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Geschäftsfähigkeit

Normen

§§ 104 ff. BGB

§ 1825 BGB

Information

1 Einführung

Geschäftsfähigkeit ist die Fähigkeit einer natürlichen Person, rechtlich bedeutsame Handlungen vorzunehmen.

Es bestehen drei Formen der Geschäftsfähigkeit:

  • Geschäftsfähigkeit:

    (Voll-) Geschäftsfähig sind Personen, die das 18. Lebensjahr vollendet haben und weder geschäftsunfähig noch beschränkt geschäftsfähig sind.

    Rechtshandlungen Geschäftsfähiger sind unbeschränkt gültig.

  • Geschäftsunfähigkeit

  • Beschränkte Geschäftsfähigkeit

Hinweis:

Im Sozialversicherungsrecht besteht davon unabhängig gemäß § 36 SGB I eine Handlungsfähigkeit ab der Vollendung des 15. Lebensjahres. Danach kann der Jugendliche eigene Anträge auf Sozialleistungen stellen und verfolgen sowie Sozialleistungen entgegennehmen.

2 Geschäftsunfähigkeit

Gemäß § 104 BGB sind folgende Personengruppen geschäftsunfähig:

  • Kinder, die das siebte Lebensjahr noch nicht vollendet haben.

  • Personen, die sich in einem nicht nur vorübergehenden, die freie Willensbestimmung ausschließenden Zustand krankhafter Störung der Geistestätigkeit befinden.

Willenserklärungen Geschäftsunfähiger sind grundsätzlich nichtig.

Hiervon besteht eine in § 105a BGB geregelte Ausnahme, nach der bei Vorliegen der folgenden Voraussetzungen der Vertrag wirksam ist:

  • Der Geschäftsunfähige ist volljährig.

  • Es handelt sich um ein Geschäft des täglichen Lebens, das mit geringwertigen Mitteln bewirkt werden kann.

    Geschäfte des täglichen Lebens sind nach der Begründung des Gesetzgebers Verträge, die derart häufig abgeschlossen werden, dass sie nach der Verkehrsauffassung als Alltagsgeschäfte angesehen werden können.

    Bei der Auslegung des Begriffs "geringwertige Mittel" sind die durchschnittlichen Preis- und Einkommensverhältnisse zu berücksichtigen.

  • Leistung und Gegenleistung sind bewirkt.

  • Durch das Geschäft besteht keine erhebliche Gefahr für das Vermögen oder die Person des Geschäftsunfähigen.

Bei einem Volljährigen ist die Geschäftsfähigkeit als Regel zu unterstellen. Wer sich auf Geschäftsunfähigkeit beruft, hat daher ihre Voraussetzungen zu beweisen.

Bei einer demenziellen Erkrankung kann eine partielle Geschäftsfähigkeit in Betracht kommen, in deren Rahmen ein im Übrigen Geschäftsunfähiger trotz allgemeiner Störung seiner Geistestätigkeit in zumindest einzelnen Lebensbereichen in der Lage ist, seinen Willen frei und unbeeinflusst von der vorliegenden Störung zu bilden und nach der auf diese Weise zutreffend gewonnenen Einsicht zu handeln (OLG München 05.06.2009 - 33 Wx 278/08).

3 Beschränkte Geschäftsfähigkeit

Beschränkt geschäftsfähig sind gemäß § 106 BGB Personen zwischen dem 7. und 18. Lebensjahr. Ihnen gleichgestellt sind gemäß § 1825 BGB Betreute, die einem Einwilligungsvorbehalt unterliegen.

Hinweis:

Zu einer Willenserklärung, die eine geringfügige Angelegenheit des täglichen Lebens - wie etwa den Erwerb geringer Mengen Alkoholika - betrifft, bedarf der Betroffene auch bei bestehendem Einwilligungsvorbehalt für die Vermögenssorge nicht der Einwilligung seines Betreuers, es sei denn, das Betreuungsgericht hat hierfür gemäß § 1825 Abs. 3 S. 2 BGB mit einem sogenannten qualifizierten Einwilligungsvorbehalt eine gesonderte Anordnung getroffen (BGH 07.12.2016 - XII ZB 458/15).

Ist der Handelnde in der Geschäftsfähigkeit beschränkt, gilt Folgendes:

  1. a)

    Der beschränkt Geschäftsfähige kann allein nur die Rechtsgeschäfte wirksam eingehen, die ihm lediglich einen rechtlichen (nicht notwendig wirtschaftlichen) Vorteil bringen.

    Hierbei ist auf die unmittelbaren Wirkungen des Rechtsgeschäfts abzustellen. Rechtlich nachteilig sind Rechtsgeschäfte, durch die der Minderjährige mit einer Rechtspflicht belastet wird oder durch die er eine Rechtsstellung verliert:

    • Ein auf den Eigentumserwerb einer Sache gerichtetes Rechtsgeschäft ist für den Minderjährigen nicht lediglich rechtlich vorteilhaft, wenn er in dessen Folge mit Verpflichtungen belastet wird, für die er nicht nur dinglich mit der erworbenen Sache, sondern auch persönlich mit seinem sonstigen Vermögen haftet (...).

      Ob diese weiter gehenden Verpflichtungen von den Beteiligten des Rechtsgeschäfts angestrebt worden sind, ist unerheblich. Es genügt, wenn sie die gesetzliche Folge des angestrebten Rechtsgeschäfts sind (...). Ob das der Fall ist, bestimmt sich (...) nicht nach einer Gesamtbetrachtung des dinglichen und des schuldrechtlichen Teils des Rechtsgeschäfts, sondern nach einer isolierten Betrachtung allein des dinglichen Erwerbsgeschäfts (BGH 30.09.2010 - V ZB 206/10).

    • Die Grundstücksübertragung an einen Minderjährigen ist auch bei Belastung mit einer Grundschuld rechtlich vorteilhaft im Sinne des § 107 BGB und erfordert daher weder die Einwilligung des gesetzlichen Vertreters noch eines Ergänzungspflegers (BGH 25.11.2004 - V ZB 13/04).

      Dies gilt auch dann, wenn die zugrunde liegende schuldrechtliche Vereinbarung mit rechtlichen Nachteilen verbunden ist (OLG Brandenburg 19.03.2014 - 9 WF 48/14).

    • Im Gegensatz dazu ist nach dem Urteil BGH 03.02.2005 - V ZB 44/04 die Übertragung eines vermieteten oder verpachteten Grundstücks an einen Minderjährigen für diesen nicht lediglich rechtlich vorteilhaft, auch wenn sich der Veräußerer den Nießbrauch an dem Grundstück vorbehalten hat.

      Aber:

      Beispiel:

      Der Genehmigung bedarf ein Vertrag, der auf den entgeltlichen Erwerb eines Grundstücks gerichtet ist. Die Frage der Entgeltlichkeit eines Rechtsgeschäfts ist nach dem Inhalt des von den Beteiligten geschlossenen Vertrages zu beurteilen. Es muss sich also um eine Zuwendung handeln, die sowohl objektiv als auch nach dem Willen der Vertragsparteien unabhängig von einer Gegenleistung erfolgt. Zur Genehmigungspflicht führt jede Gegenleistung des Minderjährigen. Dabei kann im Einzelfall die Abgrenzung von Beschränkungen des Vermögenserwerbs, die lediglich den wirtschaftlichen Wert des übertragenen Gegenstandes mindern, problematisch sein.

      Die Auffassung des Grundbuchamtes, die eine pauschale Ausdehnung des Genehmigungserfordernisses auf alle Fälle für erforderlich hält, in denen der verschenkte Gegenstand vermietet ist, läuft auf eine analoge Anwendung der Gesetzesvorschrift hinaus, die aus Gründen der Rechtssicherheit bedenklich erscheint. Eine Ausweitung des Minderjährigenschutzes muss dem Gesetzgeber vorbehalten bleiben (OLG Hamm 06.08.2014 - 15 W 94/14).

    • Der Erwerb einer Eigentumswohnung ist für einen Minderjährigen stets nicht lediglich rechtlich vorteilhaft. Es kommt dabei weder auf die Ausgestaltung der Teilungserklärung noch darauf an, ob bei Vollzug des Erwerbs ein Verwaltervertrag besteht oder ob die Eigentumswohnung vermietet ist (BGH 30.09.2010 - V ZB 206/10).

  2. b)

    Alle nicht lediglich rechtlich vorteilhaften Rechtsgeschäfte unterliegen grundsätzlich der Genehmigungspflicht des gesetzlichen Vertreters bzw. einer familiengerichtlichen Genehmigung (§§ 1629 Abs. 2, 1795 Abs. 2, § 107 BGB, 181 BGB).

    Bei der Entscheidung über die Erteilung oder Verweigerung der Genehmigung ist entscheidend, ob das genehmigungsbedürftige Geschäft unter Berücksichtigung aller Umstände im Interesse des Minderjährigen liegt. Vorteile, Risiken, Erträge und Aufwendungen sowie die steuerlichen Folgen sind gegeneinander abzuwägen; es genügt, wenn im Ganzen gesehen der Vertrag für den Minderjährigen vorteilhaft ist (OLG München 17.07.2007 - 31 Wx 18/07).

    Schließt der beschränkt Geschäftsfähige ohne Genehmigung ein derartiges Rechtsgeschäft ab, wird dieses zunächst schwebend unwirksam. Verweigert der gesetzliche Vertreter später die Genehmigung oder bleibt sie aus, wird das Geschäft nachträglich unwirksam.

  3. c)

    Davon bestehen folgende Ausnahmen:

    • Eine Ausnahme regelt der sogenannte Taschengeldparagraf§ 110 BGB: Verträge, die der Minderjährige mit Mitteln bewirkt, die ihm zur freien Verfügung überlassen sind, sind uneingeschränkt wirksam. Voraussetzung ist aber, dass die Vertragsleistung (Geldzahlung) vollständig ausgeglichen ist. Unwirksam wäre der Vertrag, wenn der Minderjährige die Vertragsleistung in Raten aus den ihm zur freien Verfügung überlassenen Mitteln begleichen wollte.

    • Hat der gesetzliche Vertreter dem Eintritt des Minderjährigen in ein Dienst- oder Arbeitsverhältnis oder dem selbstständigen Betrieb eines Erwerbsgeschäfts zugestimmt, erlangt der Minderjährige gemäß §§ 112 BGB, 113 BGB für diesen Bereich (volle) Geschäftsfähigkeit, es sei denn es handelt sich um ein Geschäft, für das auch der gesetzliche Vertreter die Zustimmung des Familiengerichts benötigen würde.

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