Rechtsschutzversicherung - Deckungsklage
Abschnitt 9 ARB 2012
§ 17 Abs. 4 ARB 2008/2000/94
1 Allgemein
Eine Deckungsklage ist die Klage gegen einen Rechtsschutzversicherer auf Gewährung der Kostendeckung für die Wahrnehmung der rechtlichen Interessen eines Versicherungsnehmers.
Hat die Rechtsschutzversicherung die Übernahme der Kosten eines Rechtsschutzfalls abgelehnt, kann der Versicherungsnehmer die Entscheidung im Rahmen einer Deckungsklage gerichtlich überprüfen lassen.
Die Deckungsklage kann als Feststellungsklage oder als Leistungsklage erhoben werden:
Die Feststellungsklage wird erhoben, um gerichtlich feststellen zu lassen, dass der Rechtsschutzversicherer verpflichtet ist, die Kosten des Rechtsschutzversicherungsfalles zu übernehmen. Diese Klageart kommt demnach in Betracht, wenn der Versicherungsnehmer die Kosten noch nicht gezahlt hat bzw. diese noch nicht angefallen sind. Nach einer Entscheidung des BGH ist die Feststellungsklage solange die richtige Klageart, wie der Versicherungsnehmer noch nicht wegen der Kosten in Anspruch genommen worden ist.
Im Gegensatz dazu kann mit einer Leistungsklage der Rechtsschutzversicherer nur verpflichtet werden, bestimmte Kosten zu übernehmen, die von dem Versicherungsnehmer bereits beglichen sind.
2 Voraussetzungen
Die Voraussetzungen der Deckungsklage sind:
Der Versicherungsnehmer hat seinen Anspruch auf Übernahme der Rechtsverfolgungskosten geltend gemacht.
Der Rechtsschutzversicherer hat die Kostenübernahme schriftlich abgelehnt.
Der Anspruch kann unbegrenzt geltend gemacht werden, eine Klagefrist ist nicht (mehr) zu beachten. Jedoch kann die Klage aufgrund einer ggf. eingetretenen Verjährung ggf. unbegründet sein.
3 Zuständiges Gericht
Die Klage kann vor folgenden Gerichten erhoben werden (Gerichtsstand der Deckungsklage):
Gericht des Ortes, an dem der Rechtsschutzversicherer seinen Sitz hat (allgemeiner Gerichtsstand; § 17 ZPO).
Gericht des Ortes, an dem der Rechtsschutzversicherer eine Niederlassung unterhält (§ 21 ZPO).
Gericht des Ortes, an dem der Versicherungsagent zur Zeit der Vermittlung oder des Vertragsschlusses seinen Wohnsitz hatte (§ 215 VVG).
Gericht des Ortes, an dem der Versicherungsnehmer als Verbraucher seinen Wohnsitz hat, sofern der Versicherungsvertrag als Außerhalb von Geschäftsräumen geschlossener Vertrag (Haustürgeschäft) abgeschlossen wurde (§ 29c ZPO).
Liegt der Deckungsklage ein arbeitsgerichtlicher Rechtsstreit zugrunde, kann die Klage nicht nur vor dem Amtsgericht / Landgericht, sondern auch vor dem Arbeitsgericht als Spezialgericht erhoben werden.
4 Prozessuales
Jede Partei hat in dem Deckungsprozess nach den allgemeinen Grundsätzen die Beweislast für die für sie günstigen Rechtsfolgen. Die Beweislast für das Vorliegen eines Rechtsschutzversicherungsfalls obliegt somit dem Versicherungsnehmer.
Der Streitwert einer Klage auf Feststellung der Gewährung von Deckungsschutz aus einer Rechtsschutzversicherung richtet sich gemäß § 3 ZPO grundsätzlich nach den voraussichtlichen durch die gerichtliche oder außergerichtliche Wahrnehmung der rechtlichen Interessen des Versicherungsnehmers entstehenden Kosten, deren Übernahme durch den Versicherer er erstrebt, abzüglich eines Feststellungsabschlags von 20 % (BGH 26.10.2011 - IV ZR 141/10, BGH 08.03.2006 - IV ZB 19/05).
Dabei umfassen die voraussichtlichen Kosten die gerichtlichen Gebühren zweier Rechtsanwälte und die Gerichtskosten (OLG München 17.04.2001 - 25 U 4872/00). Auch die Auslagen für Post- und Telekommunikationsdienstleitungen sowie die Umsatzsteuer und die Gerichtsgebühren sind einzubeziehen (OLG Dresden 18.12.2019 - 4 W 896/19).
In dem obigen Urteil des OLG Dresden klärten die Richter auch die Frage, inwieweit gerichtliche Auslagen für Zeugen und Sachverständige gemäß dem Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz (JVEG) zu berücksichtigen sind: "Sachverständigenkosten sind für den Streitwert des Deckungsschutzes dann einzubeziehen, wenn sie mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit zu erwarten sind. Dem Gericht, bei dem der Deckungsschutzprozess anhängig ist, kommt insofern ein Prognosespielraum zu, der vom Beschwerdegericht nur eingeschränkt überprüft werden kann."
Bei der Klageeinreichung ist zu beachten:
Betreibt der Rechtsschutzversicherer neben der Rechtsschutzversicherung noch andere Versicherungszweige, muss er gemäß § 164 VAG die Leistungsbearbeitung an ein Schadenabwicklungsunternehmen abtreten.
Wird anstelle des Rechtsschutzversicherers ein Schadenabwicklungsunternehmen tätig, so ist die Klage nur gegen dieses Schadenabwicklungsunternehmen zu richten; die gegen den Rechtsschutzversicherer gerichtete Klage ist aufgrund der fehlenden Berechtigung (Passivlegitimation) unbegründet.
In allen anderen Fällen, d.h. wenn die Abwicklung wie im Normalfall über den Rechtsschutzversicherer selbst erfolgt, ist die Klage gegen den Rechtsschutzversicherer als Beklagten zu richten.