Ehevertrag
1 Allgemein
Eheverträge sind gemäß § 1408 BGB Verträge, durch die Eheleute eine Regelung ihrer güterrechtlichen Verhältnisse treffen wollen. Dabei bestehen folgende Möglichkeiten:
Es wird ein anderer als der gesetzliche Güterstand der Zugewinngemeinschaft vereinbart.
Die Zugewinngemeinschaft wird modifiziert.
Beispiel:
Herausnahme von Vermögensgegenständen aus dem Zugewinnausgleich (OLG Karlsruhe 19.01.2009 - 1 U 175/08)
Eine Modifizierung des Zugewinnausgleichs in einem Ehevertrag dahin gehend, dass das Betriebsvermögen des Ehemannes nur mit dem Stand seiner Kapitalkonten berücksichtigt wird und Firmenwert und stille Reserven unberücksichtigt bleiben, ist wirksam. Eine Vereinbarung der Beteiligten, einen einzelnen Vermögensgegenstand bei der Ermittlung des Zugewinns unberücksichtigt zu lassen, ist ebenfalls zulässig (OLG Bremen 08.05.2014 - 5 UF 110/13).
Der Versorgungsausgleich wird ausgeschlossen.
Ein Ehevertrag erfordert gemäß § 1410 BGB immer eine notarielle Beurkundung.
Hinweis:
In der familienrechtlichen Praxis werden als Eheverträge alle Verträge mit familienrechtlichem Inhalt bezeichnet. Dies können im Einzelnen Eheverträge im engeren Sinne, Trennungsvereinbarungen oder Scheidungsfolgenvereinbarungen sein. In der Praxis wird fast immer eine Mischform vorliegen. Die Vereinbarungen erfordern nicht die notarielle Beurkundung, es sei denn der Vertrag beinhaltet auch einen Ehevertrag im engeren Sinne oder eine sonstige formbedürftige Vereinbarung wie die Übertragung eines Grundstücks.
Im Folgenden wird der mögliche Inhalt eines Ehevertrages thematisch gegliedert dargestellt. Die Besonderheiten einer Gütertrennung, Scheidungsfolgenvereinbarung oder einer Gütergemeinschaft sind in gesonderten Beiträgen dargestellt.
2 Eheliche Lebensverhältnisse
Der Regelungsinhalt von Eheverträgen für den Bereich eheliche Lebensverhältnisse betrifft zumeist den Ausschluss der Verfügungsbeschränkung über das Vermögen im Ganzen gemäß § 1369 BGB. In diesem Fall handelt es sich um die Modifizierung der Zugewinngemeinschaft, die eine notarielle Beurkundung erfordert.
3 Zugewinngemeinschaft
Im Rahmen eines Ehevertrages können die gesetzlichen Vorgaben der Zugewinngemeinschaft z.B. wie folgt modifiziert werden:
Beispiel:
Beschränkung des Güterstandes der Zugewinngemeinschaft nur für den Fall des Todes
Zulässigkeit der Geltendmachung des Zugewinnausgleichs erst ab einer bestimmten Ehedauer
Herausnahme bestimmter Vermögensgegenstände aus der Zugewinngemeinschaft
Eintritt der Zugewinngemeinschaft nur für den Fall der Geburt gemeinsamer Kinder
4 Scheidung
Unzulässig sind grundsätzlich Vereinbarungen, nach denen eine Scheidung ausgeschlossen oder erschwert werden soll, z.B. durch die Zahlung eines Geldbetrages für den Fall der Scheidungseinreichung. Derartige Vereinbarungen sind aber wirksam, wenn ihnen ein anderer Zweck zugrunde liegt, z.B. die finanzielle Absicherung des Ehepartners. Dies ist gegebenenfalls durch Auslegung zu ermitteln.
In Eheverträgen können für den Fall der Scheidung u.a. Regelungen aufgenommen werden über:
die Verteilung des Haushaltsgegenstände
die Zugehörigkeit des Fahrzeugs
die Zugehörigkeit der Ehewohnung
die Verpflichtung zur Zahlung der Verbindlichkeiten der Eheleute
Davon zu unterscheiden sind im Hinblick auf eine bevorstehende Scheidung getroffene Scheidungsfolgenvereinbarungen.
5 Kinder
Vereinbarungen über die Ausübung der elterlichen Sorge bzw. des Umgangsrechts können vertraglich zwischen den Eltern geregelt werden. Auch kann bei dem Bestehen der gemeinsamen elterlichen Sorge ein Teil des Sorgerechts aufgrund einer Vereinbarung nur einem Elternteil zustehen.
Unwirksam (da sittenwidrig) sind jedoch Vereinbarungen, nach denen bei gleichzeitiger finanzieller Vergünstigung auf das Sorgerecht oder das Umgangsrecht verzichtet wird.
Beispiel:
Der Vater verzichtet auf das Sorgerecht, die Mutter verzichtet auf die ihr grundsätzlich zustehende Geltendmachung von Unterhalt.
Der in einer Vereinbarung geregelte Verzicht auf die Geltendmachung von Kindesunterhalt für die Zukunft ist gemäß § 1614 BGB unwirksam.
6 Versorgungsausgleich
Rechtsgrundlage der Vereinbarungen über den Versorgungsausgleich sind die §§ 6 - 8 VersAusglG. Der Ausschluss des Versorgungsausgleichs kann in einem Ehevertrag vereinbart werden.
Der Versorgungsausgleich wird dem Kernbereich der Scheidungsfolgen zugeordnet und steht als vorweggenommener Altersunterhalt einer vertraglichen Gestaltung nur begrenzt offen.
Ein Ausschluss des Versorgungsausgleichs ist schon für sich genommen unwirksam, wenn er dazu führt, dass ein Ehegatte aufgrund des bereits beim Vertragsschluss geplanten (oder zu diesem Zeitpunkt schon verwirklichten) Zuschnitts der Ehe über keine hinreichende Alterssicherung verfügt und dieses Ergebnis mit dem Gebot ehelicher Solidarität schlechthin unvereinbar erscheint. Das ist namentlich dann der Fall, wenn sich ein Ehegatte, wie schon beim Vertragsschluss geplant oder verwirklicht, der Betreuung der gemeinsamen Kinder gewidmet und deshalb auf eine versorgungsbegründende Erwerbstätigkeit in der Ehe verzichtet hat.
Der vollständige Ausschluss des Versorgungsausgleichs kann aber auch bei einer Alleinverdienerehe der ehevertraglichen Wirksamkeitskontrolle standhalten, wenn die wirtschaftlich nachteiligen Folgen dieser Regelung für den belasteten Ehegatten durch die ihm gewährten Kompensationsleistungen (z.B. Finanzierung einer privaten Kapitalversicherung; Übertragung einer Immobilie) ausreichend abgemildert werden (BGH 29.01.2014 - XII ZB 303/13).
Soweit ein Ehevertrag der Wirksamkeitskontrolle standhält, muss der Richter im Rahmen einer Ausübungskontrolle prüfen, ob und inwieweit ein Ehegatte die ihm durch den Vertrag eingeräumte Rechtsmacht missbraucht, wenn er sich im Scheidungsfall gegenüber einer vom anderen Ehegatten begehrten gesetzlichen Scheidungsfolge darauf beruft, dass diese Rechtsfolge durch den Vertrag wirksam abbedungen sei. Entscheidend ist insofern, ob sich im Zeitpunkt des Scheiterns der Ehe aus dem vereinbarten Ausschluss der Scheidungsfolge eine evident einseitige und nach Treu und Glauben unzumutbare Lastenverteilung ergibt. Ein zunächst wirksam vereinbarter - völliger oder teilweiser - Ausschluss des Versorgungsausgleichs hält nach diesen Maßstäben einer Ausübungskontrolle nicht stand, wenn er dazu führt, dass ein Ehegatte aufgrund einvernehmlicher Änderung der gemeinsamen Lebensumstände über keine hinreichende Alterssicherung verfügt und dieses Ergebnis mit dem Gebot ehelicher Solidarität schlechthin unvereinbar erscheint (BGH 08.10.2014 - XII ZB 318/11).
7 Ehevertragsklauseln in Gesellschafterverträgen
Sofern ein Ehepartner Gesellschafter wird, werden in dem Gesellschaftervertrag üblicherweise Vorkehrungen getroffen, um im Fall der Scheidung oder des Todes des Gesellschafters nicht aufgrund der Zahlungspflicht des Gesellschafters die Gesellschaft in finanzielle Schwierigkeiten zu bringen. Die durch den Ehevertrag benachteiligte Ehepartner kann sich ehevertraglich andere Gegenleistungen versprechen lassen bzw. sichern.
8 Inhaltskontrolle durch die Gerichte
Siehe den Beitrag "Ehevertrag - Inhaltskontrolle".