Kündigungsfrist - Arbeitsrecht
§ 30 Abs. 5 TVöD
1 Allgemein
Zeitspanne, die zwischen dem Zugang der Kündigung und dem Ende des Arbeitsverhältnisses verbleiben muss.
Kündigungsfristen können sich aus Gesetzen, Tarifverträgen oder arbeitsvertraglichen Regelungen ergeben. Grundsätzlich hat die höherrangige Rechtsquelle Vorrang, es sei denn, der Tarifvertrag oder der Arbeitsvertrag enthält eine für den Arbeitnehmer vorteilhaftere Regelung.
2 Gesetzliche Kündigungsfristen
Nach der gesetzlichen Regelung in § 622 Absatz 1 BGB besteht eine Kündigungsfrist von vier Wochen zum 15. oder zum Monatsende. Diese wird als Grundkündigungsfrist im Arbeitsrecht bezeichnet.
Die Frist verlängert sich gemäß § 622 Absatz 1 BGB ab einer bestimmten Beschäftigungsdauer für durch den Arbeitgeber ausgesprochene Kündigungen wie folgt:
Dauer des Arbeitsverhältnisses: | Kündigungsfrist: |
---|---|
2 Jahre | 1 Monat |
5 Jahre | 2 Monate |
8 Jahre | 3 Monate |
10 Jahre | 4 Monate |
12 Jahre | 5 Monate |
15 Jahre | 6 Monate |
20 Jahre | 7 Monate |
Unterbrechungen des Arbeitsverhältnisses (Ruhen des Arbeitsverhältnisses), z.B. durch die Inanspruchnahme von Elternzeit oder eine längere Krankheit, bleiben unberücksichtigt, d.h. sie sind bei der Dauer des Arbeitsverhältnisses mitzuzählen.
Hinweis:
§ 622 Absatz 2 Satz 2 BGB, nach dem bei der Berechnung der Kündigungsfrist bis zum 25. Lebensjahr zurückgelegte Beschäftigungszeiten nicht zu berücksichtigen waren, wurde aufgehoben. Hintergrund war das Urteil EuGH 19.01.2010 - C-555/07 nach dem die Vorschrift europarechtswidrig war.
3 Tarifliche Kündigungsfristen
In einem Tarifvertrag können die gesetzlichen Kündigungsfristen sowohl verlängert oder verkürzt als auch in sonstiger Weise verändert werden (z.B. Ende zum Quartal).
Dabei kann eine tarifvertragliche Regelung auch vorsehen, dass für Kleinbetriebe einheitliche Kündigungsfristen und Kündigungstermine ohne Staffelung nach Betriebszugehörigkeit und Alter gelten sollen (BAG 23.04.2008 - 2 AZR 21/07).
4 Vertragliche Kündigungsfrist
4.1 Verkürzung der Kündigungsfrist
In den folgenden Ausnahnmefällen kann die Kündigungsfrist des § 622 Abs. 1 BGB verkürzt werden:
In der Probezeit
Gemäß § 622 Abs. 4 BGB wenn durch eine tarifvertragliche Bezugnahmeklausel der Inhalt eines Tarifvertrages übernommen wird.
Gemäß § 622 Abs. 5 1. Alt. BGB wenn ein Arbeitnehmer zur vorübergehenden Aushilfe eingestellt ist; dies gilt nicht, wenn das Arbeitsverhältnis über die Zeit von drei Monaten hinaus fortgesetzt wird.
Gemäß § 622 Abs. 5 2. Alt. BGB wenn der Arbeitgeber nicht mehr als 20 Arbeitnehmer beschäftigt. Bei der Berechnung werden Auszubildende nicht berücksichtigt, Teilzeitarbeitskräfte mit einer wöchentlichen Stundenzahl von bis zu 20 Stunden mit einem Faktor von 0,5 und Teilzeitarbeitskräfte mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von bis zu 30 Stunden mit einem Faktor von 0,75 eingerechnet.
Aber: Auch die kürzere Kündigungsfrist darf hier vier Wochen nicht unterschreiten. D.h. für die Praxis: Der Arbeitgeber kann nur den Kündigungstermin (zum 15. oder zum Ende des Kalendermonats), aber nicht die Länge der Kündigungsfrist verändern.
4.2 Verlängerung der Kündigungsfrist
Aufgrund des im Arbeitsrecht bestehenden Günstigkeitsprinzips kann grundsätzlich auch die für den Arbeitnehmer gemäß § 622 BGB geltende Kündigungsfrist verlängert werden. Gesetzlliche Beschränkungen bestehen nur nach § 622 Abs. 6 BGB, wonach für die Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitnehmer keine längere Frist vereinbart werden darf als für die Kündigung durch den Arbeitgeber.
Jedoch hat das BAG nunmher eine Verlängerung der Kündigungsfrist in einem Formulararbeitsvertrag als Verstoß gegen § 307 BGB für unwirksam erklärt. Hintergrund ist, dass die verlängerte Kündigungsfrist eine Beschränkung der Berufsfreiheit darstellen kann:
"Wird die gesetzliche Kündigungsfrist für den Arbeitnehmer in Allgemeinen Geschäftsbedingungen oder sog. Einmalbedingungen erheblich verlängert, kann darin auch dann eine unangemessene Benachteiligung entgegen den Geboten von Treu und Glauben iSv. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB liegen, wenn die Kündigungsfrist für den Arbeitgeber in gleicher Weise verlängert wird" (BAG 26.10.2017 - 6 AZR 158/16).
5 Besondere Kündigungsfristen
Besondere Kündigungsfristen bestehen u.a. in den folgenden Fällen:
6 Berechnung der Frist
Die Berechnung der Kündigungsfristen bestimmt sich nach den allgemeinen Fristberechnungsgrundsätzen mit der Ausnahme, dass § 193 BGB nicht anwendbar ist.
Beispiel 1:
Kündigungsfrist vier Wochen zum Monatsende, der Monat hat 31 Tage:
spätester Zugang der Kündigung: 03. des Monats
Beispiel 2:
Kündigungsfrist vier Wochen zum 15. des Monats, der Vormonat hat 31 Tage:
spätester Zugang der Kündigung: 18. des Vormonats
Beispiel 3:
Kündigungsfrist zwei Wochen zum 28.02.:
spätester Zugang der Kündigung: 14.02.
Beispiel 4:
Kündigungsfrist vier Monate zum Quartalsende:
Spätester Zugang der Kündigung jeweils am 30.11., 28./29.02., 31.05., 31.08.
Fristende ist grundsätzlich Mitternacht. Aber eine während der Abend- oder Nachtstunden in den Briefkasten des Arbeitnehmers eingeworfene Kündigung geht diesem nicht mehr zu, da eine Briefkastenleerung erst am folgenden Tag erwartet werden kann.
7 Fehlerhafte Kündigungsfrist
Ist der Arbeitgeber in dem Kündigungsschreiben von einer fehlerhaften Kündigungsfrist ausgegangen, so ist in all den Fällen, in denen sich bei fehlerhaft zugrunde gelegter Kündigungsfrist die Kündigungserklärung dahin auslegen lässt, dass eine fristwahrende Kündigung ausgesprochen sein sollte, eine Umdeutung nach § 140 BGB nicht erforderlich.
Nur dann, wenn sich aus der Kündigung und der im Rahmen der Auslegung zu berücksichtigenden Umstände des Einzelfalls ein Wille des Arbeitgebers ergibt, die Kündigung nur zum erklärten Zeitpunkt gegen sich gelten zu lassen, scheidet eine Auslegung aus. Der Kündigungstermin wäre dann ausnahmsweise integraler Bestandteil der Willenserklärung und müsste innerhalb der Klagfrist des § 4 KSchG angegriffen werden.
In den anderen Fällen kann die Geltendmachung der Nichteinhaltung der korrekten Kündigungsfrist auch noch außerhalb der Drei-Wochen-Frist des § 4 KSchG erfolgen (BAG 15.12.2005 - 2 AZR 148/05).
8 Betriebsstillegung
Auch bei einer Betriebsstillegung ist die für das Arbeitsverhältnis geltende Kündigungsfrist zu beachten. Dies gilt auch dann, wenn das Unternehmen vor dem Ablauf der Kündigungsfrist geschlossen wird. Auch in diesen Fällen endet das Arbeitsverhältnis mit dem Ablauf der Kündigungsfrist.
Sofern das Arbeitsverhältnis ordentlich unkündbar ist (siehe den Beitrag "Beschäftigte im öffentlichen Dienst), ist die ordentliche Kündigungsfrist auf die außerordentliche Kündigung anzuwenden:
"Ist die ordentliche Kündigung durch Tarifvertrag ausgeschlossen, ist eine Betriebsstillegung geeignet, eine außerordentliche Kündigung zu rechtfertige. Es ist die gesetzliche oder tarifvertragliche Kündigungsfrist einzuhalten, die gelten würde, wenn die ordentliche Kündigungsfrist nicht ausgeschlossen wäre" (BAG 28.03.1985 - 2 AZR 113/84).