Steuerliche Behandlung des Erbanfalls in Amerika

Erbschaftssteuer USA
11.12.20182211 Mal gelesen
Aufsatz klärt über die erbschaftssteuerlichen Regeln in Amerika bzw. den USA auf.

Steuerliche Behandlung des Erbanfalls in Amerika

Fragen der steuerlichen Behandlung von amerikanischen Erbfällen sind ein wichtiger Aspekt der Nachlassabwicklung. Ein in Deutschland lebender Erbe möchte möglichst bald wissen, welche Steuern in Amerika anfallen bzw. ob diese gegen eine etwaige Steuerschuld in der Bundesrepublik aufgerechnet werden können. Um diesen Fragestellungen nachzugehen, muss sich der Erbe zunächst über wichtige Besonderheiten des amerikanischen Nachlassverfahrens im Klaren sein.

        I.  Einführung im amerikanischen Erbrecht

A. Der Nachlass als eigenständige juristische Person

Im Gegensatz zu einem deutschen Nachlassverfahren, in dem Vermögenswerte sowie Verbindlichkeiten mit dem Erbfall unmittelbar auf den Erben (sog. Universalsukzession) übergehen, bildet der Nachlass in den USA nach dem anglo-amerikanischen Recht (Common Law) während des Nachlassverfahrens bzw. der Abwicklungsphase eine eigenständige juristische Person. Demnach gehen alle Werte bzw. Verbindlichkeiten mit dem Ableben auf den Nachlass des Verstorbenen über. Dies hat zur Folge, dass die Erben eines amerikanischen Erblassers im amerikanischen Nachlassverfahren die Erbschaft nicht anzunehmen bzw. auszuschlagen haben. Nach dem amerikanischen Nachlassverfahren wird nur der Nettonachlass ausgezahlt, d.h. nachdem alle Verbindlichkeiten einschließlich etwaiger Steuern bezahlt worden sind. Nicht der Erbe, sondern der Nachlass als eigenständige juristische Person haftet für etwaige Verbindlichkeiten. Dies bedeutet, dass im Fall einer Überschuldung des Nachlasses die Verbindlichkeiten nicht auf die Erben übergehen.

Bei dem amerikanischen Nachlassverfahren gibt es somit einen eigenständigen juristischen Rechtsträger, den Nachlass, auf den alle Rechte und Pflichten des Erblassers bis zur Abwicklung übergehen.

B. Personal Representative (Abwickler) - Vertreter des Nachlasses

Ein weiterer wichtiger Unterschied ist der Umstand, dass der Nachlass von einem Personal Representative (Abwickler) vertreten bzw. abgewickelt wird. Der Personal Representative wird in der Regel durch den Erblasser im Testament ernannt und muss nach dem Erbfall durch das Nachlassgericht genehmigt werden. Die Rechtsstellung eines Personal Representative ist mit der eines Testamentsvollstreckers oder Nachlassverwalters im deutschen Rechtssinne nicht deckungsgleich. Die Eigentumsrechte am Gesamtnachlass gehen erst mit Abschluss der Auseinandersetzung des Nachlasses auf die Erben über. Bis zu diesem Zeitpunkt haben die Erben keine verbürgten Rechte am Nachlass, sondern lediglich eine Anwartschaft.

Der Personal Representative vertritt den Nachlass gegenüber den Erben und Dritten. Er hat den Auftrag, die Abwicklung vorzunehmen. Die Abwicklung wird erst dann für beendet erklärt, wenn das Nachlassgericht die endgültige Einnahmen-Überschuss-Aufstellung (Final Accounting)vom Personal Representative genehmigt hat. Erst dann kann die Verteilung des Nettonachlasses an die Erben erfolgen.

Neben den im Testament genannten Verfügungen hat der Personal Representative alle anfallenden Steuern zu bezahlen. Hierbei kommen Steuern diverser Art in Frage. Zum einen hat der Personal Representative zu prüfen, ob eine Erbschaftssteuer zu bezahlen ist. Die Erbschaftssteuer, welche als Federal Estate and Gift Tax bezeichnet wird, ist vom Nachlass zu zahlen bzw. wird dem Nachlass auferlegt.

       II. Erblasser mit amerikanischer Staatsangehörigkeit oder Wohnsitz

Es bestehen unterschiedliche erbschaftsteuerliche Regeln, je nachdem, ob der Erblasser die US Staatsangehörigkeit oder eine Aufenthaltserlaubnis besaß.  Wenn es sich um einen "amerikansichen" Erblasser (US Staatsbürger oder Ausländer mit Aufenthaltstitel) handelt, gelten die nachfolgenden Regeln:

A. Gross Estate (Bruttonachlassvermögen)

Ob eine Erbschaftssteuererklärung einzureichen ist, hängt im Wesentlichen von dem ermittelten Wert des Nachlasses ab. Dabei werden alle Rechte des Verstorbenen auf bewegliches und unbewegliches Vermögen (GrossEstate) mit einbezogen. Zu dem sog. Gross Estate gehören z.B. Renten, bestimmte Lebensversicherungen und Vermögen, das unter dem Marktwerkt zu Lebzeiten verkauft wurde.

B. Taxable Estate (steuerpflichtiges Nachlassvermögen)

Von dem Gesamtwert des GrossEstate werden diverse Posten abgezogen, um das TaxableEstate zu ermitteln. Das TaxableEstate wird ermittelt, indem z.B. die Schulden des Verstorbenen abgezogen werden. Darüber hinaus werden fällige Nachlasssteuern von den einzelnen Bundesstaaten abgezogen. Bei einem überlebenden Ehepartner, der die US-Staatsangehörigkeit besitzt und als alleiniger Erbe eingesetzt wurde, kann der überlebende Ehepartner die so genannte MaritalDeduction mit einem unbegrenzten Freibetrag in Anspruch nehmen. Bei Inanspruchnahme wird das GrossEstate auf null gesetzt. Die Erbschaftssteuer wird dann beim Ableben des überlebenden Ehepartners fällig bzw. geht auf dessen TaxableEstate über.

Nach Feststellung des TaxableEstate werden die geltenden Steuersätze unter Berücksichtigung der Freibeträge angewandt, um die Höhe der Erbschaftssteuer festzulegen. Die nachfolgende Tabelle gibt Aufschluss über die jeweiligen steuerlichen Sätze nach dem Jahr des Ablebens:

Beispielrechnung:

Bei einem Erbfall aus dem Jahr 2008 mit einem TaxableEstate von insgesamt $3.000.000 müsste der Nachlass eine Erbschaftssteuer in Höhe von $450.000 entrichten. Dieser Betrag ermittelt sich wie folgt: $3 Millionen (TaxableEstate des Nachlasses) - $2  Millionen (Freibetrag, angenommen es liegen keine Schenkungen vor) = $1 Million (zu versteuernder Nachlasswert) = $450.000 (Erbschaftssteuer).

Wenn sich der Erbfall im Jahr 2010 ereignet hat, so würde keine Erbschaftssteuer anfallen. Möglich wäre nur eine Schenkungsteuer, wenn der Erblasser im Jahr 2010 den Freibetrag von $1.000.000 überschritten hat.  Die Erbschaftssteuererklärung ist vom PersonalRepresentative innerhalb von neun Monaten nach dem Erbfall mit dem Steuerformular 706 einzureichen.

C. Schenkungen bzw. Schenkungssteuer

Der Bund erhebt eine Schenkungssteuer mit dem Ziel, die Umgehung der Nachlasssteuer durch Schenkungen zu Lebzeiten zu verhindern. Die Schenkungssteuer wird dann erhoben, wenn die Schenkungen zu Lebzeiten den Freibetrag von insgesamt $1.000.000 übersteigen. Von dem Freibetrag ausgenommen sind Schenkungen, welche den Betrag von $13.000 in einem Jahr nicht übersteigen.  Demnach kann eine beliebige Zahl von Personen mit $13.000 jährlich beschenkt werden, ohne die Schenkungsteuer auszulösen bzw. den Freibetrag von $1.000.000 zu reduzieren.

Des Weiteren sind Schenkungen in Form von direkter Bezahlung von Schulgebühren und medizinischer Kosten an den Rechnungsempfänger von der Schenkungssteuer ausgenommen. Hinzu kommen Schenkungen an den Ehepartner, politische Parteien und Wohlfahrtsorganisationen.

Wenn der kumulative Freibetrag von $1.000.000 oder der einmalige Freibetrag von $13.000 überschritten wird, ist der Schenker gehalten, das Formular Nummer 709, in dem die Schenkung deklariert bzw. laufende Schenkungen zu Lebzeiten protokolliert werden, an die Steuerbehörde abzugeben. Solange der Gesamtbetrag von $1.000.000 nicht erreicht wird, fällt keine Schenkungssteuer an. Dem Schenker bleibt die Option offen, die Schenkungssteuer zu Lebzeiten zu bezahlen, um dabei den Freibeitrag von $1.000.000 beim Ableben voll auf den Taxable Estate in Ansatz bringen zu lassen.

Es muss nach dem Erbfall ermittelt werden, ob die Schenkungssteuer entrichtet wurde oder nicht. Wenn der Erblasser Schenkungen über 1,5 Millionen getätigt hat, ohne die Schenkungssteuer zu entrichten, würde der PersonalRepresentative $500,000 (1,5 Million abzüglich Freibetrag von 1 Million) auf den Wert des Taxable Estate dazu rechnen. Nach diesem ergänzten Wert würde er die Nachlasssteuer entrichten.

        III.  Erblasser war Ausländer bzw. hatte keine Aufenthaltserlaubnis

In Fällen bei denen der Erblasser die US Staatsangehörigkeit oder einen Aufenthaltstitel nicht inne hatte, auch als so genannter "non-resident alien" bezeichnet, werden andere Regeln für die in den USA befindlichen Vermögenswerte, insbesondere Unbewegliches, angewandt.  So z.B. würde ein ausländischer Urlauber, der ein Grundstück in Amerika gekauft hat, als ein Non-Resident Alien betrachtet werden.   

Wenn es sich um einen Non-Resident Alien handelt, beläuft sich der Freibetrag auf $ 60.000.-Nach Abzug dieses Betrages sowie anderer etwaiger Verbindlichkeiten des Nachlasses (z.B. aufgrund einer Hypothek) wird die Erbschaftsteuer mit einen Satz von 35% ermittelt.  Der Nachlassabwickler hat das Steuerformular 706-NA innerhalb von 9 Monaten nach dem Ableben einzureichen

Ob ein Vermögenswert dem amerikanischen Nachlass zuzuordnen ist, z.B. wenn amerikanische Wertpapiere in einem Depot außerhalb den USA gehalten wurden,  bedarf einer genauen Analyse der einzelnen Wertpapiere unter Berücksichtigung des mit den USA bestehenden Steuerabkommens.

        IV.  Andere

A. Einkommensteuer

Der Personal Representative ist gehalten, eine Einkommenssteuererklärung für den Nachlass einzureichen, wenn der Nachlass im Jahr mehr als $ 600,- an Einkommen erhält oder eine begünstigte Person Ausländer ohne Wohnsitz in Amerika ist. In diesen Fällen ist das Formular 1041 einzureichen.

B. vorteilhafte Behandlung von Einkünften

In vielen Fällen verdient der Nachlass Einkünfte aus Kapitalvermögen während der Abwicklung des Nachlasses. Wenn diese Einkünfte an die Erben in Deutschland im Jahr der Gutschreibung bzw. vor Abgabe der amerikanischen Steuererklärung weitergeben werden, dann kann der Erbe die Vergünstigungen im Doppelbesteuerungsabkommen zwischen Deutschland und Amerika für sich in Anspruch nehmen. Demnach werden Zinsen, Dividende, und Renten mit 0%, 15% bzw. 0% in Amerika versteuert. Wenn hingegen der Nachlass diese Einkünfte selbst versteuert, gelten Hohe Sätze, abhängig vom Gesamteinkommen des Nachlasses.

Um diese vorteilhafte Behandlung in Anspruch zu nehmen, hat der Erbe das amerikanische Steuerformular  "W8-Ben" bei dem Abwickler einzureichen. Der Abwickler reicht dann die Anlage K-1 (Beneficiary`s Share of Income, Deductions, Credits, etc [Anteil des Begünstigens an Einkommen, Abzüge, Gutschriften, usw.]), mit dem Steuerformular 1041 ein.  Da viele Abwickler über diese Einzelheiten nicht informiert sind, bietet sich an, rechtzeitig diesbezüglich mit dem Abwickler Kontakt aufzunehmen.

C. Tax Closing Letters (Steuerunbedenklichkeitsbescheinigung)

Wenn eine Erbschaftssteuererklärung bei der Bundessteuerbehörde (Internal Revenue Service) abgegeben wurde, wird die Behörde dem Personal Representative nach Abschluss des Prüfungsverfahrens einen so genannten Tax Closing Letter übersenden. In diesem Schreiben wird bestätigt, dass die Erbschaftssteuer bezahlt bzw. die steuerlichen Angelegenheiten erledigt wurden, also eine Art Steuerunbedenklichkeitsbescheinigung. Ist der Nachlass im Besitz von Immobilien, so muss der PersonalRepresentative das Formular 4422 einreichen. Mit diesem Formular beantragt der PersonalRepresentative, das kraft Gesetzes durch den Bund verhängte Grundpfandrecht auf die Immobilie aufzuheben.

Wenn der PersonalRepresentative über den Tax Closing Letter vom Bund verfügt, wird dieser bei der Steuerbehörde des jeweiligen Bundestaates eingereicht. Diese Behörde wiederum stellt ihren eigenen Tax Closing Letter aus.

D. Deutsche Erbschaftssteuer

Obwohl Art. 9 des deutsch-amerikanischen Abkommens zur Vermeidung von Doppelbesteuerung bei Erbschafts- und Schenkungssteuer vom 22.9.1982 mit Ergänzungsvereinbarung vom Dezember 1998 die grundsätzliche Freistellung für Kapitalvermögen (Gelder, Aktien) anordnet, behält sich Deutschland in Art. 11 für in Deutschland ansässige Erben ein Besteuerungsrecht vor. Demnach werden inländische Erben auch besteuert, wenn das vererbte Kapitalvermögen von in den USA ansässigen Erblassern stammt. Dabei werden die in den USA etwaigen gezahlten Erbschaftssteuern auf die deutsche Erbschaftssteuer angerechnet, d.h. die bereits in den USA gezahlte und keinem Ermäßigungsanspruch mehr unterliegende Erbschaftssteuer wird von der auf diesen Erwerb entfallenden deutschen Erbschaftssteuer abgezogen. Die Anrechnung erfolgt auf Antrag.

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