Scheidungsverbund
§ 44 FamGKG
1 Inhalt des Scheidungsverbunds
Der Scheidungsverbund ist die gleichzeitige Regelung von anlässlich einer Scheidung anstehenden Rechtsbeziehungen im Scheidungsverfahren. Rechtsgrundlagen sind die §§ 137 ff. FamFG.
Ein Verbundverfahren unterteilt sich in das Scheidungsverfahren und die Folgesachen.
"Bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 137 Abs. 2 Satz 1 FamFG tritt der aus Scheidungs- und Folgesache bestehende Verbund kraft Gesetzes ein, ohne dass die Ehegatten hierüber disponieren können. Der Antrag, eine Folgesache entgegen §§ 137 Abs. 1, 142 Abs. 1 Satz 1 FamFG in einem isolierten Verfahren zu führen, ist daher für die Entstehung des Verbunds unbeachtlich" (BGH 21.07.2021 - XII ZB 21/21).
Die Entscheidung über den Versorgungsausgleich ist eine notwendige Folgesache, die Sorgerechtsentscheidung war bis zur Kindschaftsrechtsreform eine notwendige Folgesache. Andere Verfahren können auf Antrag einer Partei in den Verbund miteinbezogen werden.
Dies sind:
das Sorgerecht für ein gemeinschaftliches Kind
das Umgangsrecht des nicht sorgeberechtigten Ehegatten
schuldrechtlicher Versorgungsausgleich
Regelungen über die Ehewohnung und die Haushaltsgegenstände
Ansprüche aus dem ehelichen Güterrecht, insbesondere der Zugewinnausgleich
Im Verbundverfahren ergeht ein einheitliches Urteil.
Zur Herbeiführung des Scheidungsverbunds reicht es aus, dass ein entsprechender Prozesskostenhilfeantrag mit der Ankündigung gestellt wird, dass die Folgesachenanträge nach Bewilligung der Prozesskostenhilfe gestellt werden (OLG Koblenz 29.05.2008 - 7 UF 812/07).
2 Abtrennung einer Folgesache
2.1 Voraussetzungen einer Abtrennung
Rechtsgrundlage ist § 140 FamFG:
- a)
Die Folgesache ist nach § 140 Abs. 1 FamFGabzutrennen, wenn in einer Unterhaltsfolgesache oder Güterrechtsfolgesache außer den Ehegatten eine weitere Person Beteiligter des Verfahrens wird.
- b)
Das Gericht kann auf Antrag eines Ehegatten eine Folgesache von der Scheidungssache abtrennen, wenn eine der in § 140 Abs. 1 - 3 FamFG aufgeführten Voraussetzungen vorliegt.
Der Abtrennungsgrund der unzumutbaren Härte (§ 140 Abs. 2 Nr. 5 FamFG) liegt vor, wenn das Interesse des die Abtrennung begehenden Ehegatten nach den Umständen des Einzelfalls das Interesse des anderen Ehegatten daran, dass gleichzeitig mit der Scheidung über die Folgesache entschieden wird, überwiegt. Dabei ist zu berücksichtigen, dass § 140 Abs. 2 Nr. 5 FamFG eine Ausnahmeregelung darstellt und es grundsätzlich dem Schutz des die Folgesachen anhängig machenden Ehegatten dient, dass gleichzeitig mit der Scheidung über die wichtigsten Scheidungsfolgen entschieden wird.
Im Rahmen der Abwägung der gegenseitigen Interessen ist auch eine ernstlich beabsichtigte neue Eheschließung des Antragstellers mit seiner Lebenspartnerin, mit der er ein gemeinsames Kind hat, zu berücksichtigen (OLG Hamm 19.12.2013, Az.: 2 UF 150/13).
Die Abtrennung steht nach dem Wortlaut der gesetzlichen Regelung weder bei der Sorgerechts- noch bei der Unterhaltsfolgesache im Ermessen des Gerichts, vielmehr ist das Gericht auch gegen den Widerspruch des anderen Ehegatten an den Abtrennungsantrag gebunden.
2.2 Ablehnung des Abtrennungsantrags
Der BGH hat mit dem Urteil BGH 01.10.2008 - XII ZR 172/06 die Frage entschieden, ob und ggf. unter welchen Umständen eine Abtrennung gleichwohl abgelehnt werden darf:
Danach darf ein rechtsmissbräuchlich gestellter Abtrennungsantrag zurückgewiesen werden. Die Frage, ob ein Missbrauch vorliegt, lässt sich nicht allein danach beantworten, ob derjenige Ehegatte, der die Abtrennung beantragt hat, zugleich Antragsteller der Folgesache ist. Vielmehr erfordert diese Beurteilung eine weiter gehende Würdigung, in die vor allem der Normzweck einzubeziehen ist:
Daraus ist zu schließen, dass eine Sorgerechtsfolgesache auf Antrag grundsätzlich abzutrennen ist.
Bei Unterhaltsfolgesachen ist einem Abtrennungsantrag dagegen nur dann zu entsprechen, wenn ein sachlicher Zusammenhang zwischen elterlicher Sorge und Kindesunterhalt bzw. Betreuungsunterhalt des Ehegatten besteht, der eine Vorabentscheidung über den Unterhalt erfordert.