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Grundstück - wesentliche Bestandteile

 Normen 

§§ 94, 95 BGB

 Information 

1. Allgemein

Teile des Grundstücks im rechtlichen Sinne.

Bei zu einem Grundstück gehörenden Gegenständen etc. sind folgende Formen zu unterscheiden:

  • Wesentliche Bestandteile

  • Scheinbestandteile

  • Bestandteile

  • Zubehör

2. Definition

Nach der gesetzlichen Definition des § 94 BGB sind wesentliche Bestandteile eines Grundstücks die mit dem Grund und Boden fest verbundenen Sachen. Das Gesetz nennt als Beispiel Gebäude und mit dem Boden zusammenhängende Erzeugnisse des Grundstücks.

Die Abgrenzung erfolgt gemäß § 93 BGB danach, ob jede Einzelsache nach einer Trennung für sich brauchbar bliebe. Unerheblich ist, ob ein abgetrennter Bestandteil allein nicht funktionsfähig ist, wenn dieser in gleicher oder in ähnlicher Weise in eine andere Anlage integriert werden und damit wieder seine Funktion erfüllen kann (BGH 11.11.2011 - V ZR 231/10).

Bestand von vornherein die Absicht, nach dem Vertragsende mit Einverständnis des Eigentümers den Gegenstand auf dem Grundstück zu lassen, so wird er unmittelbar wesentlicher Bestandteil.

Beispiele für wesentliche Bestandteile eines Grundstücks bzw. Gebäudes sind:

  • Bäume

  • Schwimmbecken

  • Gartengewächshaus bzw. Gartenhaus

  • Garage

Der BGH hat die Frage, ob eine Freiland-Photovoltaik-Anlage ein wesentlicher Bestandteil eines Grundstücks ist, wie folgt beantwortet (BGH 22.10.2021 - V ZR 69/20):

"Gebäude i.S.v. § 94 BGB sind zwar auch andere größere Bauwerke, deren Beseitigung eine dem (Teil-)Abriss eines Gebäudes im engeren Sinne vergleichbare Zerschlagung wirtschaftlicher Werte bedeutete. Ein Bauwerk setzt in diesem Zusammenhang aber regelmäßig etwas mit klassischen Baustoffen "Gebautes" von solcher Größe und Komplexität voraus, dass die Beseitigung die Zerstörung oder wesentliche Beschädigung und den Verlust der Funktionalität der Sache zur Folge hätte. Eine Freiland-Photovoltaikanlage stellt jedenfalls dann, wenn sie aus einer gerüstähnlichen Aufständerung aus Stangen oder Schienen sowie darin eingesetzten Photovoltaikmodulen besteht, kein Gebäude i.S.v. § 94 BGB dar."

Gebäude sind wesentliche Bestandteile von Grundstücken, somit sind die wesentlichen Bestandteile des Gebäudes auch wesentliche Bestandteile des Grundstücks. Zudem stellt § 94 Abs. 2 BGB fest, dass die zur Herstellung des Gebäudes eingefügten Sachen wesentliche Bestandteile des Gebäudes sind. Zur Herstellung sind z.B. eingefügt:

  • Fenster und Türen

  • Heizungsanlage

Eine Einbauküche ist kein wesentlicher Bestandteil eines Gebäudes, ggf. ist sie Zubehör (BGH 20.11.2008 - IX ZR 180/07).

3. Scheinbestandteile

Scheinbestandteile sind gemäß § 95 BGB Bestandteile eines Grundstücks, die jedoch nur vorübergehend mit dem Grundstück verbunden sind. In der Praxis sind dies insbesondere von dem Mieter oder Pächter eingebaute Bestandteile. Aber:

Die grundsätzlich zugunsten eines Mieters bestehende Vermutung, dass die Verbindung von ihm eingebrachter Anlagen regelmäßig nur zu einem vorübergehenden Zweck erfolgt, kann für Pflanzen nicht uneingeschränkt angewandt werden, da diese nach einigen Jahren nicht mehr ohne Schwierigkeiten und Risiken für ihren Bestand zu entfernen sind. Das Umpflanzen von Gehölzen ist dann nur mit großem Aufwand und von einem Fachmann durchführbar und birgt auch dann noch das Risiko, dass sie am neuen Standort nicht wieder anwachsen (LG Detmold 26.03.2014 - 10 S 218/12).

"Eine Verbindung nur zu einem vorübergehenden Zweck ist nicht deshalb ausgeschlossen, weil die Sache für ihre gesamte (wirtschaftliche) Lebensdauer auf dem Grundstück verbleiben soll." (BGH 07.04.2017 - V ZR 52/16). Demnach kann auch eine Windkraftanlage als Scheinbestandteil eingestuft werden.

4. Rechtliche Folgen

Rechtliche Folgen sind:

  • Wesentliche Bestandteile sind nicht sonderrechtsfähig: Dingliche Rechtsänderungen des Grundstücks erstrecken sich stets auch auf die wesentlichen Bestandteile. Diese Rechtsfolge kann nicht von den Parteien abgeändert werden bzw. eine Vereinbarung hätte keine dingliche, sondern nur eine schuldrechtliche Wirkung.

  • Auch die beschränkt dinglichen Rechte schließen die wesentlichen Bestandteile mit ein.

Nicht wesentliche Bestandteile des Grundstücks nehmen grundsätzlich ebenfalls teil an der rechtlichen Situation des Grundstücks, jedoch können hier die Parteien andere Vereinbarungen auch mit einer dinglichen Wirkung treffen.

 Siehe auch 

Auflassung

Bewertung

Grundbuch

Grundstück

Grundstück - Zubehör

Grundpfandrechte

Grundstückskaufvertrag

Immobilienwertermittlung

Sachenrechtsbereinigung

BGH 08.02.2013 - V ZR 238/11 (Rauchwarnmelder wesentliche Bestandteile oder Zubehör)

BGH 15.02.2008 - V ZR 222/06 (verschachtelte Bauweise)

Elsin: Immobilienkaufvertrag: Mitverkaufte Gegenstände (Zubehör, wesentliche Bestandteile); Zeitschrift für Rechtsanwalts- und Notariatsangestellte - RENOpraxis 2015, 199

Krauß: Immobilienkaufverträge in der Praxis; 10. Auflage 2023

Lemke: Grundbuchordnung.GBO. Kommentar; 3. Auflage 2022

Schreiber: Der Eigentumserwerb an Grundstücksbestandteilen; Juristische Arbeitsblätter - JA 2006, 113

Wietfeld: Der maßgebliche Zeitpunkt zur Beurteilung der Wesentlichkeit von Bestandteilen; Neue Juristische Wochenschrift - NJW 2022, 1273