Gemeinwohl
1 Einführung
Das Gemeinwohl ist in Art. 14 Abs. 2 GG geregelt: Danach soll der Gebrauch des Eigentums zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.
Neben dem Begriff "Gemeinwohl" werden gleichbedeutend auch die anderen Begrifflichkeiten "Öffentliches Interesse" oder "Wohl bzw. Interesse der Allgemeinheit" in Rechtsprechung oder Gesetz verwendet.
Beispiele:
So ist z.B. eine Enteignung gemäß § 87 BauGB nur zulässig, wenn das Wohl der Allgemeinheit sie erfordert.
Vorkaufsrecht der Gemeinden: Wenn das Wohl der Allgemeinheit dies erfordert, darf das Vorkaufsrecht als das mildere Eingriffsmittel (schon) ausgeübt werden (VGH Baden-Württemberg 30.03.2009 - 8 S 31/08).
2 Begriffsbestimmung
Das Gemeinwohl bzw. das öffentliche Interesse ist ein unbestimmter Rechtsbegriff, es bedarf daher einer Ausfüllung dieses Begriffs im konkreten Einzelfall. Dabei ist von einem verfassungsstaatlichen Gemeinwohlverständnis auszugehen, das sich an den "Gemeinwohlwerten" des Grundgesetzes wie Menschenwürde, Freiheit, Rechtssicherheit, Frieden und Wohlstand und damit an den Grundrechten, dem Rechtsstaats-, Sozialstaats- und Demokratieprinzip festmachen lässt (vgl. von Arnim, Gemeinwohl und Gruppeninteressen, 1977, S. 22 ff.).
Erfasst ist das Gesamtinteresse der staatlichen Gemeinschaft oder eines Teils davon (etwa die Interessen einer Ortsgemeinschaft) im Gegensatz zum Einzelinteresse.
3 Festlegung durch Gesetze
Gemäß der Neufassung von § 2 EEG 2023 liegen die Errichtung und der Betrieb von Anlagen und Nebenanlagen der erneuerbaren Energien im überragenden öffentlichen Interesse und dienen der öffentlichen Sicherheit.
Staatliche Behörden müssen nach der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 20/1630) dieses überragende öffentliche Interesse bei der Abwägung mit anderen Rechtsgütern berücksichtigen. Dies betrifft jede einzelne Anlage einschließlich dazugehöriger Nebenanlagen, insbesondere bei Windenergieanlagen an Land, weil hier die Ausbauziele derzeit wegen knapper Flächen nicht erreicht werden.
4 Zwingende Gründe des Allgemeininteresses im EU-Recht
Die Rechtsprechung des EuGH hat den Begriff der "Zwingenden Gründe des Allgemeininteresses" entwickelt (so u.a. EuGH 23.11.1999 - C 369/96). Dazu sollen u.a. die folgenden Sachbereiche gehören:
die öffentliche Ordnung
die öffentliche Sicherheit
die Sicherheit der Bevölkerung
die öffentliche Gesundheit
die Gefährdung des finanziellen Gleichgewichts des Systems der sozialen Sicherheit
der Schutz der Verbraucher, der Dienstleistungsempfänger und der Arbeitnehmer
die Lauterkeit des Handelsverkehrs
die Betrugsbekämpfung
der Schutz der Umwelt,
der Schutz der Stadt- und Raumplanung
der Tierschutz
der Schutz des geistigen Eigentums
die Erhaltung des nationalen und künstlerischen Erbes
die Ziele der Sozialpolitik
die Ziele der Kulturpolitik
Die Rechtsprechung zu den zwingenden Gründen des Allgemeininteresses ist insbesondere zur Begrenzung der Dienstleistungsfreiheit sowie der Freizügigkeit in der EU entwickelt worden.