Dienstleister, Rechtsanwälte und das „neue Rechtsdienstleistungsgesetz“

Staat und Verwaltung
03.07.20071824 Mal gelesen

Geiz ist g.,

im Zeitalter des Übergewichts soll abgespeckt werden und so warnt nun die BRAK (Bundesrechtsanwaltskammer) vor "Rechtsberatung light" (BRAK-MItt.3/2007, S.121).
Sollen hier angesichts der Anwaltsschwemme die "Pfründe gesichert" werden? Worum geht es und in wiefern entstehen neben den offensichtlich möglichen Nachteilen für die Anwälte tatsächlich Nachteile für den Verbraucher oder möglicherweise sogar für den Dienstleister?


Worum geht es?
Mitte 2007 soll das Rechtsdienstleistungsgesetz (RDG) in Kraft treten. Mit dieser Reform soll das geltende Rechtsberatungsgesetz aus dem Jahr 1935 vollständig aufgehoben werden. Das Gesetz bedarf nicht der Zustimmung durch den Bundesrat. Zu diesem Gesetz wird in einer Pressemitteilung des Bundesjustizministeriums Frau Zypries zitiert:" "Mit dem Rechtsdienstleistungsgesetz wollen wir eine zeitgemäße, europafeste Regelung für nichtanwaltliche Rechtsdienstleistungen schaffen. Andererseits dürfen Tätigkeiten, bei denen Rechtsdienstleistungen nur eine untergeordnete Rolle spielen, nicht zugunsten der Anwaltschaft monopolisiert bleiben. Im heutigen Wirtschaftsleben bleibt kaum eine geschäftliche Tätigkeit ohne rechtliche Auswirkungen. Deshalb sollen Rechtsdienstleistungen, die lediglich Nebenleistungen darstellen, für alle unternehmerisch tätigen Personen zulässig sein" (Quelle).


Diese Frage lässt sich zunächst nur theoretisch beantworten, da in der Praxis das neue Rechtsberatungsgesetz noch nicht umgesetzt ist.

Zum Hintergrund:
Es ist vorgesehen, dass Rechtsdienstleistungen künftig in Teilen auch von Nichtanwälten als Nebenleistung zu einer anderen berufliche Tätigkeit erbracht werden können. Damit kann beispielsweise die mit einer Unfallreparatur beauftragte Werkstadt als "Service" eine Rechtsberatung anbieten. Über das Ausmaß entscheidet natürlich wie bei jedem Zusatzangebot der Dienstleister selbst.

Der "Stern" umschreibt das Gebiet so: "Das neue Rechtsdienstleistungsgesetz gilt nur für Beratung außerhalb von Gerichtsverfahren. Der neue Begriff Rechtsdienstleistung wird dabei definiert als "jede Tätigkeit in konkreten fremden Angelegenheiten, sobald sie eine besondere rechtliche Prüfung des Einzelfalls erfordert"."Als Beispiel nannte Zypries Architekten, die ihre Auftraggeber über Fragen des Baurechts aufklären, oder die Beratung der Banken zur Unternehmensnachfolge. Zypries betonte aber, dass der Kern der rechtlichen Beratung und Vertretung - insbesondere vor Gericht - auch künftig allein Rechtsanwälten überlassen bleibt."(Quelle).
Ein weiteres im Text genanntes Beispiel ist die Rechtsberatung durch den ADAC (und dort offenbar nicht durch die Vertragsanwälte).

Ist es denn schlecht, wenn guter Rat nicht teuer ist?


Natürlich nicht unbedingt. Es gilt jedoch folgendes zu bedenken:

1. Wir empfehlen bereits jetzt unseren Mandanten mit ihren Problemen jeweils einen Fachanwalt aufzusuchen, weil dieser neben der Rechtsprechung auch die aktuelle Rechtsprechung zum Themengebiet kennt. Entsprechend verzichten wir als Fachkanzlei für Verkehrsrecht beispielsweise auf die Vertretung von bau- oder wirtschaftsrechtlichen Mandaten.

2. Gerade im Verkehrsrecht, aber sicher auch in anderen Rechtsgebieten, ist es für den Mandanten nicht immer überschaubar, wessen Interessen - außer den eigenen - der jeweilige Dienstleister vertritt. Selbstverständlich nur hypothetisch gesprochen könnte es für die betreuende KfZ-Werkstatt günstiger sein, die Schäden für die betreuende Haftpflichtversicherung gering zu halten und dafür häufiger mit Reparaturen beauftragt zu werden.
Möglicherweise ist auch die Rechtschutzversicherung des ADAC nicht unglücklich, wenn seltener Kosten durch Inanspruchnahme ihrer Anwälte entstehen, weil bereits der freundliche Servicemitarbeiter im Vorfeld alle Fragen (nach bestem Wissen) klärte.

3. Tritt infolge einer Rechtsberatung durch Laien ein nachweisbarer Schaden ein, so steht dem in der Regel keine entsprechende Haftpflichtversicherung zur Seite. Solche Lücken können sich jedoch aufgrund der fehlenden Kenntnis von Fristen und Rechtsprechung leicht ergeben. Und wer möchte schon seine Werkstatt wegen entgangenen Schmerzengeldes, einer taktisch ungeschickten Beratung mit nachfolgendem Führerscheinverlust oder einfach nur einem Restbetrag der angelaufenen Mietwagengebühren verklagen? Oder um beim Artikel des "Stern" zu bleiben: seinen Architekten oder die Bank? Es mag doch scheinen, dass bereits die Kernkompetenzen eines Architekten oder Bankangestellten diesen genug fordern, dass er bereits mit der Weiterbildung auf diesen Gebieten ausreichend ausgelastet ist. Kann er denn "nebenbei" die Rechtsprechung zusätzlich verfolgen?

Die Rücksprache mit seriösen Dienstleistern ergibt, dass sie sich tatsächlich auf einen Service im Sinne einer Hilfestellung beschränken werden. Stutzig sollte der Verbraucher werden, wenn ihm aktiv von einer anwaltlichen Vertretung abgeraten wird.

Bedenken Sie zudem:

Sollte es darum gehen, dass Sie ohne eigene Schuld geschädigt wurden, trägt der Gegner die Kosten.
Sollte es darum gehen, dass Ihnen eine Schuld oder Teilschuld zugeschrieben wird, sollten Sie sich möglicherweise besser vom Spezialisten vertreten lassen. - Auch, wenn der freundliche Dienstleister Ihnen versichert, alles sei kein Problem. Er trägt nicht die Konsequenzen - und ist im Zweifelfall bei Falschberatung - so Sie diese beweisen können- nicht versichert.
Und ob grundsätzlich Ihre oder gar die gegnerische Versicherung dieselben Interessen haben wie Sie und ob Sie von deren Mitarbeitern in Ihrem Interesse (Schadensersatz, Fahrerlaubnis etc.) umfassend beraten werden, ist möglicherweise die Frage. Manchmal soll eine "Hochstufung" in der Haftpflichtversicherung auch dieser langfristig gelegen kommen...

Die BRAK warnt "Rechtsberatung ist keine Konfektionsware". Wiewohl das sicher richtig ist, geht es natürlich auch um Eigeninteressen der Rechtsanwaltschaft. Der betroffene Verbraucher sollte jedoch überlegen, ob es im Einzelfall nicht durchaus auch um seine Interessen geht und auf welchem Niveau und mit welchen Sicherheiten er Hilfe in Anspruch nehmen will.

Rechtsanwalt Roman Becker ist Inhaber der "KANZLEI FÜR VERKEHRSRECHT" in Berlin und Fachanwalt für Verkehrsrecht.