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Kündigungsschutzklage

Normen

§§ 1 ff. KSchG

Information

1 Allgemein

Klage auf Feststellung der Sozialwidrigkeit einer Kündigung, die dem Kündigungsschutzgesetz unterliegt.

Die Sozialwidrigkeit der Kündigung eines Arbeitsverhältnisses, für das Kündigungsschutz besteht, kann mit der Einreichung einer Kündigungsschutzklage überprüft werden. Die Kündigungsschutzklage ist eine besondere Form der Feststellungsklage.

Daneben ist es dem Arbeitnehmer nach der ständigen Rechtsprechung des BAG (zuletzt BAG 12.05.2005 - 2 AZR 426/04) unbenommen, eine allgemeine Feststellungsklage auf Feststellung des Fortbestands des Arbeitsverhältnisses zu unveränderten Bedingungen über den Kündigungstermin hinaus zu erheben.

Beide Anträge können nach § 260 ZPO in einer Klage verbunden werden.

Kläger- und Beklagte eines Kündigungsschutzverfahrens können vor dem Arbeitsgericht den Prozess selbst führen.

2 Form und Frist

2.1 Klagefrist allgemein

Die Kündigungsschutzklage ist gemäß § 4 KSchG innerhalb der Klagefrist von drei Wochen nach Zugang der Kündigung einzureichen.

Diese Klagefrist gilt gemäß §§ 4, 13 KSchG auch für Kündigungen, die aus anderen als den in § 1 Abs. 1 KSchG aufgeführten Gründen unwirksam sind.

2.1.1 Klagefrist bei fehlender Schriftform

Die dreiwöchige Klagefrist ist nicht zu beachten, wenn die Kündigung nicht in der erforderlichen Schriftform erteilt wurde. Dies ergibt sich aus dem Wortlaut des § 4 KSchG.

2.1.2 Klagefrist bei behördlichem Zustimmungserfordernis

Auch ein Verstoß der Kündigung gegen ein gesetzliches Verbot wie § 17 Abs. 1 MuSchG muss innerhalb der Frist des § 4 KSchG gerichtlich geltend gemacht werden, wobei mit Zugang der Kündigung die Klagefrist des § 4 KSchG anläuft (BAG 19.02.2009 - 2 AZR 286/07).

Lag bei dem Ausspruch der Kündigung die behördliche Zustimmung noch nicht vor, so beginnt die dreiwöchige Frist erst mit dem Zugang der Entscheidung an den Arbeitnehmer.

2.1.3 Klagefrist bei einer Kündigung durch einen Vertreter ohne Vertretungsmacht

Bei einer ohne Vollmacht oder von einem Nichtberechtigten erklärten Kündigung liegt keine Kündigung des Arbeitgebers vor. Eine ohne Billigung (Vollmacht) des Arbeitgebers ausgesprochene Kündigung ist dem Arbeitgeber erst durch eine (nachträglich) erteilte Genehmigung zurechenbar. Die dreiwöchige Klagefrist kann deshalb frühestens mit Zugang der Genehmigung des Arbeitgebers beim Arbeitnehmer zu laufen beginnen (BAG 06.09.2012 - 2 AZR 858/11, BAG 26.03.2009 - 2 AZR 403/07).

2.2 Nachträgliche Zulassung

Jedoch kann die Klage gemäß § 5 KSchG nachträglich zugelassen werden, wenn der Arbeitnehmer trotz aller ihm nach Lage der Umstände zuzumutenden Sorgfalt verhindert war, die Klage innerhalb der Drei-Wochen-Frist zu erheben.

Der Antrag auf nachträgliche Zulassung muss die diese Voraussetzungen begründenden Tatsachen sowie die Mittel für die Glaubhaftmachung enthalten. Auch ist gleichzeitig die Klage einzureichen.

Möglich ist die Geltendmachung einer Geschäftsunfähigkeit. Aber: Da eine krankhafte Störung der Geistestätigkeit die Ausnahme und eine natürliche Person solange als unbeschränkt geschäftsfähig anzusehen ist, bis das Gegenteil dargetan und ggf. bewiesen ist, muss der Kläger Tatsachen und Umstände für einen seine freie Willensbestimmung ausschließenden Zustand krankhafter Störung seiner Geistestätigkeit substanziiert darlegen. Die Gerichte müssen durch einen entsprechenden Vortrag in die Lage versetzt werden zu beurteilen, ob der Betreffende sich in einer Situation befunden hat, in der er dauerhaft nicht mehr imstande gewesen ist, seinen Willen frei und unbeeinflusst von einer vorliegenden Geistesstörung oder -schwäche zu bilden und nach zutreffend gewonnenen Einsichten zu handeln. Eine bloße Willensschwäche genügt insoweit nicht (BAG 28.01.2010 - 2 AZR 985/08).

Aber auch der Antrag auf nachträgliche Zulassung ist befristet: Er kann nur innerhalb von zwei Wochen nach Behebung des Hindernisses bzw. sechs Monaten nach dem Ende der versäumten Frist eingereicht werden.

Mit der Entscheidung BAG 11.12.2008 - 2 AZR 472/08 hat das Bundesarbeitsgericht die lang umstrittene Frage bejaht, ob das Verschulden des Prozessbevollmächtigten der Partei zuzurechnen ist.

3 Örtliche Zuständigkeit

Die Klage muss bei dem örtlich zuständigen Arbeitsgericht eingereicht werden.

4 Klageantrag und Streitgegenstand

4.1 Allgemein

Streitgegenstand ist grundsätzlich eine bestimmte Kündigung. Hat der Arbeitgeber mehrere Kündigungen ausgesprochen, so muss grundsätzlich jede mit einer fristgemäßen Kündigungsschutzklage angegriffen werden.

Aber: Nach dem erweiterten punktuellen Streitgegenstandsbegriff des BAG steht mit dem der Klage stattgebenden Urteil zugleich fest, dass das Arbeitsverhältnis vor oder bis zu diesem Termin auch nicht aufgrund irgendeines anderen Umstands sein Ende gefunden hat. Die einem Antrag nach § 4 KSchG stattgebende Entscheidung enthält zugleich die Feststellung, dass zum vorgesehenen Auflösungszeitpunkt ein Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien noch bestanden hat. Der Arbeitgeber kann sich dann in einem späteren Prozess nicht darauf berufen, das Arbeitsverhältnis sei bereits zuvor aufgrund anderer Beendigungstatbestände aufgelöst worden. Wenn der Arbeitgeber diese Rechtsfolge vermeiden will, muss er einen anderen - etwa in den Lauf der Kündigungsfrist fallenden - Beendigungstatbestand von sich aus in den Kündigungsrechtsstreit einzuführen (BAG 26.09.2013 -2 AZR 682/12).

Hintergrund ist, dass das Gericht in dem Kündigungsschutzverfahren über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu dem in der Kündigung genannten Termin entscheidet. Die Erweiterung der Prüfung des Gerichts über den Bestand des Arbeitsverhältnisses im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung kann durch eine Verknüpfung mit einem allgemeinen Feststellungsantrag erreicht werden (BAG 18.12.2014 - 2 AZR 163/14).

Hinweis:

Der Klageantrag hat dann z.B. folgenden Wortlaut:

Es wird beantragt festzustellen, dass

  • das Arbeitsverhältnis nicht durch die Kündigung vom ... zum ... aufgelöst worden ist

    und

  • das Arbeitsverhältnis weiter fortbesteht.

Vorteil dieses Klageantrags ist, dass der Arbeitnehmer vor dem Ausspruch mehrerer Kündigungen des Arbeitgebers geschützt ist. Nicht jede später ausgesprochene Kündigung muss gesondert angegriffen werden.

"Es ist in der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts anerkannt, dass ein Arbeitnehmer neben einer nach § 4 KSchG gegen eine bestimmte Kündigung gerichteten Klage eine allgemeine Feststellungsklage nach § 256 Abs. 1 ZPO auf Fortbestand des Arbeitsverhältnisses zu unveränderten Bedingungen über den Kündigungstermin hinaus erheben und damit zwei selbständige prozessuale Ansprüche geltend machen kann. Diese Anträge kann er gemäß § 260 ZPO zulässig in einer Klage verbinden (...).

Wählt der Arbeitnehmer diesen Weg des sog. Schleppnetzantrags (...), ist ausgehend vom dargestellten sog. erweiterten punktuellen Streitgegenstand der Kündigungsschutzklage Gegenstand des allgemeinen Feststellungsantrags der Fortbestand des Arbeitsverhältnisses über den in der daneben angegriffenen Kündigung avisierten Beendigungstermin hinaus bis zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz" (BAG 16.12.2021 - 6 AZR 154/21).

Etwas anderes gilt, wenn der Kläger selbst den Gegenstand eines Kündigungsschutzantrags in dieser Weise (konkludent) begrenzt hat und das Gericht auf die Unwirksamkeit einer später wirkenden Kündigung erkennt, ohne dass der Rechtsstreit über die Wirksamkeit einer früher wirkenden Kündigung bereits rechtskräftig entschieden wäre.

Daraus folgt, dass in einer Kündigungsschutzklage nach § 4 KSchG - für den beklagten Arbeitgeber in der Regel erkennbar - zugleich der Angriff gegen solche Kündigungen liegt, die dem Arbeitnehmer noch während des Laufs der von der ersten Kündigung ausgelösten Auflösungsfrist zugehen und innerhalb dieser Frist oder zeitgleich mit ihrem Ablauf Wirkung entfalten sollen. Ergibt sich weder aus der Klagebegründung noch aus sonstigen Erklärungen des Arbeitnehmers oder in den Rechtsstreit eingeführten Umständen, dass er den Gegenstand der Kündigungsschutzklage auf die Wirksamkeit der konkret angegriffenen Kündigung beschränken will, muss der Arbeitgeber davon ausgehen, der Arbeitnehmer wende sich mit seiner Klage zugleich gegen die Beendigung seines Arbeitsverhältnisses durch mögliche andere Tatbestände bis zu dem in der angegriffenen Kündigung vorgesehenen Auflösungstermin (BAG 18.12.2014 - 2 AZR 163/14).

Demgegenüber ist Gegenstand der allgemeinen Feststellungsklage die Frage, ob das Arbeitsverhältnis über den durch eine Kündigung bestimmten Auflösungstermin hinaus bis zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung fortbestanden hat. Die Klage soll, soweit sie neben der Klage gemäß § 4 KSchG erhoben wird, klären, ob das Arbeitsverhältnis aufgrund von Beendigungstatbeständen aufgelöst worden ist, die vom Streitgegenstand der Kündigungsschutzklage nicht erfasst sind.

4.2 Verlängerte Anrufungsfrist

Gemäß § 6 KSchG kann der Arbeitnehmer, der innerhalb von drei Wochen nach Zugang der Kündigung Kündigungsschutzklage erhebt, in diesem Verfahren bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz sich zur Begründung der Unwirksamkeit der Kündigung auch auf innerhalb der Klagefrist nicht geltend gemachte Gründe berufen.

Dabei besteht grundsätzlich Einigkeit, dass die Rechtsfolge nicht nur auf einzelne Unwirksamkeitsgründe zu beziehen ist, sondern sich generell auf die Verlängerung der Frist zur Erhebung der Kündigungsschutzklage beziehen kann.

Wird die Kündigungsschutzklage mit einem Weiterbeschäftigungsantrag verbunden, kann der Arbeitnehmer sich hinsichtlich einer zweiten Kündigung, die auf dieselben Gründe gestützt wird und das Arbeitsverhältnis zu einem deutlich früheren Zeitpunkt beenden soll, auf die verlängerte Anrufungsfrist des § 6 KSchG berufen (BAG 23.04.2008 - 2 AZR 699/06).

5 Entscheidungserheblicher Zeitpunkt

Die Entscheidung wird auf der Grundlage der zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung vorliegenden Tatsachen gefällt.

Später eintretende Veränderungen, wie sie insbesondere bei der krankheitsbedingten Kündigung zugunsten des Arbeitnehmers eintreten können, werden nicht mehr berücksichtigt.

Kündigungsgründe, die vor Ausspruch der Kündigung entstanden sind, dem Kündigenden aber bei Ausspruch der Kündigung noch nicht bekannt waren, können im Prozess uneingeschränkt nachgeschoben werden (BAG 06.09.2007 - 2 AZR 264/06).

6 Darlegungs- und Beweislast

Wie in jedem Zivilprozess ist jede Partei für die Darlegung der ihr günstigen Tatsachen beweispflichtig.

Der Arbeitnehmer hat die Darlegungs- und Beweislast für:

Der Arbeitgeber hat die Darlegungs- und Beweislast für

  • den Zugang der Kündigung

  • das Vorliegen der Kündigungsvoraussetzungen

  • die Anhörung des Betriebsrats

  • die soziale Rechtfertigung der Kündigung

  • die Tatsachen, die einen von dem Gekündigten behaupteten Rechtfertigungsgrund ausschließen (BAG 06.09.2007 - 2 AZR 264/06; in dem Fall ging es um eine Kündigung wegen Verdachts eines Spesenbetrugs bzw. Arbeitszeitbetrugs)

Hinweis:

Eine Partei kann den Inhalt eines allein zwischen den Parteien stattgefundenen Gesprächs im Wege der Parteivernehmung oder im Wege der Parteianhörung nach § 141 ZPO beweisen (BAG 22.05.2007 - 3 AZN 1155/06).

Eine Ausnahme von diesen Grundsätzen besteht bei der Einreichung einer Kündigungsschutzklage aufgrund einer betriebsbedingten Kündigung. In diesen Fällen ist die Fehlerhaftigkeit der Sozialauswahl von der Klagepartei zu beweisen. Dazu hat sie einen Anspruch auf Mitteilung der Gründe für die Sozialauswahl.

Ein Arbeitnehmer, der innerhalb der Klagefrist die Rechtsunwirksamkeit einer Kündigung im Klagewege geltend gemacht hat, kann sich gemäß § 6 KSchG in diesem Verfahren bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz zur Begründung der Unwirksamkeit auch auf innerhalb der Klagefrist noch nicht geltend gemachte Gründe berufen.

Auch der tarifvertragliche oder arbeitsvertragliche Ausschluss der ordentlichen Kündigung zählt dabei zu den Unwirksamkeitsgründen einer vom Arbeitgeber ausgesprochenen ordentlichen Kündigung und muss rechtzeitig prozessual geltend gemacht werden (BAG 08.11.2007 - 2 AZR 314/06).

7 Klageverzichtsvereinbarung

Die Erhebung der Kündigungsschutzklage kann im Rahmen einer ausdrücklichen Klageverzichtsvereinbarung ausgeschlossen werden.

Daneben kann der Verzicht in einem Abwicklungsvertrag vereinbart werden sowie der Arbeitgeber kann durch das Angebot der Zahlung einer Abfindung im Rahmen einer betriebsbedingten Kündigung die Nichterhebung der Klage ggf. erreichen.

8 Rechtskraft

Die vom Kläger begehrte Feststellung erfordert bereits nach dem Wortlaut des § 4 KSchG eine Entscheidung über das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses zum Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Kündigung

Mit der Rechtskraft des der Kündigungsschutzklage stattgebenden Urteils steht nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts fest, dass das Arbeitsverhältnis durch die angegriffene Kündigung nicht aufgelöst worden ist. Damit ist zugleich entschieden, dass dieses Arbeitsverhältnis nicht zuvor durch andere Kündigungen oder sonstige Auflösungstatbestände aufgelöst worden ist (BAG 26.06.2008 - 6 AZN 648/07, BAG 25.03.2004 - 2 AZR 399/03).

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