Der angestellte Tierarzt: Eine Gefährdung des Gemeinwohls, oder warum Waldi Anspruch auf eine vom Chef persönlich applizierte Wurmkur hat: Eine niederrrheinische Posse.

Staat und Verwaltung
10.11.20064146 Mal gelesen



OLG Düsseldorf
06.10.2006
I-3 Wx 107/06 
§ 29 Abs. 2 Satz 3 HeilBerG ermöglicht die Führung einer Tierarztpraxis in der Rechtsform
der GmbH nur,  wenn  -  wie bei der Tierärztekammer Nordrhein bislang nicht der Fall  -  die
Berufsordnung insoweit die Anforderungen im Einzelnen festlegt.
HeilBerG-NW § 29 Abs. 2 Satz 3GmbHG §§ 1, 3 Abs. 1 Nr. 2, 9cGG Art. 12 


LG Kleve, Beschl. v. 6.4.2006 - 7 T 1/06
AG Kleve - 21 HRB AR 632/05


Das Rechtsmittel wird zurückgewiesen
Gründe:
I.
Die Antragstellerin begehrt ihre Eintragung in das Handelsregister.
Nach ihrer Satzung vom 28.9.2005 ist Gegenstand des Unternehmens die Errichtung und der Betrieb
einer medizinischen Versorgungseinrichtung für Tiere sowie deren Heilung und Rehabilitation,
ferner die Übernahme der organisatorischen und verwaltungstechnischen Angelegenheiten, wobei
die tiermedizinische Versorgung ausschließlich von Tierärzten/Tierärztinnen vorgenommen wird,
die bei dieser Tätigkeit nur ggü. dem medizinischen Leiter weisungsgebunden sind. Die Gesellschaft
hat eine Gesellschafterin. Der bestellte Geschäftsführer ist approbierter Tierarzt.
Der beauftragte Notar hat die Eintragung der GmbH in das Handelsregister beantragt.
Mit Zwischenverfügung vom 1.3.2006 hat das AG festgestellt, dass die Eintragung nicht erfolgen
könne und u.a. die Vorlage einer Ausnahmegenehmigung nach dem Heilberufsgesetz gefordert,
die zur Führung einer tierärztlichen Einzelpraxis in der Rechtsform der GmbH erforderlich sei. Ohne
die Ausnahmegenehmigung der Tierärztekammer könne eine Eintragung nicht erfolgen. Das
Gericht dürfe eine unzulässige Ausübung einer tierärztlichen Tätigkeit nicht durch die Eintragung
der Gesellschaft unterstützen.
Die Antragstellerin hat Beschwerde eingelegt und u.a. geltend gemacht:
Die Organisation einer Einzelpraxis in der Rechtsform der GmbH bedürfe keiner Ausnahmegenehmigung.
Die grundsätzliche Zulassung der Führung einer Einzelpraxis in dieser Rechtsform
ergebe sich aus § 29 Abs. 2 Satz 3 Heilberufsgesetz Nordrhein-Westfalen (HeilBerG) in der seit
dem 17.3.2005 geltenden Fassung. Wenn die Tierärztekammer entgegen der dort getroffenen Regelung
in der Berufsordnung diesbezüglich keine näheren Anforderungen festgelegt habe, widerspreche
diese Verfahrensweise den gesetzlichen Anforderungen und verstoße gegen Art. 12 GG.
Das AG hat der Beschwerde nicht abgeholfen und sie dem LG vorgelegt, das das Rechtsmittel
zurückgewiesen hat.
Hiergegen wendet sich die Antragstellerin mit der weiteren Beschwerde, mit der sie insb. vorträgt:
Im Heilberufsgesetz habe der Gesetzgeber dem approbierten Tierarzt freigestellt, seine Praxis
auch in der Rechtsform der GmbH zu organisieren. Der Tierarzt, der seine Praxis in der Organisationsform
der GmbH führe und in diesem organisatorischen Rahmen seine Leistungen anbiete und
erbringe unterliege dem Berufsrecht wie jeder andere Tierarzt. Wenn der Satzungsgeber, hier die
Tierärztekammer, es versäume, gesonderte Anforderungen für den Fall zu treffen, dass der Tierarzt
seine Praxis in der Form einer GmbH organisiere, dann könne daraus nicht geschlossen werden,
der Tierarzt habe eben abzuwarten, bis die Tierärztekammer von der gesetzlichen Ermächtigung
Gebrauch mache. Die Kammer habe die Satzung zuletzt im Dezember 2004 geändert. Seit
Inkrafttreten der aktuellen Fassung des Heilberufegesetzes am 17.3.2005 sei die Kammer nicht
tätig geworden. Ein effektiver Grundrechtsschutz gebiete es mit Blick auf Art. 12 GG, die Gesellschaft
nunmehr einzutragen und damit den unter deren organisatorischen Dach tätig werdenden
Tierärzten die Ausübung ihres Berufs im Rahmen des § 29 Abs. 2 Satz 3 HeilBerG zu ermöglichen.
Wegen der Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II.
Die nach §§ 20, 27, 29 FGG zulässige weitere Beschwerde ist nicht begründet. Denn die Entscheidung
des LG beruht nicht auf einer Rechtsverletzung, §§ 27 FGG, 546 ZPO.
1. Die Kammer hat zur Begründung ihrer Entscheidung ausgeführt:
Die Eintragung der Gesellschaft könne nicht erfolgen, weil sie nach ihrer Satzung einen nicht zulässigen
Zweck verfolge und damit ungesetzlich sei.
Dass der Zweck der Antragstellerin unzulässig sei, folge allerdings nicht aus einer fehlenden "Ausnahmegenehmigung".
Die diesbezügliche Vorschrift des Heilberufsgesetzes habe nur bis zum
16.3.2005 bestanden. Die seit dem 17.3.2005 gültige Fassung des § 29 Abs. 2 Satz 3 HeilBerG
laute:
Die Führung einer Einzelpraxis oder einer Praxis in Gemeinschaft in der Rechtsform einer juristischen
Person des Privatrechts setzt voraus, dass die Kammern in der Berufsordnung Anforderungen
festgelegt haben, die insb. gewährleisten, dass die heilkundliche Tätigkeit eigenverantwortlich,
unabhängig und nicht gewerblich ausgeübt wird.
Die Berufsordnung der Tierärztekammer Nordrhein in der Fassung vom 4.7.2005 (BO) enthalte
solche spezifische Regeln nicht. Zwar gebe es in § 25 Abs. 2 BO Regelungen für die tierärztliche
Berufsausübung in einer Partnerschaftsgesellschaft und in §§ 25, 26 BO Vorschriften über Gruppenpraxis
und Praxisgemeinschaft, die aber als Innengesellschaften nicht mit einer Kapitalgesellschaft
gleichgestellt werden könnten. Das Fehlen einer Regelung in der Berufsordnung verhindere
derzeit die Eintragung einer GmbH, die tierärztliche Leistungen anbieten wolle, weil ihre berufsordnungsmäßigen
Voraussetzungen nicht festgestellt werden könnten. Damit enthalte die Satzung der
Antragstellerin einen nicht zulässigen Unternehmensgegenstand.
Die Kammer verkenne nicht, dass die vom Heilberufsgesetz geforderten besonderen Anforderungen
einen Eingriff in die Freiheit der Berufsausübung darstellten, die nicht nur eine gesetzliche
Grundlage - hier das Heilberufsgesetz - erforderten, sondern darüber hinaus nur dann mit Art. 12
GG
vereinbar seien, wenn die Eingriffe durch hinreichende Gründe des Gemeinwohls gerechtfertigt,
die gewählten Mittel zur Erreichung des verfolgten Zwecks geeignet und auch erforderlich seien
und wenn bei einer Gesamtabwägung zwischen der Schwere des Eingriffs und dem Gewicht
der ihn rechtfertigenden Gründe die Grenze der Zumutbarkeit noch gewahrt werde (vgl. OVG NW
NVwZ-RR 2002, 188). Das OVG habe in dieser Entscheidung zu § 29 Abs. 2 Heilberufsgesetz a.F.
ausgeführt, die Bestimmung habe das Ziel, Vorsorge für eine ordnungsgemäße medizinische Diagnostik,
Beratung und Behandlung zu treffen und den dafür Verantwortlichen für den Patienten
auszuweisen. Der Patient solle vor Geschäften mit der Gesundheit geschützt werden.
Ob vorliegend die Gesellschaft diesen Anforderungen entspreche, lasse sich der Satzung nicht
entnehmen. Aus ihr folge nur, dass die tiermedizinische Versorgung durch einen Tierarzt vorgenommen
werde. Soweit angestellte Tierärzte bei der Ausübung ihrer tierärztlichen Tätigkeit in fach3
licher Hinsicht nur ggü. dem - in der Satzung nicht näher bestimmten - medizinischen Leiter weisungsgebunden
seien, widerspreche dies einer eigenverantwortlichen und unabhängigen Tätigkeit.
Die Satzung schließe nicht aus, dass die Gesellschafterversammlung dem Geschäftsführer nach §
46 GmbHG
Weisungen aus ökonomischen Gründen erteilen könne, die einer eigenverantwortlichen,
unabhängigen tierärztlichen Tätigkeit widersprächen. Eine Berufsordnung könne hier Erleichterungen
bringen, es gebe sie aber noch nicht. Solange die Voraussetzungen durch die Berufsordnung
nicht geschaffen seien, könne eine GmbH keine tierärztlichen Leistungen erbringen,
sie könnten mithin auch nicht Unternehmensgegenstand sein.
Von dem Erfordernis der Übereinstimmung der Unternehmenssatzung mit den Regelungen einer
Berufsordnung könne auch nicht deshalb abgesehen werden, weil die Tierärztekammer noch keine
neue Berufsordnung erlassen habe und deshalb die Bedingung des Heilberufsgesetz nicht erfüllt
seien. Der geänderte § 29 Abs. 2 Heilberufsgesetz sei erst seit dem 17.3.2005 in Kraft. Das Änderungsgesetz
vom 1.3.2005 (GV NW 2005, 148) enthalte keine Verpflichtung der Kammern, in bestimmter
Frist die Anforderungen zu setzen. Die Berufsordnung sei satzungsgleich und müsse von
der Kammerversammlung beschlossen werden. Diese trete in der Regel einmal jährlich zusammen.
Vor Ablauf des Jahres 2006 könne daher nicht davon ausgegangen werden, dass eine gesetzlich
gewollte Regelung erheblich verzögert worden sei.
2. Diese Ausführungen halten der dem Senat obliegenden rechtlichen Nachprüfung stand. Gesichtspunkte,
aus denen sich ergibt, dass die Überlegungen der Kammer von entscheidungserheblichen
Rechtsfehlern beeinflusst sind, hat die Antragstellerin nicht aufgezeigt und sind auch sonst
nicht ersichtlich.
Die Eintragung der Antragstellerin ist zu Recht abgelehnt worden, weil die Berufsordnung der Tierärztekammer
Nordrhein die Führung einer tierärztlichen Einzel- oder Gemeinschaftspraxis in der
Rechtsform einer juristischen Person des Privatrechts nicht regelt, dies aber nach § 29 Abs. 2 Satz
3 HeilBerG Voraussetzung für die Führung einer Praxis in einer solchen Rechtsform ist.
a) Ob die Voraussetzungen des § 29 Abs. 2 Satz 3 HeilBerG erfüllt sind, ist im Rahmen des Eintragungsverfahrens
vom Registergericht zu überprüfen.
Nach § 9c GmbHG hat das Registergericht die Ordnungsgemäßheit der Errichtung und Anmeldung
einer GmbH auch in materieller Hinsicht zu prüfen. Die Rechtmäßigkeitskontrolle hat sich
darauf zu beziehen, dass die zwingenden gesellschaftsrechtlichen Anforderungen an die Gründung
eingehalten und die notwendigen Gründungsakte nicht ganz oder teilweise wegen Verstoßes
gegen gesetzliche Vorschriften nichtig sind. Dazu gehört auch die Prüfung, ob der Gesellschaftszweck
(§ 1 GmbHG) oder der Unternehmensgegenstand (§ 3 Abs. 1 Nr. 2 GmbHG) gegen ein
gesetzliches Verbot mit der Folge der (teilweisen) Nichtigkeit der Satzung verstoßen (§ 134 BGB).
Dabei braucht wegen derselben Rechtsfolge vor der Eintragung der GmbH nicht zwischen Zweck
und Gegenstand unterschieden zu werden. Das Registergericht darf eine Gesellschaft mit einer -
teilweisen - nichtigen Satzung nicht eintragen (vgl. OLG Schleswig v. 19.10.2005 - 2 W 120/05,
OLGReport Schleswig 2005, 787 = GesR 2005, 561, m.N.).
b) Auf dieser Grundlage ist die Eintragung zu Recht abgelehnt worden.
aa) § 29 Abs. 2 Satz 3 HeilBerG ermöglicht die Führung einer Tierarztpraxis in der Rechtsform der
GmbH nur, wenn die Berufsordnung insoweit die Anforderungen im Einzelnen festlegt. Entsprechende
Bestimmung enthält die Berufsordnung der hier zuständigen Tierärztekammer Nordrhein
(bisher) nicht.
bb) Die Regelung verletzt die Antragstellerin nicht in ihrem Grundrecht aus Art. 12 Abs. 1 GG. Das
Erfordernis, die Voraussetzungen, unter denen die Führung einer Praxis in der Form einer juristischen
Person des Privatrechts erfolgen kann, in der Berufsordnung festzulegen, ist durch wichtige
Interessen des Gemeinwohls gerechtfertigt. Insoweit kann auf die überzeugenden Ausführungen
des LG, die auch unter Berücksichtigung des Beschwerdevorbringens nicht ergänzungsbedürftig
sind, verwiesen werden.
cc) Dass die Tierärztekammer Nordrhein bisher untätig geblieben ist und in die Berufsordnung
solche Regelungen (noch) nicht aufgenommen hat, ändert an der Beurteilung nichts. Hier ist die
Antragstellerin bzw. ihr bestellter Geschäftsführer darauf verwiesen, die Tierärztekammer zu einer
Anpassung der Berufsordnung - ggf. auch mit (verwaltungs-)gerichtlicher Hilfe - zu veranlassen.
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Zunächst lege ich Wert auf die Feststellung, dass ich mit diesem Fall keine Sekunde befasst war, mich aber das schiere Entsetzen gepackt hat,als ich vor einer Stunde diese Entscheidung gelesen habe.


Man möchte es nicht für möglich halten,aber manchen Richtern muss man immer wieder  die Geschichte von Adam und Eva  erzählen, ganz langsam, und ganz von vorne.

Seit 1949 sind angestellte Rechtsanwälte in Deutschland selbstverständlich, angestellte Steuerberater auch, und niemand streitet mehr über die sinnlose Frage, ob die Ausüber eines "Freien Berufes"überhaupt angestellt sein können. Soweit ich das in den Kommentaren zurückverfolgen kann, ist seit 50 Jahren unstreitig, dass auch der angestellte Rechtsanwalt die Berufsregeln einzuhalten hat und er insoweit keinen Weisungen unterworfen werden kann.

Ein angestellter Tierarzt soll aber - so die Auffassung von drei Instanzen  -  eine Gefahr für das Gemeinwohl darstellen, weil ihm sein Chef möglicherweise vorschreiben könnte, Waldi keine Wurmkur zu applizieren?

Man hätte doch am Niederrhein  - oh Gott, wie sehr schäme ich mich -  sich mal  aus der Froschperspektive erheben können:

Es kann den Richtern nicht unentdeckt geblieben sein, dass sich eine Analogie zum anwaltlichen Berufsrecht angeboten hätte, sogar ein Schluss de majore ad minus:

Wenn es schon mit dem Gemeinwohlinteresse vereinbar ist, angestellte Rechtsanwälte auf die Menschheit loszulassen, dann kann es schon gar keine Gefährdung der öffentlichen Ordnung darstellen, angestellte Tierärzte auf Waldi, Mizi oder Jolanta  loszulassen.

Es hätte sich angeboten, mal darüber nachzudenken, ob es nicht grober Unfug sei, sich überhaupt mit solcherlei Fragen befassen zu müssen.

Seit 1981 ist bekannt, dass die Berufskammer der Rechtsanwälte schlicht und ergreifend nicht befugt war, Berufausübungsregeln zu erlassen.(So jedenfalls dasBundesverfassungsgericht)

Nun haben Amtsgericht und Landgericht Kleve und Oberlandesgericht Düsseldorf sehr wohl erkannt, dass es was mit dem Art.  12 GG zu tun habe, wenn man einem Tierarzt verbieten wollte, sich selbst sozusagen in Form der GmbH zu organisieren, meint aber, dann müsse der Betroffene seine Kammer vor dem Verwaltunsgericht verklagen, weil zwar das HeilberG die Tierarzt GmbH vorsehe, es dann aber der Berufsordnung  - von der Kammer zu beschliessen  - zuweise, zunächst einmal die Kriterien, unter denen die Tierarzt GmbH zugelassen werden könne,  zu erlassen, was in Nordrhein-Westfalen nicht geschehen sei.


 Auch hier wäre vielleicht ein Blick ins Anwaltsrecht - das der Justiz doch nahe steht  -  geboten gewesen.

Die Anwalts-GmbH war zulässig, als die Erste gegründet wurde, übrigens in Emmerich als EULEX European Law Expertise Internationale Anwaltskooperation GmbH (So lang, weil dasHandelsregister damals noch  -  wir sind hier nicht in Uhland, sondern in Deutschland  -  die Englische Firma alleine nicht eintragen wollte), war zulässig, als die Zweite in Bayern gegründet wurde (vom BayObLG  bestätigt), und blieb zulässig, auch wenn unser regelungswütiger Gesetzgeber sogleich sich dran gemacht hat, ein Gesetz über die Anwalts GmbH zu erlassen. Seit dem Jahre 2000  ist auch   - ohne Gesetz  - die Anwalts AG zulässig[1], und wenn ich morgen die Anwalts-Ltd. gründen würde, wäre auch die einzutragen.

Auch die Tierarzt GmbH ist zulässig, selbstverständlich, und erst recht, aber die Standesoberen der Tierärzte sind noch uneinsichtiger, als es die der Anwaltschaft in den Achtzigern waren, und manche Richter am Niederrhein auch. Man merkt, dass im Schönfelder Hauptteil (Das ist das dicke kleine rote Buch mit den Gesetzestexten) das Grundgesetz nicht mehr abgedruckt ist. Aus den Augen, aus dem Sinn, und auswendig gelernt hat man die ersten 19 Artikel des Grundgesetzes ohnehin nicht. Was hat auch ein Zivilrichter bitteschön mit den Grundrechten zu tun? Wir entdecken  die Spuren Herrmann Höcherls (.ich trage nicht täglich das  Grundgesetz unterm Arm.) und die NRW-spezifischen Resultate von PISA andererseits. Nicht das Heilberufsgesetz NRW  ist Maßgeblich für die Kriterien, ob eine Tierarzt-GmbH eingetragen werden darf, sondern  das GmbH-Gesetz, was auch sonst?

 Die Bedenken der Gerichte sind ebenso gekünstelt wie sie eine ostentative Denkverweigerung manifestieren:

Nirgendwo  ist das Problem aufgetaucht, dass der GmbH-Chef dem angestellten Rechtsanwalt  Weisungen erteilen könne.

Insoweit also das Heilberufegesetz die Tierazt-GmbH zwar zulässt, aber unter einen Regelungsvorbehalt durch Satzung der jeweiligen Kammer stellt, schränkt ein nachkonstitutionelles Landesgesetz eindeutig ein Grundrecht aus Art. 12 GG auf  freie Berufsausübung ein; es gewährt nämlich kein  Recht, das es ohne die Gewährung nicht gäbe, sondern schränkt ein auch ohne gesetzliche Regelung vorhandenes Recht ein. Dies hätte dazu führen müssen,  dass spätestens das OLG das Landesgesetz für verfassungswidrig hielt und nach Art. 100 GG das Verfahren aussetzte und dem Verfassungsgerichtshof des Landes NRW vorlegte als Normenkontrollverfahren.


Die Eintragung der GmbH zu verweigern, also dem hinter dem Antrag stehenden Tierarzt die Berufsausübung in einer durchaus sogar gesetzlich vorgesehenen Weise zu verweigern, wo es  - ich sage es noch mal -  um Tiere und deren Behandlung geht, während Rechtsanwälte als Angestellte einer GmbH  seit mitlerweise Jahrzehnten und als Angestellte des Praxisinhabers seit 57 Jahren völlig problemlos Menschen "behandeln" dürfen, und statt dessen ihm anheim zu stellen, seine Kammer vor dem Verwaltungsgericht zu verklagen, ist  Ausdruck von Versagen auf der ganzen Linie und Verweigerung rechtlichen Gehörs.

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[1]Die Rechtsanwalts AG ist zulässig : AktG § 4

1. Der Zusammenschluss von Rechtsanwälten zur gemeinsamen Berufsausübung in einer Aktiengesellschaft ist grundsätzlich zulässig.

2. Die Zulässigkeit der Firma einer Rechtsanwalts-Aktiengesellschaft ist nach § 4 AktG zu beurteilen, nicht etwa analog § 59k BRAO.
 
BayObLG, 3.Zivilsenat, Beschluß vom 27.3.2000, 3Z BR 3 331/99



Eckhard Benkelberg
Rechtsanwalt
Steinstraße 10
46446 Emmerich am Rhein
www.famrecht.de