Rechtswörterbuch

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Rechtsanwaltsvergütung - Auslagen

 Normen 

Nrn. 7000 ff. Vergütungsverzeichnis zum RVG

 Information 

1. Reisekosten

1.1 Allgemein

Rechtsgrundlage der Reisekostenabrechnung sind die Nrn. 7003 - 7006 Vergütungsverzeichnis zum RVG.

Erforderlich ist eine Geschäftsreise, die dann vorliegt, wenn das Reiseziel sich außerhalb der Gemeinde des Wohnorts bzw. der Kanzlei des Rechtsanwalts befindet.

Abgerechnet werden können:

  • Die Fahrtkosten:

    Bei der Benutzung des PKW kann der Rechtsanwalt gemäß VV 7003 0,42 EUR je gefahrenen Kilometer abrechnen (Beachte: Anders als die steuerliche Entfernungspauschale kann hier jeder gefahrene Kilometer abgerechnet werden).

    Bei der Benutzung anderer Verkehrsmittel sowie der sonstigen Auslagen (Übernachtungskosten etc.) können die Kosten in voller Höhe abgerechnet werden, soweit sie angemessen sind:

    Für die Prüfung, ob die Mehrkosten einer Flugreise außer Verhältnis zu den Kosten der Benutzung der Bahn stehen, kommt es außer auf die Höhe der Mehrkosten und die Bedeutung des Rechtsstreits auch auf die bei Benutzung des Flugzeugs gewonnene Zeitersparnis an. In Anwendung dieser Kriterien hat der BGH den Ansatz von Flugkosten für die Erstattung fiktiver Reisekosten in einem Fall abgelehnt, in dem die Höhe der Flugkosten 240 % der Kosten der Bahnreise sowie beinahe die Hälfte des noch streitigen Klagebetrags erreichten und die gewonnene Zeitersparnis allenfalls einen halben Arbeitstag betrug. Diesen bei Benutzung der Bahn entstehenden Zeitverlust hat der BGH im Hinblick auf den geringen Streitwert der Sache (568,35 Euro) und die Höhe der Flugkosten als für die Klägerin jenes Verfahrens ohne Weiteres zumutbar angesehen (BGH 06.11.2014 - I ZB 38/14).

  • Die Höhe der Tage- und Abwesenheitsgelder ist in Nr. 7005 Vergütungsverzeichnis zum RVG aufgeführt.

1.2 Reisekosten von Rechtsanwälten aus anderen Gerichtsbezirken

Der BGH hat zu den Fragen der Reisekosten eines auswärtigen Rechtsanwalts wie folgt entschieden:

Allgemein:

Gemäß § 91 Abs. 2 Satz 1 ZPO sind Reisekosten eines Rechtsanwalts der obsiegenden Partei, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, nur insoweit zu erstatten, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder -verteidigung notwendig war.

Voraussetzungen der Notwendigkeit der Mandatierung eines auswärtigen Rechtsanwalts:

"Bei der Beurteilung der Frage (...) kommt es darauf an, ob eine verständige und wirtschaftlich vernünftig handelnde Partei die kostenauslösende Maßnahme aus der Sicht ex ante als sachdienlich ansehen durfte (...). Sie ist lediglich gehalten, unter mehreren gleichartigen Maßnahmen die kostengünstigste auszuwählen. Allerdings ist die Einschaltung eines auswärtigen Anwalts regelmäßig nicht notwendig, wenn die Partei ihren (Wohn-)Sitz innerhalb des Gerichtsbezirks hat und nicht einen dort tätigen, sondern einen außerhalb des Bezirks ansässigen Rechtsanwalt beauftragt. (...) Auch die Beauftragung eines spezialisierten auswärtigen Rechtsanwalts ist ausnahmsweise notwendig, wenn ein vergleichbarer ortsansässiger Rechtsanwalt nicht beauftragt werden kann" (BGH 14.09.2021 - VIII ZB 85/20).

Folge der Notwendigkeit:

"War die Hinzuziehung des Prozessbevollmächtigten einer Partei im Sinne von § 91 Abs. 2 Satz 1 Halbs. 2 ZPO notwendig, können die zu erstattenden Kosten bei der Vertretung der Partei vor dem Gericht an ihrem Sitz nicht auf die fiktiven (Reise-)Kosten eines Anwalts begrenzt werden, dessen Kanzleisitz an dem von dem Gericht am weitesten entfernten Ort innerhalb des Gerichtsbezirkes liegt" (BGH s.o.).

Abrechnung wenn Mandatierung des auswärtigen Rechtsanwalts nicht notwendig:

"Eine Partei, die einen außerhalb des Gerichtsbezirks ansässigen Rechtsanwalt beauftragt, ohne dass die in § 91 Abs. 2 Satz 1 Halbs. 2 ZPO vorausgesetzte Notwendigkeit bestanden hat, kann vom unterlegenen Prozessgegner - bis zur Grenze der tatsächlich angefallenen Kosten - diejenigen fiktiven Reisekosten erstattet verlangen, die angefallen wären, wenn sie einen am entferntesten Ort des Gerichtsbezirks ansässigen Rechtsanwalt beauftragt hätte" (BGH 04.12.2018 - VIII ZB 37/18).

1.3 Rechtsschutzversicherung

Nach den Bedingungen der Rechtsschutzversicherung hat der Rechtsanwalt aufgrund der Beschränkung der Kostenerstattung keinen Anspruch auf die Zahlung von Abwesenheitsgeldern gemäß Nr. 7005 des Vergütungsverzeichnisses zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz sowie von Fahrtkosten gemäß Nr. 7003 des Vergütungsverzeichnisses zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz. Eine Ausnahme gilt, wenn der Versicherungsnehmer ein versicherungsrechtlich geschütztes, berechtigtes Interesse an der Beauftragung gerade dieses Rechtsanwalts hatte, d.h. der Rechtsanwalt ein Spezialist für das dem Rechtsstreit zugrunde liegende Rechtsgebiet ist und ein vergleichbarer Anwalt am Wohnort der Partei nicht beauftragt werden konnte (OLG Jena 06.09.2012 - 9 W 405/12):

Nach der Entscheidung OLG Nürnberg 03.04.2014 - 5 W 262/14 verfügt ein Rechtsanwalt an einem dritten Ort dann über Spezialkenntnisse, die ihn von ortsansässigen Anwälten abheben, wenn er sich in einem umgrenzten Fachgebiet Kenntnisse und Erfahrungen in einem Vertiefungsgrad angeeignet hat, der den eines durchschnittlichen Rechtsanwalts / Fachanwalts erheblich übersteigt. In dem der Entscheidung zugrunde liegenden Sachverhalt wurde dies für einen im EEG spezialisierten Rechtsanwalt bejaht.

Auch das Umweltinformationsrecht wurde als "Nischenmaterie" bezeichnet (VGH Bayern 26.01.2018 - 22 C 17/1418).

Daneben kann auch ein besonderes Vertrauensverhältnis zwischen Rechtsanwalt und Mandant einen hinreichenden Grund für die Auswahl eines auswärtigen Rechtsanwalts begründen (VGH Bayern 26.01.2018 - 22 C 17/1418).

1.4 Im Rahmen der Kostenfestsetzung

Im Rahmen der Kostenfestsetzung gelten Einschränkung, die jedoch gerichtlich nicht einheitlich geurteilt werden:

  • Die tatsächlichen Reisekosten eines nicht im Bezirk des Prozessgerichts niedergelassenen oder am Gerichtsort wohnhaften Rechtsanwalts sind bis zu der Höhe zu erstatten, die sich für einen im Bezirk des jeweiligen Prozessgerichts niedergelassenen oder wohnhaften Rechtsanwalt bei der weitesten Entfernung innerhalb des Bezirks errechnet (OLG Schleswig 24.07.2015 - 9 W 26/15).

  • Anders: Beauftragt die im Gerichtsbezirk ansässige Partei einen außerhalb des Gerichtsbezirks niedergelassenen Rechtsanwalt, so sind dessen tatsächlichen Reisekosten regelmäßig nicht bis zur höchstmöglichen Entfernung innerhalb des Gerichtsbezirks erstattungsfähig, sondern lediglich bis zur Höhe der fiktiven Reisekosten eines am Wohnsitz der Partei ansässigen Prozessbevollmächtigten (OLG Celle 22.06.2015 - 2 W 150/15).

Hinweis:

Zu der Erstattungsfähigkeit der Reisekosten eines auswärtigen Rechtsanwalts für die Teilnahme am Verhandlungstermin in einem Verwaltungsprozess siehe die ausführlichen Grundsätze in der Entscheidung BVerwG 04.07.2017 - 9 KSt 4/17.

2. Dokumentenpauschale

Rechtsgrundlage ist Nrn. 7000 ff Vergütungsverzeichnis zum RVG:

Für die pauschale Abrechnung der Herstellung und Überlassung von Dokumenten kann der Rechtsanwalt bei Kopien und Ausdrucken einen Betrag von 0,50 EUR je Seite für die ersten 50 Seiten und einen Betrag von 0,15 EUR für weitere Seiten fordern. Bei Farbkopien und Ausdrucken verdoppelt sich der Satz.

Die Überlassung von elektronischen Dateien kann mit 1,50 - 5,00 EUR abgerechnet werden.

3. Post- und Telekommunikationsauslagen

Gemäß Nr. 7001 Vergütungsverzeichnis zum RVG kann der Rechtsanwalt dem Auftraggeber seine Auslagen für Post- und Telekommunikation konkret oder durch eine Pauschalsumme in Rechnung stellen.

Die Pauschalgebühr beträgt 20 % der Gebühren, höchstens jedoch 20,00 EUR.

4. Haftpflichtversicherung

Voraussetzung des Ersatzes eines Teils der anwaltlichen Haftpflichtversicherung gemäß Nr. 7007 Vergütungsverzeichnis zum RVG ist, dass der Gegenstandswert die in § 22 RVG niedergelegte gebührenrechtliche Grenze von 30 Millionen Euro (bzw. 100 Millionen Euro bei mehreren Auftraggebern) übersteigt.

Der Rechtsanwalt kann dann den Teil seiner Haftpflichtversicherungsprämie ersetzt verlangen, der die Haftung von 30 Millionen Euro (bzw. 100 Millionen Euro bei mehreren Auftraggebern) übersteigt.

Sofern der Rechtsanwalt keine zusätzliche Versicherung abschließt, nach der die höhere Deckung dann zu berechnen ist, ist der zu ersetzende Teil der Prämie durch eine anteilige Berechnung zu ermitteln.

5. Andere Auslagen

Gemäß der Vorbemerkung des Nr. 7000 VV kann der Rechtsanwalt andere, nicht im Vergütungsverzeichnis geregelte Auslagen nach den §§ 675 i.V.m. 670 BGB ersetzt verlangen. Darunter können fallen z.B. die Kosten einer Anfrage an das Einwohnermeldeamt, eine Aktenversendungspauschale oder Gerichtsvollzieherkosten.

 Siehe auch 

Honorarklage - Rechtsanwalt

Rechtsanwaltsvergütung

Rechtsanwaltsvergütung - Anrechnung

Rechtsanwaltsvergütung - Gerichtliche Tätigkeit

Rechtsanwaltsvergütung - Beratung

Rechtsanwaltsvergütung - außergerichtlich

Vergütungsvereinbarung - Rechtsanwalt

Bischof/Jungbauer/Bräuer u.a.: RVG-Kommentar; 9. Auflage 2021

Mayer: Erstattungsfähige Reisekosten des Spezialanwalts; Neue Juristische Wochenschrift - NJW 2014, 2913

Rehberg/Schons/Vogt/Feller/Hellstab/Jungbauer u.a.: RVG - Kommentar zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz; 7. Auflage 2018

Schneider: Erstattung der anwaltlichen Reisekosten im Zivilprozess; Neue Juristische Wochenschrift - NJW 2017, 307

Volpert: Aktuelle Fragestellungen zur Aktenversendungspauschale; Neue Juristische Wochenschrift - NJW 2016, 218