Rechtswörterbuch

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Staatsangehörigkeit

 Normen 

Art. 116 GG

StAG

StaatlosG

StARG

 Information 

1. Allgemein

Das Recht der deutschen Staatsangehörigkeit ist im Wesentlichen in Art. 116 GG, im Staatsangehörigkeitsgesetz und im Gesetz zur Regelung von Fragen der Staatsangehörigkeit geregelt.

Aufgrund der Tatsache, dass die Deutscheneigenschaft sich nicht ausschließlich nach dem Staatsangehörigkeitsgesetz bestimmt, sondern sich vielmehr auch nach Art. 116 Abs.1 GG (Statusdeutsche) beurteilt, ist das Recht der deutschen Staatsangehörigkeit überaus komplex.

Grundsätzlich wird gemäß § 4 Abs. 1 StAG die deutsche Staatsangehörigkeit erworben, wenn ein Elternteil die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt.

Hinweis:

Die deutsche Staatsbürgerschaft ist bei einem in Indien geborenen Kind zu verneinen, das im Wege der in-Vito-Fertilisation mit einem deutschen Vater gezeugt wurde und dessen indische Leihmutter bei der Geburt mit einem indischen Mann verheirat war, der sowohl nach dem deutschen als auch nach dem indischen Recht als Vater gilt (VG Köln 20.02.2013 - 10 K 6710/11).

Durch das Staatsangehörigkeitsgesetz ist neben das Abstammungsprinzip das Territorialitätsprinzip getreten. Danach liegt auch bei Kindern ausländischer Eltern mit der Geburt im Inland unter den Voraussetzungen des § 4 Abs. 3 StAG ein Grund für den Erwerb der deutschen Staatsbürgerschaft vor. Kommt es dabei zu einer doppelten Staatsangehörigkeit (dazu noch nachfolgend), müssen sich die Betroffenen nach Volljährigkeit gemäß § 29 Abs. 1 StAG darüber erklären, ob sie die deutsche oder die ausländische Staatsangehörigkeit behalten wollen. Die Erklärung bedarf der Schriftform.

Nach dem Urteil BVerwG 18.11.2004 - 1 C 31/03 erwirbt ein Kind ausländischer Eltern die deutsche Staatsbürgerschaft durch Geburt im Inland auch dann, wenn der rechtmäßige gewöhnliche Aufenthalt eines Elternteils in Deutschland seit acht Jahren nur deshalb kurzfristig unterbrochen war, weil er den Antrag auf Verlängerung der Aufenthaltsgenehmigung um wenige Tage verspätet gestellt hatte.

Bei Vorliegen der Voraussetzungen kann ein Ausländer auf Antrag eingebürgert werden und dadurch die deutsche Staatsbürgerschaft erhalten.

2. Mehrstaatlichkeit

Ein besonderes Problem im Staatsangehörigkeitsrecht stellt die Mehrstaatlichkeit dar. Mehrstaatlichkeit ist der Besitz der Staatsangehörigkeit mehrerer, in der Regel zweier Staaten (Vorliegen der doppelten Staatsbürgerschaft). Dadurch entstehen besonders enge Rechtsbeziehungen zu mehreren Staaten, die zu Pflichtenkollisionen führen können (z.B. doppelte Wehrpflicht).

Der Vermeidung einer Mehrstaatlichkeit bzw. doppelten Staatsbürgerschaft dient daher die Regelung des § 29 StAG (Optionspflicht).

Danach hat ein Deutscher, der nach dem 31. Dezember 1999 die Staatsangehörigkeit nach § 4 Abs. 3 StAG oder durch Einbürgerung nach § 40b StAG erworben hat und eine ausländische Staatsangehörigkeit besitzt, bei Vorliegen der weiteren Voraussetzungen und nach Hinweis durch die zuständige Behörde zu erklären, ob er die deutsche oder die ausländische Staatsangehörigkeit behalten will:

Die Optionspflicht hat folgende Voraussetzungen:

  • Nunmehr werden Deutsche, die die Staatsangehörigkeit eines anderen Mitgliedstaates der Europäischen Union oder der Schweiz besitzen, ebenfalls von der Optionspflicht ausgenommen.

  • Optionspflichtig ist, wer nicht im Inland aufgewachsen ist:

    In Deutschland aufgewachsen ist nach § 29 Abs. 1a StAG, wer bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres in Deutschland einen Schul- oder Ausbildungsabschluss erworben, sechs Jahre in Deutschland eine Schule (einschließlich Berufsschule) besucht hat oder sich mindestens acht Jahre im Inland aufgehalten hat. Um für Einzelfallgerechtigkeit in besonders gelagerten Fällen sorgen zu können, sieht Satz 2 eine Härtefallklausel vor.

  • Das Alter zur Abgabe der Erklärung wurde auf 21 Jahre heraufgesetzt.

    Den Behörden wird eine Frist von einem Jahr nach Vollendung des 21. Lebensjahres des Optionspflichtigen eingeräumt, um diesem den Hinweis zuzustellen.

Erklärt er, dass er die ausländische Staatsangehörigkeit behalten will, so geht die deutsche Staatsangehörigkeit mit dem Zugang der Erklärung bei der zuständigen Behörde verloren. Sie geht ferner verloren, wenn bis zur Vollendung des 23. Lebensjahres keine Erklärung abgegeben wird. Wird sich dahin gehend entschieden, die deutsche Staatsbürgerschaft zu behalten, besteht die Verpflichtung, die Aufgabe oder den Verlust der ausländischen Staatsangehörigkeit nachzuweisen. Wird dieser Nachweis nicht bis zur Vollendung des 23. Lebensjahres geführt, geht die deutsche Staatsangehörigkeit verloren, es sei denn, dass vorher auf einen entsprechenden Antrag hin die Beibehaltung der deutschen Staatsangehörigkeit seitens der zuständigen Behörde schriftlich genehmigt worden ist (sog. Beibehaltungsgenehmigung).

Der Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit tritt erst ein, wenn der Antrag bestandskräftig abgelehnt wird. Die im StAG geregelten Gründe für den Verlust der Staatsbürgerschaft sind mit Art. 16  Abs. 1 GG (Schutz vor Ausbürgerung) vereinbar, da kein Entzug der Staatsangehörigkeit vorliegt und gewährleistet ist, dass im Fall des Verlustes der Staatsbürgerschaft gegen den Willen der Betroffenen diese nicht staatenlos werden können (vgl. BVerfG 22.06.1990 - 2 BvR 116/90).

3. Deutsche Staatsangehörigkeit für NS-Verfolgte bzw. ihre Nachkommen

Mit dem "Vierten Gesetz zur Änderung des Staatsangehörigkeitsgesetzes" wurden die rechtlichen Voraussetzungen staatsangehörigkeitsrechtlicher Wiedergutmachungen geschaffen.

Damit können die Nachfahren NS-Verfolgter, die staatsangehörigkeitsrechtlich Nachteile erlitten haben, aber nicht unter den Anspruch aus Artikel 116 Abs. 2 GG fallen, die deutsche Staatsangehörigkeit erhalten. Berücksichtigt wurden auch Kinder deutscher und früherer deutscher Staatsangehöriger, die bei Geburt vor dem 1. Januar 1975 beziehungsweise vor dem 1. Juli 1993 in geschlechterdiskriminierender Weise vom Abstammungserwerb der deutschen Staatsangehörigkeit ausgeschlossen waren, sowie deren Abkömmlinge.

Rechtsgrundlage ist § 15 StAG.

4. Verlust der Staatsangehörigkeit

Die zum Verlust der Staatsangehörigkeit führenden Tatbestände sind in § 17 StAG aufgeführt, so z.B. die Rücknahme einer erschlichenen Einbürgerung.

Zum 09.08.2019 ist als weiterer Tatbestand eingefügt, dass der Verlust auch begründet wird durch Eintritt in die Streitkräfte oder einen vergleichbaren bewaffneten Verband eines ausländischen Staates oder durch konkrete Beteiligung an Kampfhandlungen einer terroristischen Vereinigung im Ausland.

Unerheblich ist, ob der Betroffene durch den Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit staatenlos wird.

 Siehe auch 

Ausländer

Auslieferung - Deutsche Staatsangehörige

Bundesvertriebenengesetz

Staatenlose

Statusdeutsche

BVerwG 14.10.2003 - 1 C 20/02 (Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit durch Adoption)

Häußler: Neuere Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zum Staatsangehörigkeitsrecht; Deutsches Verwaltungsblatt - DVBl. 2013, 1228

Weber: Die Aberkennung der deutschen Staatsangehörigkeit: rechtliche Zulässigkeit und rechtspolitische Kostenvoranschläge; Zeitschrift für Ausländerecht - ZAR 2019, 209