Grundstück
1 Allgemein
Der Grundstücksbegriff ist gesetzlich nicht definiert. Im Allgemeinen wird das Grundstück als abgegrenzter Teil der Erdoberfläche bezeichnet, der im Grundbuch bzw. im Liegenschaftskataster geführt wird.
Gemäß § 905 BGB umschließt das Recht des Eigentümers eines Grundstücks auch den Raum über der Oberfläche und den Erdkörper unter der Oberfläche.
Der Besitz an Grundstücken wird mit der Grundsteuer kommunal besteuert, siehe §§ 1 ff. GrStG. Land- und forstwirtschaftliche Flächen (§ 33 BewG) und Betriebsgrundstücke (§ 99 BewG) werden auch zu anderen Besteuerungsarten herangezogen.
Ein Sicherungsmittel eigener Art ist der Widerspruch gemäß § 899 BGB.
2 Übertragung eines Grundstücks
Die Übertragung eines Grundstücks erfordert die Einigung der Parteien (schuldrechtlich und dinglich (Auflassung), die Beurkundung und die Eintragung der Rechtsänderung in das Grundbuch. Die dabei anfallenden Kosten der notariellen Beurkundung werden üblicherweise vom Käufer getragen, der dadurch auch den Notar bestimmen kann.
Kommt es zu einer nichtrechtsgeschäftlichen Eigentumsänderung (Erbschaft, Zwangsversteigerung), so reicht gemäß § 22 GBO für die Eigentumsänderung eine Grundbuchberichtigung aus.
3 Änderungen des Grundstücks
Der Eigentümer kann ohne Veränderung der Eigentumsverhältnisse an seinem Grundstück folgende Veränderungen vornehmen:
Er kann das Grundstück gemäß § 2 Abs. 3 GBO teilen.
Er kann das Grundstück gemäß § 890 Abs. 1 BGB mit einem anderen Grundstück vereinigen.
Er kann das Grundstück gemäß § 890 Abs. 2 BGB einem anderen Grundstück zuschreiben, d.h. es wird Bestandteil eines anderen Grundstücks.
4 Bestandteile des Grundstücks
Zu dem Grundstück gehören gemäß § 94 BGB auch dessen wesentliche Bestandteile sowie gemäß § 96 BGB die mit dem Eigentum verbundenen Rechte. Dabei handelt es sich um nicht sonderrechtsfähige Rechte.
Nicht zum Grundstück gehören:
5 Gutgläubiger Erwerb
Der gutgläubige Erwerber wird gemäß §§ 892, 893 BGB geschützt. Der Anwendungsbereich des § 892 BGB erstreckt sich auf den gutgläubigen Erwerb durch eine Verfügung, der Anwendungsbereich des § 893 BGB erstreckt sich auf andere Verfügungen und Leistungen.
Der Gutglaubensschutz erstreckt sich insgesamt nicht auf:
tatsächliche und persönliche Angaben
nicht eintragbare Rechte und Belastungen
Erwerb in der Zwangsvollstreckung und kraft Gesetzes
6 Verkehrssicherungspflicht gegenüber unbefugt das Grundstück betretenden Kindern
Der Grundstückseigentümer bzw. Bauherr hat auch gegenüber unbefugt das Grundstück betretenden Kindern eine erhöhte Verkehrssicherungspflicht. Die Rechtsprechung privilegiert hier Kinder und Jugendliche, da nicht genutzte Grundstücke und Baustellen auf sie erfahrungsgemäß eine magische Anziehungskraft ausüben. Durch das Anbringen einer Schildes "Betreten der Baustelle verboten. Eltern haften für Ihre Kinder." wird die Haftung des Bauherrn nicht ausgeschlossen. Die Eltern haften gemäß der allgemeinen Grundsätze nur im Rahmen ihrer Aufsichtspflicht.
Aber die erhöhte Verkehrssicherungspflicht besteht nicht grenzenlos. Voraussetzungen der Haftung sind:
Das unbefugte Betreten des Grundstücks darf nicht unwahrscheinlich sein.
Auf dem Grundstück befindet sich eine Gefahrenquelle.
Hinweis:
Nicht ausreichend ist es, dass die Sicherung der Gefahrenquelle den öffentlich-rechtlichen Vorschriften der Gefahrenabwehr entspricht.
Der Grundstückseigentümer muss Kenntnis von der Gefahrenquelle haben.
Das Fehlverhalten der Kinder darf nicht fernliegend sein.
Die Gefahrenabwehr muss zumutbar sein.
Die Anforderungen an die Sicherung der Gefahrenquelle dürfen nicht außer Verhältnis zur drohenden Gefahr stehen.
7 Versorgungsleitungen auf dem Grundstück
7.1 Pflicht zur Duldung der Leitungen auf dem Grundstück
Bei der Frage der Pflicht des Grundstückseigentümers zur Duldung von Versorgungsleitungen auf dem Grundstück ist wie folgt zu unterscheiden:
Ist der Grundstückseigentümer selbst Kunde oder Anschlussnehmer des Versorgungsunternehmens, muss er gemäß den Regelungen in den Allgemeinen Versorgungsbedingungen (NAV Strom, NDAV Gas, AVBWasserV) grundsätzlich die unentgeltliche Nutzung seines Grundstücks dulden. Wenn eine entschädigungslose Inanspruchnahme unzumutbar ist, kann ein Ausgleichsanspruch bestehen.
Es ist dem Grundstückseigentümer dabei verwehrt, das Versorgungsunternehmen auf die Inanspruchnahme eines anderen Grundstücks zu verweisen. Voraussetzung ist aber, dass die Entscheidung im Rahmen des pflichtgemäßen Ermessens getroffen wurde.
Zur Frage der Verweisung des Versorgungsunternehmens auf die Inanspruchnahme eines öffentlichen Grundstücks hat der BGH Folgendes ausgeführt (BGH 28.04.2010 - VIII ZR 223/09):
"Der Senat hält die Auffassung für vorzugswürdig, nach der in Fällen, in denen die Inanspruchnahme von privatem und öffentlichem Grundeigentum für eine Verlegung von Elektrizitätsleitungen (...) gleichwertig möglich ist, das Auswahlermessen des Elektrizitätsversorgungsunternehmens nicht dahin eingeschränkt ist, dass es öffentliches Grundeigentum vorrangig in Anspruch zu nehmen hat. Vor einer Enteignung privater Grundstücke (...) sind zwar vorrangig Grundstücke der öffentlichen Hand in Anspruch zu nehmen, wenn der mit der Enteignung verfolgte Zweck auf ihnen ebenso gut verwirklicht werden kann. (...) Anders verhält es sich jedoch, wenn eine Inanspruchnahme privater Grundstücke die Schwelle zur Enteignung nicht erreicht. Hält sich die Duldungspflicht des privaten Grundstückseigentümers (...) noch im Rahmen der durch gesetzliche Eigentumsschranken konkretisierten Sozialbindung (...), ergibt sich (...) weder aus der Eigentumsgewährleistung des Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG noch sonst eine Verpflichtung des Elektrizitätsversorgungsunternehmens, vorrangig öffentliche Verkehrswege für die Verlegung von Leitungen für die örtliche Versorgung in Anspruch zu nehmen."
Ist der Grundstückseigentümer nicht selbst Kunde oder Anschlussnehmer, braucht er die Nutzung seines Grundstücks nicht zu genehmigen. Er hat einen Abwehranspruch.
In der Praxis wird die Nutzung oftmals gegen die Zahlung einer Entschädigung als beschränkt persönliche Dienstbarkeit vereinbart.
Weigert sich der Grundstückseigentümer, so ist ein Enteignungsverfahren einzuleiten. Voraussetzung ist, dass die Verlegung im Allgemeininteresse ist. Der Eigentümer erhält einen Ausgleich für den Wertverlust.
In den neuen Bundesländern besteht gemäß § 9 Grundbuchbereinigungsgesetz für Leitungen, die bereits am 03.10.1990 bestanden, eine gesetzlich eingerichtete und einen Wertausgleich begründende beschränkte persönliche Dienstbarkeit.
7.2 Inhaber der Wasserrohrleitungsanlage
Gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 HaftPflG ist der Inhaber einer Anlage unter anderem dann zum Schadensersatz verpflichtet, wenn durch die Wirkungen von Flüssigkeiten aus einer Rohrleitungsanlage eine Sache beschädigt wird.
Nach der Rechtsprechung ist Inhaber einer Anlage, "wer die tatsächliche Herrschaft über den Betrieb ausübt und die hierfür erforderlichen Weisungen erteilen kann (...). Bei Anschlussleitungen zu den Abnehmern einer Versorgungsanlage hängt es wesentlich von den Regelungen in den Satzungen oder Versorgungsbedingungen der Unternehmen sowie den entsprechenden gesetzlichen Bestimmungen ab, wo die Übergabestelle liegt und somit die haftungsrechtliche Verantwortlichkeit des Versorgungsunternehmens endet und die des Anschlussnehmers beginnt. (...) Der Hausanschluss beginnt an der Abzweigstelle des Verteilungsnetzes und endet an der Hauptabsperrvorrichtung, der Wasseruhr" (BGH 04.11.2021 - III ZR 249/20).
8 Betretensrecht zur Unterhaltung einer Bundesfernstraße
Eigentümer, Besitzer oder Nutzungsberechtigte von Grundstücken, die für die Durchführung von Unterhaltungsmaßnahmen einer Bundesfernstraße benötigt werden, sind gemäß dem zum 13.03.2020 neu eingefügten § 3a FStrG verpflichtet, das Betreten und die Nutzung des Grundstücks zu dulden, aber nur insoweit, wie dies zum Zwecke der Unterhaltung erforderlich ist.
Das Kriterium der Erforderlichkeit ist Ausdruck des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit und ermöglicht im Einzelfall eine angemessene Entscheidung zu treffen. Erforderlich kann nach der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 19/15626) zum Beispiel die temporäre Anlage einer Baustraße oder einer Kranaufstellfläche sein, wenn anders die Unterhaltung nicht durchgeführt werden kann oder in unzumutbarer Weise erschwert wird. § 3a FStrG erfasst nur zeitlich begrenzte Maßnahmen.