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Nichteheliche Lebensgemeinschaft

Normen

§§ 705 ff., 1359 , 1626a, 1684 BGB

Information

1 Allgemein

Die nichteheliche Lebensgemeinschaft sowohl gleich- als auch verschiedengeschlechtlicher Partner wird in der deutschen Rechtsordnung nicht der Ehe gleichgesetzt und fällt nicht unter den Schutz des Art. 6 GG.

2 Wirkungen

Es bleibt den nichtehelichen Partnern unbenommen, ihre Rechtsverhältnisse untereinander vertraglich zu regeln. So ist die Vereinbarung eines Unterhaltsvertrages für die Zeit nach einer Trennung zulässig. Die Grenze zu einem sittenwidrigen Vertrag ist dann zu ziehen, wenn durch die Vereinbarung eine Trennung erheblich erschwert werden soll.

Die Rechtsprechung wendet einige für Ehepaare geltende Vorschriften analog auf nichteheliche Lebenspartner an. Die zwischen Ehegatten geltende Haftungsbegrenzung auf die Sorgfalt in eigenen Angelegenheiten gilt auch für nichteheliche Lebenspartner. Aber auch hier soll, wie bei Ehegatten, die Haftungsbegrenzung nicht für die Teilnahme am Straßenverkehr gelten.

Bei Tod eines Partners hat der Überlebende ein Recht auf Fortführung des Mietvertrages (sofern beide Mieter waren) bzw. ein Eintrittsrecht in den Mietvertrag (wenn nur der verstorbene Partner Mieter war) gemäß § 563 BGB. Jedoch bedarf die Aufnahme des Lebensgefährten in eine Mietwohnung der Erlaubnis des Vermieters, der Mieter hat aber grundsätzlich einen Anspruch auf die Erteilung der Erlaubnis.

Das sogenannte Familienprivileg aus § 86 Abs. 3 VVG ist nach der Entscheidung OLG Naumburg 15.05.2007 - 9 U 17/07 auch auf eine nichteheliche Lebensgemeinschaft anzuwenden, wenn sich diese einer Ehe vergleichbar verfestigt hat (langjährige Lebensgemeinschaft mit gemeinsamer Ausübung der elterlichen Sorge für ein gemeinsames Kind; enge Verflechtung der finanziellen Verhältnisse: gemeinsames Darlehen für ein gemeinsam genutztes Einfamilienhaus).

Ein Zeugnisverweigerungsrecht bei gerichtlichen Verfahren ist nicht anerkannt. Dieses besteht jedoch, wenn die Parteien verlobt sind.

3 Ausgleichsansprüche bei Beendigung der Partnerschaft

Mit der Trennung der Lebenspartner entfallen die Umstände, denen man einen besonderen, von der gesetzlich vorgesehenen Halbteilung abweichenden Verteilungsmaßstab entnehmen kann. Es kommt der gesetzliche Regelfall der Haftung zu gleichen Anteilen gemäß § 426 Abs. 1 S. 1 BGB zum Zuge, sofern nicht wiederum eine anderweitige Bestimmung bzw. besondere Umstände vorliegen (OLG Bremen 15.01.2016 - 4 W 5/15).

Bei der Entscheidung über die Ausgleichspflicht der Partner bei der Beendigung der Lebensgemeinschaft ist wie folgt zu unterscheiden:

  1. a)

    Schenkungen:

    Nach der Rechtsprechung liegt eine Schenkung nur vor, wenn die Zuwendung nach deren Willen unentgeltlich im Sinne echter Freigiebigkeit erfolgt und nicht an die Erwartung des Fortbestehens der Lebensgemeinschaft geknüpft, sondern zur freien Verfügung des Empfängers geleistet wird (BGH 09.07.2008 - XII ZR 179/05).

    Die Voraussetzungen einer Rückforderung entsprechen den für die Schenkung unter Ehegatten entwickelten Grundsätzen.

  2. b)

    Gemeinschaftsbezogene Zuwendungen, die das tägliche Zusammenleben erst ermöglichen (Erfüllung der laufenden Unterhaltsbedürfnisse, Finanzierung eines Urlaubs, Entrichtung der Miete für die gemeinsam genutzte Wohnung):

    Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs werden gemeinschaftsbezogene Zuwendungen der Partner grundsätzlich nicht ausgeglichen. Bei einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft stehen die persönlichen Beziehungen derart im Vordergrund, dass sie auch das die Gemeinschaft betreffende vermögensbezogene Handeln der Partner bestimmen und daher nicht nur in persönlicher, sondern auch in wirtschaftlicher Hinsicht grundsätzlich keine Rechtsgemeinschaft besteht.

    Wenn die Partner keine anderweitige Regelung getroffen haben, werden dementsprechend persönliche und wirtschaftliche Leistungen nicht gegeneinander aufgerechnet. Beiträge werden geleistet, sofern Bedürfnisse auftreten und, wenn nicht von beiden, so von demjenigen erbracht, der dazu in der Lage ist. Soweit nachträglich noch etwas ausgeglichen wird, geschieht das aus Solidarität und nicht in Erfüllung einer Rechtspflicht (BGH 03.02.2010 - XII ZR 53/08, BGH 31.10.2007 - XII ZR 261/04).

    Hinweis:

    Erbrachte Arbeitsleistungen eines Partners, die erheblich über bloße Gefälligkeiten oder das, was das tägliche Zusammenleben erfordert, hinausgehen und zu einem messbaren und noch vorhandenen Vermögenszuwachs des anderen Partners geführt haben (z.B. zum Bau eines Hauses), sind keine gemeinschaftsbezogenen Zuwendungen (BGH 06.07.2011 - XII ZR 190/08).

  3. c)

    Für darüber hinausgehende Leistungen gilt:

    Bei gemeinschaftsbezogenen Zuwendungen, die über die Finanzierung des Zusammenlebens hinausgehen, ist im Einzelfall zu prüfen, ob ein Ausgleichsverlangen nach den Grundsätzen der Störung der Geschäftsgrundlage begründet ist (BGH 09.07.2008 - XII ZR 179/05).

    Die Zuwendung eines Vermögenswerts, die der Absicherung des anderen Partners einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft für den Fall dienen soll, dass der Zuwendende während des Bestands der Lebensgemeinschaft verstirbt, ist regelmäßig eine gemeinschaftsbezogene Zuwendung und als solche bei dem Scheitern der Lebensgemeinschaft auszugleichen (BGH 06.05.2014 - X ZR 135/11).

  4. d)

    Auch gesellschaftsrechtliche Vorschriften können unter engen Voraussetzungen eingreifen. Voraussetzung ist gemäß BGH 28.09.2005 - XII ZR 189/02, dass die Partner im Rahmen eines zumindest konkludent geschlossenen Vertrages eine gemeinsame Vermögensbildung im Sinne einer Gesellschaft des bürgerlichen Rechts, vergleichbar mit einer Ehegatteninnengesellschaft, beabsichtigt hatten.

    "Der Erwerb eines Grundstücks zu je 1/2 mit dem Ziel, darauf ein Einfamilienhaus zu errichten, das künftig gemeinsam bewohnt werden soll, stellt keine konkludente Begründung einer BGB-Gesellschaft dar, wenn der Zweck nicht über die Verwirklichung der Beziehung der Parteien hinausgeht" (OLG Hamm 06.04.2022 - 8 U 172/20).

  5. e)

    Ersatz der Aufwendungen für ein Einfamilienhaus:

    "Scheitert eine nichteheliche Beziehung nach dem gemeinsamen Erwerb eines Baugrundstücks und errichtet ein Partner nunmehr allein auf dem Grundstück ein Einfamilienhaus, kann er anteiligen Ersatz seiner Aufwendungen nicht nach den Grundsätzen über Ausgleichsansprüche nach Beendigung einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft verlangen. Es verbleiben Ansprüche wegen der Wertsteigerung des hälftigen Miteigentumsanteils des anderen Partners" (OLG Hamm 06.04.2022 - 8 U 172/20).

4 Ausgleichsansprüche zwischen den Eltern eines Partners und dem Partner des Kindes

4.1 Ausgleichsansprüche der Eltern

In der Rechtsprechung ist zudem anerkannt, dass bei Scheitern einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft die Eltern eines Partners u.U. einen Ausgleichsanspruch nach den Grundsätzen der Störung der Geschäftsgrundlage haben können. Voraussetzung ist, dass die Eltern zum Bau und zur Erhaltung eines als gemeinsamen Besitzes angesehenen Hauses o.Ä. beigetragen haben, das sich tatsächlich im Alleineigentum des Partners des Kindes befand.

Zu der Möglichkeit der Rückforderung von Schenkungen siehe den Beitrag "Zuwendungen von Schwiegereltern". Nach der Rechtsprechung des BGH ist insofern nicht zwischen verheirateten und nicht verheirateten Partner zu differenzieren.

4.2 Ausgleichsansprüche des Partners

Erbringt jemand nicht unerhebliche Arbeits- und Materialleistungen in einer von ihm und seiner, mit ihm nicht verheirateten Partnerin bewohnten, im Eigentum ihrer Eltern stehenden Immobilie, zu dem Zweck, sich und seiner Familie dort langfristig ein Unterkommen zu sichern, kann nicht ohne Weiteres von dem Abschluss eines Kooperationsvertrages zwischen ihm und den Eltern ausgegangen werden (BGH 04.03.2015 - XII ZR 46/13).

5 Tod eines Partners

Der nichteheliche Partner hat keinen Anspruch auf einen Pflichtteil. Sofern er nicht durch ein Testament, ein Vermächtnis oder einen Erbvertrag bedacht ist, hat er keinen Anspruch auf das Vermögen des Erblassers.

Der Erbe kann gegen den überlebenden Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft, die bis zum Tod des Erblassers bestanden hat, nur dann einen Ausgleichsanspruch geltend machen, wenn es sich bei der Leistung nicht um eine gemeinschaftsbezogene Zuwendung (s.o.) gehandelt hat (BGH 31.10.2007 - XII ZR 261/04).

6 Herausgabe der Wohnung bei Eintritt der Betreuung eines Partners

Wird für den Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft ein Dritter zum Betreuer mit den Aufgabenkreisen Vermögenssorge und Wohnungsangelegenheiten bestellt und für diese Bereiche ein Einwilligungsvorbehalt angeordnet, so kann der Betreuer, wenn der Betreute in ein Pflegeheim umzieht, von dem anderen Partner die Herausgabe der im Alleineigentum des Betreuten stehenden und bis dahin gemeinsam genutzten Wohnung verlangen - es sei denn, es besteht eine bindende rechtliche Regelung (BGH 30.04.2008 - XII ZR 110/06).

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