Unterhalt - nachehelicher
1 Einführung
Die Vorschriften des nachehelichen Unterhaltsrechts beginnen in § 1569 BGB mit der Klarstellung, dass nach einer Scheidung jeder Ehegatte selbst für seinen Unterhalt zu sorgen hat. Nur wenn ein Ehegatte dazu außerstande ist, hat er gegen den anderen Ehegatten einen Anspruch auf Unterhalt, sofern die im Gesetz genannten Voraussetzungen des Unterhalts vorliegen (Grundsatz der Eigenverantwortung).
Der Grundsatz der Eigenverantwortung manifestiert sich auch durch die in § 1574 BGB geregelte Pflicht eines jeden bedürftigen geschiedenen Ehegatten, eine angemessene Erwerbstätigkeit auszuüben.
Allgemeine Voraussetzungen der Begründetheit eines Unterhaltsanspruchs sind:
- a)
Vorliegen eines Unterhaltstatbestandes
- b)
Unterhaltsbedarf (§ 1578 BGB) - siehe den Beitrag "Lebensbedarf"
- c)
Unterhaltsbedürftigkeit (§ 1577 BGB)
- d)
Leistungsfähigkeit des Verpflichteten (§ 1581 BGB)
2 Unterhaltstatbestände
Die zur nachehelichen Unterhaltszahlung verpflichtenden Tatbestände sind im Gesetz abschließend aufgezählt:
Unterhalt wegen der Betreuung eines Kindes (Betreuungsunterhalt, § 1570 BGB)
Unterhalt wegen Alters (§ 1571 BGB)
Unterhalt wegen Krankheit (§ 1572 BGB)
Aufstockungsunterhalt (§ 1573 BGB)
Unterhalt zur Beendigung der Ausbildung (§ 1575 BGB)
Unterhalt aus Billigkeitsgründen (§ 1576 BGB)
Hinweis:
Wird der Unterhalt nicht im Scheidungsverbund geltend gemacht, sondern durch eine isolierte Klage nach dem Scheidungstermin beantragt, so ist der Anspruch nur begründet, wenn seit der Scheidung ununterbrochen eine Unterhaltskette gegeben war. Eine Ausnahme besteht für den Billigkeitsunterhalt.
Beispiel:
Beide Ehegatten haben während der Ehe gearbeitet, erzielten ein gleich hohes Einkommen und hatten keine Kinder. Fünf Jahre nach der Ehescheidung wird die Ehefrau arbeitslos. In diesem Fall lebt der Unterhaltsanspruch nicht wieder auf.
3 Leistungsfähigkeit des Verpflichteten
Die Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen richtet sich nach seinem aktuellen Einkommen, sofern der Pflichtige sein Einkommen nicht mutwillig reduziert hat oder ihm eine sonstige Obliegenheitsverletzung vorzuwerfen ist.
"Erklärt sich der auf Auskunftserteilung in Anspruch genommene Unterhaltspflichtige für "unbegrenzt leistungsfähig", so ist einer solchen Erklärung regelmäßig zu entnehmen, dass er darauf verzichtet, den Einwand fehlender oder eingeschränkter Leistungsfähigkeit zu erheben" (BGH 15.11.2017 - XII ZB 503/16).
Wird einem Arbeitnehmer ein Dienstwagen auch zur privaten Nutzung zur Verfügung gestellt, erhöht sich grundsätzlich sein unterhaltspflichtiges Einkommen, soweit er eigene Aufwendungen für die Unterhaltung eines Pkw erspart (OLG Hamm 10.12.2013 - 2 UF 216/12).
Bei der Berücksichtigung von Abfindungen hat der BGH nunmehr seine Rechtsprechung dahin gehend geändert, als dass eine Abfindung dann bei der Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen zu berücksichtigen ist (d.h. Aufstockung des verringerten Einkommens), wenn sich das Einkommen mit der neuen Arbeitsstelle verringert hat (BGH 18.04.2012 - XII ZR 65/10).
Hinweis:
Zur Berücksichtigung einer Abfindung im Zugewinn siehe den Beitrag "Zugewinnausgleich".
4 Höhe des Unterhalts
Siehe den Beitrag "Unterhalt - nachehelicher - Höhe".
5 Befristung / Herabsetzung des Unterhalts
Der nacheheliche Unterhalt kann befristet oder herabgesetzt werden.
6 Selbstbehalt
Der Unterhaltsanspruch wird durch den Selbstbehalt des Unterhaltsschuldners begrenzt.
7 Verwirkung
Bei Vorliegen der Voraussetzungen kann es zur Verwirkung des Unterhaltsanspruchs kommen.
8 Zuständiges Gericht
Zuständig ist gemäß § 111 Nr. 8 FamFG das Familiengericht.
Hinweis:
Hat der Unterhaltsgläubiger zwar Anspruch auf den Trennungsunterhalt, aber nicht mehr auf nachehelichen Unterhalt, so sollte im Scheidungstermin kein Rechtsmittelverzicht erklärt werden. Dadurch hat der Mandant bis zum Ablauf der Rechtsmittelfrist noch einen Anspruch auf den Trennungsunterhalt.
9 Unterhaltsvergleich
Schließen die Parteien einen Unterhaltsvergleich mit der Vereinbarung eines Abfindungsbetrags, werden unterhaltsrelevante Tatbestände nicht zur Geschäftsgrundlage des Vergleichs. Nach dem Urteil BGH 10.08.2005 - XII ZR 73/05 gilt dies auch dann, wenn der Abfindungsbetrag in Raten gezahlt werden soll und die Unterhaltsberechtigte vor der Fälligkeit der letzten Rate erneut heiratet.
Hinweis:
Zur Abänderbarkeit eines Unterhaltsvergleichs siehe den Beitrag "Abänderungsklage - Unterhalt".
Hinweis:
Zu der bei einem Unterhaltsvergleich geltenden Verjährungsfrist siehe den Beitrag "Verjährung - Fristen".
10 Ausschluss im Ehevertrag
Der Unterhaltsanspruch kann grundsätzlich durch eine Regelung in einem Ehevertrag ausgeschlossen werden.
11 Tod des Unterhaltspflichtigen im Unterhaltsprozess
"Anspruchsgrundlage für einen Unterhaltsanspruch gegen die Erben des nach Rechtshängigkeit seines Scheidungsantrags verstorbenen Ehegatten ist § 1933 Satz 3 BGB. Ist (...) das gesetzliche Erbrecht des überlebenden Ehegatten gemäß § 1933 Satz 1 BGB ausgeschlossen, weil im Todeszeitpunkt die Voraussetzungen für die Scheidung der Ehe gegeben waren, so erhält dieser gemäß § 1933 Satz 3 BGB einen quasi-nachehelichen Unterhaltsanspruch gegen die Erben nach Maßgabe der §§ 1569 bis 1586b BGB. Die Verweisung auf §§ 1569 bis 1586b BGB ist dabei eine Rechtsgrundverweisung (vgl. MüKoBGB/Leipold, 7. Auflage, § 1933 Rz. 25). Ein Unterhaltsanspruch besteht nur, wenn ein Unterhaltstatbestand gemäß §§ 1570 bis 1576 BGB vorliegt, der Anspruchsteller bedürftig im Sinne von § 1577 BGB und kein Ausschlussgrund gegeben ist. Der Unterhaltsanspruch ist zudem auf die Höhe des fiktiven Pflichtteils des überlebenden Ehegatten beschränkt" (OLG Düsseldorf 21.11.2018 - 5 UF 1/18).