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Nebenklage

Normen

§§ 395 ff. StPO

BT-Drs. 19/14747 (zu den am 13.12.2019 in Kraft getretenen Änderungen)

Vorbemerkung 4 Abs. 1 Vergütungsverzeichnis zum RVG

Information

1 Allgemein

Anklage wird im Strafprozess durch die Staatsanwaltschaft erhoben. Die Opfer einer der in § 395 StPO enumerativ aufgezählten Taten können sich der öffentlichen Anklage als Nebenkläger anschließen.

Nebenkläger haben die Möglichkeit, aktiv am Verfahren mitzuwirken und durch Erklärungen, Fragen, Anträge und auch Rechtsmittel auf das Verfahren Einfluss zu nehmen.

Die Nebenklage soll dem Opfer in erster Linie Genugtuung verschaffen. Nach § 395 Abs. 2 StPO sind z.B. auch nahe Angehörige des Opfers zur Nebenklage berechtigt. Die Anschlusserklärung ist dem Gericht einzureichen, welches dann über die Berechtigung entscheidet. Dabei kann die Anschlusserklärung zeitlich auch erst nach der Vernehmung des Opfers als Zeuge eingereicht werden, was aus verschiedenen Gründen auch zu empfehlen ist.

Der Antrag auf Zulassung zur Nebenklage kann grundsätzlich in jedem Verfahrensstadium gestellt bzw. widerrufen werden. Wird dem Antrag nicht stattgegeben, so kann dagegen mit der Beschwerde gemäß § 304 StPO angegangen werden.

Die Nebenklage ist im Jugendstrafverfahren nicht zulässig. Dies wurde zuletzt durch das Urteil des OLG Stuttgart 08.10.2002 – 2 Ws 218/02 bestätigt. Dies gilt nicht für Verfahren gegen Heranwachsende, auch wenn in dem Verfahren Jugendstrafrecht anzuwenden ist.

2 Zulässiger Personenkreis

Zur Nebenklage berechtigt ist der in § 395 StPO aufgeführte Personenkreis.

Dazu gehören die Delikte des Kinderhandels nach § 236 StGB sowie die Nötigung in besonders schweren Fällen nach § 240 Absatz 4 StGB. Nach der Gesetzesbegründung (BR-Drs. 178/09) sollen insbesondere die Fälle der Zwangsverheiratung, der Nachstellungen sowie der Nötigungen zu sexuellen Handlungen davon erfasst werden.

Die Nebenklagebefugnis besteht nicht mehr für die Verletzten von gewerblichen Schutzrechten.

Zudem wurde in § 395 Absatz 3 StPO ein Auffangtatbestand geschaffen, der insbesondere Opfern von Straftaten, die im Einzelfall als besonders schwerwiegende Delikte einzuordnen sind, eine Anschlussberechtigung als Nebenkläger dann ermöglicht, wenn dies aus besonderen Gründen zur Wahrnehmung ihrer Interessen geboten erscheint. Bei der Frage, ob besondere Gründe vorliegen, wird vor allem auf die Schwere der Tatfolgen für das Opfer abgestellt.

3 Rechte des Nebenklägers

Zur Nebenklage berechtigte Opfer sowie sonstige Verletzte sind gemäß § 214 Abs. 1 StPO vom Termin der Hauptverhandlung zu benachrichtigen.

Die Rechte des Nebenklägers folgen aus § 397 StPO: Der Nebenkläger ist z.B. zur Anwesenheit in der Hauptverhandlung berechtigt, darf Fragen stellen und Erklärungen abgeben. Eine unterbliebene Terminsbenachrichtigung berechtigt zur Einlegung der Revision. Andererseits besteht keine Pflicht des Nebenklägers zur Teilnahme an der Hauptverhandlung.

Der Nebenkläger ist jederzeit berechtigt, einen Rechtsanwalt mit seiner Vertretung zu beauftragen.

Der Nebenkläger hat bei der Vertretung durch einen Rechtsanwalt ein Akteneinsichtsrecht.

Der Nebenkläger kann sich gemäß § 395 Abs. 1 StPO auch dem Antrag im Sicherungsverfahren anschließen.

4 Übernahme der Kosten einer anwaltlichen Unterstützung des Nebenklägers

Regelungsgegenstand des § 397a StPO ist die Bestellung eines Beistands für ausgewählte Nebenkläger unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 (sogenannter »kostenloser Opferanwalt«) sowie die Gewährung von Prozesskostenhilfe für Nebenkläger unter den Voraussetzungen des Absatzes 2. Es besteht folgende Reihenfolge:

  1. a)

    Bestellung eines Rechtsanwalts als Beistand des Nebenklägers bei Vorliegen der in § 397a Absatz 1 StPO genannten Voraussetzungen.

    Bei der Tätigkeit als Beistand wird der Rechtsanwalt nicht vertretend für den Nebenkläger tätig. Seine Aufgabe liegt vielmehr in dessen Beratung.

    oder

  2. b)

    Übernahme der Rechtsanwaltskosten als Prozesskostenhilfe (§ 397a Absatz 2 StPO):

    Die Voraussetzungen sind:

    • Die allgemeinen Voraussetzungen der Prozesskostenhilfe liegen vor.

    • Der Nebenkläger kann seine Interessen selbst nicht ausreichend wahrnehmen oder es ist ihm nicht zuzumuten.

    oder

  3. c)

    Sonstige Fälle:

    In den anderen Fällen sind die Kosten der Nebenklage von dem Nebenkläger selbst zu tragen bzw. werden gegebenenfalls von Opferschutzorganisationen übernommen.

    Nach dem Beschluss BVerfG 12.09.2005 – 2 BvR 277/05 sind jedoch dem Nebenkläger die Kosten eines von ihm in Auftrag gegebenen Privatgutachtens zu erstatten, sofern das Gutachten für die Wahrung seiner Rechte notwendig war.

Für die gebührenrechtliche Abrechnung des Rechtsanwalts ist es unerheblich, ob es sich um eine Tätigkeit als Beistand oder als Vertreter handelt.

5 Anwaltlicher Beistand

Die Befugnis des Nebenklägers, mit dem Beistand zur Hauptverhandlung zu erscheinen oder sich dort durch einen Rechtsanwalt vertreten zu lassen, ist in § 397 Absatz 2 StPO ausdrücklich geregelt.

Auch besteht nach dem ergänzten § 397 Absatz 2 StPO eine Pflicht, Vertretern und Beiständen von Nebenklägern, soweit sie sich zur Akte legitimiert haben oder vom Gericht bestellt worden sind, eine Terminsnachricht zu übersenden. Auf eine Pflicht zur förmlichen Ladung wurde verzichtet, da schon der Nebenkläger selbst förmlich geladen wird.

Mehrere Nebenkläger:

§ 397b StPO regelt eine gemeinschaftliche Nebenklagevertretung:

Die gemeinschaftliche Nebenklagevertretung setzt nach § 397b Abs. 1 Satz 1 StPO voraus, dass die Nebenkläger gleichgelagerte Interessen verfolgen.

Die Regelung ist als Kann-Vorschrift ausgestaltet und belässt dem Gericht sowohl ein Entschließungs- als auch ein Auswahlermessen. Gleichgelagerte Interessen werden nach § 397b Abs. 1 S. 2 StPO in der Regel bei Nebenklägern anzunehmen sein, die nahe Angehörige desselben Getöteten (§ 395 Absatz 2 Nummer 1 StPO) sind. Dies wird insbesondere in den Fällen in Betracht kommen, in denen sich mehrere minderjährige Kinder eines Getöteten der öffentlichen Klage als Nebenkläger anschließen. Das Regelbeispiel soll indes nicht abschließend sein. Gleichgelagerte Interessen sind nach der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 19/14747, Seite 38 ff.) auch außerhalb von Tötungsdelikten und unabhängig von Verwandtschaftsbeziehungen denkbar, etwa bei Großschadensereignissen oder Umweltdelikten. Die Kriterien für das Vorliegen gleichgelagerter Interessen sind anhand der jeweiligen Umstände zu ermitteln.

Liegen die Voraussetzung der gemeinschaftlichen Nebenklagevertretung vor, sieht § 397b Abs. 1 S. 1 StPO auf der Rechtsfolgenseite ein Entschließungs- und ein Auswahlermessen vor. Hinsichtlich des Entschließungsermessens, ob die Mehrfachvertretung überhaupt in Betracht zu ziehen ist, soll das Gericht neben der Interessenlage der Nebenkläger weitere Gesichtspunkte berücksichtigen, wie die Wahrung der Rechte des Angeklagten, den Resozialisierungsgedanken oder die voraussichtliche Dauer und Komplexität des Verfahrens.

Die Ermessensentscheidung betrifft auch die Einteilung der Gruppen von Nebenklägern. Sie soll sich an den gleichgelagerten Interessen der Nebenkläger orientieren.

6 Leistungen der sozialen Entschädigung für Opfer

Bei Vorliegen der Voraussetzungen haben die Opfer Anspruch auf Leistungen nach dem sozialen Entschädigungsrecht.

metis