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Betriebsbedingte Kündigung

Normen

§ 1 Abs. 2 S. 1 KSchG

§ 85 BPersVG

§ 34 TVöD

§ 34 TV-L

Information

1 Allgemein

Die betriebsbedingte Kündigung ist eine der drei in § 1 Abs. 2 S. 1 KSchG genannten Möglichkeiten, durch die eine Kündigung, bei der das Kündigungsschutzgesetz (Kündigungsschutz) zu beachten ist, bei Vorliegen der Voraussetzungen sozial gerechtfertigt und somit wirksam wird.

Bei einer betriebsbedingten Kündigung erfolgt die Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht aus Gründen, die in der Sphäre des Arbeitnehmers liegen, sondern aufgrund eines betrieblichen Überhangs an Arbeitskräften.

2 Rechtfertigung durch dringende betriebliche Erfordernisse

2.1 Allgemein

Die Voraussetzung einer betriebsbedingten Kündigung ist nach § 1 Abs. 2 S. 1 SchG, dass dringende betriebliche Bedürfnisse die Kündigung rechtfertigen.

Die Anforderungen an das Vorliegen eines dringenden betrieblichen Bedürfnisses sind gesetzlich nicht definiert. Bei der Prüfung, ob die Kündigung durch ein dringendes betriebliches Erfordernis bedingt ist, ist nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung wie folgt zu unterscheiden:

  1. a)

    Die unternehmerische Entscheidung zur Personalreduzierung (d.h. der Kündigungsentschluss).

  2. b)

    Das dringende betriebliche Erfordernis zum Ausspruch einer Kündigung, auf dem die Unternehmerentscheidung beruht (d.h. der Wegfall der Beschäftigungsmöglichkeit):

    Der Arbeitgeber muss darlegen, inwieweit seine Entscheidung zur Personalreduzierung konkret zum Wegfall des Arbeitsplatzes des betroffenen Arbeitnehmers geführt hat. Das Vorliegen eines Wegfalls der Beschäftigungsmöglichkeit unterliegt in vollem Umfang der gerichtlichen Kontrolle.

    Der Wegfall der Beschäftigungsmöglichkeit kann auf folgenden Ursachen beruhen:

    • Außerbetrieblichen Ursachen (z.B. Auftragsrückgang):

      Der Arbeitgeber muss darlegen, dass die außerbetrieblichen Ursachen zum Wegfall des konkreten Arbeitsplatzes geführt haben.

    • Innerbetrieblichen Ursachen:

      Innerbetriebliche Gründe liegen vor, wenn sich der Arbeitgeber zu einer organisatorischen Maßnahme entschließt, bei deren betrieblicher Umsetzung das Bedürfnis für die Weiterbeschäftigung eines oder mehrerer Arbeitnehmer entfällt.

Beispiel:

Umstrukturierung des Personalbestandes, Rationalisierungsmaßnahmen, Umstellung oder Einschränkung der Produktion oder von Arbeitsabläufen.

Der Arbeitgeber muss darlegen, inwiefern durch seine Organisationsentscheidung der gekündigte Arbeitsplatz entfällt.

Aber:

»Dabei kommt es de lege lata nicht darauf an, ob die dem Wegfall des Beschäftigungsbedürfnisses zugrunde liegende unternehmerische (Organisations-)Entscheidung ihrerseits - etwa aus wirtschaftlichen Gründen - »dringend« war oder die Existenz des Unternehmens auch ohne sie nicht gefährdet gewesen wäre (…). Das Kündigungsschutzgesetz schreibt nicht eine bestimmte rechtliche und organisatorische Form der Erledigung anfallender Aufgaben fest (…). Der Arbeitgeber ist - bis zur Grenze der Willkür - nicht gehindert, auch wirtschaftlich nicht zwingend notwendige Organisationsentscheidungen zu treffen (…). Es ist nicht Sache der Gerichte, ihm eine »bessere« oder »richtigere« betriebliche Organisation vorzuschreiben (BAG 28.02.2023 - 2 AZR 227/22).Auch das Entlassungsverlangen des Betriebsrats begründet eine betriebsbedingte Kündigung (BAG 28.03.2017 - 2 AZR 551/16)«.

Nach der Rechtsprechung kann die Kündigung eines Arbeitnehmers bei gleichzeitiger Vergabe der Tätigkeiten an freie Mitarbeiter durch betriebsbedingte Gründe gedeckt sein (BAG 13.03.2008 – 2 AZR 1037/06).

Hinweis:

Die Druckkündigung ist eine Unterform der betriebsbedingten Kündigung.

2.2 Dauerhafter Wegfall des Beschäftigungsbedürfnisses

Erforderlich ist ein dauerhafter Wegfall des Beschäftigungsbedürfnisses. Der Arbeitgeber hat die Tatsachen näher darzulegen, aus denen sich ergeben soll, dass zukünftig auf Dauer mit einem reduzierten Arbeitsvolumen und Beschäftigungsbedarf zu rechnen ist.

Nach der Entscheidung BAG 23.02.2012 – 2 AZR 548/10 »reicht ein bloßer Hinweis auf auslaufende Aufträge und das Fehlen von Anschlussaufträgen regelmäßig nicht aus, um einen dauerhaften Wegfall des Beschäftigungsbedürfnisses zu begründen. Der Arbeitgeber muss vielmehr anhand seiner Auftrags- und Personalplanung im Einzelnen darstellen, warum nicht nur eine - kurzfristige - Auftragsschwankung vorliegt, sondern ein dauerhafter Auftragsrückgang zu erwarten ist«.

2.3 Überprüfung durch das Arbeitsgericht

Für die Überprüfung der sozialen Rechtsfertigung einer Kündigungsschutzklage in einem Kündigungsschutzprozess gilt Folgendes (u.a. BAG 23.04.2008 – 2 AZR 1110/06):

  1. a)

    Für eine beschlossene und tatsächlich durchgeführte unternehmerische Entscheidung spricht die Vermutung, dass sie aus sachlichen Gründen erfolgt ist und kein Rechtsmissbrauch vorliegt.

    Vom Gericht ist nur nachzuprüfen, ob eine solche unternehmerische Entscheidung tatsächlich vorliegt und durch ihre Umsetzung das Beschäftigungsbedürfnis für einzelne Arbeitnehmer entfallen ist (BAG 13.03.2008 – 2 AZR 1037/06).

    Die Entscheidung selbst ist nicht auf ihre rechtliche Rechtfertigung oder ihre Zweckmäßigkeit zu überprüfen, sondern nur darauf, ob sie offenbar unsachlich, unvernünftig oder willkürlich ist.

  2. b)

    Der Arbeitgeber muss grundsätzlich nur darlegen, in welchem Umfang sich seine Unternehmensentscheidung auf die Beschäftigungsmöglichkeiten ausgewirkt hat.

  3. c)

    Deshalb hat im Kündigungsschutzprozess der Arbeitnehmer grundsätzlich die Umstände darzulegen und im Streitfall zu beweisen, aus denen sich ergeben soll, dass die getroffene innerbetriebliche Strukturmaßnahme bei innerbetrieblichen Gründen offensichtlich unsachlich, unvernünftig oder willkürlich ist.

    Allerdings kann nach dem Urteil BAG 16.12.2010 – 2 AZR 770/09 »in Fällen, in denen die Organisationsentscheidung des Arbeitgebers und sein Kündigungsentschluss praktisch deckungsgleich sind, die ansonsten berechtigte Vermutung, die fragliche Entscheidung sei aus sachlichen Gründen erfolgt, nicht unbesehen greifen. In diesen Fällen muss der Arbeitgeber vielmehr konkrete Angaben dazu machen, wie sich seine Organisationsentscheidung auf die Einsatzmöglichkeiten der Arbeitnehmer auswirkt (…).«

    Wenn der Arbeitgeber die Kündigung auf eine Unternehmerentscheidung stützt, welche lediglich in der Streichung einer Hierarchieebene besteht, bestehen gesteigerte Anforderungen an die Darlegungslast des Arbeitgebers:

    Läuft die unternehmerische Entscheidung letztlich nur auf den Abbau einer Hierarchieebene hinaus, verbunden mit einer Neuverteilung der dem betroffenen Arbeitnehmer bisher zugewiesenen Aufgaben, bedarf es der Konkretisierung dieser Entscheidung, damit geprüft werden kann, ob der Arbeitsplatz des betroffenen Arbeitnehmers tatsächlich weggefallen ist und die Entscheidung nicht offensichtlich unsachlich oder willkürlich ist. Der Arbeitgeber muss insbesondere konkret darlegen, in welchem Umfang die bisher von dem Arbeitnehmer ausgeübten Tätigkeiten zukünftig im Vergleich zum bisherigen Zustand entfallen. Er muss aufgrund seiner unternehmerischen Vorgaben die zukünftige Entwicklung der Arbeitsmenge anhand einer näher konkretisierten Prognose darstellen und angeben, wie die anfallenden Arbeiten vom verbliebenen Personal ohne überobligationsmäßige Leistungen erledigt werden können (BAG 13.02.2008 – 2 AZR 1041/06).

  4. d)

    Dabei zielt die Missbrauchskontrolle der unternehmerischen Entscheidung weder darauf ab, dem Arbeitgeber organisatorische Vorgaben zu machen, noch darf sie dazu dienen, die Stichhaltigkeit der Erwägungen zu prüfen, die den Arbeitgeber gerade zu dem von ihm gewählten Konzept geführt haben. Es geht in diesem Zusammenhang allein um die Verhinderung von Missbrauch (BAG 22.05.2003 – 2 AZR 326/02). Verstöße gegen gesetzliche und tarifliche Normen sollen dabei genauso verhindert, wie Diskriminierung und Umgehungsfälle vermieden werden.

    Deshalb ist es missbräuchlich, einen Arbeitnehmer durch die Bildung separater betrieblicher Organisationsstrukturen bei unverändertem Beschäftigungsbedarf aus dem Betrieb zu drängen (BAG 26.09.2002 – 2 AZR 636/01; BAG 22.04.2004 – 2 AZR 385/03) oder abstrakte Änderungen von Organisationsstrukturen ohne Änderung der realen Abläufe zu benutzen, um den Inhalt von Arbeitsverhältnissen zum Nachteil von Arbeitnehmern zu ändern.

  5. e)

    Hängt der Wegfall des Arbeitsbedarfs von unternehmerischorganisatorischen Maßnahmen des Arbeitgebers ab, die bei Zugang der Kündigung faktisch noch nicht umgesetzt worden sind, müssen folglich zumindest die Absicht und der Wille des Arbeitgebers, diese Maßnahmen vorzunehmen, schon vorhanden und abschließend gebildet worden sein. Andernfalls lässt sich im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung – auf den es dafür unverzichtbar ankommt – nicht hinreichend sicher prognostizieren, es werde bis zum Ablauf der Kündigungsfrist tatsächlich zum Wegfall des Beschäftigungsbedarfs kommen (BAG 31.07.2014 – 2 AZR 422/13).

3 Weiterbeschäftigung auf einem anderen Arbeitsplatz

Siehe insofern den Beitrag »Betriebsbedingte Kündigung - Weiterbeschäftigung«.

4 Sozialauswahl

Eine betriebsbedingte Kündigung erfordert eine vorherige Sozialauswahl.

5 Zahlung einer Abfindung

Möglich ist auch die Zahlung einer Abfindung.

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