Wohnungseigentum
ZertVerwV
BT-Drs. 19/22634 (zu den im Dezember 2020 in Kraft getretenen Änderungen)
1 Allgemein
Sonderform des Eigentums.
Grundsätzlich kann Eigentum nur an Grundstücken und nicht an Gebäuden oder gar Wohnungen bestehen. Gemäß § 3 WEG können jedoch Miteigentümer eines Grundstücks ihr Miteigentum vertraglich in der Weise beschränken, dass jedem Miteigentümer ein Sondereigentum an einer bestimmten Wohnung zusteht.
Das Wohnungseigentum besteht daher aus den folgenden zwei Teilen:
Dem Sondereigentum an der Wohnung.
Dem Gemeinschaftseigentum, d.h. dem Miteigentum nach Bruchteilen an dem nicht zum Sondereigentum gehörenden Grundstück bzw. den Gebäudeteilen.
Das Sondereigentum und das Miteigentum sind gemäß § 6 WEG untrennbar miteinander verbunden. Danach kann das Sondereigentum ohne den Miteigentumsanteil weder verkauft noch belastet werden.
2 Verwaltung des Wohnungseigentums / Vertretung der Gemeinschaft
Die Zuständigkeit der Verwaltung des Wohnungseigentums ist wie folgt aufgeteilt:
Die Wohnungseigentümer beschließen in der Wohnungseigentümerversammlung eine ordnungsmäßige Verwaltung und Benutzung soweit die Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums und die Benutzung des gemeinschaftlichen Eigentums und des Sondereigentums nicht durch Vereinbarung der Wohnungseigentümer geregelt sind.
Diese Beschlüsse werden durch den WEG-Verwalter ausgeführt, er übernimmt Aufgaben und Pflichten der Wohnungseigentümer.
Der WEG-Verwalter vertritt gemäß § 9b WEG die Wohnungseigentümer gerichtlich und außergerichtlich. Wenn kein WEG-Verwalter bestellt ist, wird die Gemeinschaft gemäß § 9b Abs. 1 S. 2 WEG durch die Wohnungseigentümer gemeinschaftlich vertreten. Dies gilt auch dann, wenn die Gemeinschaft gegen ein Mitglied der Gemeinschaft klagt:
"Hat die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer keinen Verwalter, so wird sie bei einer gegen einzelne Wohnungseigentümer gerichteten Klage durch die übrigen Wohnungseigentümer gemeinschaftlich vertreten. Verbleibt nur ein Wohnungseigentümer, der keinem Vertretungsverbot unterliegt, vertritt er den klagenden Verband allein" (BGH 16.09.2022 - V ZR 180/21).
Der Verwaltungsbeirat überwacht die Arbeit des WEG-Verwalters und unterstützt ihn bei der Ausführung der Beschlüsse der Wohnungseigentümer.
3 Reform des WEG
Das WEG wurde grundlegend reformiert. Die Änderungen sind am 01.12.2020 in Kraft getreten. Die Schwerpunkte der Reform liegen in folgenden Aspekten:
Jede Wohnungseigentümer hat im Grundsatz einen Anspruch darauf, dass ihm auf seine Kosten der Einbau einer Lademöglichkeit für ein Elektrofahrzeug, der barrierefreie Aus- und Umbau sowie Maßnahmen des Einbruchsschutzes und zum Glasfaseranschluss gestattet werden.
Auch jeder Mieter hat im Grundsatz einen Anspruch darauf, dass ihm auf seine Kosten der Einbau einer Lademöglichkeit für ein Elektrofahrzeug, der barrierefreie Aus- und Umbau sowie Maßnahmen des Einbruchsschutzes gestattet werden.
Die Beschlussfassung über bauliche Veränderungen der Wohnanlage wurde vereinfacht werden, insbesondere für Maßnahmen, die zu nachhaltigen Kosteneinsparungen führen oder die Wohnanlage in einen zeitgemäßen Zustand versetzen.
Die Rechte von Wohnungseigentümern wurden erweitert, insbesondere indem das Recht auf Einsichtnahme in die Verwaltungsunterlagen im Gesetz festgeschrieben und ein jährlicher Vermögensbericht des Verwalters eingeführt wird, der über die wirtschaftliche Lage der Gemeinschaft Auskunft gibt.
Auch die Möglichkeit, sich von einem Verwalter zu trennen, in den die Wohnungseigentümer das Vertrauen verloren haben, wurde erleichtert.
Die Wohnungseigentümerversammlung wurde als zentraler Ort der Entscheidungsfindung aufgewertet, indem die Ladungsfrist verlängert und Hürden für die Beschlussfähigkeit beseitigt werden. Zugleich wurde es Wohnungseigentümern ermöglicht, die Chancen der Digitalisierung zu nutzen, insbesondere indem die Online-Teilnahme an Versammlungen und die elektronische Beschlussfassung gestattet werden.
Der Verwaltungsbeirat wurde gestärkt, indem seine Zusammensetzung flexibilisiert und die Haftung seiner Mitglieder beschränkt werden.
Die volle Rechts- und Prozessfähigkeit der Gemeinschaft wurde gesetzlich festgeschrieben.
4 Begründung von Wohnungseigentum
Die Begründung des Wohnungseigentums kann gemäß §§ 3, 8 WEG entweder durch Vertrag zwischen den bisherigen Miteigentümern des Grundstücks oder durch Teilung eines im Alleineigentum stehenden Grundstücks erfolgen.
Im Übrigen sind die Vorgaben eines Grundstückskaufvertrages zu beachten.
5 Rechtsverhältnisse der Wohnungseigentümer untereinander
Die Rechtsverhältnisse der Wohnungseigentümer untereinander bestimmen sich nach den Vorgaben des Wohnungseigentumsgesetzes. Gemäß § 14 WEG können die Wohnungseigentümer den Gebrauch des Sondereigentums sowie des gemeinschaftlichen Eigentums durch eine Vereinbarung (Gemeinschaftsordnung) regeln. Jeder Wohnungseigentümer kann über seinen Anteil durch Belastung oder Übertragung verfügen. Auch die Einrichtung eines Wohnungs-Erbbaurechtes ist möglich.
§ 14 Abs. 2 Nr. 1 WEG begründet die Pflicht jedes Wohnungseigentümers, fremdes Sondereigentum nicht durch ein Verhalten zu beeinträchtigen, das den Vereinbarungen oder Beschlüssen widerspricht. Soweit entsprechende Vereinbarungen und Beschlüsse fehlen, ist jeder Wohnungseigentümer verpflichtet, Beeinträchtigungen zu unterlassen, aus denen einem anderen Wohnungseigentümer ein Nachteil erwächst, der über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinausgeht.
6 Untergemeinschaften
Gemäß § 10 Abs. 1 Satz 2 WEG können in Mehrhausanlagen durch Vereinbarung weitgehend verselbständigte Untergemeinschaften gebildet werden (st. Rspr. so u.a. BGH 10.11.2017 - V ZR 184/16).
Der BGH hat in der Frage, ob die auf diese Weise gebildeten Untergemeinschaften über "ihre" Angelegenheiten eigenständig abrechnen dürfen, seine Rechtsprechung wie folgt geändert (BGH 16.07.2021 - V ZR 163/20):
"Richtigerweise muss auch dann, wenn nach der Gemeinschaftsordnung einer Mehrhausanlage Untergemeinschaften in eigener Zuständigkeit nach dem Vorbild selbständiger Eigentümergemeinschaften über die Lasten und Kosten entscheiden, für die Wohnungseigentümergemeinschaft eine einheitliche Jahresabrechnung erstellt und beschlossen werden."
7 Vermietung des Wohnungseigentums
Bei der Vermietung des Sondereigentums kann es zu Konflikten zwischen dem Mieter und den sonstigen Wohnungseigentümern kommen. Hintergrund ist, dass oftmals nach dem Mietrecht bzw. den Vereinbarungen des Mietvertrages zwischen dem Mieter und dem Wohnungseigentümer Nutzungen etc. erlaubt sind, die gegen die Gemeinschaftsordnung verstoßen. In diesen Fällen haben die restlichen Wohnungseigentümer gemäß § 15 WEG einen Unterlassungsanspruch gegen den gegen die Gemeinschaftsordnung verstoßenden Mieter. Der Mieter kann ggf. Schadensersatzansprüche gegen den Wohnungseigentümer, seinen Vermieter, geltend machen.
Ansprüche der Wohnungseigentümergesellschaft:
Dabei ist die Wohnungseigentümergemeinschaft berechtigt, Beseitigungs- oder Unterlassungsansprüche wegen Störungen des Gemeinschaftseigentums an sich zu ziehen und ist dann allein zuständig für die gerichtliche Geltendmachung gegenüber dem Dritten:
"Die Wohnungseigentümer haben gegen den Mieter einer Sondereigentumseinheit, der bei der Nutzung des Gemeinschaftseigentums gegen eine von den Eigentümern vereinbarte oder beschlossene Gebrauchsregelung verstößt, einen Unterlassungsanspruch aus § 1004 Abs. 1 BGB" (BGH 25.10.2019 - V ZR 271/18).
8 Rechtsfähigkeit
§ 9a WEG regelt die Rechts- und Prozessfähigkeit der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer.
9 Haftung
Die Wohnungseigentümer haften gemäß § 9a Abs. 4 WEG in Höhe des Verhältnisses ihres Miteigentumsanteils, d.h. als Teilschuldner. Die Haftungsbeschränkung gilt für Verbindlichkeiten, die während der Zugehörigkeit zur Gemeinschaft entstanden oder fällig geworden sind. Die Haftung für die Zeit nach dem Verkauf des Wohnungseigentums bestimmt sich nach § 160 HGB.
Eine gesamtschuldnerische Haftung der einzelnen Wohnungseigentümer neben der Haftung der Wohnungseigentümergemeinschaft kommt nur in Betracht, wenn sich der Wohnungseigentümer eindeutig auch persönlich verpflichten wollte.
10 Zivilprozess
Die Verfahrensvorschriften wurden mit der Reform des WEG zum 01.12.2020 vollständig neu gefasst. § 43 WEG enthält dabei Vorschriften zur gerichtlichen Zuständigkeit. § 44 WEG befasst sich mit den Besonderheiten der Beschlussklagen im Allgemeinen, § 45 WEG mit den Fristen der Anfechtungsklage.
Streitwert bei einer Klage auf Zahlung WEG-Hausgelder:
Der Streitwert beträgt gemäß § 48 Abs. 1 S. 1 GKG den 3,5-fachen Jahresbeitrag des Hausgeldes (LG Karlsruhe 08.07.2022 - 11 T 42/22).