Abfindung - Betriebsbedingte Kündigung
1 Allgemein
Nach dem deutschen Arbeitsrecht hat ein Arbeitnehmer bei einer Kündigung grundsätzlich keinen Anspruch auf eine Abfindung.
Der Arbeitgeber kann jedoch freiwillig eine Abfindung zahlen und diese Zahlung auch mit der Bedingung verknüpfen, dass der Arbeitnehmer keine Kündigungsschutzklage erhebt.
Der Gesetzgeber hat eine Form der freiwilligen Abfindungszahlung in § 1a KSchG gesetzlich verankert.
Weiterhin ist es dem Arbeitgeber jedoch unbenommen in seinem Kündigungsschreiben oder auf sonstige Weise dem Arbeitnehmer ein von § 1a KSchG abweichendes Abfindungsangebot unterbreiten. Er kann eine geringere oder höhere als die gesetzliche Abfindung anbieten und die Zahlung von dem Verstreichenlassen der Frist zur Erhebung der Kündigungsschutzklage abhängig machen. Durch Auslegung des Kündigungsschreibens ist festzustellen, ob der Arbeitgeber den Hinweis nach § 1a KSchG erteilt oder ein eigenes Angebot unterbreitet hat (BAG 10.07.2008 - 2 AZR 209/07).
2 Der Abfindungsanspruch gemäß § 1a KSchG
2.1 Voraussetzungen
Ein Arbeitnehmer hat gemäß § 1a KSchG bei Vorliegen der folgenden Voraussetzungen einen Anspruch auf die Zahlung einer Abfindung:
In der Kündigungserklärung erklärt der Arbeitgeber, dass die Kündigung aus betriebsbedingten Gründen erfolgt und der Arbeitnehmer bei Verstreichenlassen der Kündigungsfrist einen Anspruch auf die Zahlung einer Abfindung hat.
Der Arbeitnehmer erhebt keine Kündigungsschutzklage.
Zweck des § 1a KSchG ist die Entlastung der Arbeitsgerichtsbarkeit vor dem Hintergrund, dass die meisten Kündigungsschutzprozesse mit einem gerichtlichen Vergleich enden, der die Zahlung einer Abfindung gegen die Auflösung des Arbeitsverhältnisses zur Folge hat.
Der Anspruch entsteht auch, wenn die Voraussetzungen der sozialen Rechtfertigung der Kündigung, d.h. der betriebsbedingten Kündigung, tatsächlich nicht vorliegen.
2.2 Höhe des Abfindungsanspruchs
Bezüglich der Höhe der Abfindung besteht folgende gesetzliche Vorgabe:
0,5 Monatsverdienste je Beschäftigungsjahr.
Zeiträume von mehr als sechs Monaten sind auf volle Kalenderjahre aufzurunden.
Beispiel:
Der Arbeitnehmer wird zum Ablauf der Kündigungsfrist 2 Jahre und acht Monate bei dem Arbeitgeber beschäftigt sein. Er hat bei Vorliegen der Voraussetzungen dann einen Anspruch auf die Abfindung in Höhe von 1,5 Monatsverdiensten.
Der Monatsverdienst entspricht dem Bruttoentgelt des Arbeitnehmers. Gemäß § 10 Abs. 3 KSchG gilt als Monatsverdienst, was dem Arbeitnehmer bei der für ihn maßgeblichen regelmäßigen Arbeitszeit im letzten Monat des Bestehens des Arbeitsverhältnisses an Geld- und Sachbezügen zusteht. Einmalbeträge, die für einen längeren Zeitraum geleistet werden (Sonderzahlungen), sind anteilig für den Ausscheidungsmonat zu berücksichtigen BAG 19.06.2007 - 1 AZR 340/06.
Die Arbeitsvertragsparteien können auch eine höhere oder niedrigere als die gesetzlich vorgeschriebene Abfindung vereinbaren. Ebenso bleibt es dem Arbeitgeber weiterhin freigestellt, mit dem Arbeitnehmer eine Vereinbarung zu schließen, nach der dieser unter Zahlung einer Abfindung auf sein Klagerecht verzichtet: Der Arbeitgeber ist nicht gehindert, Hinweise nach § 1a KSchG zu unterlassen, und dem Arbeitnehmer stattdessen einen - beliebigen - Betrag als Abfindung in Aussicht zu stellen, falls er eine Klage gegen die ausgesprochene Kündigung nicht erhebt.
Der Anspruch entsteht dann in dem gesetzlichen Umfang, wenn der Arbeitgeber mit den Hinweisen nach § 1a Abs. 1 S. 2 KSchG zwar die Angabe eines zu niedrigen Betrags verbindet, aber zugleich zu verstehen gibt, er wolle eine Abfindung in der gesetzlich vorgesehenen Höhe zahlen (BAG 19.06.2007 - 1 AZR 340/06).
2.3 Form
Die Inaussichtstellung des Abfindungsanspruchs muss ebenso wie die Kündigung selbst schriftlich erfolgen. Der Arbeitgeber ist nicht berechtigt, die Abfindungsoption zu widerrufen. Der Arbeitnehmer braucht keine Erklärung abzugeben.
2.4 Fälligkeit des Anspruchs
Nach der Entscheidung BAG 10.05.2007 - 2 AZR 45/06 entsteht der Anspruch erst mit dem Ablauf der Kündigungsfrist. Verstirbt der Arbeitnehmer zuvor, so wird der Anspruch nicht vererbt.
Der Anspruch entsteht nicht, wenn die eingereichte Kündigungsschutzklage zurückgenommen wird oder der Antrag auf nachträgliche Klagezulassung zurückgenommen wird (BAG 13.12.2007 - 2 AZR 971/06).
2.5 Ausschluss des Anspruchs
Der Anspruch auf die Abfindungszahlung ist in den folgenden Fällen ausgeschlossen:
Der Arbeitnehmer hat innerhalb der gesetzlichen Frist Kündigungsschutzklage erhoben, nimmt die Klage aber dann zurück.
Der Arbeitnehmer erhebt Kündigungsschutzklage nach dem Ablauf der Klagefrist gemäß § 5 KSchG.
In der Kündigung fehlt der Hinweis, dass die Kündigung auf dringende betriebliche Erfordernisse gestützt wird.
2.6 Änderungskündigung
§ 1a KSchG ist auch anwendbar auf aus betriebsbedingt ausgesprochenen Änderungskündigungen (BAG 13.12.2007 - 2 AZR 663/06).
2.7 Verhältnis Kündigungsabfindung und Sozialplanabfindung
Der Wille des Arbeitgebers, ein von der gesetzlichen Vorgabe im Rahmen der Abfindungszahlung nach einer betriebsbedinvten Kündigung abweichendes Angebot unterbreiten zu wollen, muss sich aber aus dem Kündigungsschreiben eindeutig und unmissverständlich ergeben. Sofern der gekündigte Arbeitnehmer daneben einen Anspruch auf eine Abfindung nach einem Sozialplan hat, ist diese daneben zu erfüllen: "Eine (vollständige) Anrechnung der Sozialplanabfindung auf den durch den Hinweis nach § 1a Abs. 1 KSchG begründeten Abfindungsanspruch scheidet wegen der unterschiedlichen Leistungszwecke aus Rechtsgründen aus." (BAG 19.07.2016 - 2 AZR 536/15).
Aber:
Abfindungen aufgrund eines Sozialplans und aufgrund eines gesetzlichen Nachteilsausgleichs sind - im Wege der Erfüllungswirkung gemäß § 362 Abs. 1 BGB - verrechenbar (BAG 12.02.2019 - 1 AZR 279/17).
3 Steuern
Die Zahlung einer Abfindung ist in vollem Umfang als Einkommen zu versteuern.