-, Spät- und Nachtschicht) und gegebenenfalls die Voraussetzungen von Schichtänderungen informiert werden

  • Kündigung und Kündigungsschutzverfahren:

    Nach dieser Regelung hat der Arbeitgeber die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer über das bei der Kündigung einzuhaltende Verfahren zu unterrichten. Die Unterrichtung hat dabei mindestens die Information über das Schriftformerfordernis für die Kündigung nach § 623 BGB sowie die für den Arbeitgeber als auch den Arbeitnehmer geltenden gesetzlichen, tarifvertraglichen oder einzelvertraglichen Kündigungsfristen zu umfassen. Sofern eine Probezeit vereinbart wurde, umfasst dies die Unterrichtung über die verkürzte Kündigungsfrist. Die Angaben über die Kündigungsfristen müssen nicht auf die zum Zeitpunkt der Aushändigung der Niederschrift bestehenden Rechte und Pflichten konkretisiert werden. Ist vertraglich eine Staffelung der Länge der Kündigungsfristen beispielsweise in Anknüpfung an die Betriebszugehörigkeit des Arbeitnehmers vereinbart, so genügt die Angabe der vereinbarten Berechnungsmodalitäten.

    Darüber hinaus hat die Unterrichtung die Information über die Frist zur Erhebung einer Kündigungsschutzklage nach § 4 KSchG zu enthalten. Auch wenn die Unterrichtung über die Klagefrist nicht ordnungsgemäß erfolgt, findet § 7 KSchG Anwendung. Damit gilt eine Kündigung auch im Fall einer nicht ordnungsgemäßen Unterrichtung über die Klagefrist als von Anfang an rechtswirksam, wenn ihre Rechtsunwirksamkeit nicht rechtzeitig geltend gemacht wird.

  • Siehe zudem die Beiträge:

4. Form und Frist des Nachweises

Die Fristen, innerhalb derer die Informationen nach dem Nachweisgesetz zur Verfügung gestellt werden müssen, sind gemäß § 2 NachwG nunmehr gestaffelt:

  • für Informationen nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 1, 7 und 8: spätestens der erste Tag der Arbeitsleistung

  • für Informationen nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 2 bis 6, 9 und 10 NachwG: spätestens der siebte Kalendertag nach dem vereinbarten Beginn des Arbeitsverhältnisses

  • für die übrigen Angaben nach Satz 2: spätestens ein Monat nach dem vereinbarten Beginn des Arbeitsverhältnisses

Dabei ist die Schriftform zu wahren, die elektronische Form ist gemäß § 2 Abs. 1 S. 3 NachwG ausgeschlossen.

5. Arbeitsrechtliche Folgen der Verletzung der Nachweispflicht

###»Kommt der Arbeitgeber mit seiner Verpflichtung aus § 2 Abs. 1 Satz 1 NachwG in der bis zum 31. Juli 2022 geltenden Fassung (im Folgenden a.F.), dem Arbeitnehmer eine Ausschluss-/Verfallfrist nachzuweisen, in Verzug, hat er nach § 280 Abs. 1 und Abs. 2, § 286 BGB dem Arbeitnehmer den dadurch adäquat-kausal verursachten Schaden zu ersetzen. Der Schadensersatzanspruch besteht in Höhe des erloschenen (Vergütungs)Anspruchs, wenn dieser nur wegen der Versäumung der Ausschlussfrist erloschen ist und er bei gesetzmäßigem Nachweis seitens des Arbeitgebers nicht untergegangen wäre. (…)

Weist der Arbeitgeber entgegen § 2 Abs. 1 Satz 1 NachwG a.F. eine Ausschluss-/Verfallfrist nicht nach, ist grundsätzlich zu vermuten, dass der Arbeitnehmer die Frist im Falle eines Hinweises beachtet hätte. (…)

Die Vermutung aufklärungsgemäßen Verhaltens reicht allerdings nicht so weit, dass angenommen werden kann, der Geschädigte hätte ihm nicht bekannte Ansprüche rechtzeitig vor Ablauf der Ausschluss-/Verfallfrist geltend gemacht. Ansprüche, die dem Arbeitnehmer nicht bekannt sind, hätte dieser auch in Kenntnis der Ausschluss-/Verfallfrist nicht rechtzeitig geltend machen können (BAG 22.09.2022 – 8 AZR 4/21).

6. Altverträge

Es besteht keine Übergangszeit, die neue Rechtslage ist seit dem 01.08.2022 auf alle neuen Arbeitsverhältnisse anwendbar.

Anwendbarkeit auf Altverträge:

Keine Anwendbarkeit der neuen Rechtslage auf Altverträge: § 5 NachwG regelt die Verpflichtung des Arbeitgebers zum Nachweis der wesentlichen Vertragsbedingungen in Fällen, in denen das Arbeitsverhältnis bereits vor dem 1. August 2022 bestanden hat. In diesen Fällen wird eine Informationspflicht des Arbeitgebers erst auf Verlangen des Nachweises seitens des Arbeitnehmers ausgelöst.

7. Sanktionen

Sofern der Arbeitgeber die Vorgaben des Nachweisgesetzes nicht erfüllt, stellt dies eine Ordnungswidrigkeit dar, die gemäß § 4 NachwG mit einer Geldbuße bis zu 2.000,00 EUR geahndet werden kann.

 Siehe auch 

Arbeitsvertrag – Rechtsanwalt

Arbeitszeit

Ausschlussfrist – Arbeitsrecht

Dienstwagen

Faktisches Arbeitsverhältnis

Praktikant

Probearbeitsverhältnis

Probezeit

Schriftformklausel – Arbeitsvertrag

Tarifvertrag

Zielvereinbarung

Dörner/Luczak/Wildschütz/Baeck/Hoß: Handbuch des Arbeitsrechts; 16. Auflage 2022

Brock: Die Neufassung des Nachweisgesetzes und ihre Folgen für den öffentlichen Dienst; Zeitschrift für das öffentliche Arbeits- und Tarifrecht – öAT 2022, 111

Preis/Schulze: Die Reform des Nachweisgesetzes; Neue Juristische Wochenschrift – NJW 2022, 2297

Vogel/Sorber: Das neue Nachweisgesetz – Umsetzungshinweise für dei Praxis; Neue Juristische Wochenschrift – NJW 2022, 3339