Ehe
BT-Drs. 19/24445 (zum neuen § 1358 BGB)
1 Allgemein
Staatlich und/oder kirchlich anerkannte Lebensgemeinschaft zwischen Mann und Frau, zwischen zwei gleichgeschlechtlichen Partnern, zwischen einem Mann oder einer Frau und einer intersexuellen Person sowie zwischen zwei intersexuellen Personen.
Es besteht keine Verpflichtung zur Durchführung der staatlichen Trauung vor der kirchlichen Trauung. Die kirchliche Trauung kann auch vor dem standesamtlichen Termin oder auch ohne eine sich anschließende staatliche Trauung durchgeführt werden.
Voraussetzungen der wirksamen staatlichen Eheschließung ist gemäß § 1310 BGB die Vereinbarung der Eheschließung vor einem Standesbeamten.
2 Folgen der staatlichen Ehe
Rechtsfolgen der Eheschließung sind für den Bereich des Eherechts:
Es besteht gemäß § 1353 BGB das Recht und die Pflicht zur ehelichen Lebensgemeinschaft.
Die Eheleute sollen einen Familiennamen bestimmen. Wird kein Familienname bestimmt, so behält jede Partei ihren Geburtsnamen bzw. den bei der Eheschließung geführten Namen (Ehegattennamensrecht).
Die Haushaltsführung ist gemäß § 1356 BGB von den Ehegatten im gegenseitigen Einvernehmen zu regeln.
Im Rahmen der Schlüsselgewalt kann jeder Ehegatte bei Geschäften des täglichen Bedarfs den anderen mit verpflichten.
Bei im Güterstand der Zugewinngemeinschaft lebenden Eheleuten kann ein Ehepartner gemäß § 1365 BGB nicht ohne die Zustimmung des anderen über das Vermögen im Ganzen verfügen.
Ein Ehegatte kann gemäß § 1369 BGB über ihm gehörende Haushaltsgegenstände nur verfügen, wenn der andere Ehegatte einwilligt.
Die Ehegatten sind gemäß § 1360 BGB verpflichtet, durch Arbeit und den Einsatz ihres Vermögens den Unterhalt der Familie zu sichern.
Zwischen den Ehegatten besteht eine Haftungserleichterung gemäß § 1359 BGB (Sorgfalt in eigenen Angelegenheiten).
Die Pflicht zur ehelichen Lebensgemeinschaft beinhaltet u.a. ein rücksichtsvolles Verhalten, die gegenseitige Unterstützung bei der Lebensführung, die eheliche Treue, das Respektieren der Privatsphäre des anderen, die Toleranz gegenüber dem religiösen Glauben oder der Weltanschauung des anderen, das Zusammenleben in häuslicher Gemeinschaft und die gemeinsame Sorge für die Kinder.
3 Beendigung der Ehe
Eine staatlich geschlossene Ehe kann bei Vorliegen der in § 1314 BGB enumerativ genannten Gründe aufgehoben oder bei Vorliegen der Voraussetzungen geschieden werden.
4 Gleichgeschlechtliche Ehe
Seit dem 01.10.2017 können gemäß dem geänderten § 1353 Abs. 1 S. 1 BGB durch die Einfügung der Worte »von zwei Personen verschiedenen oder gleichen Geschlechts« auch gleichgeschlechtliche Personen eine Ehe eingehen.
5 Gegenseitige Vertretung von Ehegatten in Angelegenheiten der Gesundheitsvorsorge
Zum 01.01.2023 wurde mit § 1358 BGB eine Regelung zur gegenseitigen Vertretung von Ehegatten in Angelegenheiten der Gesundheitssorge bei Fehlen oder Unwirksamkeit einer Vorsorgevollmacht eingeführt.
Nach § 21 Lebenspartnerschaftsgesetz gilt die Vorschrift auch für Lebenspartner. Entsprechend den Vorgaben im Koalitionsvertrag, nach der es Ehepartnern ermöglicht werden soll, im Betreuungsfall füreinander Entscheidungen über medizinische Behandlungen zu treffen, sollen Ehegatten unter eng begrenzten Voraussetzungen berechtigt sein, den anderen Ehegatten in bestimmten Angelegenheiten der Gesundheitssorge vorübergehend vertreten zu können.
Absatz 1 regelt die Voraussetzungen des Vertretungsrechts durch den Ehegatten und enthält in den Nummern 1 bis 4 einen abschließenden Katalog derjenigen Angelegenheiten der Gesundheitssorge, in denen eine Vertretung erfolgen kann. Zu dem Anwendungsbereich der Angelegenheiten im Einzelnen siehe die Gesetzesbegründung BT-Drs. 19/24445 Seiten 179 ff.
Voraussetzungen:
Das Vertretungsrecht des Ehegatten besteht nur und soweit der andere Ehegatte aufgrund von Bewusstlosigkeit oder einer Krankheit nicht in der Lage ist, die in der Vorschrift genannten Angelegenheiten der Gesundheitssorge rechtlich zu besorgen.
Mit diesen Voraussetzungen orientiert sich die Regelung bewusst an den Voraussetzungen der Bestellung eines Betreuers (§ 1814 Absatz 1 BGB). Damit wird deutlich, dass Anlass für das gesetzliche Vertretungsrecht von Ehegatten eine akut eingetretene gesundheitliche Beeinträchtigung des Ehegatten infolge eines Unfalls oder einer Erkrankung ist, die auch eine ärztliche Akutversorgung notwendig macht.
Eine Pflicht, das Vertretungsrecht wahrzunehmen, besteht für den Ehegatten nicht. Sieht sich ein Ehegatte von Beginn an oder im Laufe der Vertretungszeit nicht (mehr) in der Lage, sich um die Angelegenheiten seines Ehepartners zu kümmern, etwa weil er selbst auf Grund einer Erkrankung oder Behinderung in seiner Handlungsfähigkeit beeinträchtigt oder weil er durch die Situation überfordert ist, teilt er dies dem behandelnden Arzt mit. Dieser hat – soweit dies nicht bereits durch den Ehegatten oder sonstige Angehörige des Patienten geschehen ist – beim zuständigen Betreuungsgericht die Einleitung eines Betreuungsverfahrens anzuregen.
Gleiches gilt, wenn der Ehegatte tatsächlich an der Ausübung des Vertretungsrechts gehindert ist, weil er sich beispielsweise länger im Ausland aufhält und dort nicht erreichbar ist. Der Katalog der Angelegenheiten, in denen eine Vertretung erfolgen kann, orientiert sich dabei an den Entscheidungen und Maßnahmen, die in der Akutphase, für die die Regelung vorgesehen ist, regelmäßig anstehen werden. Er erfasst neben den nur der Gesundheitssorge dienenden Maßnahmen auch Rechtsgeschäfte, die im engen Zusammenhang mit der Gesundheitssorge stehen und häufig unmittelbar nach dem Beginn der Handlungsunfähigkeit geregelt werden müssen.
Entbindung von der Schweigepflicht/Einsicht in Unterlagen (§ 1358 Abs. 2 BGB):
Damit der vertretende Ehegatte genannten Angelegenheiten verantwortungsvoll wahrnehmen kann, ist es erforderlich, dass er von den behandelnden Ärzten Informationen über den Gesundheitszustand seines Ehegatten erlangt. Absatz 2 stellt daher klar, dass unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 und hinsichtlich der dort genannten Angelegenheiten die behandelnden Ärzte gegenüber dem vertretenden Ehegatten von der Schweigepflicht entbunden sind.
Der vertretende Ehegatte ist auch berechtigt, die in diesem Zusammenhang entstandenen Krankenunterlagen einzusehen und ihre Weitergabe an Dritte zu bewilligen.
Ausschluss des Vertretungsrechts (§ 1358 Abs. 3 BGB):
Absatz 3 regelt die Ausnahmen, in denen der Ehegatte nicht vertretungsberechtigt ist.
Dies ist z.B. der Fall, wenn die Eheleute getrennt leben. Die Beurteilung des Getrenntlebens bestimmt sich nach § 1567 BGB. Dabei ist wie bei der Beurteilung des Getrenntlebens als Voraussetzung einer Scheidung nicht das räumliche Getrenntleben entscheidend, das z.B. durch einen berufsbedingt anderen Aufenthaltsort oder einen notwendigen Aufenthalt im Pflegeheim gegeben sein kann, sondern der Trennungswille.
Zu einer detaillierten Darstellung der anderen einzelnen Ausnahmen siehe die Gesetzesbegründung BT-Drs. 19/24445 Seiten 181 ff.
6 Kinderehen/Minderjährigenehen
Allgemein:
Aufgrund der mit der vermehrten Zuwanderung bestehenden kulturellen Besonderheiten wurde mit der am 22.Juli 2017 in Kraft getretenen Änderung des § 1303 BGB die Möglichkeit, bereits im Alter von 16 Jahren eine Ehe zu schließen, abgeschafft.
Zunächst wurde festgelegt, dass Personen, die 16 oder 17 Jahre alt sind, keine Ehe schließen dürfen. Ihre verbotswidrig geschlossene Ehe ist zunächst wirksam, jedoch aufhebbar.
Zusätzlich wurde geregelt, dass eine Person, die im Zeitpunkt der Eheschließung das 16. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, eine Ehe nicht wirksam begründen kann. Die gleichwohl geschlossene Ehe ist eine Nichtehe und entfaltet mithin keinerlei Rechtsfolgen.
Damit wird klargestellt, dass nur die unter Verstoß gegen die Ehemündigkeitsvorschriften wirksam zustande gekommene Ehe aufhebbar ist. Die Nichtehe unter Beteiligung eines unter 16-Jährigen bedarf der Aufhebung nicht.
Im Ausland geschlossene Ehen/Unwirksame Ehen:
Nach der vormaligen Regelung galt Folgendes:
Auch wenn die Ehemündigkeit eines Verlobten gemäß Art 13 Abs. 1 und 3 EGBGB ausländischem Recht unterliegt, ist die Ehe nach deutschem Recht unwirksam, wenn der Verlobte im Zeitpunkt der Eheschließung das 16. Lebensjahr nicht vollendet hatte. Das Bundesverfassungsgericht hatte diese Regelung für verfassungswidrig erklärt (BVerfG 01.02.2023 – 1 BvL 7/18) und dem Gesetzgeber aufgegeben, bis zum 30.06.2024 eine Neuregelung zu schaffen.
Nach den Leitsätzen des Urteils unterfallen nach ausländischem Recht eingegangene Lebensgemeinschaften ehelicher Art dann nicht ohne Weiteres dem Schutzbereich von Art. 6 Abs. 1 GG, wenn diese verfassungsrechtlichen Strukturprinzipien zuwiderlaufen.
Der Gesetzgeber darf Ehehindernisse schaffen, um die das Institut der Ehe im Sinne der Verfassung bestimmenden Strukturprinzipien zu gewährleisten. Dazu können die autonome Entscheidung beider Eheschließenden sichernde Anforderungen an die Ehefähigkeit etwa in Gestalt von Mindestaltersgrenzen für die Eheschließung gehören.
Der Gesetzgeber kann an der Wertung festhalten, Auslandsehen mit bei Heirat unter 16-Jährigen die inländische Wirksamkeit zu versagen, wenn er den festgestellten Verfassungsverstoß gemäß der Urteilsgründe beseitigt.
Zum 01.07.2024 wurde die Rechtslage neu in § 1305 BGB geregelt:
Danach bleibt es dabei, dass eine Ehe unter Beteiligung einer Person, die bei der Eheschließung das 16. Lebensjahr noch nicht vollendet hatte, nach deutschem Recht unwirksam ist. Diese Rechtsfolge wird jedoch um Unterhaltsansprüche zugunsten der bei Eheschließung noch nicht 16-jährigen Person und um die Möglichkeit einer Heilung durch erneute Eheschließung nach der Vollendung des 18. Lebensjahres ergänzt. Diese erneute Eheschließung entfaltet aufgrund ihres bestätigenden Charakters grundsätzlich Rückwirkung auf den Tag der unwirksamen Eheschließung.
Diese Ergänzungen gelten auch für Ehen, die vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes am 1. Juli 2024 nach ausländischem Recht geschlossen wurden. Auf Rechtsverhältnisse, die zwar vor Inkrafttreten entstanden waren, aber – wie die Ehe – auf Dauer angelegt sind, gilt der Grundsatz, dass das neue Recht anzuwenden ist.