Prozesskostenhilfe
Prozesskostenhilfebekanntmachung 2024
1 Allgemein
Übernahme der Prozesskosten durch den Staat.
Hinweis:
In außergerichtlichen Rechtsfragen wird Beratungshilfe gewährt.
2 Voraussetzungen
Voraussetzungen der Gewährung von Prozesskostenhilfe sind, dass
der Rechtsstreit hinreichende Aussicht auf Erfolg hat:
Prozesskostenhilfe darf verweigert werden, wenn ein Erfolg in der Hauptsache zwar nicht schlechthin ausgeschlossen, die Erfolgschance aber nur eine entfernte ist. Die Anforderungen an die Erfolgsaussichten dürfen jedoch nicht überspannt werden. Die Prüfung der Erfolgsaussichten soll nicht dazu dienen, die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung selbst in das summarische Nebenverfahren der Prozesskostenhilfe vorzuverlagern und dieses an die Stelle des Hauptsacheverfahrens treten zu lassen.
Ein Rechtsschutzbegehren hat in aller Regel hinreichende Aussicht auf Erfolg, wenn die Entscheidung in der Hauptsache von der Beantwortung einer schwierigen, bislang ungeklärten Rechtsfrage abhängt. Prozesskostenhilfe braucht allerdings nicht schon dann gewährt zu werden, wenn die entscheidungserhebliche Rechtsfrage zwar noch nicht höchstrichterlich geklärt ist, ihre Beantwortung aber im Hinblick auf die einschlägige gesetzliche Regelung oder die durch die bereits vorliegende Rechtsprechung gewährten Auslegungshilfen nicht in dem genannten Sinne als »schwierig« erscheint. Legt ein Fachgericht § 114 S. 1 ZPO hingegen dahin aus, dass schwierige, noch nicht geklärte Rechtsfragen im Prozesskostenhilfeverfahren »durchentschieden« werden können, verkennt es damit die Bedeutung der Rechtsschutzgleichheit (BVerfG 04.05.2015 – 1 BvR 2096/13).
und
die Partei nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen nicht in der Lage ist, die Kosten des Prozesses zu tragen:
Die der Entscheidung zugrunde liegenden Berechnungsschritte sind in § 115 ZPO dargestellt.
Es gelten die in der Prozesskostenhilfebekanntmachung 2024 aufgeführten Freibeträge.
Hinweis:
Dabei wird unterschieden zwischen Freibeträgen für das Bundesgebiet sowie gesondert für die Bereiche Landeshauptstadt München, Landkreis München und die Landkreise Fürstenfeldbruck und Starnberg.
Hintergrund ist, dass sich die bisherigen einheitlichen Werte für das ganze Bundesgebiet nach dem jeweils höchsten Regelsatz, der nach der Anlage zu § 28 SGB XII festgesetzt oder fortgeschrieben worden ist, zu richten hatten.
Sobald ein Land oder eine Kommune eine Regelsatzabweichung nach oben vornahm, richten sich hiernach die PKH-Freibeträge im gesamten Bundesgebiet. Die Stadt München hat seit dem 1. April 2012 kontinuierlich für ihr Gebiet gemäß § 29 SGB XII Regelsätze beschlossen, die höher sind als im restlichen Bundesgebiet. In der Folge waren die PKH-Freibeträge im gesamten Bundesgebiet entsprechend angestiegen, ohne dass dies dort aufgrund erhöhter Lebenshaltungskosten gerechtfertigt gewesen wäre.
Gemäß dem neuen § 115 Abs. 1 S. 4 ZPO sind – soweit am Wohnsitz der Partei aufgrund einer Neufestsetzung oder Fortschreibung nach § 29 Abs. 2 bis 4 SGB XII höhere Regelsätze gelten, diese heranzuziehen. Diese Abweichungen werden nun ebenfalls veröffentlicht. Derzeit bestehen Abweichungen nur für die oben genannte Bereiche Bayerns.
In § 20 Abs. 2 RPflG werden die Landesregierungen ermächtigt, durch Rechtsverordnung zu bestimmen, dass die Prüfung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse auf den Rechtspfleger übertragen werden kann.
Für die Erklärung der Partei über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse sind die in der Anlage zur Prozesskostenhilfeformularverordnung aufgeführten Vorlagen zu verwenden.
Übersteigt das Einkommen der Partei die in § 115 ZPO festgelegte Grenzen, liegt aber dennoch innerhalb eines Bedürftigkeitsrahmens, so wird der Partei Ratenzahlung bewilligt. Die Gebühren und Auslagen des Prozesses werden dann von der Landeskasse vorgestreckt und sind von der Partei in Raten zurückzuzahlen.
Erhält der Antragsteller Mehrbedarfe als staatliche Leistungen, so sind diese gemäß § 115 Abs. 1 Nr. 4 ZPO zunächst als Einkommen zu behandeln und sodann pauschal wieder abzuziehen. Bestreitet der Antragsteller seinen Lebensunterhalt dagegen aus eigenem Einkommen, so ist die Inanspruchnahme des weiteren Freibetrags gleichwohl möglich. In diesem Fall hat er die sozialrechtlichen Tatbestandsvoraussetzungen für die Mehrbedarfe darzulegen und glaubhaft zu machen.
die Rechtsverfolgung nicht mutwillig ist.
In § 114 Abs. 2 ZPO ist eine Definition des Merkmals der Mutwilligkeit geregelt: Danach ist die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung mutwillig, wenn eine Partei, die keine Prozesskostenhilfe beansprucht, bei verständiger Würdigung aller Umstände von der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung absehen würde, obwohl eine hinreichende Aussicht auf Erfolg besteht.
Rechtsstreitigkeiten um geringe Beträge sind nicht wegen ihres niedrigen Streitwertes mutwillig. Auch Selbstzahler führen Prozesse um niedrige Beträge. Eine PKH-Bewilligung ist daher insbesondere auch bei geringen Gebührenstreitwerten im Sozialrecht, zum Beispiel bei Rechtsstreitigkeiten im Zusammenhang mit dem Bildungspaket im SGB II, weiterhin möglich.
Prozesskostenhilfe wird gemäß § 115 Abs. 4 ZPO nicht bewilligt, wenn die Kosten der Prozessführung der Partei vier Monatsraten und die aus dem Vermögen aufzubringenden Teilbeträge voraussichtlich nicht übersteigen.
3 Verfahren
Der Antrag ist an das zuständige Prozessgericht zu stellen.
Wenn Prozesskostenhilfe gewährt wird, ist die Partei von der Zahlung der Gerichtskosten, Anwaltskosten und Auslagenvorschüsse für Zeugen und Sachverständige befreit.
Der Antrag auf Prozesskostenhilfe besteht mangels Bedürftigkeit nicht, wenn von einem Sozialhilfeträger rückübertragene Unterhaltsansprüche gerichtlich geltend gemacht werden sollen (BGH 02.04.2008 – XII ZB 266/03).
Verliert die Prozesskostenhilfe erhaltende Partei den Prozess, so zahlt die Staatskasse zwar die Gerichtskosten und ihre Anwaltskosten, nicht aber die Kosten des gegnerischen Anwalts! Auf diese Gefahr hat der Rechtsanwalt den Mandanten hinzuweisen.
Nach dem Urteil BGH 23.03.2005 – XII ZB 13/05 haben auch in der Ausbildung befindliche volljährige Kinder ohne eigene Lebensstellung gegen ihre Eltern einen Anspruch auf Prozesskostenvorschuss, ein Prozesskostenhilfeantrag ist daher unbegründet.
4 Bewilligung
4.1 Änderung der Bewilligung
Die Änderung der Bewilligung ist in § 120a ZPO geregelt und als Soll-Vorschrift ausgestaltet, um zu verdeutlichen, dass dem Gericht bei Vorliegen der Voraussetzungen für eine Änderung in der Regel kein Ermessensspielraum eingeräumt ist. Damit bleiben Ausnahmen in atypisch gelagerten Einzelfällen möglich.
Die bedürftige Partei wird in § 120a Abs. 2 ZPO ausdrücklich verpflichtet, wesentliche Verbesserungen ihrer Einkommens- und Vermögensverhältnisse dem Gericht unverzüglich mitzuteilen. Dabei wird eine feste Wertgrenze für das Vorliegen einer wesentlichen Veränderung vorgegeben. Eine Einkommensverbesserung ist ab einer Erhöhung von monatlich 100,00 EUR mitteilungspflichtig. Maßgeblich ist der Bruttobetrag. Die 100,00 Euro-Schwelle gilt auch für den Wegfall oder die Verminderung abzugsfähiger Belastungen. Nach der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 17/11472) können dies etwa sein PKH-Raten aus früheren Verfahren, abzugsfähige Darlehensraten oder geringere Wohnungskosten nach einem Umzug.
In § 120a Abs. 3 ZPO wird klarstellend das durch den Prozess Erlangte als Beispiel für eine mögliche Verbesserung der Einkommens- und Vermögensverhältnisse benannt. Dabei sind die Gerichte gehalten, nach rechtskräftigem Abschluss des Verfahrens zu prüfen, ob sich infolge des Prozessausgangs die wirtschaftlichen Verhältnisse der Partei wesentlich geändert haben und folglich die Entscheidung über die Bewilligung der Prozesskostenhilfe zu ändern ist.
4.2 Aufhebung der Bewilligung
Ein Grund für die Aufhebung einer Bewilligung ist gemäß § 124 Abs. 1 Nr. 4 ZPO die Nichterfüllung der in § 120a Abs. 2 ZPO aufgenommenen Mitteilungspflichten.
Daneben ist auch eine Teilaufhebung der Bewilligung möglich:
In § 124 Abs. 2 ZPO besteht im Prozesskostenhilferecht die Möglichkeit einer Teilaufhebung der Bewilligung für bestimmte Beweiserhebungen. Absatz 2 ermöglicht eine Teilaufhebung nicht nur hinsichtlich mutwilliger Beweisantritte, sondern auch dann, wenn die beantragte Beweiserhebung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat.
5 Beiordnung eines Rechtsanwalts
Siehe insofern den Beitrag »Prozesskostenhilfe - Beiordnung eines Rechtsanwalts«.
6 Rechtsmittel
Gegen eine ablehnende Entscheidung ist die sofortige Beschwerde zulässig. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet.
7 Internationale Prozesskostenhilfe
Siehe insofern den Beitrag »Prozesskostenhilfe - International«.
8 Kostenhilfe für Drittbetroffene in Verfahren vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte
Siehe insofern den Beitrag »Prozesskostenhilfe für Drittbetroffene in Verfahren vor dem EGMR«.