Abwicklungsvertrag - Arbeitsrecht
Gesetzlich nicht geregelt.
1 Allgemein
Vertrag zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber über die mit einer Kündigung zusammenhängenden Modalitäten.
Im Gegensatz zu einem Aufhebungsvertrag führt der Abwicklungsvertrag selbst nicht zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Er wird vielmehr im Anschluss an eine (arbeitgeberseitige) Kündigung geschlossen, sofern es zu einer Einigung der Parteien kommt und der Bedarf für einen Vertragsschluss besteht.
2 Vorformulierter Vertrag
Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung (BAG 24.09.2015 - 2 AZR 347/14) handelt es sich bei einer Abwicklungsvereinbarung um einen Verbrauchervertrag, der gemäß § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB anhand von § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB zu beurteilen ist, ohne dass es darauf ankäme, ob es sich bei den in ihr enthaltenen Regelungen um Allgemeine Geschäftsbedingungen handelt, sofern die Vereinbarung zur zumindest einmaligen Verwendung vorformuliert wurde und der Arbeitnehmer auf ihren Inhalt keinen Einfluss nehmen konnte.
3 Pflicht des Arbeitnehmers
Zu beachten ist, dass der Arbeitnehmer die Wirksamkeit der vom Arbeitgeber ausgesprochenen Kündigung zu prüfen hat. Wehrt sich der Arbeitnehmer nicht gegen eine unwirksame Kündigung und schließt einen Abwicklungsvertrag, wird nach einem Urteil des Bundessozialgerichts (BSG 18.12.2003 - B 11 AL 35/03) das Arbeitsverhältnis durch den Arbeitnehmer beendet. Dies hat zur Folge, dass die Agentur für Arbeit gemäß § 159 SGB III eine Sperrzeit festsetzen kann (Fehlen eines wichtigen Grundes für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses). Die Unrechtmäßigkeit der Kündigung gilt als wichtiger Grund im Sinne des § 159 SGB III, vgl. dazu die die Sperrzeit betreffende Dienstanweisung der Bundesagentur für Arbeit (DA 144.12).
Der Arbeitnehmer muss sich zur Vermeidung einer Sperrzeit in ungewissen Fällen vor dem Abschluss eines Abwicklungsvertrages bei einer kompetenten Stelle über den Erfolg einer Kündigungsschutzklage informieren. Als solche gelten Rechtsanwälte oder Gewerkschaftssekretäre etc.
4 Inhalt
4.1 Allgemein
Inhaltlich sollte der Abwicklungsvertrag u.a. Folgendes enthalten:
Es sollte ein Hinweis auf die dem Abwicklungsvertrag zugrunde liegende Kündigung einschließlich der der Kündigung zugrunde liegenden Daten (Zugang, Einhalten der Kündigungsfrist etc) enthalten sein.
Sofern eine Freistellung des Arbeitnehmers erfolgt, sollte die Anrechnung bestehender Urlaubsansprüche vermerkt sein, da der Arbeitnehmer andernfalls seinen Urlaubsanspruch behält und dieser nach dem Ablauf der Kündigungsfrist durch den Arbeitgeber abzugelten ist.Aber: Nach dem Urteil BAG 17.05.2011 - 9 AZR 189/10 "muss der Arbeitnehmer als Adressat der Erklärung hinreichend deutlich erkennen können, in welchem Umfang der Arbeitgeber den Urlaubsanspruch des Arbeitnehmers erfüllen will. Erklärt sich der Arbeitgeber nicht mit der erforderlichen Deutlichkeit, geht dies zu seinen Lasten. Denn als Erklärender hat er es in der Hand, die Freistellungserklärung sprachlich so zu fassen, dass der Arbeitnehmer über ihren Inhalt nicht im Zweifel ist."
4.2 Klageverzicht
Es sollte vereinbart werden, dass der Arbeitnehmer nach einer anwaltlichen Beratung auf die Erhebung einer Kündigungsschutzklage verzichtet (Vorsicht für den Rechtsanwalt: Haftungsfalle!). Denn:
Ein vor Ablauf von drei Wochen nach Zugang der Kündigung erklärter formularmäßiger Verzicht auf die Erhebung einer Kündigungsschutzklage ist ohne eine ihn kompensierende Gegenleistung des Arbeitgebers wegen unangemessener Benachteiligung des Arbeitnehmers gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam. Eine unangemessene Benachteiligung liegt nicht nur dann vor, wenn der Arbeitnehmer in einer vorformulierten Erklärung ohne jegliche Gegenleistung auf die Erhebung einer Kündigungsschutzklage verzichtet hat. Eine unangemessene Benachteiligung ist mit einem solchen Verzicht vielmehr auch dann verbunden, wenn der Arbeitnehmer für seinen Verzicht keine angemessene Kompensation erhält.
Die in einer Abwicklungsvereinbarung vom Arbeitgeber übernommene Verpflichtung, dem Arbeitnehmer ein Zeugnis mit einer näher bestimmten (überdurchschnittlichen) Leistungs- und Führungsbeurteilung zu erteilen, stellt keinen Vorteil dar, der geeignet wäre, die mit dem Verzicht auf die Erhebung einer Kündigungsschutzklage verbundene unangemessene Benachteiligung des Arbeitnehmers auszugleichen (BAG 24.09.2015 - 2 AZR 347/14).
Das mit dem Abschluss eines Abwicklungsvertrages vom Arbeitgeber vorrangig verfolgte Ziel, durch die Zahlung einer Abfindung den Arbeitnehmer vertraglich zur Nichterhebung einer Kündigungsschutzklage zu verpflichten, kann im Falle der betriebsbedingten Kündigung leichter durch die Anwendung des § 1a KSchG erreicht werden. Siehe insofern den Beitrag "Abfindung - Betriebsbedingte Kündigung".