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Grunderwerbsteuer

 Normen 

GrEStG

BT-Drs. 19/13437 (zu den am 01.07.2021 in Kraft getretenen Änderungen)

Art. 105 Abs. 2a GG

 Information 

1. Begriff der Grunderwerbsteuer

Die Grunderwerbsteuer ist eine Steuer, die einmalig beim Erwerb eines Grundstücks erhoben wird. Voraussetzung ist eine Grunderwerbsteuerpflicht gemäß dem Grunderwerbsteuergesetz.

Steuerschuldner sind bei einem Grundstückskaufvertrag der Käufer und der Verkäufer als Gesamtschuldner. Jedoch wird in den meisten Grundstückskaufverträgen vereinbart, dass der Käufer die Zahlung alleinig übernimmt. Eine derartige Vereinbarung ist jedoch für das Finanzamt nicht bindend. Falls mehrere Personen Erwerber der Immobilie sind, z.B. ein Ehepaar, wird die Grunderwerbsteuer entsprechend aufgeteilt.

Der Grunderwerbsteuer unterliegen nur inländische Grundstücke. Das sind in erster Linie:

  • unbebaute Grundstücke, Gebäude

  • Anteile an Grundstücken (Miteigentumsanteile, z.B. bei mehreren Eigentümern)

  • Eigentumswohnungen

  • Erbbaurecht

  • Gebäude auf fremdem Grund und Boden

Hinweis:

Die Entrichtung der Grunderwerbsteuer ist auf besondere Weise sichergestellt: Für die Eintragung des Eigentumswechsels im Grundbuch ist eine Unbedenklichkeitsbescheinigung des Finanzamtes erforderlich (§ 22 GrEStG). Diese Bescheinigung wird aber nur dann ausgestellt, wenn die Grunderwerbsteuer auch tatsächlich gezahlt wird.

2. Berechnung

2.1 Steuersatz

Der Steuersatz beträgt gemäß § 11 GrEStG grundsätzlich einheitlich 3,5 %. Aber die Bundesländer können einen abweichenden Steuersatz festlegen. Rechtsgrundlage ist Art. 105 Abs. 2a GG.

Von dieser Möglichkeit haben bis auf Bayern und Sachsen (Stand: Juni 2021) wie folgt alle Bundesländer Gebrauch gemacht:

  • In Baden-Württemberg beträgt der Steuersatz seit dem 01.01.2012 5 %.

  • In Berlin beträgt der Steuersatz seit dem 01.01.2014 6 %.

  • In Brandenburg beträgt der Steuersatz seit dem 01.07.2015 6,5 %.

  • In Bremen beträgt der Steuersatz seit dem 01.01.2014 5 %.

  • In Hamburg beträgt der Steuersatz seit dem 01.01.2009 4,5 % (§ 1 GrEStFestsG).

  • In Hessen beträgt der Steuersatz seit dem 01.08.2014 6 %.

  • In Mecklenburg-Vorpommern beträgt der Steuersatz seit dem 01.07.2019 6 %.

  • In Niedersachsen beträgt der Steuersatz seit dem 01.01.2014 5 %.

  • In Nordrhein-Westfalen beträgt der Steuersatz seit dem 01.01.2015 6,5 %.

  • In Rheinland Pfalz beträgt der Steuersatz seit dem 01.03.2012 5 %.

  • Im Saarland beträgt der Steuersatz seit dem 01.01.2015 6,5 %.

  • In Sachsen-Anhalt beträgt der Steuersatz seit dem 01.03.2012 5 % (§ 1 GrEStFG).

  • In Schleswig-Holstein beträgt der Steuersatz seit dem 01.01.2014 6,5 %.

  • In Thüringen beträgt der Steuersatz seit dem 01.01.2017 6,5 %.

2.2 Bemessungsgrundlage

§ 8 Abs. 1 GrEStG: Wert der Gegenleistung:

Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer ist der Wert der Gegenleistung für die Grundstücksübertragung. Das ist regelmäßig der zwischen den Parteien vereinbarte Kaufpreis.

Beispiel:

Wer ein Einfamilienhaus oder eine Wohnung für 250.000,00 EUR inklusive Grundstück erwirbt, bezahlt 8.750,00 EUR Grunderwerbsteuer. Herausgerechnet werden können die nachweisbaren Kosten für Einbaumöbel (z.B. Sauna) und Einbauküchen.

Der Kaufpreis ist regelmäßig auch dann maßgebend, wenn er ungewöhnlich niedrig ist. Kann der Kaufpreis nicht exakt bestimmt werden, ist er ggf. zu schätzen. Bei unangemessener Gegenleistung ergeben sich im Regelfall steuerliche Kompensationsansprüche bei der Schenkungsteuer oder den Ertragsteuern.

Grundsätzlich bestimmt sich der Wert der Gegenleistung nach dem zivilrechtlichen Verpflichtungsgeschäft. Zur Gegenleistung zählen daher neben dem tatsächlich gezahlten Kaufpreis die Übernahme von Schulden, die auf dem Grundstück lasten, Zahlungen an Dritte, damit diese auf den Ihnen zustehenden Erbteil verzichten, sowie Entschädigung im Falle der Enteignung. Bei Erbbaurechten ist der kapitalisierte Wert der Erbbauzinsen zugrunde zu legen.

Ergibt sich aus weiteren Vereinbarungen, die mit diesem Rechtsgeschäft in einem rechtlichen oder zumindest objektiv sachlichen Zusammenhang stehen, dass der Erwerber das Grundstück in bebautem Zustand erhält, bezieht sich der grunderwerbsteuerrechtliche Erwerbsvorgang auf diesen einheitlichen Leistungsgegenstand (BFH 23.08.2006 - II R 43/04).

Ein solcher sachlicher Zusammenhang zwischen den Verträgen ist gegeben, wenn der Erwerber im Zeitpunkt des Abschlusses des Grundstückskaufvertrags in seiner Entscheidung über das "Ob" und "Wie" der Baumaßnahme gegenüber der Veräußererseite nicht mehr frei war und deshalb feststand, dass er das Grundstück nur in einem bestimmten (bebauten) Zustand erhalten würde (Bauträgerkaufvertrag).

§ 8 Abs. 2 GrEStG: Grundbesitzwert:

In den in § 8 Abs. 2 Nrn. 1 - 4 GrEStG aufgeführten Fällen wird die Steuer nach dem Grundbesitzwert bemessen.

Mit der zum 01.07.2021 neu eingefügten Nummer 4 wird eine Gesetzeslücke geschlossen:

Durch eine Gestaltung im Nachgang von Share Deals konnte durch Umwandlungsvorgänge eine hohe Grunderwerbsteuerbelastung erheblich reduziert werden, wenn im ertragsteuerrechtlichen Rückwirkungszeitraum die Gesellschaftsgrundstücke zu einem unter dem Verkehrswert liegenden Kaufpreis veräußert wurden. In diesen Fällen erfolgte keine Besteuerung nach anderen Steuerarten. Würden die Gesellschaftsgrundstücke ohne Veräußerung im Rahmen des Umwandlungsvorgangs übergehen, wäre Grunderwerbsteuer auf den Grundbesitzwert zu erheben. Die neue Vorschrift sieht in solchen Fällen eine Besteuerung nach dem Grundbesitzwert vor. Die Neuregelung wird auf die Fälle beschränkt, in denen Grundstücke im ertragsteuerrechtlichen Rückwirkungszeitraum im Sinne von §§ 2, 20 Absatz 6 und § 24 Absatz 4 UmwStG veräußert werden.

2.3 Rückerwerb

Erwirbt der Veräußerer das Eigentum an dem veräußerten Grundstück zurück, so wird gemäß § 16 Abs. 2 Nr. 1 GrESt auf Antrag sowohl für den Rückerwerb als auch für den vorausgegangenen Erwerbsvorgang die Steuer nicht festgesetzt oder die Steuerfestsetzung aufgehoben, wenn u.a. der Rückerwerb innerhalb von zwei Jahren seit der Entstehung der Steuer für den vorausgegangenen Erwerbsvorgang stattfindet.

Der BFH hat den Anwendungsbwereich erweitert (BFH 20.02.2019 - II R 27/16):

"Wie sich mittelbar aus § 16 Abs. 5 GrEStG ergibt, ist die Vorschrift über ihren Wortlaut hinaus auch auf Erwerbsvorgänge nach § 1 Abs. 2, 2a und 3 GrEStG anwendbar."

3. Befreiung von der Grunderwerbsteuer

Gemäß der in § 4 GrESt angefügten Nr. 8 entfällt bei dem Erwerb eines Grundstücks von der öffentlichen Hand die Pflicht zur Zahlung der Grunderwerbsteuer, wenn das Grundstück im Rahmen einer Public Private Partnership für einen öffentlichen Dienst oder Gebrauch benutzt wird und die Rückübertragung des Grundstücks am Ende des Vertragszeitraums vereinbart wurde.

4. Änderungen des Grunderwerbsteuerrechts

Zum 01.07.2021 wurde das Grunderwerbsteuerrecht reformiert. Hintergrund war, dass es besonders im Bereich hochpreisiger Immobilien-Transaktionen immer wieder gelang, durch gestalterische Maßnahmen die Grunderwerbsteuer zu vermeiden. Die hiermit einhergehenden Steuermindereinnahmen waren von erheblicher Bedeutung. Ziel des Reformen war deshalb die Eindämmung missbräuchlicher Steuergestaltungen in der Grunderwerbsteuer durch verschiedene Einzelmaßnahmen:

  • Absenkung der 95 %-Grenze in den Ergänzungstatbeständen auf 90 %

  • Einführung eines neuen Ergänzungstatbestands zur Erfassung von Anteilseignerwechseln in Höhe von mindestens 90 % bei Kapitalgesellschaf-ten

  • Verlängerung der Fristen von fünf auf zehn Jahre

  • Anwendung der Ersatzbemessungsgrundlage auf Grundstücksverkäufe im Rückwirkungszeitraum von Umwandlungsfällen

  • Verlängerung der Vorbehaltensfrist in § 6 GrEStG) auf 15 Jahre

  • Aufhebung der Begrenzung des Verspätungszuschlags

 Siehe auch 

Bewertung

Grundstückskaufvertrag

BFH 02.03.2016 - II R 27/14 (Bemessungsgrundlage beim Erwerb einer Eigentumswohnung im Wege der Zwangsversteigerung)

BFH 16.02.2011 - II R 48/08 (Grunderwerbsteuerpflicht der Verpflichtung einer GbR zur Abtretung eines Übereignungsanspruchs auf eine andere (weitgehend) personenidentische GbR)

BFH 11.06.2008 - II R 58/06 (Übertragung des Grundstücks durch Personengesellschaft an Gesellschafter und dessen Ehefrau)

EuGH 27.11.2008 - C 156/08 (Berücksichtigung von der Umsatzsteuer unterliegenden Bauleistungen bei der Grunderwerbsteuer kein Verstoß gegen das Doppelbesteuerungsverbot)

Förster/Herrler: Gesetzliches Rücktrittsrecht des Verkäufers bei Nichtzahlung der Gunderwerbsteuer durch den Käufer?; Neue Juristische Wochenschrift - NJW 2010, 2090

Gottwald: Grunderwerbsteuer; Leitfaden für die Praxis, 5. Auflage 2015

Peppersack: Grunderwerbsteuer bei Public Private Partnerships (PPP); Betriebs-Berater - BB 2008, 640

Schiessl/Riegel: Schuldner der Grunderwerbsteuer bei Share Deals mit mehreren Erwerbern; Der Betrieb - DB 2011, 1411

Schmitt-Homann: Grunderwerbsteuer: Die 95 %-Grenze - "Durchrechnung" oder "Alles-oder-Nichtsbetrachtung" zur Ermittlung der Beteiligungshöhe?; Betriebs-Berater - BB 2010, 2276