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Arbeitsgerichtlicher Rechtsstreit

Normen

ArbGG

Information

1 Aufbau der Arbeitsgerichtsbarkeit

Die Arbeitsgerichtsbarkeit besteht aus drei Instanzen: Dem Arbeitsgericht (I. Instanz), dem Landesarbeitsgericht (II. Instanz) und dem Bundesarbeitsgericht (III. Instanz).

2 Verfahrensarten

In der Arbeitsgerichtsbarkeit bestehen folgende Verfahrensarten:

Anders als in der Zivilgerichtsbarkeit ist das Beschlussverfahren ein vom Urteilsverfahren unabhängiges Verfahren, die beiden Verfahrensarten schließen sich in ihrem Anwendungsbereich gegenseitig aus bzw. es handelt sich um gänzlich unterschiedliche Verfahrensarten.

3 Rechtsweg

Der Rechtsweg zu der Arbeitsgerichtsbarkeit ist bei Vorliegen der in den §§ 2, 2a und 3 ArbGG aufgeführten Voraussetzungen eröffnet:

Beispiele:

Die Gerichte für Arbeitssachen sind nach § 2 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a und Buchst. b ArbGG ausschließlich zuständig für bürgerliche Rechtsstreitigkeiten zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern aus dem Arbeitsverhältnis und über das Bestehen oder Nichtbestehen eines Arbeitsverhältnisses. Wer Arbeitnehmer im Sinne des Arbeitsgerichtsgesetzes ist, bestimmt § 5 ArbGG (BAG 21.01.2019 – 9 AZB 23/18).

Bezüglich einer branchenspezifischen Pensionskasse: »Bei einem beklagten Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit handelt es sich nicht um eine Sozialeinrichtung im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b) ArbGG, sodass der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten eröffnet ist« (BGH 16.04.2019 – IV ZB 32/18).

4 Gerichtsstand

4.1 National

Die örtliche Zuständigkeit des Arbeitsgerichts (Gerichtsstand) bestimmt sich gemäß § 29 ZPO nach dem besonderen Gerichtsstand des Erfüllungsortes oder gemäß § 48 Abs. 1a ArbGG nach dem Arbeitsort.

Nach den Ausführungen der Gesetzesbegründung (BT-Drucksache 16/7716) zu § 48 Abs. 1a ArbGG ist der Ort maßgeblich, an dem der Arbeitnehmer die geschuldete Arbeitsleistung tatsächlich erbringt. Erfolgt die Erbringung der Arbeitsleistung gewöhnlich an mehreren Orten, ist der Ort zu bestimmen, an dem die Arbeitsleistung überwiegend erbracht wird. Dies kann auch der Ort sein, an dem die Arbeit gemessen an der Gesamtdauer des Arbeitsverhältnisses erst kurzzeitig geleistet wurde, wenn auf der Grundlage des Arbeitsvertrages an diesem Ort die Arbeitsleistung bis auf Weiteres verrichtet werden soll. Der gewöhnliche Arbeitsort ändert sich nicht dadurch, dass der Arbeitnehmer die Arbeitsleistung vorübergehend an einem anderen Ort erbringt.

Kann ein Schwerpunkt der Tätigkeit nicht ermittelt werden, z.B. weil Tätigkeiten vertragsgemäß in mehreren Gerichtsbezirken zu erbringen sind, ist gemäß § 48 Abs. 1a S. 2 ArbGG auf den Ort abzustellen, von dem aus der Arbeitnehmer die Arbeitsleistung erbringt. Der Wohnort kann Arbeitsort sein, wenn dort mit der Arbeitsleistung verbundene Tätigkeiten erbracht werden, z.B. wenn ein Außendienstmitarbeiter zu Hause seine Reisetätigkeit für den ihm zugewiesenen Bezirk plant oder Berichte schreibt. Kein Arbeitsort ist gegeben, wenn sich z.B. ein Montagearbeiter oder ein Kraftfahrer im Rahmen einer Vielzahl einzelner weisungsgebundener Entsendungen vom Wohnort aus zum jeweiligen Einsatzort begibt.

4.2 Nach der EuGVVO

Bezüglich der internationalen Zuständigkeit der deutschen Gerichte für Streitigkeiten aus einem Arbeitsverhältnis mit einem Arbeitgeber mit Hauptsitz im Ausland hat das BAG folgende Grundsätze aufgestellt (BAG 25.06.2013 – 3 AZR 138/11):

  • Nach Art. 19 Nr. 1 EuGVVO kann ein Arbeitgeber vom Arbeitnehmer vor den Gerichten des Mitgliedstaates verklagt werden, in dem der Arbeitgeber seinen Wohnsitz hat. Die Anwendbarkeit dieser Bestimmung setzt voraus, dass Gegenstand des Verfahrens ein individueller Arbeitsvertrag oder Ansprüche aus einem individuellen Arbeitsvertrag sind.

  • Gesellschaften und juristische Personen haben gemäß Art. 60 EuGVVO ihren Wohnsitz an dem Ort, an dem sich ihr satzungsmäßiger Sitz, ihre Hauptverwaltung oder ihre Hauptniederlassung befindet.

  • Darüber hinaus bestimmt Art. 18 Abs. 2 EuGVVO, dass derjenige Arbeitgeber, der mit dem Arbeitnehmer einen individuellen Arbeitsvertrag geschlossen hat und der im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaates eine Zweigniederlassung, Agentur oder sonstige Niederlassung besitzt, für Streitigkeiten aus deren Betrieb so behandelt wird, als hätte er seinen Wohnsitz im Hoheitsgebiet des Mitgliedstaates. Für diesen Fall setzt die EuGVVO eine Niederlassung dem Wohnsitz gleich. Folglich kann nach Art. 19 Nr. 1 EuGVVO der nicht in einem Mitgliedstaat ansässige Arbeitgeber in dem Mitgliedstaat verklagt werden, in dem er seine Niederlassung hat, sofern Streitigkeiten aus ihrem Betrieb vorliegen.

5 Postulationsfähigkeit

Vor dem Arbeitsgericht besteht kein Rechtsanwaltszwang. Jede Partei kann sich selbst vertreten, einen Rechtsanwalt oder einen Verbandsbevollmächtigten mit der Vertretung beauftragen.

6 Kostentragungspflicht

Die Kostentragungspflicht eines Arbeitsgerichtsprozesses unterscheidet sich von der eines Zivilprozesses: Im Falle des Unterliegens wird die Partei in der ersten Instanz nicht durch das Gericht verpflichtet, auch die Anwaltskosten der Gegenseite zu übernehmen. Jede Partei bezahlt die Kosten des eigenen Anwalts. Die unterlegene Partei hat aber, wie im Zivilprozesses, die gesamten oder die anteiligen Gerichtskosten zu zahlen.

Obsiegt die in der ersten Instanz unterlegene Partei in der weiteren Instanz, so sind die gegnerischen Anwaltskosten der ersten Instanz auch nicht in der zweiten Instanz zu übernehmen.

7 Gütetermin

Der erste Gerichtstermin in einem Arbeitsgerichtsprozess ist ein Gütetermin, der nur durch den hauptberuflichen Richter wahrgenommen wird. Der Richter wird versuchen, die Parteien zu einer gütlichen Beilegung des Rechtsstreits zu bewegen.

Dabei kann der Richter mit Zustimmung der Parteien einen zweiten Gütetermin festsetzen. Grund ist, dass den Parteien zwischen den Güteterminen ein längerer Zeitraum zum Überdenken der Gütevorschläge gegeben werden soll.

Scheitern die Gütetermine, wird die mündliche Verhandlung durch die Beteiligten vorbereitet.

8 Beweismittel

»Weder die Zivilprozessordnung noch das Arbeitsgerichtsgesetz enthalten Bestimmungen, die die Verwertbarkeit von Erkenntnissen oder Beweismitteln einschränken, die eine Arbeitsvertragspartei - auch rechtswidrig - erlangt hat. Ein Verwertungsverbot kann sich allerdings aus einer verfassungskonformen Auslegung des Verfahrensrechts ergeben. Da der Anspruch auf rechtliches Gehör aus Art. 103 Abs. 1 GG aber grundsätzlich gebietet, den Sachvortrag der Parteien und die von ihnen angebotenen Beweise zu berücksichtigen, kommt ein »verfassungsrechtliches Verwertungsverbot« nur in Betracht, wenn dies wegen einer grundrechtlich geschützten Position einer Prozesspartei zwingend geboten ist« (BAG 24.08.2023 – 2 AZR 17/23).

9 Berufung

Gegen das Urteil der ersten Instanz kann innerhalb einer Frist von einem Monat, beginnend mit der Zustellung des Urteils, Berufung eingelegt werden. Die Berufung ist von einem Rechtsanwalt bei dem zuständigen Landesarbeitsgericht einzulegen und zu begründen.

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